Protokoll der Sitzung vom 20.04.2011

Ich erteile Herrn Günther als nächstem Redner für die FDP-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz vor Beginn meiner Rede ausführen: Vor vier Wochen stand das Thema des Waldzustandsberichtes auf der Tagesordnung. Nun folgt in erstaunlich logischer Reihenfolge die thematische Auseinandersetzung mit der verarbeitenden Holzindustrie. Da logische Anträge selbstredend sind, gebe ich meine Rede zu Protokoll.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Als nächste Rednerin spricht Frau Dr. Pinka für die Linksfraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gebe meine Rede nicht zu Protokoll; Sie müssen mir also zuhören.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN – Oh-Rufe von der CDU)

Sehr geehrter Herr von Breitenbuch, auch in unserer Linksfraktion gibt es Privatwaldbesitzer.

(Christian Piwarz, CDU: Was, Privatwaldbesitzer?! – Gitta Schüßler, NPD: Das ist doch Privateigentum!)

Sie als CDU haben den Wald nicht allein besetzt.

Zurück zum Antrag. Wir sprechen über die Clusterinitiative „Forst und Holz in der Oberlausitz“. Das ist ein Projekt im Auftrag des Umweltministeriums im Verbund mit der Ostdeutschen Gesellschaft für Forstplanung und der Hochschule Zittau/Görlitz mit einer Laufzeit von 2008 bis 2010. Ich erspare es mir, die Ergebnisse des Endberichtes der Clusterinitiative nochmals wiederzugeben; diese sind nachzulesen. Im Folgenden gehe ich nur auf einige Kernaussagen ein.

Zunächst zu den Voraussetzungen für ein erfolgreiches Cluster. Ein Cluster wird wie folgt definiert: Es stellt die räumliche Konzentration miteinander verbundener Unternehmen und Institutionen innerhalb eines bestimmten

Wirtschaftszweiges, ein hochkomplexes Netzwerk mit dynamischen, internen Interaktionen dar.

(Thomas Jurk, SPD: Es muss branchenübergreifend sein!)

Ein Cluster besteht nach der reinen Lehre aus einem Mix von drei Arten von Unternehmen: marktstärkende und technologisch führende, international agierende Unternehmen, zuliefernde oder ergänzende Unternehmen, häufig klein- und mittelständische Betriebe, innovative und dynamische wissensbasierte Spezialisten, zum Beispiel Forschungs- oder Weiterbildungseinrichtungen.

Das klingt erst einmal gut. Der Sachstand in Sachsen stellt sich allerdings wie folgt dar: Wir haben eine kleinteilige Unternehmensstruktur. Wir haben äußerst wenige Unternehmen mit langjähriger Innovationskultur. Wir haben langjährige wissenschaftliche Forschung und Entwicklung, die sich auf wenige Orte konzentriert, zum Beispiel Dresden und Freiberg. Wir haben bei den Handwerkern zur Verwendung des regionalen Holzes ein gering ausgeprägtes Bewusstsein.

Die Ausgangslage ist also per se nicht erfolgversprechend. Das Projektteam schlägt daher im Endbericht vor, über die mittelfristige Zielstellung eines Clusters „Forst und Holz Mitteldeutschland“ nachzudenken. Darin sollten in jedem Fall die Bundesländer Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und die südlichen Teile Brandenburgs vertreten sein. Außerdem wird eine Vernetzung mit Tschechien und Polen angeraten. Von der Schaffung unüberschaubarer Großstrukturen sollte Abstand genommen werden, da solche Kopfgeburten oft nur eine geringe Überlebensfähigkeit haben. Das Ziel sollten vitale regionale Netzwerke sein, deren durch räumliche Nähe bedingte bereits vorhandene Kooperationsformen, beispielsweise in den Branchengruppen Forstwirtschaft, Holzbe- und -verarbeitende Industrie, Zellstoff- oder Papierindustrie sowie die Energieholzbranche, strukturiert ausgebaut werden, die bei Bedarf Innovationsinputs erhalten und mit der Forschung vernetzt sind. Ein ganz praktisches Ziel: Holz der kurzen Wege und regionale Wertschöpfung steigern.

Meine Damen und Herren! Es gibt Forderungen von verschiedenen Akteuren zum Cluster. Im Folgenden einige beispielhaft ausgewählte Forderungen:

Erstens. Umwelt- und Wirtschaftsministerium müssen gemeinsam die Etablierung regionaler energetischer und stofflicher Netzwerke unterstützen.

Zweitens. Ein Dreiklang aus Kompetenzzentrum zur innovativen Forschung Landesbeirat Holz für regionales Marketing und Clustermanagement zur Wirtschaftsförderung wird gefordert.

Drittens. Es sollte lieber einheimisches Holz genutzt werden als Holz aus Übersee, das weit transportiert wurde, aus unbekannten Herkünften und womöglich aus Raubbau stammt.

Viertens. Das Cluster Forst und Holz erhöht die Wertschöpfung, schafft und sichert Arbeitsplätze in Sachsen.

Deshalb ist eine finanzielle Unterstützung durch den Freistaat erforderlich.

Fünftens. Der Aufbau des Clustermanagements sollte zügig im Jahr 2011 realisiert werden.

Aber wo bleiben hierzu Ihre Aussagen? Diese sind jedenfalls im Antrag nicht enthalten. Das Verdienst der Clusterinitiative ist in der Vernetzung der Akteure entlang der regionalen Wertstoffkreisläufe und -ketten zu suchen und in diesem Sinne weiterzuentwickeln. Dabei ist zu beachten, dass a) überregionale und regionale Stoffkreisläufe nebeneinander bestehen und zunächst kein Widerspruch sind. Ausgehend von der Faktenlage kann tatsächlich nicht ausschließlich auf regionale Wertstoffketten abgestellt werden, denn hier stellt sich lediglich die Frage, wie groß die Region ist. b) Überregionale Kreisläufe sind bisher im Allgemeinen mehr stofflich orientiert, regionale Kreisläufe mehr energetisch.

Die Effekte der Wirtschaftstätigkeiten sind wie folgt zu bewerten:

Erstens. Aus regionalen Holzaufkommen innerhalb der Region ergibt sich eine steigende Beschäftigungswirkung mit den sich entwickelnden Wertstoffketten, wenn verstärkt stofflich genutzt wird. Denn statistisch gesehen schafft die energetische Verwertung von einer Tonne Holz einen Arbeitsplatz, eine Tonne stofflich verwertetes Holz jedoch 53 Arbeitsplätze, während – zweitens – eine Wirtschaftstätigkeit aus regionalem Holzaufkommen mit wesentlicher Wertschöpfung außerhalb der Region nur wenige Arbeitsplätze, zum Beispiel bei der Holzernte mit forsttechnischen Dienstleistern, zu schaffen vermag und – drittens – eine Wirtschaftstätigkeit aus überregionalem Rohholz bzw. Rohholzprodukten mit Veredlung in der Region differenzierte Beschäftigungswirkung entfaltet.

Aber, die regionalen Wertschöpfungsketten sind im Hinblick auf die Schaffung attraktiver ländlicher Räume eindeutig zu stärken. Aufgrund meiner genannten Überlegungen ist ein verstärkter Fokus auf die Papier- und Zellstoffindustrie nicht in erster Linie zu berücksichtigen. Es ist eher anzunehmen, dass diese Werke ihr Holz, wie jetzt auch, weiterhin aus den umliegenden Regionen bekommen werden. Hingegen lebt das Druck- und Verlagswesen bislang und wahrscheinlich auch zukünftig, ebenso wie das Holzhandwerk, die Möbelindustrie, das industrielle Holzbauwesen, nicht in dem Bewusstsein, Mitglied des Clusters zu sein, da Händler und Handelssysteme global wirken und Rohstoffquellen nicht nachvollziehbar sind.

Hier gibt es Reserven für regionale Wertschöpfungsketten. Hier wird das Erfordernis eines Clustermanagements erhoben. Die Bedeutung der Clusterinitiative wurde im Jahr 2009 vom Wirtschaftministerium kaum wahrgenommen und offensichtlich heute auch nicht. Wie ist es aktuell, Herr Staatsminister Morlok? Was hat sich gegebenenfalls geändert?

(Thomas Jurk, SPD: Ist er überhaupt da?)

Meine Damen und Herren! Es führt kein Weg an einer Aktivierung der Kleinprivatwaldbesitzer vorbei. Dazu gibt es einen Antrag zu Forstbetriebsgemeinschaften, der im Mai im Umweltausschuss angehört wird. Zu beachten ist hierbei, dass derzeit ein Großteil des Holzes aus dem Privatwald in privaten Öfen endet. Hier sollten durch attraktive Leistungen und Angebote von starken Forstbetriebsgemeinschaften zumindest die höherwertigen Sortimente, also entsprechend der Einteilungsstruktur des Holzes nach Güte, Qualität, Dimension, Verwendungszweck usw., vor dem Verheizen bewahrt werden, denn der gegenwärtige Holzverbrauch der Region von circa 1 163 000 laufenden Festmetern pro Jahr wird etwa nur zu 25 % aus der Region gedeckt. 75 % werden von außen in die Region in Form von Rohholz, Holzprodukten und Hackschnitzeln eingeführt. Etwa 40 % des eingeschlagenen Holzes verlassen die Region ohne Verarbeitung. Der Eigenversorgungsgrad ist damit gering.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Der Gegenstand des Antrages wäre im Rahmen einer strukturierten fachlichen Beratung besser für den Umwelt- oder den Wirtschaftsausschuss geeignet gewesen. Auf Aussagen zur Weiterführung der Clusterinitiative bin ich sehr gespannt.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Wir setzen die Aussprache in der ersten Runde fort. Frau Dr. Deicke spricht für die SPDFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Mitte Juni letzten Jahres liegt der Abschlussbericht des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens „Cluster Forst und Holz in Sachsen in der Modellregion Oberlausitz“ vor. Aus den Erfahrungen der Initiative in der Oberlausitz können hilfreiche Schlussfolgerungen für die Entwicklung des Clusters Forst und Holz in ganz Sachsen gezogen werden.

Insofern fällt die Antwort der Staatsregierung auf den vorliegenden Antrag eher dürftig aus. Die Darstellung der Vorteile, Potenziale und Probleme von Kooperationen ist zwar knapp wiedergegeben und entspricht im Kern der Analyse des Abschlussberichtes; enttäuschend sind jedoch die Schlussfolgerungen, die die Staatsregierung in der Beantwortung des Punktes 3 dem Landtag präsentiert, wenn es darum geht, was konkret getan werden kann und muss, um den Cluster Forst und Holz zu stärken und auf Sachsen zu übertragen. Hier formuliert die Staatsregierung nur ganz vage, dass sie weiterhin für den Clustergedanken werben möchte und vielleicht für eine gewisse Zeit ein professionelles Management fördern würde.

Eines der grundlegenden Ergebnisse des Analyseberichtes der Region Oberlausitz ist: Ohne ein Clustermanagement geht es nicht. Die Branche ist zu heterogen und gekennzeichnet durch eine Vielzahl von kleinen und Kleinstunternehmen. Es braucht einen zentralen Ansprechpartner, ein Clustermanagement, das vorhandene Kompetenzen

identifiziert und bündelt. Das bedeutet nicht nur, dass die Unternehmen und Verbände ins Boot müssen, sondern hier sind auch entscheidend das SMUL und das SMWK gefragt.

Die Analyse unterbreitet sogar einen konkreten strukturellen Vorschlag, nämlich die Anbindung an die Wirtschaftsförderungs GmbH, und hier als Ausgründung in Form eines Vereins. Etwas in dieser Form deutet die Staatsregierung in ihrer Antwort zwar an, allerdings ohne konkrete strukturelle Vorstellungen. Erst recht fehlt die Aussage, ob die Ministerien unterstützen.

Zum Aufbau eines Clusters muss es eine Anschubfinanzierung über einen begrenzten Zeitraum geben, der degressiv ausgestaltet sein sollte. Ziel dabei ist es, den Nutzen eines Clusters Forst und Holz für alle Akteure herauszuarbeiten, um langfristig über den erzielten Nutzen eine Mitfinanzierung des Managements zu erreichen. Beispielsweise kann ein kleiner Forstbetrieb keine Fachkräftewerbung initiieren; aber von einer gemeinsamen Kampagne haben alle Unternehmen etwas, sodass sie auch bereit sind, einen finanziellen Beitrag zu leisten.

Wichtig ist ebenso, dass es nicht mehrere unabhängig voneinander arbeitende Clusterinitiativen Forst und Holz gibt, sondern dass alle Initiativen unter einem Dach zusammengebunden werden. Langfristig wird sogar eine gemeinsame mitteldeutsche Initiative empfohlen. Das bedeutet aber nicht, dass regionale Besonderheiten eingeebnet werden, im Gegenteil, innerhalb des Clusters müssen Netzwerke gebildet werden, allerdings mit Regionalansatz.

Meine Damen und Herren, es gibt noch viele weitere Punkte, über die diskutiert werden muss und zu denen Lösungsstrategien zu entwickeln sind, zum Beispiel, was den Bereich der Forschung betrifft. Hier unterbreitet die Analyse ebenfalls sehr wertvolle Hinweise. Dazu bedarf es auch der Einbindung des Wissenschaftsministeriums in den Cluster. Oder zu der Frage nach dem geringen Holzmobilisierungsgrad im Privatwald: Rechnet man den Eigenverbrauch heraus, so werden aus dem Privatwald nur rund 29 % in den Holzkreislauf gebracht.

Diskutiert werden muss auch das Verhältnis zwischen stofflicher und energetischer Holzverwertung oder die Frage nach dem richtigen Einsatz wirtschaftspolitischer Instrumente. Der gesamte Cluster Forst und Holz ist von einer Vielzahl kleiner Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten gekennzeichnet. Demgegenüber attestiert die Analyse aber auch den gegenteiligen Trend im Cluster, nämlich Konzentrationsprozesse bei den wenigen größeren KMU, die allerdings mehr auf den globalen Märkten als in den Regionen aktiv sind. Regionale Wertschöpfungsketten werden von den kleineren Unternehmen bedient, allerdings auch mit einem rückläufigen Trend.

Hier ist ein ganz klares wirtschaftspolitisches Signal gefordert, damit dieser Trend umgekehrt werden kann. Das bedeutet, dass die bestehenden Förderinstrumente überprüft werden müssen, und zwar daraufhin, ob die Förderinstrumente den besonderen Bedingungen des

Clusters entsprechen. Auch in dieser Frage ist die Antwort der Staatsregierung mehr als dürftig.

Meine Damen und Herren, auch wenn es dringend notwendig ist, den Cluster Forst und Holz zu stärken, dürfen wir eines nicht aus dem Blick verlieren: Der Wald ist nicht nur Rohstofflieferant, sondern erfüllt auch vielfältige Schutzaufgaben. Er ist Erholungs- und Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. In diesem Sinne hebt sich der Cluster Forst und Holz auch von anderen Wirtschaftskreisläufen ab, denn die Umwelt ist hier Produktionsfaktor und den Akteuren im Cluster kommt eine besondere Bedeutung beim Schutz des Lebensraumes Wald und bei der Bewältigung des Klimawandels zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den LINKEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Michael Weichert.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren, auch meine Damen und Herren der Partei der Wälder! Angesichts von Waldverschwinden und Waldsterben weiß ich nicht, ob das ein wenig kontraproduktiv ist.