Protokoll der Sitzung vom 20.04.2011

Meine Damen und Herren, ich stelle nun den Antrag in der

Drucksache 5/3681 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen und zahlreichen Stimmen dagegen ist der Antrag in der Drucksache 5/3681 beschlossen worden.

Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Erklärungen zu Protokoll

Was ist die Basis einer funktionierenden holzverarbeitenden Industrie? Ein gesunder, vielfältiger und ertragreicher Wald. Diesen zu schaffen ist die grundlegende Aufgabe unseres Staatsbetriebes Sachsenforst und der vielen privaten Waldbesitzer im Freistaat Sachsen.

Aber Waldentwicklung braucht Zeit und Geduld. Ziel ist ein gesunder, artenreicher Mischwald. Der angestrebte Waldumbau begründet sich zwar in erster Linie mit der Umsetzung der Aufgaben aus dem Umwelt- und Klimaschutz, aber auch die wirtschaftliche Verwertung des Rohstoffes Holz in der Zukunft ist eine herausragende Aufgabenstellung.

Die Fehler der Vergangenheit, wie der Anbau von Monokulturen, führen im Ergebnis nicht nur zu einem für Schädlinge und negativen Umwelteinwirkungen instabilen Ressort, sondern können auch nicht die vielfältigen Ansprüche der nachgeordneten Industriezweige befriedigen.

Ein gesunder, stabiler Wald führt regelmäßig zu hochwertigem Holz – Grundlage für eine hohe Qualität in der holzverarbeitenden Industrie. Zur Unterstützung der sächsischen Forst- und Holzwirtschaft erfolgte durch den Freistaat Sachsen die Anschubfinanzierung zum Aufbau eines Clusters. Im Zuge der Auswertung der strategischen Wirksamkeit und der Struktur und Marktanalyse musste festgestellt werden, dass die politischen Erwartungen nicht in dem Maße eingetreten sind, wie sie erwartet wurden.

Zwar wurde diesem Thema auch eine hohe Gewichtung in der Zukunftsstrategie des Staatsbetriebes Sachsenforst zuteil, jedoch kann die Realisierung eines Clusters nicht allein durch den Staatsbetrieb erfolgen.

Zum einen ist es sicherlich wichtig und richtig, neue interessante Wirtschaftsstrukturen bei ihrem Aufbau durch Förderung zu unterstützen. Zum anderen ist es aber nicht die Aufgabe der Sächsischen Staatsregierung, der freien Marktwirtschaft Organisationsstrukturen aufzuzwingen und überzustülpen, wenn diese durch die infrage kommenden Unternehmen nicht angenommen werden. Diskussionswürdig sind sicherlich die vom Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft aufgeführten Probleme und Hemmnisse in der Wertschöpfungskette Holz, die bislang nicht zu dem erhofften Erfolg in dem Strukturaufbau führten. Hier sollte analysiert werden, wie zukünftig, bei ähnlich gelagerten Projekten, die Zusammenarbeit

zwischen Projektleitung und den potenziellen Partnern noch effizienter ausgestaltet werden kann.

Prinzipiell geht auch die FDP davon aus, dass die Kooperation von Unternehmen in einer speziellen Wertschöpfungskette positive wirtschaftliche Effekte auslösen können. Die Initiative muss aber von den Akteuren selbst ergriffen werden. Allein die konzeptionelle Arbeit bewirkt noch keine tragfähigen Kooperationen. Dieses Ergebnis ist zunächst zur Kenntnis zu nehmen.

Hoffen und wünschen wir, dass sich die Unternehmen in der Branche Forst und Holz in naher Zukunft dieses Projektes ernsthafter und energischer annehmen, um unter Umständen auch mittels eines derartigen Verbandes ihre Marktposition zu stärken und wettbewerbsfähiger zu sein.

Wir behandeln heute im Plenum einen Berichtsantrag der Koalition. Die ihm zugrunde liegenden Fragen wurden bereits ausführlich von Staatsminister Kupfer im parlamentarischen Geschäftsgang beantwortet. Es stellt sich mir deshalb die Frage: Welchen Zweck soll dieser Antrag hier und heute erfüllen?

Wirklich neue Erkenntnisse waren auch nicht zu verzeichnen. Es bleibt also bei der Frage nach dem Zweck. Und es gelingt mir sogar, dem Ganzen etwas Positives abzugewinnen: Es wurde ein Thema behandelt, das in den vergangenen Legislaturperioden fast keine Rolle gespielt hat. Die Mehrzahl der Abgeordneten hat vermutlich heute erstmals etwas von der Wertschöpfungskette Holz, über bestehende regionale Netzwerke von Akteuren aus Fort- und Holzwirtschaft und Pilotprojekte unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit gehört.

Beleuchtet wurden die Gründe für die bisher geringe Beteiligung vieler auf diesem Gebiet tätiger Akteure an der Bildung von Netzwerken, Clusterinitiativen, Forschungsverbünden. Möglichkeiten zur Unterstützung von Kooperation innerhalb der auf dem Rohstoff Holz basierenden Wirtschaft wurden benannt und Möglichkeiten der Zusammenarbeit über die Grenzen des Freistaates Sachsen hinweg aufgezeigt.

Dabei fühle ich mich an die Programmatik der NPD erinnert, die seit Langem eine raumorientierte Volkswirtschaft fordert. Es ist bekanntlich unser Ziel, eine am heimischen Lebensraum und am Bedarf der Menschen orientierte vielseitige und ausgewogene soziale Volkswirtschaft zu gestalten. Ihr Schwerpunkt sollte nicht in der einseitigen Exportorientierung, sondern in der Stärkung der Binnenwirtschaft gesetzt werden.

Im Rahmen des „Clusters Forst und Holz“ können regionale Wirtschaftskreisläufe gefördert werden, um Beschäftigung und Kaufkraft im Land zu sichern. Im wirtschaftspolitischen Streben nach regionalen Wirtschaftskreisläufen und dezentralen Strukturen ist die dauerhafte Funktionsfähigkeit der Heimatmärkte sicherzustellen, um die

Marktkräfte zum allgemeinen Wohl zur Wirkung kommen zu lassen. Aus diesem Grunde können wir dem Berichtsantrag zustimmen.

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 8

Demokratie braucht Vertrauen – Gegen eine Kultur der Verdächtigung und des Bekenntniszwangs

Drucksache 5/5482, Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: GRÜNE, DIE LINKE, SPD, CDU, FDP, NPD und die Staatsregierung. Ich erteile den Fraktionen GRÜNE, DIE LINKE und SPD als Einreicherinnen das Wort. Herr Jennerjahn für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit Monaten diskutieren wir mittlerweise in Sachsen über den staatlich verordneten Gesinnungs-TÜV für Vereine, die sich für Demokratie und gegen Rechtsextremismus engagieren. Wir hatten im Dezemberplenum eine sehr emotionale Debatte zum Thema und es ist an der Zeit, dass der Sächsische Landtag dem undemokratischen Treiben der Staatsregierung heute Einhalt gebietet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es geht um nicht mehr und nicht weniger als die Frage, ob die Legislative die Kraft hat, ihrer Kontrollfunktion gerecht zu werden und die elementaren Standards einer freiheitlichen Demokratie auch gegen das Handeln der Exekutive zu verteidigen.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Mit ihrer Ankündigung im November 2010, künftig ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Bereich der Demokratieförderung abzuverlangen, hat die Staatsregierung ganz eindeutig eine rote Linie überschritten. Um es noch einmal deutlich zu sagen: Eine freiheitlich verfasste Demokratie erzwingt keine Bekenntnisse von ihren Bürgerinnen und Bürgern.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Üblicherweise ist ein solcher Bekenntniszwang Ausdruck autoritärer Regime.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Thomas Jurk, SPD – Arne Schimmer, NPD: Sehr richtig!)

Ich habe in den letzten Wochen über den GesinnungsTÜV viele Gespräche mit Vereinen und Projekten aus

ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen geführt. Es waren vor allem Menschen aus dem kirchlichen Umfeld, die zu DDR-Zeiten sehr unangenehme Erfahrungen gemacht haben, die mir immer wieder gesagt haben, der staatliche Gesinnungs-TÜV in Sachsen erinnert sie fatal an die sinnentleerten und hohlen Bekenntnisrituale von SED und FDJ.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Das ist Ihr Erfolg, meine Damen und Herren von der Staatsregierung. Sie wollten die Loyalität der Bürgerinnen und Bürger nicht mit Argumenten gewinnen, Sie wollten sie erzwingen mit der Konsequenz, dass Sie ihre eigene Legitimität untergraben haben.

Es ist nicht umsonst so, dass in der Bundesrepublik Deutschland Bekenntnisse zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung nur in sehr besonderen Ausnahmesituationen erzwungen werden. Das hat ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vom 13. Januar 2011 sehr gut herausgearbeitet. Der eine Fall ist das Beamtenrecht. Der Beamtenstatus bringt irgendeine besondere Loyalitätspflicht gegenüber dem Staat mit sich, woraus ein solches Bekenntnis legitimiert wird. Der zweite Fall ist das Einbürgerungsrecht. Hier ist das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, wenn man so will, der symbolische Akt, der zum Eintritt in das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland führt. Verbunden damit ist die Übertragung sehr weitreichender politischer Rechte. In beiden Fällen legitimiert ein allgemeines Gesetz diesen doch recht fundamentalen Eingriff in die Meinungsfreiheit.

Diese engen Grenzen, innerhalb derer ein Bekenntnis legitim ist, sind eine Errungenschaft der Demokratie. Zu diesen engen Grenzen sollten wir auch wieder zurückkehren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Es gibt aber auch einige inhaltliche Ungereimtheiten. Als Herr Staatsminister Ulbig im November 2010 ankündigte, dass künftig der Gesinnungs-TÜV greifen soll, begründete er das damit, man wolle verhindern, dass Extremisten

Fördermittel erhalten. Etwas kleinlaut musste er dann auf meine Nachfrage im Januarplenum zugeben, dass es im Rahmen des Landesprogramms „Weltoffenes Sachsen“ in all den Jahren keinen einzigen Fall gegeben hat, in dem ein Verein, der aus Sicht der Staatsregierung extremistisch ist, Fördermittel erhalten hat. Im gleichen Atemzug haben Sie Ihre Begründung verändert. Nun hieß es auf einmal, dieser Gesinnungs-TÜV soll der Sensibilisierung der Projekte dienen. Ganz kurz danach sind Sie wieder zur ursprünglichen Begründung zurückgekehrt.

Nächstes Beispiel. Der wertgeschätzte Kollege Bandmann von der CDU-Fraktion hat in der Öffentlichkeit immer den gleichen Satz wiederholt. Ich zitiere eine Pressemitteilung vom 6. Dezember 2010: „Wer öffentliche Steuergelder bekommt, muss auf dem Boden der Verfassung stehen. Die finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand von einer Erklärung der Verfassungstreue abhängig zu machen ist daher nicht nur legitim, sondern auch geboten.“

(Beifall des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Klatschen Sie ruhig. Sie wissen doch gar nicht, was kommt.

Auch dieser Satz, Herr Bandmann, dokumentiert letztendlich nur die Scheinheiligkeit, die hinter dem GesinnungsTÜV steht. Herr Bandmann, Sie haben eine generelle Aussage getätigt. Sie haben gesagt, Steuergelder gibt es nur gegen eine Erklärung der Verfassungstreue. Jetzt frage ich mich, warum das nicht quer durch alle Ministerien und Förderbereiche gilt. Warum gibt es keinen solchen Erklärungszwang bei der Wirtschaftsförderung oder der Sportförderung? Warum habe ich von der Staatsregierung und der CDU-Fraktion nichts gehört, als in den letzten Wochen bekannt wurde, dass die Schlesische Jugend, die organisatorischer Bestandteil des Bundes der Vertriebenen ist, von Rechtsextremisten unterwandert wurde? Im Haushalt 2011/2012, Einzelplan 03, sind jeweils 240 000 Euro an Zuwendungen für die Kulturarbeit der Vertriebenen und Spätaussiedler eingestellt, darunter auch Projektförderung für den BdV. Es ist schon erstaunlich. Wir haben das Programm „Weltoffenes Sachsen“, wo nach Aussage des Innenministers keine Extremisten existieren. Da ist ein Gesinnungs-TÜV nötig. Dann haben wir den BdV, wo es Erkenntnisse gibt, dass eine tatsächliche Unterwanderung durch Rechtsextremisten stattgefunden hat. Da ist ein Gesinnungs-TÜV aber nicht notwendig.

Das alles zeigt doch deutlich, dass der Gesinnungs-TÜV nicht dem Schutz der Demokratie dient. Hintergrund ist – das habe ich oft betont und ich wiederhole es noch einmal – das tiefe Misstrauen der Staatsregierung gegen mündige Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Arne Schimmer, NPD)

Sie wollen keine selbstbewusste Zivilgesellschaft, wie Sie sie im Bereich der Demokratieförderung vorfinden. Ihr Ziel ist es, mit dem Gesinnungs-TÜV diese selbstbewuss

te Zivilgesellschaft an der kurzen Leine zu halten, koste es was es wolle. Demokratie lebt allerdings von mündigen Bürgerinnen und Bürgern. Demokratie lebt insbesondere auch von Vertrauen. Dieses Vertrauen gegenüber der Zivilgesellschaft hat die Staatsregierung in den letzten Monaten massiv beschädigt. Unser Antrag trägt dazu bei, den von der Staatsregierung angerichteten Schaden zu heilen. Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Antrag.

Herzlichen Dank.