Wir haben uns mit dem Gesetzentwurf, der in Rede steht, hier zu befassen. So sehen es unsere Verfassung und unsere Geschäftsordnung vor. Von meinem Vorredner habe ich sehr wenig über das landesspezifische Erfordernis für diese Gesetzesänderung der Sächsischen Verfassung vernehmen können.
In der Begründung des Gesetzentwurfs spricht der Antragsteller davon, dass er den Sachsen Selbstbehauptungswillen zurückgeben möchte. Ich glaube, dass Sie, mein Vorredner, eben zu spät gekommen sind. Sie haben es verpasst, als die Menschen 1989 ihren Selbstbehauptungswillen friedlich erzwungen haben.
der Völker, die eigene Kultur zu erhalten, zu pflegen, weiterzuentwickeln und an die Nachkommen weiterzugeben, wächst nur in Verantwortung und Respekt vor der Kultur des Nachbarn. Toleranz und Respekt können aber keine Einbahnstraße sein.
Europa steht fest gegründet auf dem Fundament der jüdisch-christlichen Tradition und Kultur des Abendlandes. Dieser Tradition sah sich auch die verfassunggebende Versammlung 1992 verpflichtet und entschied sich eben für diese Verfassung, erarbeitet und entstanden durch einen Kompromiss der damals hier im Landtag vertretenen Mitglieder. Das Thema Islam war nicht Gegenstand
der Erörterung. Die Religionsfreiheit nach Artikel 19 der Sächsischen Verfassung fordert aber die Verfassungstreue der betroffenen Religionen ein. Dies muss auch für den Islam gelten.
Wer die Verfassung ändern will, muss sich höheren Prüfungsmaßstäben unterziehen als bei einer einfachen Gesetzgebung.
Welches Ziel verfolgt der Entwurf? Artikel 19 Abs. 2 soll erweitert werden. Dem jetzigen Wortlaut nach Abs. 2 „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“ soll angefügt werden: „Der Bau von Minaretten ist verboten. Das Nähere regelt ein Gesetz.“ Ich trage Ihnen das nochmals vor. „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. Der Bau von Minaretten ist verboten. Das Nähere regelt ein Gesetz.“
Der neue Absatz 2, so wurde zutreffend von Frau Kollegin Friedel in der Ausschussberatung begründet, sei ein sich selbst erklärender Widerspruch. Dem habe ich für die Koalitionsfraktionen nichts hinzuzufügen. Damit kann das Gesetz dem Maßstab der Verfassungsmäßigkeit nicht genügen und ist damit selbstverständlich abzulehnen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was wir von der NPD-Fraktion hier vorliegen haben – Herr Schiemann hat sich ja schon intensiv inhaltlich damit auseinandergesetzt –, ist nicht der erste Versuch, das Thema Minarettverbot auszuschlachten. Sie haben erst in der letzten Sitzung im März einen Antrag zur Änderung der Bauordnung
mit dem Ziel des Minarettverbots vorgelegt. Sie haben im Januar einen Antrag zur Verankerung des Minarettverbots im Grundgesetz verlangt. Im Dezember hatten wir eine Aktuelle Debatte zum Minarettverbot.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt einen wahren Spruch: „Getretener Quark wird breit, nicht stark.“ Wenn wir uns heute das vierte Mal mit diesem Thema auseinandersetzen, ist meine Hoffnung, dass Sie plötzlich sachliche Argumente zur Kenntnis nehmen und abwägen, eher gering.
Die parlamentarische Redlichkeit gebietet, es wieder und wieder zu versuchen. Insofern schaue ich noch einmal kurz den NPD-Antrag an. Sie schreiben, Sie möchten die Verfassung so geändert wissen, dass enthalten ist: Die Freiheit des Glaubens ist unverletzlich, der Bau von Minaretten ist verboten.
So könnten Sie auch beantragen, alle Menschen seien vor dem Gesetz gleich, aber manche sind gleicher,
(Holger Apfel, NPD: Sie wollen es gar nicht kapieren! Das sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe!)
Herr Apfel, heute ist „Internationaler Tag des Lärms“. Ich werte das jetzt als Ihren Beitrag zu diesem Tag.
In Ihrer Begründung schreiben Sie auch noch, die Religionsfreiheit wird durch diesen Antrag nicht eingeschränkt. Sie sagen, ein Minarettverbot widerspricht nicht der Religionsfreiheit. Das ist einfach eine glatte Lüge, denn Religionsfreiheit hat drei Aspekte. Positive Religionsfreiheit heißt: Ich muss frei sein, um meine Religion ausüben zu können. Die negative: Ich muss frei sein, keine Religion ausüben zu können. Die staatliche besteht in einem Verbot von Entscheidungen zugunsten oder ungunsten bestimmter Religionen. Der Bau von Moscheen und Minaretten verstößt nicht gegen die Religionsfreiheit, ein staatliches Minarettverbot aber eben schon. Das ist klar.
Sie sagen weiter – das haben Sie zwar heute nicht angeführt, aber es ist Bestandteil der Argumentationsfigur –: Weil es islamische Länder gibt, in denen der Bau von Kirchen nicht gestattet ist, deshalb sollen bei uns auch nicht solche Moscheen gebaut werden dürfen. Dieses Rechtsverständnis, Auge um Auge, Zahn um Zahn, ist vorsintflutlich.
In einer der letzten Debatten zum ähnlichen Thema bemerkte Herr Kollege Gillo zu Recht, dass Sie mit Ihrem damaligen Antrag das Rad der Geschichte um 300 Jahre zurückdrehen wollen; jetzt, drei Monate später, sind es schon 3 000 Jahre. Diese Geschwindigkeit ist atemberaubend. Unrecht wird nicht durch Unrecht geheilt.
Natürlich ist es Unrecht, wenn Christen die freie Ausübung ihrer Religion versagt wird, genauso wie es Unrecht ist, in die Religionsfreiheit rechtschaffener Menschen muslimischen, buddhistischen, jüdischen oder sonst welchen Glaubens einzugreifen. Solches Unrecht darf man nicht dulden, aber man kann auch nicht Gleiches mit Gleichem vergelten. Unrecht wird nicht mit Unrecht geheilt.
Sie haben heute auch noch ein drittes Argument wieder mündlich geäußert. Sie sagen, der Islam sei der Feind der Freiheit und Toleranz. Er sei verfassungsfeindlich und Minarette seien ein Symbol dieser Feindschaft. Auch da liegen Sie falsch. Minarette sind ganz einfache bauliche Bestandteile, so wie Kirchtürme Bestandteile religiöser Gebäude sind.
Der Islam selbst ist kein Feind von Freiheit und Toleranz, genauso wenig wie andere Religionen per se Feinde von Freiheit und Toleranz sind. Feinde von Freiheit und Toleranz gibt es. Sie gibt es in jeder Religion. Dort, wo islamische Lehren missbraucht werden, um Mord und Ehrenmord zu rechtfertigen, dort liegen ohne Frage Feindschaft und Intoleranz vor. Dort, wo christliche Lehren missbraucht werden, um Zwangschristianisierungen und Inquisition zu rechtfertigen, dort gibt es ohne Zweifel Feindschaft und Intoleranz. Das gilt nicht nur für Religionen, sondern auch für Weltanschauungen und für gesellschaftliche Prinzipien. Dort, wo beispielsweise Demokratie, Meinungsfreiheit und Parlamentarismus missbraucht werden, um Rassismus und antidemokratischen Fanatismus zu rechtfertigen, auch dort liegen Feindschaft und Intoleranz vor.
Sie haben mit diesem Antrag wieder einmal gezeigt, dass darin Ihr Kerngeschäft besteht, um Parlamentarismus und Demokratie zu nutzen und in Feindschaft und Intoleranz Ihre Ansichten zu verbreiten. Das ist Ihr Kerngeschäft und das wollen wir natürlich nicht unterstützen. Wir werden diesen Antrag ablehnen.
Wird von der Fraktion GRÜNE noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann Herr Abg. Storr von der NPDFraktion.
Meine Damen und Herren! Ja, Sie haben sich bemüht, so zu tun, als wenn Sie sich mit unserem Antrag auseinandergesetzt hätten, aber in Wahrheit haben Sie es nicht getan. Eine geistig-politische Auseinandersetzung in den Gremien des Sächsischen Landtages findet nicht statt, weil sich die Blockparteien in ihrer naiv-realitätsfernen Traumwelt bequem eingerichtet haben. So wie jedes Problem – begrifflich umetikettiert – eine große Herausforderung mit großen Zukunftschancen wird, so wird zum Beispiel die Tatsache einer notwendigen Auseinandersetzung, ja eines Konflikts zwischen unserer deutschen, christlichen und abendländischen Kultur auf der einen Seite und der Wüstenreligion des vorderen Orients auf der anderen Seite von den vereinten Blockparteien bestritten und weiter ignoriert. Der Islamismus ist aber tatsächlich eine totalitäre Bedrohung für unsere deutsche, europäische und abendländische Identität, eine Kampfansage an unsere Werte und Traditionen. Glaubensfreiheit darf nicht Selbstaufgabe bedeuten.
Wer naiv religiöse Toleranz predigt, vertritt nur ein anderes Extrem gegenüber dem islamistischen Totalita
rismus, den völligen Werterelativismus, der tatsächlich gar keine Werte mehr kennt, weil sich die unterschiedlichen Werte gegenseitig aufheben. Im sogenannten Kruzifix-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Mai 1945 (Anm. der Redaktion.: Wurde vom Redner nachträglich
„Auch ein Staat, der die Glaubensfreiheit umfassend gewährleistet und sich damit selber zu religiös-weltanschaulicher Neutralität verpflichtet, kann die kulturell vermittelten und historisch verwurzelten Wertüberzeugungen nicht abstreifen, auf denen der gesellschaftliche Zusammenhalt beruht und von dem die Erfüllung seiner eigenen Aufgaben abhängt. Der christliche Glaube und die christlichen Kirchen sind dabei … von überragender Prägekraft gewesen. Die darauf zurückgehenden Denktraditionen, Erfahrungen und Verhaltensmuster können dem Staat nicht gleichgültig sein.“
Noch deutlicher wird im abweichenden Votum der Richter Seidel, Söllner und Hass formuliert: „Unter der Geltung des Grundgesetzes darf das Gebot der weltanschaulichreligiösen Neutralität nicht als eine Verpflichtung des Staates zu Indifferenz oder zum Laizismus verstanden werden.“
Ein von der NPD gefordertes Minarettverbot verstößt also mitnichten gegen die Glaubensfreiheit, die immer wieder fälschlicherweise behauptet wird, sondern entspricht der Forderung des Grundgesetzes nach einer konkreten Wertebindung an unsere deutsche, christliche und abendländische Tradition. Entweder wissen Sie also gar nicht, worum es tatsächlich in dieser Debatte geht oder – was noch schlimmer wäre – Sie verstoßen vorsätzlich gegen Recht und Gesetz, ja gegen die Verfassung.