Es mag ja sein, dass die Einführung neuer Kommunikationssoftware technisch komplex und für die Nutzer mit Umstellungen verbunden ist. Aber ich beziehe mich erneut auf meine Kleine Anfrage: Die Umstellung der Server in der Verwaltung ist möglich. Einerseits fallen hier besonders hohe Lizenzkosten an. Andererseits ist der Umstellungsaufwand geringer, also welchen Browser Sie benutzen. Neben den langfristigen Einspareffekten würde bei einer konsequenten Übernahme freier Softwareprodukte die heimische mittelständische IT-Wirtschaft vom Support profitieren können. Offensichtlich gibt es aber in der sächsischen Verwaltung und in der Staatsregierung noch verbreitet Vorbehalte gegenüber alternativen Softwarelösungen, frei nach dem Motto: Das haben wir schon immer so gemacht! Und das, obwohl die Staatsregierung selbst zugibt, dass der Einsatz von FLOSS-Produkten auf der derzeit eingesetzten Hardware grundsätzlich möglich ist. Zögern kostet, meine Damen und Herren.
Darum komme ich noch einmal auf die finanzielle Seite zurück. Jährlich 9 Millionen Euro aus dem Haushalt für lizenzierte Software – 9 Millionen, das ist ein Drittel von einem GTA-Programm in zwei Jahren, so viel wie ein kommunaler Jugendhilfeetat; 18 Millionen Euro insgesamt bzw. insgesamt 21 Millionen Euro, die im gesamten Freistaat jährlich für lizenzierte Software ausgegeben werden. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren: Der Umstieg auf Freie Software müsste oberstes Gebot sein.
Ich komme zum letzten Punkt: Wenn das Land Rheinland-Pfalz damit begonnen hat, Schulen mit Linux auszustatten, dann stellt sich die Frage, was in Sachsen unternommen wurde oder warum dies in Sachsen nicht möglich ist. Wichtig ist, dass der Unterricht dem Neutralitätsgebot anzupassen ist. Unter den Gegebenheiten der Microsoft-Vormachtstellung führt dies allerdings zu einer faktischen Bevorzugung des Status quo im Softwarebereich. Insofern ist es eben nicht unerheblich, welches Softwareprodukt an den Schulen in Sachsen eingesetzt wird. Momentan produziert unser sächsisches Schulsystem noch reihenweise potenzielle Microsoft-UserInnen.
Die Ergebnisse der Großen Anfrage könnten auch so zusammengefasst werden: Es gibt viel zu tun – packen Sie es an! Der Freistaat darf sich den Einsparpotenzialen und den technischen Möglichkeiten von Software mit nichtlizenziertem Quellcode nicht länger verschließen.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich bei der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für diese Große Anfrage ganz herzlich bedanken. Das ist in der Tat ein Thema, mit dem sich von vornherein nur wenige gern beschäftigen.
Ich kann mich in meiner Funktion als ehemalige Landrätin noch sehr gut erinnern, wie der damalige Ministerpräsident, Herr Prof. Milbradt, ganz laut getönt hat, dass wir eine einheitliche IT-Landschaft in Sachsen brauchen, die die Kommunen, den Freistaat und natürlich die Schulen kompatibel miteinander verbinden kann, damit wir schnell, unbürokratisch, bürgernah, bürgerfreundlich miteinander arbeiten können. Ich dachte, das sei schon auf einem guten Weg. Und dann las ich die Große Anfrage!
An der Großen Anfrage – ich möchte nicht auf alle Punkte, die von den GRÜNEN und den Linken schon genannt worden sind, eingehen – fiel mir besonders auf, dass gerade die Antworten auf die Fragen zur ITAusstattung der sächsischen Kommunen nur rudimentäre Informationen enthalten. Die von Februar bis April 2009 von der SAKD in Zusammenarbeit mit dem SSG durchgeführte Umfrage ist nicht repräsentativ, da ihre Aussagekraft äußerst begrenzt ist.
In der Antwort auf Frage 37 – da ist der gezielte Informationsaustausch bzw. die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern oder Kommunen zur Harmonisierung eingesetzter IT-Programme und IT-Fachverfahren angesprochen – geht man nur auf länderübergreifende Kooperation und solche mit dem Bund ein. Eine lange Liste mit Fachbereichen wird angegliedert, aber kein Wort zur Kooperation mit den Kommunen.
Das Justizministerium erarbeitet derzeit – das ist die Antwort auf Frage 48 – eine IT-Strategie für die Staatsverwaltung. Auch diese werde unter anderem die Vorgaben berücksichtigen, die aus der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern erwachsen.
Bedarf an Zusammenarbeit besteht jedoch auch zwischen Bund und kommunaler Ebene. Braucht man hier keine Konzepte? Wir haben vorhin von der Forderung nach der Erstellung von Machbarkeitsstudien gehört. Auch dazu fehlt jede Aussage. Oder geht man hier gar nicht von einer Zusammenarbeit aus, sondern davon, dass sich die kom
munale Ebene an die IT-Strategie des Freistaates anpassen soll? Oder ist die Zusammenarbeit allein durch die SAKD abgedeckt?
Großes Interesse haben natürlich die Zahlen aus der Großen Anfrage hervorgerufen, was die jährlichen Kosten betrifft. Auch hier – das ist bereits genannt worden – geht es um 9,3 Millionen Euro, die für die bestehenden Softwarelizenzen ausgegeben werden, oder um Kosten für den Support von Betriebssystemen und Anwendungen im Zusammenhang mit diesen Lizenzen von 4,3 Millionen Euro. Wenn man fragt, wie sie miteinander verglichen werden und ob es überhaupt Vergleiche gibt, bleibt die Staatsregierung die Antwort wieder schuldig.
Beispiele für den Einsatz von Freier Software in deutschen Städten bzw. Behörden – Herr Dr. Gerstenberg hat die Beispiele schon vorweggenommen – sind genannt worden. Es gibt sie also, und es geht.
Ich möchte es kurz machen: Hier fehlt eine Machbarkeitsstudie. Ich nehme einfach die Worte der CDU-Fraktion auf. Ich will gar nicht sagen, eine Strategie allein oder eine Gesamtkonzeption, sondern eine Machbarkeitsstudie, damit wir eine erkennbare Zusammenarbeit zwischen staatlichen Behörden und kommunaler Ebene in diesem Bereich erreichen.
Es ist untersucht worden, welche Vorteile und Chancen beim Einsatz von FLOSS und welche Risiken vorhanden sind. Bei den Vorteilen und Chancen war es die Anpassbarkeit oder der Quellcode ist wieder verwendbar, höhere Produktqualität, Anbieterunabhängigkeit, höhere Sicherheit und offene Standards, keine Lizenzkosten sind genannt worden, aber keine Risiken, Gewährleistungsrechte, kein Support durch Entwickler, höhere Schulungsaufwendungen, ungewisse Weiterentwicklung und benötigte Applikationen sind nicht verfügbar.
Wenn man sich die Antwort auf die Große Anfrage anschaut, dann sieht man, dass viele Antworten offenbleiben. Deswegen ist es dringend erforderlich, hier zu handeln.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Antwort der Staatsregierung zur Großen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat uns eigentlich einen guten Überblick gegeben, was derzeit beim Open-Software-Bereich möglich und wie die derzeitige Situation im Freistaat ist. Aus der Antwort ist ersichtlich, dass wir in Sachsen 120 000 Arbeitsplatzrechner in der gesamten Staatsverwaltung haben, auf denen circa 230 000 Lizenzen liegen. Für diese Systeme muss man meines Erachtens genau prüfen, welche Programme man auf diesen Systemen laufen lassen kann. Dabei ist die Open Source Software für mich immer eine Alternative, die man mit prüfen muss. Man muss meines Erachtens ein
bisschen unterscheiden. Bei einem Standard-PC, der dafür genutzt wird, Word- und Excel-Anwendungen – um in der Microsoftsprache zu bleiben – und einfache Anwendungen zu machen, hätte ich keine Probleme, Open Source Software zu verwenden, solange die Kompatibilität zu anderen Standorten und zum Austausch zwischen den Bürgern und der Verwaltung gegeben ist.
Bei Netzwerken sehe ich das etwas kritischer. Wer schon einmal bei einem IT-Projekt in der Wirtschaft mitbekommen hat, wie kompliziert es ist, Netzwerke aufzubauen, unterschiedliche Netzwerkstandorte unter Umständen mit unterschiedlichen Netzwerksoftwaren zu verbinden, der weiß schon, wie wertvoll es ist, Standardsoftware zu haben, die von einem großen Konzern hergestellt wurde und hier individuell angepasst wird.
Ein weiteres Problem bei Freier Software ist, dass die Vielzahl der Anwendungen relativ konstant ist, man hat nur wenige Freie Software, währenddessen die Komplexität in der öffentlichen Verwaltung immer größer wird, sodass man mehr Spezialanwendungen braucht, die im freien Bereich nicht so zu haben sind. Es ist sicherlich richtig, man muss dort immer individuelle Anpassungen machen. Das würde sicherlich Geld für den Mittelstand nach Sachsen bringen. Um aber IT-Projekte wirklich individuell umzusetzen, muss man fragen: Was kostet das und wie viel Arbeitsaufwand ist wirklich dahinter und ist die Sicherheit für den IT-Betrieb gegeben? Wenn wir sehr viele individuelle Insellösungen haben, maßgeschneidert auf die einzelnen Verwaltungen, dann bleibt meines Erachtens die Sicherheit dort auf der Strecke. Ob die Kosten wirklich geringer sind als die, die wir jetzt für Standardsoftware an Lizenzen bezahlen, vermag ich heute nicht zu beurteilen.
Ein weiterer Punkt, den man auch immer wieder betrachten muss, wenn man selbst einmal in der Praxis an ITProjekten beschäftigt ist, ist die Dokumentation. Bei Standardsoftware hat man eine standardisierte Dokumentation, die es ermöglicht, auch nach vielen Jahren noch mit dieser Standardsoftware Softwareprobleme zu lösen. Nimmt man aber Open Source Software und verändert dort Quellcodes und passt sie individuellen Lösungen an, muss jeder für sich selbst alle Dokumentationsarbeiten durchführen. Es muss nachträglich für einen anderen Nutzer, für einen anderen Programmierer erkennbar sein, was dort geändert wurde.
Ob die IT-Sicherheit bei Open Source Software wirklich größer ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich habe da meine Bedenken. Sicher, man kann in die Codes hineinsehen, man kann eigene Sicherheitsstandards setzen; das bedeutet aber auch, mit sehr hohem Aufwand individuell die Lücken in der Software zu erkennen und entsprechend zu schließen. Ich muss ganz ehrlich sagen, da habe ich mehr Vertrauen in einen internationalen Konzern, jeweils aktuelle Updates zu bekommen und so die Sicherheit zu gewährleisten.
Ein weiterer Punkt stellt sich mir auch bei der Gewährleistung. Wenn man einmal einen IT-Unfall hat, bei dem wirklich einmal richtig etwas kaputtgegangen ist, bei dem Daten verloren gegangen sind und erhebliche Schäden sowohl für die Verwaltung als auch für die Anwender entstehen, muss man fragen: Wer haftet dafür? Ist es dann wirklich der kleine Mittelständler, der die Anpassung an die Open Source Software gemacht hat? Wer steht dahinter? An wen kann man sich da halten? Das ist für mich noch nicht geklärt. Das ist ein wesentlicher Punkt, wenn man sich überlegt, wenn man sehr zentrale Anwendungen des Freistaates Sachsen auf Free Software umstellen würde.
Wenn man diese Fragen klärt und im Einzelfall bei jeder Anwendung die speziellen Bedürfnisse prüft, steht meines Erachtens einer Anwendung von Open Source Software nichts entgegen.
Wir sind als Liberale gegen eine Monopolisierung von Microsoft, müssen aber anerkennen, dass Microsoft in vielen Bereichen einfach die Standards gesetzt hat und diese Standards auch dazu da sind, dass man einen sicheren IT-Betrieb für die Verwaltung hat. Die Verwaltung darf sich hier nicht außerhalb stellen, sondern muss die gleichen Möglichkeiten wie ein Wirtschaftsunternehmen haben, um die besten Produkte zu bekommen. Im Einzelfall prüfen und, wenn es passt, Free Software einsetzen, aber ansonsten keine generelle Abkehr von der bisherigen Anwendung lizenzierter Software.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Frage nach Alternativen zu den Produkten des Microsoftkonzerns und Privatmonopolisten für PC-Betriebssysteme und daran gekoppelte Anwendungsprogramme im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung ist nicht nur eine Frage von Sparpotenzialen, sondern vor allem auch eine politische Frage. Darf es tatsächlich ein mehr oder weniger weltweites Quasimonopol in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht in Privathänden geben, in einem Bereich wie der elektronischen Datenverarbeitung, der heute eine zentrale Schlüsselstellung in allen Lebensbereichen entwickelter Gesellschaften hat? Zugegebenermaßen werden wir diese Frage im Sächsischen Landtag nicht lösen können, aber man kann diese Frage auf die Ebene der Landespolitik herunterbrechen.
Der Einsatz sogenannter Open Source Software, also frei zugänglicher lizenzfreier Programme, in der Staatsverwaltung führt nicht nur möglicherweise zu einer langfristigen Kosteneinsparung durch nicht mehr erforderliche Lizenzen, sondern auch zu einer Erhöhung der informationstechnischen Kompetenz und zur Stärkung des ITFachgewerbes in unserem eigene Lande.
Schon im Jahr 2004 wies der Sächsische Rechnungshof darauf hin, dass durch eine Umstellung auf das Betriebssystem Linux und darauf basierende Anwendungsprogramme etwa 10 Millionen Euro an Lizenzkosten eingespart werden könnten. Die NPD-Fraktion hat damals als einzige Fraktion im Landtag darauf reagiert und in einer Kleinen Anfrage die Staatsregierung gefragt, ob sie aufgrund der Feststellung des Rechnungshofes einen Handlungsbedarf sähe und, wenn nicht, um eine Begründung gebeten.
In ihrer damaligen Antwort auf diese Frage verwies die Staatsregierung, namentlich Hermann Winkler als Leiter der Staatskanzlei, im Wesentlichen auf eine Untersuchung eines angeblich renommierten IT-Beratungsunternehmens, nach der die Kosten auf Hard- und Software beim Einsatz von PCs in Großorganisationen bei unter 20 % der Gesamtkosten liegen. Mit dieser Begründung beantwortet die Sächsische Staatskanzlei unsere Frage zum Handlungsbedarf mit einem schlichten Nein. Auf die etwa 10 Millionen Euro Lizenzkosten wurde in der Antwort bequemerweise erst gar nicht eingegangen.
Wir fragten in unserer Anfrage auch danach, wie die Staatsregierung den mittelstands- und allgemein wirtschaftspolitischen Effekt einschätze, der sich aus der Verwendung von eingesparten Lizenzkosten zur Finanzierung von Dienstleistungen ergeben könnte. Davon könnten ja heimische Systemhäuser, Freiberufler, Computerläden etc. profitieren. Diese Frage beantwortet die Staatsregierung mit dem Hinweis auf ein ideologisches Pamphlet der westfälischen Wilhelms-Universität Münster. In dem betreffenden unbedeutenden Machwerk eines „Muenster Institute for Computational Economics“, dessen einzige Kompetenz in seinem englischsprachigen Namen zu liegen scheint, besteht die Aussage darin zu behaupten, Freie Software führe scheinbar marktwirtschaftlich zu weniger Wertschöpfung als kommerzielle Software.
Auf die Beinahe-Monopolstellung der Firma Microsoft bei Betriebssystemen und dem eklatanten Mangel an Wettbewerb wird in dem Pamphlet natürlich nicht eingegangen, auch nicht auf die Verwendung von Open Source Software und mögliche Kompetenzsteigerung durch eine größere Vielzahl von Softwareentwicklern im eigenen Land.
Mit dem Hinweis auf dieses primitive Machwerk unbekannter Autoren schob die Staatsregierung unsere Frage nach dem wirtschaftspolitischen Aspekt der Open Source Software einfach beiseite. Der einzige eigene Kommentar, den sie noch hinzufügte, war die Feststellung, dass ihr ansonsten keine Erkenntnisse vorliegen.
Die Sächsische Staatsregierung hat also keine Ahnung von der technologie- und wirtschaftspolitischen Konsequenz ihres eigenen Handelns in einer der zukunftsträchtigsten Wirtschaftssegmente; einen beschämenderen Offenbarungseid der Ignoranz und Inkompetenz kann man sich kaum vorstellen. In Wirklichkeit ist gerade die informationstechnische Kompetenzsteigerung im eigenen Land eines der wichtigsten bildungs- und wirtschaftspoli
tischen Ziele überhaupt. Damit wäre sie auch das wichtigste Argument für die Förderung der nicht proprietären Betriebssoftware beim Einsatz in einer öffentlichen Verwaltung. Aber die Sächsische Staatsregierung kämpft anscheinend immer noch verbissen für die Erhaltung der Monopolstellung der US-Firma Microsoft auf dem deutschen Markt.
Die Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat dieses Thema, wenn auch zunächst nur mit der eindimensionalen Blickrichtung auf Kostensenkungs- und mögliche Sicherheitsaspekte, vielleicht stärker in das Blickfeld der Staatsregierung gerückt. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Thema nun zu einem Handlungsfeld der Sächsischen Staatsregierung wird.
Wird von den Fraktionen noch weiter das Wort gewünscht? – Wenn das nicht der Fall ist, frage ich die Staatsregierung: Möchten Sie sprechen, Herr Minister? – Dann haben Sie jetzt das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Einsatz von Open Source Software ist entgegen dem Eindruck, den hier manche zu erwecken versucht haben, für die Staatsregierung kein Neuland. Seit Langem wird immer wieder geprüft und diskutiert, wie es mit dem Einsatz der sogenannten FLOSS aussieht.