Der Freistaat erhält in der laufenden Förderperiode 4 Milliarden Euro an Strukturfondsmitteln. Die damit angestoßene wirtschaftliche Entwicklung ist für Sachsen von elementarer Bedeutung. Lassen Sie mich auch das sagen: Sie darf durch den Wegfall der Förderung nicht gefährdet werden.
Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass der Freistaat Sachsen ab 2014 nicht nur eine angemessene, sondern die höchstmögliche Förderung erhält, mit der der Wegfall der bisherigen Förderung abgefedert wird. Es kann nicht sein, dass Sachsen in der nächsten Förderperiode ohne Strukturfondsförderung oder ohne Übergangsförderung bleibt; denn das würde den wirtschaftlichen Erfolg, den wir mit EU-Mitteln hier erreicht haben, gefährden.
Wie gesagt, das bloße Beharren auf einer Höchstförderung im Sinne der bisherigen Ziel-1-Förderung ist nicht sinnvoll und nicht realistisch. Das wird es nicht geben. Die Staatsregierung wird sich für eine höchstmögliche Förderung einsetzen, und zwar in sämtlichen Ressorts.
Meine Damen und Herren! Die Gespräche mit EUKommissar Hahn, der für die Regionalpolitik zuständig ist, am 25. Oktober in Leipzig haben gezeigt, dass dieses Anliegen des Freistaates Sachsen auch bei der Kommission verstanden wird. Die Vertreter der Sächsischen Staatsregierung waren sich mit Kommissar Hahn darin einig, dass es eine Anschlusslösung für die Regionen – also auch für Sachsen – geben muss, die aus der Ziel-1Förderung herausfallen.
Die Europäische Kommission hat am 19. Oktober ihre ersten Überlegungen zur Reform des Haushalts und am 10. November den 5. Kohäsionsbericht vorgelegt. In der vergangenen Woche haben sich die Vorsitzenden der Fraktionen im Europaparlament und Vertreter der Mitgliedsstaaten darauf geeinigt, für das Jahr 2011 einen EUHaushalt in Höhe von 126,5 Milliarden Euro vorzugeben. Die Billigung dieses Haushalts durch das Plenum des Europäischen Parlaments steht morgen bevor. Wir gehen davon aus, dass diese Haushaltsvorgabe morgen tatsächlich vom Parlament gebilligt wird. Damit liegt eine erste Vorgabe vor, die uns einen Orientierungspunkt für die Entwicklung der Finanzen und des Finanzrahmens im Zeitraum 2014 bis 2020 gibt.
Wie bereits von dem für den Haushalt zuständigen Kommissar Lewandowski angeregt wurde, werden zur Finanzierung des Haushalts Eigenmittel in Form eigener Abgaben der Europäischen Union vorgeschlagen. Diese sollen etwa auf Energie, Luftfahrt oder den Emissionshandel erhoben werden und würden, anders als bisherige Beiträ
ge, unmittelbar dem Unionshaushalt zustehen. Lassen Sie mich dazu eines klarstellen: Die Sächsische Staatsregierung lehnt ebenso wie die Bundesregierung die Einführung derartiger eigener Steuern der Union als Eingriff in die nationale Steuerhoheit entschieden ab.
Mit einer fairen Lastenverteilung wäre zum Beispiel eine EU-Steuer auf Luftfahrt kaum zu vereinbaren, da dann die Kosten der Europäischen Union vor allem von Vielfliegern zu tragen wären, obwohl diese Mittel nachher nicht den Personen, die sie gezahlt haben, zugute kämen. Bekanntlich sollen ja EU-Mittel allen Bürgern der Union nutzen.
Meine Damen und Herren! Anders, als Frau Kallenbach es hier gesehen hat, wäre ein solches Verfahren nicht transparent. Es müsste nämlich von den nationalen Behörden getragen werden. Es würde auch keine Steuerungsfunktion entfalten, sondern wäre nur eines: teuer!
Um zur Übergangsförderung zurückzukommen: Die Tatsache, dass in der Mitteilung der Kommission zur Haushaltsreform eine Übergangslösung für die Strukturfonds erwähnt wird, ist ein Beleg dafür, dass sich auch der Einsatz der sächsischen Vertreter und der Vertreter in Brüssel in den vergangenen Monaten gelohnt hat. Es scheint so zu sein, dass die Kommission für eine Übergangsförderung für die Regionen, die nicht mehr Empfänger der Ziel-1-Förderung sein werden, die gleichwohl noch auf dem Weg sind, zum Durchschnitt der EU aufzuschließen, offen ist. Es ist jetzt an uns, an den Vertretern aller Fraktionen in diesem Haus, auch die Vertreter auf der Bundesebene noch einmal davon zu überzeugen, dass sich die Bundesregierung mit Nachdruck auf der europäischen Ebene für eine solche Übergangsförderung einsetzt.
Für Sachsen sind aufgrund seiner geografischen Lage im Dreiländereck die Fortführung und der Ausbau der grenzübergreifenden Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten, der Republik Polen und der Tschechischen Republik, von besonderer Bedeutung. Daher setzt sich die Sächsische Staatsregierung dafür ein, dass die Förderung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit im Rahmen der europäischen territorialen Zusammenarbeit auch künftig eine herausgehobene Bedeutung erhält.
Gerade vor dem Hintergrund möglicherweise sinkender Mittel aus den Ziel-1- oder den Ziel-2-Strukturfondsmitteln kommt dem Ziel 3, der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, besondere Bedeutung zu. Anders als Sachsen-Anhalt und Thüringen hat Sachsen tatsächlich die Chance, entsprechende Mittel und damit auch Projekte nach Sachsen zu holen. Die Chancen dieser Zusammenarbeit liegen in den Regionen Ostsachsen und Südsachsen, also in den Grenzregionen zu Polen und zu Nordböhmen.
Frau Runge, wenn Sie fragen, ob wir insoweit die Interessen Tschechiens oder Polens wahrnehmen sollen, dann
sage ich Ja. Es liegt in unserem Interesse, dass die Regionen im Dreiländereck zwischen Polen, Nordböhmen und Sachsen gefördert werden. Wir beschränken uns dabei nicht kleinstaatlerisch auf die Gebiete innerhalb unserer Grenzen nach dem Motto: „Bei uns ist alles gut, und an der Neiße ist Schluss“. Das wäre ein Fehlverständnis von Regionalpolitik.
Richtig verstandene Regionalpolitik ist eine Chance für die Grenzregionen Sachsens, gemeinsam mit den angrenzenden Regionen in Polen und der Tschechischen Republik für die dort lebenden Menschen tätig zu werden.
Aber lassen Sie mich eines sagen: Das ist nicht allein Aufgabe der Sächsischen Staatsregierung. Entsprechende Projekte im Rahmen der Ziel-3-Förderung müssen auch von der kommunalen Ebene vorgeschlagen und begleitet werden. Da sind unsere Landkreise und Kommunen in der Pflicht, entsprechende Projekte zu definieren und mit Partnern jenseits der Grenze auszugestalten, damit wir tatsächlich bei der Kommission vorstellig werden können, um für grenzüberschreitende regionale Projekte zu arbeiten. Das heißt, wir sollten hier die kommunale Ebene nicht aus ihrer Verantwortung entlassen.
Meine Damen und Herren! Natürlich wird die Staatsregierung weiter über ihre Bemühungen und über ihre Aktivitäten in diesem Bereich unterrichten. Wir haben bereits im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss angefangen, regelmäßig über die Themen zu berichten. Selbstverständlich werden wir auch, sofern es notwendig ist, im Rahmen des Artikels 6 des zweiten Protokolls, das heißt des sogenannten Subsidiaritätsfrühwarnsystems, unsere Meinung zu anderen Dingen abgeben, wenn dies der Landtag gerne hätte. Wir sind ja gern zu jeglicher Zusammenarbeit bereit.
Ich bedanke mich, dass Sie dieses Thema aufgegriffen haben, und bitte ebenfalls um Zustimmung, verehrte Abgeordnete.
Ich rufe eine vierte Runde auf. Möchte sich ein Abgeordneter zu Wort melden? – Das kann ich nicht erkennen. Damit kommen wir zum Schlusswort. Das Schlusswort für die Koalitionsfraktionen hat Herr Schiemann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, die Debatte hat gezeigt, dass sich auch dieser Sächsische Landtag wohl an Europa in einer Form erinnert, dass uns Europa solidarisch 20 Jahre unterstützt hat, dass Europa nicht nur aus fiskalischen Gründen bei uns einen festen Platz in diesem Hause, aber auch in unserem Freistaat Sachsen, hat, sondern wir haben auch den Austausch der
Wir wollen diesen Austausch und ich bin Herrn Staatsminister Dr. Martens sehr dankbar, dass er nochmals den aktuellen Stand der Diskussion in Brüssel dargelegt hat. Er hat noch einmal deutlich gemacht, dass der Freistaat Sachsen natürlich neben dem Austausch zwischen den Menschen in Europa auch das Interesse hat, dass der Aufbauprozess in unserem Land weitergeführt und eben nicht abrupt abgebrochen wird.
Ich bin Ihnen auch deshalb dankbar, dass Sie die Frage der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn der Republik Polen und der Tschechischen Republik auf eine ganz besondere Art und Weise gewürdigt haben. Ich würde mir wünschen, wenn auch viele andere Mitglieder in diesem Hohen Haus Respekt vor den Leistungen der Menschen im Erzgebirge, vielleicht auch im Vogtland, aber auch in der Oberlausitz bis hin zur Europastadt Görlitz haben, dass wir eben Brücken zu den Menschen in den Nachbarregionen bauen.
Ich bleibe dabei, Böhmen, Sachsen und Schlesien können sich zu einer Fortschrittsregion in diesem Europa entwickeln. Es wäre gut für die Menschen, die hier wohnen. Es wäre gut als Vorbild für andere Regionen in Europa. Denken Sie bitte daran, wenn der Donau-Raum sich so zusammenfindet, dass er die Mitgliedsanrainerländer für eine Idee zusammenschließt, um mehr zu tun, und noch die Nachbarländer dazunimmt, also acht Anrainerstaaten und sechs Nachbarländer – das sind 14 Staaten –, welche Erfolge möglich wären. Warum kann es nicht in unserem Interesse sein, eine Fortschrittsregion Böhmen, Sachsen und Schlesien zu errichten, in der wir dann auch noch mehr für die Menschen tun können, besonders für die junge Generation, die dieses Europa ganz anders kennenlernen kann, als wir das viele Jahre bis 1989 hatten?
Meine Damen und Herren! Mir liegt noch ein Änderungsantrag der SPD-Fraktion in der Drucksache 5/4073 vor. Herr Jurk möchte den Änderungsantrag einbringen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von mehreren Rednern ist in der Debatte bereits angesprochen worden, dass der Antrag „unschädlich“ sei, aber relativ dünn geraten. Wir haben uns der Mühe unterzogen, den Antrag zu ergänzen und zu erweitern.
Uns geht es speziell darum, konkreter Auskunft über die Initiativen, über Argumente und Vorschläge zu erlangen, die seitens der Staatsregierung im Bundesrat, im Ausschuss der Regionen und gegenüber der Bundesregierung eingebracht werden bzw. mit denen man sich einzusetzen gedenkt. Wir wollen dabei gern wissen, mit welcher Strategie man in die Verhandlungen geht, und über Erfol
Herr Präsident! Wir möchten zwei Sätze zum Änderungsantrag der SPD sagen. Die von Herrn Jurk vorgenommenen und untersetzten Konkretisierungen der Punkte 1 und 2 tragen wir vollumfänglich mit.
ge, aber auch Fehlschläge, die in diesem Prozess zu erleben sind, informiert werden. Wir möchten natürlich auch gern die Einbeziehung der Wirtschafts- und Sozialpartner in den Verhandlungsprozess erreichen.
Wir haben im Punkt 2 einen neuen Punkt aufgenommen, der sich hauptsächlich damit befasst, wie die Mitteilung der Kommission vom 19. Oktober 2010 zur Überprüfung des EU-Haushaltes und die dortigen Reformvorschläge durch die Staatsregierung bewertet werden und welchen Handlungsbedarf sie ableitet, um den 5. Kohäsionsbericht zu ergänzen, der am 10. November vorgestellt worden ist.
Ich bitte, im Punkt 3 eine kurze Korrektur vorzunehmen. Es gab nur fünf Spiegelstriche im Antrag der Koalition. Deshalb muss es bei uns richtig heißen, dass wir die ersten beiden Spiegelstriche unterstützen, die Spiegelstriche 3 bis 5 ersetzen wollen. Uns geht es insbesondere darum, dass wir uns Themen zuwenden, die die Strategie „Europa 2020“ vorsieht, wie Bildung und Fachkräftemangel, dass wir uns dem Klimaschutz und städtischer Entwicklung widmen wollen und dass wir auch unter dem Stichwort „Keye nabling Technologies“ – wir wissen alle, wovon wir reden –, also Schlüsseltechnologien, etwas breiter in Bereich Forschung, Innovation und Technologie fassen. Für uns ist natürlich die gemeinsame Agrarpolitik auch unter dem Stichwort wichtig, dass wir flächendeckende und ressourcenschonende Landwirtschaft in Sachsen betreiben wollen.
Ein Punkt ist mir besonders wichtig: Wir möchten, dass das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung, kurz OLAF, in seinen Kompetenzen gestärkt wird.
Ich will letzten Endes auch begründen, dass wir eine europäisch angestoßene Finanztransaktionssteuer wollen. Wir möchten gern, dass auch die Briten beteiligt werden, wenn über Besteuerung von Finanztransaktionen gesprochen wird, damit sie sich nicht weiter aus der Verantwortung stehlen können. Ich denke, das ist eine Sache, die im europäischen Interesse ist.
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie diesen ergänzenden und den Antrag verbessernden Vorschlägen folgen könnten.
Wir hatten ja schon in unserem Redebeitrag signalisiert, dass wir dem Antrag der Koalition zustimmen. Ich würde ihn nicht als unschädlich bezeichnen, aber er greift zu kurz, wenn man sieht, was man noch hätte hineinpacken können.
Ich will nur zur europäischen Transaktionssteuer sagen: DIE LINKE hat sich schon immer mit einer solchen Steuer befasst. Ich sehe in diesem Punkt nur nicht wirklich einen Zusammenhang zwischen der europäischen Transaktionssteuer und der kommenden Förderperiode. Ich will nur darauf verweisen. Dennoch stimmen wir diesem Änderungsantrag zu.
In aller Kürze, Herr Präsident. Zu den Punkten 1 und 2 erfolgt eine regelmäßige Unterrichtung durch den Staatsminister im entsprechenden Ausschuss. Die Punkte sind überflüssig. Wir wollen keine neuen EU-Steuern, wie es in unserem Antrag formuliert ist; deshalb müssen wir den SPD-Antrag ablehnen.
Wenn es jetzt keinen Widerspruch gibt, stelle ich den Änderungsantrag der SPD-Fraktion mit der mündlichen Änderung, wie von Herrn Jurk vorgetragen, mit der Drucksache 5/4073 zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Danke. Bei einigen Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafürstimmen ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.