Ich glaube, der geplante Ansatz ist löblich. Dafür danken wir der Staatsregierung. Das ist ein richtiger Weg – ein
Wir sind auch dem Ministerpräsidenten herzlich dankbar, der auf dem Demografiegipfel im Dezember die „Initiative 5 000 x 50“ vorgestellt hat. Ziel ist es, gemeinsam mit der Wirtschaft 5 000 Arbeitsplätze für Arbeitnehmer über 50 Jahre zu schaffen. Damit wird noch einmal gerade die Gruppe ins Blickfeld genommen, von der wir wissen, dass sie viel Erfahrung und Wissen hat. Diese Menschen werden auf dem Arbeitsmarkt gebraucht. Den Jugendwahn haben wir zum Glück nicht mehr.
Wenn wir uns anschauen, wie sich die Zahlen zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer entwickelt haben, stellen wir fest, dass sie in den vergangenen fünf Jahren um 50 % gestiegen sind. Wir haben – Gott sei Dank! – deutlich mehr ältere Arbeitnehmer in Arbeit. Auf diesem Weg müssen wir weitergehen und weitere Ansätze entwickeln.
Von den LINKEN wird kritisiert, dass es eine Orientierung allein am ersten Arbeitsmarkt gebe. Ich halte es bei dem Programm – bei dem Programm! – für richtig, dass wir es nicht überfrachten und gleich noch eine Öffnung für die Kommunen mit aufnehmen. Was würde denn passieren, wie würden die Projektträger reagieren? Sie würden natürlich den Weg des geringsten Widerstandes gehen. Auf keinen Fall würden Sie in ein Unternehmen gehen und schauen, ob man dort irgendeine Arbeit finden könne, sondern sie würden zu irgendeiner Kommune gehen und fragen: „Brauchst du jemanden, der ein bisschen Laub zusammenrecht?“
Das wollen wir nicht. Ich finde es gut, dass man sich bemüht, dort ordentliche Jobs zu schaffen. Ich halte es für sinnvoll, dass dieser Ansatz Vorrang hat. Das heißt nicht, dass man bei den Kommunen gar nichts machen muss. Ich halte es jedoch für richtig, dass das Programm so angelegt ist, wie es angelegt ist.
Wie gesagt, es geht nicht darum, dass man sich überhaupt keine Gedanken macht, auch Angebote für den zweiten Arbeitsmarkt zu entwickeln. Ich bin mir sicher – das wissen wir auch alle –, dass nicht jeder für den ersten Arbeitsmarkt geeignet ist. Wir werden es nicht schaffen, dass alle auf dem ersten Arbeitsmarkt unterkommen, weil die sogenannten Vermittlungshemmnisse zu groß sind. Wenn wir jemanden haben, der alkoholkrank ist – das ist eine Krankheit –, dann ist es wahnsinnig schwer, ihn in ein normales Arbeitsverhältnis zu bringen. Da brauchen wir uns nichts vorzumachen. Es gibt auch andere, die aufgrund ihres Alters oder einer Erkrankung insoweit große Probleme haben. Deswegen brauchen wir auch Angebote im öffentlichen Beschäftigungssektor.
Herr Krauß, habe ich Sie richtig und wirklich nicht missverstanden: Sie haben soeben ein öffentliches Plädoyer dafür abgegeben, die sächsische Koalition möge sich für einen zweiten Arbeitsmarkt im Lande Sachsen starkmachen? Das wäre ein Novum, das wäre toll. Ich fände das gut.
Aber es freut mich, wenn das auch wahrgenommen wird. Wie gesagt, mir ist es lieb, wenn wir nicht Arbeitslosigkeit, sondern Arbeit bezuschussen. Deswegen müssen wir auch über diese Dinge nachdenken.
Dafür gibt es – Sie wissen das – das eine oder andere Instrument. Zum Beispiel gehen die Ein-Euro-Jobs in diese Richtung. Ganz neu ist in diesem Zusammenhang das Thema „Bürgerarbeit“. In der Begründung des vorliegenden Antrags steht, die Staatsregierung blockiere die Bürgerarbeit. Das ist falsch. Zuständig für das Thema sind ja die Kommunen.
Dann müssen wir uns anschauen, welche Kommunen davon Gebrauch machen, sodass wir auch sehen: Das erreicht Sachsen. Wir werden Bürgerarbeit in Sachsen haben. Es ging im Januar los.
Ich lese vor, welche Job-Center in Sachsen mitmachen: Dresden, Freiberg, Mittweida, Vogtlandkreis, Plauen, Zwickau, Landkreis Görlitz, Leipzig, Bautzen, Meißen, Mittelsachsen. – Wir sehen: Es gibt bei den Kommunen sehr großes Interesse an diesem Projekt.
Nicht jeder weiß, was „Bürgerarbeit“ ist; deswegen will ich es noch einmal erklären. Es wird immer unterstellt, als ob Schwarz-Gelb sich um diese Themen nicht kümmere. Merkwürdigerweise ist die „Bürgerarbeit“ aber unter der Koalition aus FDP und CDU/CSU in Berlin aufgelegt worden. Das wollte ich nur am Rande anmerken. Das Projekt kostet übrigens eine Stange Geld: 1,3 Milliarden Euro.
Das Modellprojekt „Bürgerarbeit“ besteht aus zwei Phasen. In der ersten Phase steht das intensive Bemühen, einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt zu finden, im Vordergrund. Das ähnelt dem Ansatz der „Individuellen Einstiegsbegleitung“. Man bemüht sich mindestens ein halbes Jahr, jemanden wirklich in Arbeit zu bringen, möglichst auf dem ersten Arbeitsmarkt. Wenn das nicht fruchtet, sagt man: Wir suchen etwas im öffentlichen Beschäftigungsbereich. Vielleicht braucht ein Sportverein einen Platzwart, oder Senioren benötigen Begleitung. Man muss dazusagen, dass das Projekt zeitlich befristet ist, wie es bei anderen Programmen auch der Fall war,
Als ich auf die „Bürgerarbeit“ blickte, habe ich mich gefragt, ob das, was Sie fordern, nicht eigentlich „Bürgerarbeit“ ist. Das ist ja eigentlich das Gleiche, wenn Sie sagen: „Macht da mal etwas im öffentlichen Bereich!“ Ich glaube, wir sind gut beraten, das nicht zu kopieren.
Wir sind gut beraten, das nicht zu kopieren. Man sollte in Sachsen Bürgerarbeit machen, weil Kommunen die Möglichkeit haben, Menschen in Arbeit zu bringen, die ansonsten keine Arbeit hätten. Wir sollten den Ansatz, den wir mit der individuellen Einstiegsbegleitung fahren, nicht verwässern. Wir sollten uns bemühen, die Menschen mit diesem Programm auf den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Deswegen werden wir Ihren Antrag leider ablehnen müssen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Krauß, ab und zu muss ich Sie bewundern, wie Sie es schaffen, in dieser mindestens doppelten Funktion als CDA-Vorsitzender und als sehr kritischer Geist innerhalb der CDU-Fraktion immer wieder die Kurve zu kriegen, letzten Endes auf Linie einzuschwenken.
Es ist nicht einfach, das glaube ich. Deshalb meinen Respekt davor. Manchmal muss es ganz schön brodeln. Bei der gestrigen Debatte zum Fachkräftemangel hat gerade Kollege Krauß zu Recht gefragt, wie wir mit der Gruppe von Menschen, die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind, umgehen und welche Perspektiven wir ihnen bieten. Es ist auch gut so, dass die Koalition das für sich erkannt hat und klar benennt, dass es ein Problem gibt. Deshalb macht es Sinn, über den Antrag der LINKEN konstruktiv nachzudenken. Wenn man sich die Statistiken ansieht, stellt man fest, dass wir kein Jobwunder haben, sondern ein Statistikwunder.
Klar ist doch, und das muss man auch benennen, dass eine Vielzahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse, deren sich die FDP-Fraktion immer rühmt, im Niedriglohnbereich liegt. Diese Menschen können von ihrer Arbeit gar nicht leben, sind aber sozialversicherungspflichtig. Insofern ist es richtig, dass man sich anschaut, wer im letzten Jahr welche Form von Beschäftigung zu welchen Lohnbedingungen bekommen hat. Dann werden wir ganz schnell feststellen, dass es dringend notwendig ist – nur als Nebenschauplatz, Sie hören es ja immer wieder gern von mir –, dass das Thema
Mindestlohn eines der wichtigsten ist, deren wir uns annehmen müssen. Deshalb hat das auch etwas mit dem Antrag zu tun.
Und noch etwas gehört zur Ehrlichkeit dazu: Man muss sich den Vergleich der Nachbarländer ansehen. Herr Wirtschafts- und Arbeitsminister, wir hatten dazu schon eine Fachregierungserklärung. Sachsen belegt, was das anbelangt, nicht mehr Platz 1. Wir sind zurückgefallen, das tut uns allen weh. Warum Thüringen oder Brandenburg an uns vorbeigezogen sind, hat besondere Gründe. Sie betreiben besondere Formen von regionaler Wirtschaftsförderung, aber schaffen auch Möglichkeiten für Langzeitarbeitslose, sie in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen zu Löhnen, von denen man hoffentlich auch leben kann.
Wir haben, als wir noch mitregiert haben, auf Bundesebene den Kommunal-Kombi eingeführt und hier im Land einen sozialen Arbeitsmarkt initiiert, der über Parteigrenzen hinweg – da spreche ich Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte der CDU an – begrüßt wurde. Sie haben nicht verstanden, warum der Freistaat diesen Kommunal-Kombi eingestellt hat. Das wäre ein sinnvoller Beitrag gewesen. Ich habe es schon einmal gesagt. Da bräuchte man gar keinen Ideenwettbewerb, sondern müsste die existierenden guten Projekte evaluieren, darüber nachdenken, wo man nachsteuern kann, und sie fortsetzen. Auch da kann ich mich an viele Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion erinnern, die vor Wut geschäumt haben, als die Kofinanzierung des Landes zum Kommunal-Kombi gestrichen wurde, weil der Druck in den Wahlkreisen immens hoch war.
Ihre Antwort, dass es der Markt schon regeln wird, habe ich mir von hier aus schon hundertmal anhören dürfen. Aber scheinbar kann es der Markt allein nicht, sonst würde der Wirtschafts- und Arbeitsminister nicht auf die Idee kommen, diesen legendären Ideenaufruf zu starten. Auch darüber haben wir uns schon lange ausgetauscht. Ich halte es nach wie vor für problematisch, wenn ein Fachminister im Kernelement seines Jobs sagt, nämlich bei der Frage, wie gehen wir mit den arbeitslosen Menschen in unserem Land um: „Da mache ich mal einen Ideenwettbewerb. Ich weiß auch noch nicht so richtig, wie man damit umgehen soll. Da lasse ich mich mal von allen möglichen Leuten beraten.“ Da wäre es besser gewesen, Sie hätten die erfolgreichen Projekte fortgeführt, die wir hatten.
Richtig ist, Kollege Krauß, dass es mehr Sinn macht, Arbeit zu finanzieren anstatt Arbeitslosigkeit. Wenn man sich die Programme im Bereich des sozialen Arbeitsmarktes anschaut, können es gerade Ein-Euro-Jobs nicht sein. Ich empfehle einen sehr interessanten Artikel im „Spiegel“ mit der Überschrift „Die Hartz-IV-Fabrik“. Dort wird
sehr gut beschrieben, dass nur 14,3 % der Ein-EuroJobber tatsächlich eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bekommen, und es wird vor allen Dingen beschrieben, wie Milliardenbeträge in irgendwelchen sinnlosen Projekten verschwinden. Von 49 Milliarden Euro, die für Hartz-IV-Empfänger aufgebracht werden, kommen nur 24 Millionen Euro bei ihnen an. Der Rest geht in alle möglichen Formen von Weiterbildungsinstituten etc. Da ist ein Riesenmarkt entstanden. In dem Zusammenhang macht es wirklich Sinn, darüber nachzudenken, ob wir nicht kommunalen Trägern die Möglichkeit geben, am Wettbewerb teilzunehmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muss eines zugeben: Die Linksfraktion ist immer dann hartnäckig, wenn es um die Einführung staatlicher Beschäftigungsprogramme durch die Hintertür geht. Sie bleiben sich selbst treu. Sie glauben, dass öffentliche Beschäftigung besser ist als Beschäftigung auf dem regulären Arbeitsmarkt. Das ist Ihre Ansicht. Unsere Ansicht ist eine andere. Wir glauben, nicht der Staat schafft Arbeit, sondern die Unternehmen, meine Damen und Herren.
In einem Punkt gebe ich Ihnen aber recht. Wir haben noch zu viele Langzeitarbeitslose. Nur die Schlussfolgerungen, die wir daraus ziehen, sind bei Ihnen ganz andere als bei uns.
Sie glauben, dass wir mehr öffentliche Beschäftigungsprogramme schaffen, wo Sie selbst zugeben, dass die Leute damit nie wieder in eine reguläre Beschäftigung kommen, und wir sagen, wir wollen den Leuten den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt erleichtern. Dafür ist dieser Ideenwettbewerb geschaffen worden und nicht dafür, neue ABMs mit anderen Namen zu erfinden.