Protokoll der Sitzung vom 02.09.2010

(Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Denn es war die Große Koalition, die von einer kurzen, aber harten Rezession ausging und mit der Kurzarbeit das geeignete Element einsetzte. Das muss man an dieser Stelle einfach einmal sagen.

(Stefan Brangs, SPD: Er hat das richtig erkannt!)

Des Weiteren schmückt sich das liberale Federkleid mit der demografischen Entwicklung, denn es war nicht die kluge Arbeitsmarktpolitik der Staatsregierung, die Arbeitsplätze geschaffen hat, sondern es waren Abwanderung und eine älter werdende Bevölkerung, die die Zahl der Arbeitsplatzsuchenden vermindert haben.

Zum Dritten. Laut der Bundesagentur für Arbeit spielen auch – ich zitiere – „statistische Effekte der Neuausrichtung arbeitsmarktpolitischer Instrumente“ eine Rolle. Im Klartext gesprochen: Menschen fallen durch Rechenakrobatik aus der Statistik heraus, obwohl sie keinen neuen Job gefunden haben.

Sehr geehrter Herr Staatsminister Morlok, nimmt man Ihnen Ihre fremden Federn, bleibt nicht allzu viel übrig.

(Andreas Storr, NPD: Ein nackter Vogel bleibt übrig!)

Seitdem Sie im Amt sind, hat Sachsen keine eigene Arbeitsmarktpolitik mehr, nur Ihr ewiges Mantra: Der erste Arbeitsmarkt wird es schon richten,

(Staatsminister Sven Morlok: Genau!)

wir müssen nur fest genug daran glauben. – Das ist allerdings sehr kurz gesprungen. Der Kollege Brangs hat es schon kurz angesprochen: Neueinstellungen erfolgen oft in prekären Beschäftigungsverhältnissen, wie in der Zeitarbeit. Damit ist definitiv kein dauerhafter Aufschwung möglich. Auch der Finanzminister hatte heute unter dem ersten Tagesordnungspunkt schon darauf hingewiesen, dass noch überhaupt nicht gesichert ist, ob der Aufschwung von Dauer ist oder nicht.

Es gibt darüber hinaus noch einen weiteren Sorgenpunkt. Ich habe in den letzten Wochen und Monaten mehrfach Unternehmen im sächsischen Vogtland besucht. Dort findet derzeit der Ausverkauf qualifizierter Arbeitsplätze statt, und das, obwohl die Region mit besonders niedrigen Lohnkosten geworben hat. Das heißt, wir brauchen auch hier einen Strategiewechsel, denn sonst werden wir von

dem sich abzeichnenden Fachkräftemangel überrollt werden. Die Vorboten sind schon da.

Rund 22 000 Jugendliche haben sich im August 2010 um Ausbildungsstellen beworben – die Zahl wurde von Herrn Kind schon genannt –, das ist ein Rückgang im Vergleich zum August des Vorjahres um 16,3 %. Selbstverständlich profitieren von dieser Entwicklung auch Jugendliche, die zuvor in der sogenannten Grundsicherung waren. Das ist erfreulich. Aber auf der anderen Seite müssen wir auch feststellen, dass Unternehmen zunehmend über nicht ausbildungsfähige Bewerber klagen, denen es an grundlegenden Kompetenzen fehlt. Da reicht auch der permanente Verweis der Regierungsfraktionen auf die guten Ergebnisse in der PISA-Studie nicht aus. Denn rund 25 % der Schüler in Sachsen gehören zu der Gruppe der sogenannten Risikoschüler. Das heißt, sie haben Defizite in den Bereiche Lesen, Schreiben und Rechnen.

Es ist genauso staatliche Aufgabe, diese Schüler fit zu machen, wie es auf der anderen Seite die Begabtenförderung ist. Der Grund dafür ist ganz einfach. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung können wir es uns schlichtweg nicht mehr leisten, Schulabbrecher und Schulabgänger ohne Abschluss in Endlosschleifen im staatlichen Übergangssystem zu parken. Die Aufgabe muss vielmehr sein, diese Jugendlichen für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren, und zwar in Kooperation mit der Wirtschaft. Diese konnte sich lange Zeit die Besten aussuchen und die Übriggebliebenen sich selbst oder Vater Staat überlassen.

Kurz das Fazit: Wenn wir das Thema Fachkräftesicherung ernst nehmen, profitieren alle, die Gesellschaft, die Wirtschaft und vor allem diejenigen, die bisher vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen blieben. Herr Kollege Herbst, ich bin schon sehr gespannt, welche Maßnahmen Sie uns in der zweiten Runde präsentieren werden. Die Ankündigung hatten Sie gemacht. Wir warten alle mit Interesse darauf.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der SPD)

Die NPD, Herr Abg. Delle.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es war nichts anderes zu erwarten, als dass sich zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres die Koalition selbst feiert – Herr Herbst ein bisschen mehr als Herr Heidan –, aber ich bin gespannt, was noch in der zweiten Runde zu hören sein wird. Ich möchte mich in meinen kurzen Ausführungen hauptsächlich auf das Thema Ausbildung konzentrieren, weil ich denke, zu diesem Thema ist noch zu wenig gesagt worden.

Meine Damen und Herren, wie sieht denn die Wahrheit aus? Diese haben Sie schon ein bisschen schönzureden versucht. Die Wahrheit ist doch, dass – da spreche ich jetzt hauptsächlich die CDU-Fraktion an, weil Sie nun

einmal seit 20 Jahren für die Politik im Lande verantwortlich sind – aufgrund Ihrer, ich nenne es vorsichtig, mangelnden Wirtschaftspolitik und Ihrer de facto nicht vorhandenen Bevölkerungspolitik Hunderttausende von Sachsen in den letzten 20 Jahren gezwungen waren, ihrer Heimat den Rücken zu kehren,

(Alexander Krauß, CDU: Solche Leute wie Sie kamen dann her!)

weil sie für sich und ihre Familien keine Zukunft im Lande sahen oder auch keine Zukunft hatten.

(Alexander Krauß, CDU: Warum sind Sie denn hergekommen? Weil Sie keine Zukunft in Sachsen hatten?)

Natürlich haben diese Menschen – –

Herr Krauß, kommen Sie doch nach vorn und sagen Sie etwas zu dem Thema.

(Alexander Krauß, CDU: Mache ich dann!)

Gut. – Diese Menschen haben selbstverständlich ihre Kinder mitgenommen bzw. haben ihre Kinder größtenteils in den alten Bundesländern zur Welt gebracht und diese damals Kinder, heute Jugendlichen, fehlen auf dem sächsischen Ausbildungsmarkt bzw. drängen nicht auf den Ausbildungsmarkt.

(Andreas Storr, NPD: Mit der Abwanderung sind die Probleme nur exportiert worden!)

Somit war es eine logische Schlussfolgerung Ihrer mangelhaften Wirtschaftspolitik, dass irgendwann der Zeitpunkt gekommen sein wird, zu errechnen – das war fast nur eine mathematische Aufgabe –, zu dem es irgendwann einmal, zumindest in bestimmten Branchen und Bereichen, mehr Ausbildungsplätze als Bewerber geben wird. Also, meine Damen und Herren, das ist eigentlich keine Folge Ihrer guten, sondern eine Folge Ihrer schlechten Politik.

(Beifall bei der NPD)

Um noch ein paar Zahlen zu nennen, sie wurden teilweise schon genannt: Gegenüber dem Jahr 2009 hat sich die Zahl der Ausbildungssuchenden in diesem Jahr allein um 2 000 verringert. Wenn wir einmal zehn Jahre in das Jahr 2000 zurückgehen – das ist historisch gesehen gerade mal gestern gewesen –, so hat sich die Zahl der Ausbildungssuchenden in Sachsen um sage und schreibe zwei Drittel verringert. Das sind Zahlen des Statistischen Landesamtes.

Ich muss Ihnen noch einen kräftigen Schluck Wasser in Ihren ach so tollen Wein gießen, wenn es nämlich um das Thema – das wurde hier schon ganz kurz gestreift – „mangelnde und teilweise mangelnde Ausbildungsfähigkeit von Schulabgängern“ geht. Auch wenn mir die Schulpolitik der CDU bestimmt näher steht als die der Damen und Herren auf der linken Seite, so muss sich die CDU doch schon an die Nase fassen und fragen: Wie

kann es sein, dass in Sachsen zwischen 20 und 25 % der Schulabgänger im Prinzip nicht ausbildungsfähig sind?

(Andreas Storr, NPD: Weil das sächsische Schulsystem doch nicht so toll ist, wie man immer behauptet!)

Das, meine Damen und Herren, ist eigentlich eine bildungspolitische Katastrophe und hier muss dringend endlich Abhilfe geschaffen werden.

Wenn Sie diese Quote auf ein Minimum reduzieren könnten und reduzieren würden, dann hätte sich das Thema Zuwanderung nämlich auch schon erledigt. Denn dann wären es die eigenen Leute, die eigenen Jugendlichen, die Sachsen erst einmal in die Lage versetzten, eine Ausbildung zu beginnen. Dann brauchten wir auch keine Zuwanderung. Ich nenne Ihnen anschließend auch gleich zwei Vorschläge, wie das zumindest in Ansätzen zu machen ist.

Aber ich kann die Personalchefs oder den Handwerksmeister, der vielleicht einen Lehrling für seinen kleinen Handwerksbetrieb sucht, schon verstehen, wenn sie teilweise bzw. reihenweise – Sie kennen die Fälle so gut wie ich – Bewerbungen auf dem Tisch liegen haben, bei denen klar zu erkennen ist: Hier bin ich erst noch ein Jahr damit beschäftigt, dem jungen Menschen überhaupt die Grundlagen beizubringen. – Das kann nicht die Aufgabe eines Ausbildungsbetriebes sein, das ist doch die elementare Aufgabe der Schule.

Da habe ich, wie gesagt, gleich zwei Vorschläge. Erstens. Probieren Sie doch endlich einmal, das Problem der Fehlstunden in der Schule in den Griff zu bekommen, und erteilen Sie in den Fehlstunden endlich vernünftigen Unterricht.

Zweitens. Vergessen Sie und streichen Sie doch endlich diese sinnlosen Anti-Rechts-Programme in den Schulen.

(Stefan Brangs, SPD: Die sind notwendig! – Thomas Kind, Linksfraktion: Die sind sehr notwendig!)

Allein was dabei an Zeit draufgeht – es ist klar, dass Sie das aufregt – für Vorträge, für Seminare, für Projektwochen und weiß Gott was noch alles! Wenn Sie diese Schulstunden nehmen würden – da käme einiges zusammen im Laufe der Jahre – und den jungen Menschen in diesen Schulstunden Mathematik-, Deutsch-, Englischunterricht geben würden, dann hätten die jungen Menschen wirklich etwas davon,

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

weil sie dann befähigt wären, vielleicht einen Ausbildungsplatz zu finden,

(Beifall bei der NPD)

um somit einen guten Start in ihr Leben zu haben. Also, Herr Heidan, Herr Herbst, es gibt noch jede Menge zu tun. Packen Sie es bitte endlich an!

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Wir treten jetzt in die zweite Runde ein und ich rufe wieder die CDUFraktion auf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte den Blick in meinen Betrachtungen stärker auf den Ausbildungsmarkt werfen. Frank Heidan hat hier schon besonders gut und viel zum Arbeitsmarkt gesprochen.

(Stefan Brangs, SPD: Wo war ich denn da?)