Protokoll der Sitzung vom 19.05.2010

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Frau Jähnigen, bitte, Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich findet auch unsere Fraktion die allgemeine öffentliche Geodateninfrastruktur ausgesprochen wichtig. Allerdings haben die Beratungen zu diesem Gesetzentwurf gezeigt, was für einen schweren Stand der Datenschutz hier im sächsischen Parlament, in der sächsischen Verwaltung hat.

Zur Anhörung war es uns aufgrund des so kurzfristig angesetzten Termins nicht gelungen, Sachverständige zu bekommen. Meine Fragen, die ich in Kenntnis der Diskussion in anderen Bundesländern den präsenten Sachverständigen gestellt habe, konnten nicht beantwortet werden.

Ich habe mir erlaubt, im Vorfeld der Beratung im Innenausschuss durch ein Schreiben an den Ausschussvorsitzenden noch einmal darauf aufmerksam zu machen, dass das SMUL in der Gesetzesbegründung selbst darauf

hingewiesen hat, dass es sich hier um hoch relevante persönliche Daten handelt. Dieses Schreiben wurde offenbar vom Ausschussvorsitzenden nicht weitergeleitet in der Meinung, wir könnten da keine Informationen bekommen. Zum Glück war das SMUL selbst vor Ort und hat sich zu dieser Frage eingebracht. In letzter Minute brachte sich dankenswerterweise auch der Datenschutzbeauftragte mit einem Vorschlag ein.

Meine Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Biesok, wenn man in diesem Zusammenhang das Problem des notwendigen privaten Datenschutzes – zu Recht – anspricht, muss man sich vorwerfen lassen, dass man parallel dazu darüber nachdenkt, dem Datenschutzbeauftragten auch noch die wenigen Stellen zu kürzen, die er hat und von denen er selbst im Innenausschuss gesagt hat, dass sie nicht ausreichen. Wir müssen den Datenschutz stärken und nicht beschneiden.

Bei der Beratung dieses Gesetzes hat es sich deutlich gezeigt, dass Umsetzungstempo vor Qualität gegangen ist. Andere Länder sind da klüger. Aus Kenntnis der Debatten in den anderen Ländern werden wir Ihnen im Änderungsantragsverfahren auch noch einen Vorschlag unterbreiten, wie wir das effektiv und klug regeln können. Denn wir brauchen eine gute Regelung zum Datenschutz, um die Verwaltung von aufwendigen Einzelentscheidungen zu entlasten. So sehr Sie sich jetzt bemüht haben, die Fehler des Gesetzes zu berichtigen, so sehr glauben wir trotzdem, dass Ihr Vorschlag nicht gut genug funktioniert, weil er nur die Frage umweltbezogener Daten reflektiert, nicht aber die Frage sozialbezogener Daten, die bei der Geoinfrastruktur auch diskutiert werden muss. Mehr beim Änderungsantragsverfahren.

Dem Gesetz in dieser Form können wir trotz dieser Bemühungen noch nicht zustimmen. Vor allem aber war das Gesetzesberatungsverfahren ein ausgesprochen negatives Beispiel im Umgang mit den Fragen des Datenschutzes.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Wird von der Staatsregierung das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister, bitte.

(Marko Schiemann, CDU, tritt an das Rednerpult. – Heiterkeit)

Entschuldigung. Ich habe gefragt und es hat niemand reagiert. Jetzt sah ich auf einmal zwei Minister vorn, das war mir nicht ganz geheuer. – Bitte, Herr Abg. Schiemann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte lediglich ein paar kleine Ergänzungen zu dem, was ich bisher hier vernommen habe, vorbringen.

Es ist von meinen Vorrednern sehr viel über Daten gesprochen worden. Sie werden es mir nicht verübeln, dass

ich darauf hinweise, dass die Daten von Menschen erhoben worden sind. Die Daten, die im Freistaat erhoben worden sind, sind von sehr fleißigen Menschen erhoben worden, die einer Berufsgruppe angehören, die im Vermessungswesen zu Hause ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen, dass das sächsische Vermessungswesen entscheidend dazu beigetragen hat, Grundlagen dafür zu schaffen, dass in unserem Land Wirtschaftsentwicklung stattgefunden hat, dass Städtebau stattgefunden hat und dass auch die Infrastruktur in Ordnung gebracht worden ist. Ich möchte hervorheben – ich gehe davon aus, dass ich es auch in Ihrem Namen tun kann –, dass dieser Berufsgruppe, die oft nicht in die Öffentlichkeit geht, die oft nur mit dem Messgerät am Straßenrand, auf der Baustelle oder anderswo gesehen wird, der Dank dieses Hohen Hauses für diese Leistung in den letzten 20 Jahren gebührt.

Vielen herzlichen Dank, Frau Präsidentin.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der SPD)

Herr Minister, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Nachdem Herr Schiemann denjenigen gedankt hat, die maßgeblich dazu beigetragen haben, die Daten herbeizuschaffen, möchte ich aus der Sicht der Staatsregierung zum Gesetzentwurf noch einige Anmerkungen machen.

Die Informationsgesellschaft fordert in zunehmendem Maße intelligente Lösungen für das Wissensmanagement. Dies gilt auch und insbesondere für den Bedarf an raumbezogenen Informationen, den Geoinformationen. Diese sind heute nicht nur ein Wirtschaftsgut mit hohem Wertschöpfungspotenzial, auch die Verfügbarkeit von aktuellen und qualitativ hochwertigen Geodaten ist in zunehmendem Maße ein Standortfaktor. Nahezu alle Entscheidungen in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft benötigen diese raumbezogenen Informationen und haben auch wieder Auswirkungen auf den Raum.

Bisher waren sich die Stellen, die mit solchen Informationen arbeiten, nur in dem Bestreben einig, möglichst viel Informationen und Wissen an einer Stelle im jeweils eigenen Verfügungsbereich zu sammeln. Ein modernes Geoinformationsmanagement muss aber Informationen teilen und übergreifend verarbeiten und genau in dem Moment, in dem diese Informationen abgerufen werden, zur Verfügung stellen. Das sichert nicht nur die Beherrschbarkeit des wachsenden Angebots und der wachsenden Nachfrage solcher Informationen, es ist auch volkswirtschaftlich richtig. Informationen werden von dem jeweils Zuständigen aktuell bereitgestellt und vom berechtigten Interessenten im Augenblick des Bedarfs genutzt. Es entfallen die Mehrfachhaltung von Informationen und aufwendige Aktualisierungsprozesse, die

Informationen veralten nicht. Nur ist dabei Voraussetzung, dass in diesem zeitgemäßen Verfahren der Informationsbereitstellung und -nutzung sich alle Seiten auf gemeinsame Grundsätze und Standards verständigen, mit anderen Worten, eine gemeinsame Sprache sprechen.

Genau diesem Prinzip folgt unsere Geodateninfrastruktur, die nach der seit 2007 für den europäischen Raum verbindlichen INSPIRE-Richtlinie aufgebaut wird. Bund und Länder haben sich nach Inkrafttreten der Richtlinie auf einen gemeinsamen Musterentwurf eines Umsetzungsgesetzes verständigt. Länderspezifisch ist deshalb Folgendes zu regeln: zum einen die organisatorischen Fragen des Betriebs einer Geodateninfrastruktur auf Landesebene, auch unter Einbeziehung der jeweiligen Kommunen, und zum anderen Einzelheiten des Zugangs zu den Geodaten.

Neu an diesem vorliegenden Gesetz ist, dass sich das sächsische Landesrecht in eine Vielzahl von sehr konkreten technischen und technologischen Leistungsanforderungen einfügen muss, die europaweit gelten und von allen Mitgliedstaaten gleichermaßen umgesetzt werden müssen. Im Kern schafft das Gesetz die Grundlage für die Einführung einer bereits erprobten und durchaus alltagstauglichen Technologie, die über das Internet mithilfe von Geodatendiensten den Zugang zu den Geodaten auf die in ganz Sachsen verstreuten Datenserver von Behörden und Kommunen und in Ausnahmefällen auch von Wirtschaftsunternehmen ermöglicht.

Im Laufe der Beratungen ist das Thema „Verhältnis von Geodaten zum Datenschutz“ intensiv diskutiert worden, und ich freue mich ausdrücklich, dass es gelungen ist, gemeinsam mit dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten einvernehmlich zu Regelungsvorschlägen zu gelangen, die diesem Datenschutz entsprechend Rechnung tragen.

Manche Kommunen, die sich noch nicht mit dem Thema Geodateninfrastruktur intensiv beschäftigen, sehen diese INSPIRE-Richtlinie mit Sorge. Die Erfüllung der Pflichten aus der INSPIRE-Richtlinie ist aber unumgänglich. Jedoch kommt der Freistaat Sachsen seinen Kommunen durch die Regelung dieses Gesetzes in weitestmöglichem Umfang entgegen.

Denn erstens sind nur die Kommunen betroffen, die über Geodaten verfügen, zu deren Haltung sie durch ein anderes Gesetz verpflichtet wurden.

Zweitens sind sie es nach der Richtlinie auch nur dann, wenn sie diese Daten tatsächlich in elektronischer Form halten.

Drittens bietet der Freistaat die Nutzung der von ihm für INSPIRE aufzubauenden zentralen Komponenten an, um diese Daten INSPIRE-gerecht zugänglich zu machen.

Viertens ist der Eigenaufwand für die Kommunen gering. Das haben auch die Sachverständigen im Rahmen der Anhörung überzeugend dargelegt.

Fünftens können alle Forderungen von INSPIRE im Rahmen der ohnehin anstehenden Modernisierungszyklen der IT bewältigt werden.

Lassen Sie mich an dieser Stelle betonen: Der Landesgesetzgeber schafft hier keine neuen Aufgaben, sondern modifiziert bereits bestehende, und zwar in Übereinstimmung mit der INSPIRE-Richtlinie, die insoweit keinen Spielraum zulässt. Eine Verpflichtung zum Ausgleich einer Mehrbelastung besteht daher nicht.

Vielmehr wird mit diesem Gesetz den Anforderungen der modernen Informationsgesellschaft an intelligente Lösungen für das Wissensmanagement Rechnung getragen. Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir kommen zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz über das Geoinformationswesen im Freistaat Sachsen. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Innenausschusses Drucksache 5/2308.

Es gibt zwei Änderungsanträge, die wir noch vor der Abstimmung besprechen, und zwar ist das die Drucksache 5/2479, Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Wird dazu noch einmal Einbringung gewünscht? – Frau Jähnigen, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ursprünglich enthielt der Gesetzesantrag der Regierung eine Fiktion, welche Daten öffentlichkeitsrelevant sind und dem Datenschutz unterliegen. Das ging so gar nicht. Herr Innenminister, setzen Sie sich das auf die Merkliste: Das geht so nicht!

Zum Glück hat sich auf unser Betreiben der Datenschutzbeauftragte zum Schluss noch einschalten können. Es ist im Innenausschuss auf unseren Antrag hin darüber diskutiert worden.

Wir bringen diesen Antrag hier noch einmal ein. Wir schlagen vor, dass es analog zu dem in Niedersachsen diskutieren Ampelsystem die Verordnungsermächtigung für eine Rechtsverordnung auch hier mit Zustimmung des Landtages gibt, die regelt, welche Fälle von persönlichkeitsrelevanten Daten wie gelöst werden können. Im Fall technischer Daten wie von Bohrungsdaten, die jetzt im SMUL vorliegen, kann man es sicher so machen, dass man bekannt gibt, dass diese Daten im Amtsblatt veröffentlicht werden sollen, und dann wartet, wer Widerspruch einlegt. Es kann aber auch zur Sammlung hoch persönlichkeitsrelevanter Daten kommen. Ein Beispiel sind Gesundheitsbelastungen durch Strahlen oder durch Lärm. Dann – so glauben wir – muss man die Betroffenen schon einzeln fragen, ob sie gegen die Veröffentlichung Widerspruch einlegen, und diese belehren. Diese Daten werden ja nicht immer auf Betreiben der privaten Grundstückseigentümer oder auch der Nutzerinnen und Nutzer der Grundstücke erhoben. Dieses Problem ist in der bisherigen Diskussion, die sehr, sehr kurzfristig gelaufen

ist, nicht genügend reflektiert und aus unserer Sicht auch nicht gelöst worden.

Wir erkennen an, dass die Koalition heute durch eine Tischvorlage versucht, dieses Problem noch zu lösen, glauben aber nicht, dass das eine Lösung für alle Daten ist. Unter Umständen sehen wir uns mit diesem Thema sogar wieder.

Wir werden uns zu Ihrem Antrag enthalten, schlagen aber vor, dass Sie unserem folgen. Unser Antrag ist weitergehend, er ist klüger und gibt der Verwaltung die Chance, einen verwaltungsfreundlichen Vorschlag zu machen, der die Entscheidungen der einzelnen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter erleichtert und die Grundrechte sichert.

Vielen Dank.

Wer möchte zu diesem Antrag reden? – Bitte, Herr Hartmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Koalition wird dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht folgen.

(Zuruf von der Linksfraktion: Was? – Stefan Brangs, SPD: So was gibt’s doch gar nicht!)

In der Tat, welche Überraschung!

Ich möchte an der Stelle vor allen Dingen feststellen, dass die Belange des Datenschutzes im Freistaat Sachsen mit Sicherheit nicht durch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wahrgenommen werden, sondern durch den Datenschutzbeauftragten des Freistaates Sachsen. Der Datenschutzbeauftragte hat zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen. Er hat in der Tat die Regelung im § 8 Abs. 5 moniert. In der Diskussion haben auch wir als Koalition gesagt, dass die Regelung im § 8 Abs. 5 so nicht mitzutragen ist. Wir haben deshalb im Ausschuss eine Streichung dieses Absatzes eingebracht. Dem ist der Ausschuss gefolgt.