Herr Kollege Bartl, ich habe gerade gesagt: Von 2001 bis 2009 ist eine Reihe von – zum Teil genau anderslautenden – Entscheidungen ergangen. Sogar 2009 gab es noch einen anderslautenden, das heißt, ablehnenden Beschluss, der aber nicht die Wertigkeit wie das Urteil vom 07.07. hatte. Seit 2009 sind wir auf dem Stand, dass eine so weitgehende Regelung überhaupt erst getroffen worden ist. Es ist erst ein Dreivierteljahr vergangen.
Die Eilbedürftigkeit – das meine ich jetzt im Interesse der Betroffenen – kann gar nicht so gegeben sein, wenn ich hier von 300 bis 600 Lebenspartnerschaften ausgehe und keinesfalls jeder irgendwo in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Zum anderen darf ich Ihnen meinen Textvergleich fortführen: Ich kenne auch keine Prozessflut, die es bisher in Sachsen gegeben hätte, die uns über Bausch und Bogen zwingen würde, hier zu handeln.
Herr Kollege Kirmes, wie wollen Sie tatsächlich den Eindruck vermeiden, dass Ihre Position, die Sie jetzt aus rechtlichen – aus meiner Sicht fadenscheinigen – Gründen hier vortragen, dass ihre tatsächlichen Gründe nicht in Wahrheit schwulenfeindliche, homophobe Gründe sind. Wollen Sie sich damit in die Tradition stellen, die die CDU-Fraktion der letzten Legislaturperiode immer eingenommen hat – übrigens auch unter Kritik Ihres jetzigen Koalitionspartners FDP und des derzeitigen Justizministers Dr. Martens?
Wenn ich der Meinung bin, dass wir rechtlich begründet einen Weg haben, uns dazu zu bekennen, dass der Gesetzgeber zum Stand der Lebenswirklichkeit – entsprechend war ja der Grund in diese Gesetzesform gebracht worden – in der Begründung dazu kommt, dass es auch verfestigte Gemeinschaften gibt, die einer besonderen Beachtung und rechtlichen Würdigung bedürfen, dann muss es uns aber genauso gestattet sein zu sagen: Wir wollen diese Gleichstellung, die dann faktisch auch eine grundgesetzliche Gleichstellung bewirken würde. Das Bundesverfassungsgericht hat uns nicht gesagt, wir sollen das Grundgesetz ändern. Lassen Sie uns das doch im Einzelfall prüfen, ob es tatsächlich diesen Unterschied gibt.
Im Ausschuss wurde ja des Öfteren darauf verwiesen, dass diese Geschichten bei der großen Dienstrechtsreform alle bearbeitet werden sollen. Das haben wir ja nicht zum ersten Mal gehört. Herr Justizminister nickt. Aber ich stelle die Frage an Sie: Können Sie hier versichern, dass mit Ablauf dieser Legislaturperiode dann tatsächlich alle notwendigen Änderungen umgesetzt sind, oder schließen Sie nicht aus, dass das noch die nächsten Legislaturperioden dauert, weil Sie immer noch den Einzelfall prüfen wollen?
Herr Kollege Lichdi, ich kann hier nichts versichern. Ich kann aber versichern, dass wir uns dafür einsetzen, dass die notwendigen Anpassungen kommen und dass wir uns nicht außerhalb des Bundesrechtes im Land Sachsen stellen werden.
Insofern habe ich einen wesentlichen Teil von dem, was ich noch ausführen wollte, bereits durch die Zwischenfragen erläutert, vielleicht auch das, was in der zweiten Runde noch zu sagen wäre.
Wir sehen keinen Grund, in der Form, wie es von der Fraktion DIE LINKE beantragt wurde, das Landesrecht anzupassen. Das Landesrecht wird an das Bundesrecht angepasst, und zwar nach entsprechend gründlicher Prüfung, gegebenenfalls auch an dem einen oder anderen Punkt bundeseinheitlich abgestimmt und unter Beachtung der ergangenen Rechtsprechung. Wir werden deshalb dem vorliegenden Gesetz zur Anpassung des Sächsischen Landesrechts nicht zustimmen. Wir werden uns der Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses mit seinem ablehnenden Antrag anschließen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kirmes, ich muss den Satz noch einmal zitieren, den Herr Bartl vorhin aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vorgetragen hat. Dann ist Schluss mit der Juristerei. Ich glaube, wir bewegen uns gerade in Ausflüchten.
Das Gericht sagt: „Der besondere Schutz der Ehe hindert den Gesetzgeber nicht, für die Lebenspartnerschaften Rechte und Pflichten vorzusehen, die der Ehe gleichkommen.“
Insofern kann man Ihrem Argument, wir seien juristisch nicht dazu gezwungen, eingetragene Lebenspartnerschaften Ehen gleichzustellen, noch etwas abgewinnen. Auf der
Grundlage dieses Arguments können wir uns einmal auf die Diskussion einlassen und gemeinsam feststellen: Es ist juristisch aber auch nicht verboten. Das sagt das Bundesverfassungsgericht. Es hindert den Gesetzgeber nicht, eingetragene Lebenspartnerschaften der Ehe gleichzustellen. Es ist uns juristisch nicht verboten.
Das festhaltend, muss man einmal rekapitulieren, wo wir herkommen. Wir kommen von einem eingetragenen Lebenspartnerschaftsgesetz, das Rot-Grün wirklich nach langer Zeit der gesellschaftlichen Diskussion und gegen großen Widerstand, gerade aus der CDU, durchgesetzt hat und das unvollständig bleiben musste.
Herr Bandmann sagt es offen, was unvollständig bleiben musste, weil die CDU über den Bundesrat viele Regelungen nicht mittragen wollte. Es ist schön, Herr Bandmann, dass Sie jetzt einmal explizit sagen, wo der eigentliche Punkt liegt.
Bei der Chronologie habe ich noch 2004 das Standesamt vergessen. Ich glaube, es war auch ein gewisser Kampf in der Koalition durchzusetzen, dass man nicht mehr im Hinterzimmer des Regierungspräsidiums bei Plastikblümchentopf sich verpartnern kann, sondern dass wenigstens die Standesämter dafür geöffnet werden. Das war uns damals in der Koalition ein großes Anliegen.
Nun haben wir im Ausschuss tatsächlich die Diskussion geführt: Ist ein Artikelgesetz oder sind viele Einzelgesetze der bessere Weg? Die Argumentation lautete – ich sage nicht, woher sie kam –, ein solches Artikelgesetz sei nicht effektiv, sei nicht effizient, koste zu viel Aufwand, Einzelgesetze seien viel effektiver. Wir haben gehört, es sind 40 Regelungen, also 40 Ausschusssitzungen, 40 Gesetzentwürfe, 40 Diskussionen, 40 Beschlussempfehlungen. Diese Vorstellung von Effizienz hat mir noch niemand erklären können. Aber ich verstehe, dass Sie, weil das Argument wirklich nicht trägt, davon abrücken und jetzt im Plenum anders argumentieren. Das ist ja erst einmal vernünftig.
Im Plenum habe ich gerade von Herrn Kirmes gehört: Wir sind ja nicht gezwungen gleichzustellen. Das sagt auch das Gericht. Das ist eine politische Entscheidung. Sie sagen, das muss man differenziert betrachten. Aber was verbirgt sich denn hinter diesem allgemeinen Satz, man müsse das differenziert betrachten?
Ich habe aus Ihrem Redebeitrag bisher noch keinen Punkt gehört, wo Sie ganz konkret sagen, in diesem oder jenem Regelungsfall sind wir der Auffassung, dass Lebenspartnerschaften schlechtergestellt werden sollten als die Ehe, weil … Es wäre die spannende Frage, was ist der Grund dafür: ob die Liebe, die da empfunden wird, weniger wert ist, weil die Fürsorge der Menschen in der Lebenspartnerschaft füreinander weniger wert ist oder Ähnliches? Das habe ich alles von Ihnen nicht gehört.
Ich würde nicht so weit gehen wie Herr Lichdi und Ihnen unterstellen, dass Sie aus niederen Beweggründen nicht
tätig werden oder solche Argumente hervorbringen. Ich würde gern wissen: Aus welchen Beweggründen dann? Darauf sind Sie uns eine Antwort schuldig geblieben. Ich erwarte in der weiteren Debattenrunde, dass Sie uns diese Antwort geben können. In welchen konkreten Punkten sind Sie der Auffassung, dass eingetragene Lebenspartnerschaften schlechtergestellt werden müssen als Ehen und warum? Auf die Antwort bin ich gespannt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Friedel, ich gebe Ihnen jetzt die Antwort, auch wenn Sie die Frage nicht an mich gestellt haben. Frau Friedel, wir wollen das einfach nicht, so, wie es hier steht, ganz einfach.
Wir haben diesen Gesetzentwurf bereits im Innenausschuss abgelehnt, und Sie werden nicht überrascht sein, dass wir das hier auch heute tun.
Wir erkennen die Notwendigkeit an, aber nicht die Dringlichkeit. Die Dringlichkeit wird von uns nicht gesehen. Deshalb werden wir diese Anpassung nicht hoppla hopp mit einem einzelnen Artikelgesetz machen, sondern im Rahmen der Novellierung der jeweiligen Gesetze.
Der vorliegende Gesetzentwurf befasst sich zum Großteil mit der Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften im Beamtenrecht.
Meine Damen und Herren! CDU und FDP haben im Koalitionsvertrag eine umfassende Novellierung des Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrechtes vereinbart. Im Zuge dieser Novellierung wird die Anpassung des Landesrechts an das Lebenspartnerschaftsrecht des Bundes erfolgen.
Dass das kein leeres Versprechen wird, kann ich Ihnen anhand eines weiteren Beispiels vorzeigen. Erinnern wir uns an das April-Plenum. Da haben wir gemeinsam beschlossen das Gesetz zur Einführung eines Sächsischen Hinterlegungsgesetzes und zur Änderung landesrechtlicher Vorschriften aus Anlass geänderten Bundesrechtes.