Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gibt es nun noch Redebedarf? – Wenn es keinen Redebedarf gibt, stimmen wir jetzt über die Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses in der Drucksache 5/4515 ab. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist der Beschlussempfehlung mit großer Mehrheit zugestimmt worden.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – sofortige Einführung eines Mindestlohnes für die Leih- und Zeitarbeitsbranche
Dann beginne ich mit der CDU: 30 Minuten, DIE LINKE: 20 Minuten, SPD: 12 Minuten, FDP: 12 Minuten, GRÜNE: 10 Minuten, NPD: 10 Minuten und die Staatsregierung 20 Minuten.
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Ich sehe bereits Herrn Lichdi als ersten Redner und bitte ihn, das Wort zu nehmen. Bitte sehr.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir fordern Sie heute im letzten Tagesordnungspunkt vor Weihnachten mit einem sehr unweihnachtlichen Thema auf, den Transport des hoch angereicherten Urans aus dem Forschungsreaktor Rossendorf, aus dem Zwischenlager Ahaus in die Atomwaffenfabrik in Majak im Südural endgültig abzusagen.
Wir denken, dass sich der Freistaat Sachsen nicht hinter den Nichtverbreitungsvereinbarungen zwischen den USA und Russland verstecken kann. Zumindest eines ist nach den Auskünften von Staatssekretär König am 26.11. im Umweltausschuss klar: Es besteht keine völkerrechtliche Pflicht, sächsischen Atommüll nach Russland zu fahren,
und ich bedaure, dass die Staatsministerin in ihrem Interview heute in der „Freien Presse“ den gegenteiligen Eindruck erweckt hat.
Ein Weiteres ist aufgrund der Gutachten der Gesellschaft für Anlagen- und Atomsicherheit auch klar: Der weitere Verbleib in Ahaus und die Verbringung in ein deutsches Endlager entspricht dem deutschen Atomgesetz. Es besteht also keinerlei Grund zur Eile.
Nein, meine Damen und Herren, Ihnen von der Koalition geht es schlicht darum, Entsorgungskosten zu sparen und in Rossendorf schöne neue Welt zu spielen. Aber wir vergessen nicht, dass in Rossendorf weiterhin 9 Gramm Plutonium liegen, für die Sie weiterhin keinen Entsorgungsplan haben. Sie, meine Damen und Herren, wollen eine russische Billigentsorgung nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Wir wollen es aber nicht verantworten, unseren Atommüll in eine der verstrahltesten
Regionen in der Welt, in ein Zwischenlager zu schicken, das bekanntermaßen und nachweislich nicht sicher ist. Wir halten es für unmoralisch, unseren Atommüll den dort lebenden Menschen vor die Haustür und buchstäblich ins Trinkwasser zu kippen – den Menschen, die dort leben und leiden; und den Kalauer von der "C-Partei" spare ich mir jetzt einmal.
Was ich mir aber jetzt nicht erspare: Seit 1990 haben sächsische Bürgerinnen und Bürger für den Aufenthalt von durch die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl geschädigten Kindern in Volkersdorf vor den Toren Dresdens 2 Millionen Euro gespendet. Wollen Sie etwa verantworten, dass wir morgen für die Schäden an der Gesundheit der Kinder von Majak mitverantwortlich sind?
Meine Damen und Herren! Die Staatsregierung ist mit ihrer Strategie des Verharmlosens und Totschweigens gescheitert. Sie hatten gehofft, dass sich kein Mensch mehr für den weiteren Verbleib des Atommülls interessiert, nachdem Sie ihn 2005 mit großem Aufwand und Kosten nach Ahaus in Nordrhein-Westfalen gekarrt hatten. Dieser Transport – das wissen wir heute sicher – war vollkommen unnötig.
Damals antwortete mir der damalige Umweltminister und heutige Ministerpräsident Tillich, dass der sächsische Atommüll schließlich von Ahaus in ein deutsches Endlager geschafft werde, das 2030 bestehen solle. Tillich antwortete mir das damals, obwohl die Staatsregierung seit 2004 wusste, dass der Atombrennstoff aufgrund russisch-amerikanischer Vereinbarungen wieder nach Russland transportiert werden sollte.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Sie können sich jetzt aussuchen, ob Sie diese Falschinformation als Lüge bezeichnen wollen oder nicht. Ich wüsste jedenfalls nicht, welchen anderen Ausdruck die deutsche Sprache für diesen Sachverhalt bereithält. Immerhin hat Sachsen diese Ahaus-Fahrt unnötigerweise 4,3 Millionen Euro gekostet; aber davon wollen Sie ja sicher auch nichts hören. Der Fraktionsvorsitzende der CDU, der jetzt der Debatte leider nicht beiwohnen kann, hat sich öffentlich geärgert, dass Sachsen 35 Millionen Euro für die Verwertung in Majak zahlen soll. Offiziell sind es sogar 38 Millionen Euro.
Dennoch verfolgt Frau von Schorlemer diesen Weg weiter, weil er immer noch billiger ist als eine Entsorgung in Deutschland. Auch dies hat Staatssekretär König bestätigt. Der Freistaat Sachsen möchte nämlich Genehmigungskosten für die Prüfung der weiteren Sicherheit der MTR-2-Castoren in Ahaus sowie für die Konditionierung für die Endlagerung sparen. Leider – und bezeichnenderweise – hat sich Staatssekretär König im Umweltausschuss sehr unklar ausgedrückt. Er sprach von einer – Zitat – „erheblichen Kostenbelastung in Millionenhöhe“. Die Kosten der Endlagerkonditionierung seien – Zitat – „nicht bezifferbar“. Zu mehr konnte er sich nicht verstehen. Nein, meine Damen und Herren. Sie, Frau von
Schorlemer, spielen mit falschen Karten und setzen darauf, der Öffentlichkeit überhaupt keine Informationen zu geben. Leider verfolgt auch die jetzige Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, nämlich Sie, Frau von Schorlemer, diese Strategie weiter.
Herr Kollege Lichdi, ich habe nur eine Nachfrage, ob ich es richtig verstanden habe. Haben Sie davon gesprochen, dass Rossendorf ein Zwischenlager sei?
Herr Kollege Brangs, wenn Sie meiner Rede gefolgt wären, dann hätten Sie vernommen, dass ich nicht davon gesprochen habe, dass Rossendorf ein Zwischenlager ist. Ich weiß, worauf Sie anspielen. Wir können auch gerne die Rolle Ihrer Parteikollegin Frau Dr. Stange noch einmal ins Auge fassen.
Herr Brangs, vielleicht wissen Sie, dass die offizielle Rechtfertigung der Staatsregierung im Jahr 2005 leider unter der Verantwortung der Sozialdemokratie so lautete, dass der Transport deshalb notwendig sei, weil Rossendorf kein Zwischenlager sei, sondern nur eine sogenannte Transportbereitstellungshalle. Was der Staatsregierung und offensichtlich auch Ihnen nicht ganz bekannt ist oder worüber Sie sich nicht korrekt informiert haben, ist, dass die beiden Hallen in Ahaus und Rossendorf baugleich sind und überhaupt kein Sicherheitsgewinn dadurch eingetreten ist, dass die Castoren nach Ahaus verbracht worden sind, weil das einzige Containment die Castoren sind und eben nicht die Halle, und es wäre der Staatsregierung ein Leichtes gewesen, den Antrag auf Genehmigung der Transportbereitstellungshallen zu einer Zwischenlagerhalle zu genehmigen. Es wären keinerlei bauliche Maßnahmen erforderlich gewesen. Es hätte einfach dieses Genehmigungsverfahren durchgeführt werden müssen, und das wollte man eben aus politischen Gründen nicht.