Meine Damen und Herren! Damit ist die erste Runde der allgemeinen Aussprache für die Fraktionen beendet. Ich frage die Staatsregierung. – Damit kommen wir zur zweiten Runde. Die Fraktion DIE LINKE hat noch Redezeit. – Sie möchte nicht. Die CDU-Fraktion? – Herr Schmidt, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in der bisherigen Diskussion ein weit gefächertes Bild des ländlichen Raumes erlebt, von viel Positivem bis hin zu scharfer Kritik. Dafür ist die Debatte gedacht. Hier einmal den Finger in die Wunde zu legen ist sicher legitim. Wer aber ein so einseitig negatives Bild von der Entwicklung unserer sächsischen ländlichen Räume zeichnet wie Sie, Frau Kollegin Kagelmann, der wird mit Sicherheit nicht dazu beitragen, dass der ländliche Raum gestärkt wird, –
(Beifall bei der CDU und der FDP – Andreas Storr, NPD: Zweckoptimismus hilft hier aber auch nicht weiter!)
er wird eine Abwanderung aus den ländlichen Räumen eher beschleunigen. Wenn Staatsminister Kupfer einschätzt, wir haben einen guten Stand erreicht – dem möchte ich mich anschließen –, dann ist das natürlich relativ. Dabei muss man möglichst vergleichen, deshalb würde ich Ihnen empfehlen: Setzen Sie sich einmal ins Auto und fahren Sie durchs flache Land unserer benachbarten Bundesländer. Auch dort ist sehr viel Positives gewachsen; aber Sie werden ganz schnell feststellen, dass die Entwicklung in Sachsen beispielgebend ist.
Wenn Sie erleben wollen, wie es aussieht, wenn eine gezielte Entwicklung der ländlichen Räume völlig ausbleibt, dann empfehle ich Ihnen: Fahren Sie einmal über
die Grenzen nach Süden und nach Osten, wo die Nachbarn erst seit kurzer Zeit in der viel gescholtenen EU sind. Dort sehen Sie ein wiedererblühtes Prag, ein wiedererblühtes Warschau, einzelne sich weniger entwickelnde Regionen und ansonsten schlimme Zustände mit wenig Positivem, das dort in den letzten Jahren entstanden ist. Ich hoffe, dass es unseren Nachbarn in der EU zukünftig gelingen wird, auch von den Mitteln zu profitieren und, ähnlich wie bei uns, ihre ländlichen Räume zu entwickeln.
Speziell infrastrukturell lag so ziemlich alles am Boden. Damit meine ich nicht nur die Straßen, sondern vielmehr Dinge, die nicht auf den ersten Blick sichtbar sind. So waren die Anschlussgrade bei Gas, Abwasser, Telefon und zum Teil selbst bei Trinkwasser katastrophal und die bereits bestehenden Netze marode. Es geht mir nun nicht darum – da hier schon wieder ein Murren zu hören war –, irgendwelche Schuldzuweisungen zu machen oder zu analysieren, woran es gelegen hat; aber es ist einfach ein Fakt, den wir zur Kenntnis nehmen müssen. Nur durch einen Riesenkraftakt, durch Milliardeninvestitionen ist es in den letzten 20 Jahren gelungen, den Stand zu erreichen, den wir heute haben, den viele für selbstverständlich hinnehmen und überhaupt nicht mehr zu schätzen wissen, was wir in dieser Zeit erreicht haben.
Seit 2007 werden mit dem schon ausführlich beleuchteten ELER nun neue Wege in der Förderung des ländlichen Raumes gegangen: einerseits durch die Zusammenfassung verschiedener Fördertatbestände in einem Entwicklungsfonds, andererseits mit der speziellen Umsetzung in den einzelnen Regionen. Durch die Zusammenfassung der einzelnen Richtlinien in einem Fonds ist es beispielsweise unmöglich, während der Förderperiode gezielt Mittel umzuschichten, um das zur Verfügung stehende Gesamtvolumen effektiv für die Belange des ländlichen Raumes einsetzen zu können.
Es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass bei der Integrierten Ländlichen Entwicklung speziell Wert darauf gelegt wurde, die Entscheidungsebenen so weit wie möglich nach unten zu verlegen – wenn dies auch hier oftmals kritisch angemerkt wird – und außerdem nicht mehr nur einzelne Förderobjekte oder Kommunen zu betrachten, sondern die Entwicklung ganzer Regionen. Dies alles muss natürlich in einem Rahmen geschehen, welcher ein mögliches Anlastungsrisiko für den Freistaat weitestgehend minimiert.
Nun werden die Förderanträge von den bereits erwähnten Koordinierungskreisen nach Inhalt und Priorität bewertet und in den Landkreisen sowohl beschieden als auch abgerechnet. Damit wird der langjährigen Forderung, dass über die Mittelverteilung möglichst unmittelbar vor Ort entschieden wird, Rechnung getragen.
Meine Damen und Herren! Dass bei einer solch grundlegenden Umstellung der Abwicklung von Förderprogrammen auch in dem einen oder anderen Fall einmal die sprichwörtliche Säge klemmen kann, ist doch nichts Außergewöhnliches. Wer hat denn gedacht, dass das völlig reibungslos vonstatten geht? Trotzdem ist der Weg, der dabei gegangen wird, richtig, und er sollte auch bei zukünftigen Förderprogrammen so weiter gegangen werden. Wichtig ist, dass man bestehende Probleme erkennt, analysiert und abstellt.
Allerdings muss dies innerhalb des durch die EU gestellten Rahmens geschehen –, auch das ist bereits gesagt worden –, wodurch nicht jeder auch noch so sinnvoll erscheinende Änderungswunsch umsetzbar ist. Nichtsdestotrotz sind nach meinen Erfahrungen das Staatsministerium und die in den Landratsämtern zuständigen Referate bestrebt, mögliche Vereinfachungen und Veränderungen in den laufenden Prozess der Umsetzung von ELER und speziell auch von ILE einfließen zu lassen.
Wenn meine Informationen stimmen, findet auch heute wieder eine Beratung dazu statt, zumindest hat mir das der zuständige Referatsleiter aus meinem Landratsamt so mitgeteilt; und in diesem Jahr findet hierzu auch eine Halbzeitbewertung statt, in deren Ergebnis sicher nicht die gesamte Richtlinie sowie die dazugehörigen Durchführungsbestimmungen auf den Kopf gestellt werden können und, um eine mögliche Kontinuität in der Förderung zu sichern, auch nicht sollten. Trotzdem werden im Ergebnis dieser Bewertung die Richtlinien weiterentwickelt und in einigen Fällen neu ausgerichtet; Staatsminister Kupfer ist bereits darauf eingegangen.
Dass trotz aller Kritik das Programm gut läuft, zeigen die bisher erreichten Zahlen. Wie Staatsminister Kupfer sagte, konnten über ILE bisher knapp 3 000 Maßnahmen mit einem Fördervolumen von 204 Millionen Euro bewilligt werden; weitere 749 Maßnahmen mit 82 Millionen Euro sind beantragt. Die Ausweitung der Gebietsgröße von der bisherigen Ortschaftsgröße von 2 000 auf nunmehr 5 000 Einwohner ist zu begrüßen; eine weitere Erhöhung der Einwohnerzahl halte ich jedoch für nicht sinnvoll, um von der angestrebten Förderrichtung ländlicher Raum nicht abzuweichen bzw. förderschädliche Überschneidungen mit anderen Förderprogrammen, zum Beispiel der Städtebauförderung, zu vermeiden.
Außerdem teile ich die Einschätzung des Staatsministers Kupfer, dass die Erschließung des ländlichen Raumes mit leistungsfähigen Breitbandverbindungen zukünftig noch stärker zum Förderschwerpunkt werden muss – und auch wird. War es vor 20 Jahren ein Segen, einen Telefonanschluss zu haben, so ist es inzwischen für die Schaffung und den Erhalt von Arbeitsplätzen, für die Gewährleistung gleichwertiger Bildungsangebote oder auch einfach für
die private Lebensqualität unumgänglich, zeitgemäße Datenverbindungen zu haben. Die Öffnung der Fördermöglichkeiten des ILE für den Schulhausbau wurde vom Staatsminister ebenfalls ausführlich erläutert. Auch dies, finde ich, ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Wenn hier gerade von der Opposition über Schulen solch ein negatives Bild gemalt wird, dann empfehle ich, dahin zu gehen, wo Sie Verantwortung getragen haben oder noch tragen, und sich dort einmal die Schulen anzusehen, in welchem Zustand diese sind.
Staatsminister Kupfer ist in seiner Regierungserklärung abschließend darauf eingegangen, dass die Integrierte Ländliche Entwicklung eine von drei Säulen des ELER ist. Auch die beiden anderen Säulen, Wettbewerbsfähigkeit sowie Umwelt- und Landmanagement, sind nicht isoliert zu sehen, sondern tragen entscheidend zur Entwicklung unserer Dörfer bei.
Die in dieser Höhe in Deutschland einmalige Unterstützung unserer landwirtschaftlichen Betriebe bei einer umweltverträglichen Technisierung sowie bei der Schaffung von tiergerechten Haltungsformen trägt zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit bei, sichert damit Arbeitsplätze und hilft außerdem mit, die Lebensqualität in unseren Dörfern weiter zu verbessern. Gleiches gilt für die weitere Verbesserung unserer Siedlungswasserwirtschaft, den Erhalt des natürlichen Erbes oder zum Beispiel den spezifischen Ausbau des Landtourismus.
Daher sind sowohl die Verstetigung als auch die Weiterentwicklung der Integrierten Ländlichen Entwicklung Zielrichtung unseres Entschließungsantrages. Es muss gelingen, in der verbleibenden Zeit bis zum Ende der Förderperiode im Jahr 2013 die hohen Fördersätze effektiv zu nutzen und damit möglichst viele der noch ausstehenden Probleme zu lösen.
Abschließend möchte ich mich bei den Akteuren vor Ort bedanken. Der Staat kann nur die Rahmenbedingungen setzen. Umsetzen müssen es die Bürger, Verbände, Firmen und Kommunen im ländlichen Raum selbst. Dass dieses Engagement der Menschen in den vom Freistaat gesetzten Rahmenbedingungen Früchte getragen hat, kann jeder auf einer eingangs von mir empfohlenen Fahrt durch den ländlichen Raum erleben. Nutzen Sie das anstehende Pfingstfest für einen solchen Ausflug und versuchen Sie, sich an den schlimmen Ausgangszustand von 1990 zu erinnern! Sie werden Beeindruckendes erleben.
Die SPD-Fraktion hat keine Redezeit mehr. Ich frage die FDP-Fraktion, ob noch Redebedarf besteht. – Auch nicht. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat keine
Redezeit mehr. Die NPD-Fraktion hätte noch Redezeit. – Wird das Wort durch die Staatsregierung gewünscht? – Wird noch eine dritte Runde gewünscht – die CDU hat noch Redezeit? – Dies ist nicht der Fall.
Damit kommen wir zum Entschließungsantrag, meine Damen und Herren. Soll dieser noch eingebracht werden? – Das ist der Fall. Sie haben das Wort, Herr Heinz.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben viel Gutes, viel Wahres gehört, ein wenig Populistisches, aber keine grundsätzliche Infragestellung, sondern ganz im Gegenteil: Wir müssen auf dem begonnenen Weg weitermachen. Dazu soll dieser Entschließungsantrag dienen, nämlich die Staatsregierung aufzufordern, auf diesem Weg weiterzugehen. Ich möchte Ihnen den Antrag jetzt nicht im Einzelnen vortragen, sondern lediglich noch zum Punkt III zwei, drei Aspekte anmerken, welche Aussagen ich mir in dem gemeinsamen Handlungskonzept aller Fachressorts für die Entwicklung des ländlichen Raumes vorstellen könnte.
Ich denke, ganz besonders wichtig wäre, Perspektiven für junge Familien im ländlichen Raum zu erläutern. Das hat natürlich etwas mit Arbeitsplätzen zu tun und mit der Stärkung der Unternehmen im ländlichen Raum; dazu ist das Stichwort Breitbandversorgung bereits mehrfach gefallen. Ich wünsche mir Aussagen zum grundsätzlichen Erhalt des Schulnetzes, zur medizinischen Versorgung und deren Stärkung, zum Erhalt der kulturellen Vielfalt, zum ÖPNV und natürlich auch zur ganzheitlichen Entwicklung. Dazu gehört für mich auch, einen Zusammenhang zwischen Inanspruchnahme von Fördermitteln für Infrastrukturmaßnahmen und gleichzeitiger Ablehnung von Baumaßnahmen für landwirtschaftliche Produktion – sprich: Tierhaltungsanlagen – herzustellen. Hierzu würde ich mir noch gewisse Regularien wünschen, dass, wer das eine nicht will, das andere auch nicht haben kann – oder soll.
Vielen Dank. – Damit ist der Entschließungsantrag eingebracht. Ich frage die Fraktionen: Gibt es zum Entschließungsantrag noch Wortmeldungen? – Frau Kagelmann, Sie möchten gleich vom Saalmikrofon aus sprechen? – Bitte schön.
Danke schön, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich sage es einmal ganz vorsichtig: Unter einem substanziellen Antrag verstehe ich eigentlich einen Antrag, der eine bestimmte Entwicklungsrichtung kennzeichnet und nicht nur eine Fachregierungserklärung bestätigt. Mehr allerdings steht hier nicht, und, Herr Heinz, wenn Sie sich bestimmte Aussagen wünschen, dann hätten Sie es doch hineingeschrieben! Dazu hatten Sie die Gelegenheit.
Wir lassen uns auch nicht dafür verhaften, dass die ILEFörderprogramme ausreichen, um zum Beispiel die Breitbandversorgung sicherzustellen; darauf habe ich vorhin bereits hingewiesen.
Aber ich habe gleich noch eine Frage, die der Staatsminister vielleicht beantworten kann. Mir liegen zwei Pressemitteilungen vom vergangenen Jahr vor.
Nein, das gehört aber zum Antrag, da es sich auf diesen bezieht. Dann habe ich eben eine Bemerkung und keine Frage.
Ja, gut. – Der Entschließungsantrag spricht von einer Fördersumme von 411 Millionen Euro über die Förderperiode. Meines Wissens wurde aber die Gebietskulisse im vergangenen Jahr erweitert, und sowohl Sie, Herr Ministerpräsident Tillich, als auch Sie, Herr Staatsminister, haben damals von der Erweiterung auf 422 Millionen Euro Fördersumme gesprochen. Welche Zahl gilt denn nun? Im Zweifelsfall müsste dann wenigstens der Entschließungsantrag korrekt sein.