Protokoll der Sitzung vom 20.04.2011

Danke. Ich gestatte jetzt keine Zwischenfrage, Herr Präsident.

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

Sie müssen es bitte mir überlassen, ob ich in dieser Debatte jetzt unterbrochen werden will oder ob ich die Ausführungen grundsätzlicher Art für meine Fraktion vortragen will.

Es ist eindeutig – auch in Bezug auf die Gutachten von Herrn Prof. Dr. Battis –: Ein entsprechendes Bekenntnis der ordnungsgemäßen Verwendung der Fördermittel kann eingefordert werden. Eine Nebenbestimmung dient der Sicherung des Förderzwecks. Sie ist zulässig und legitim. Das, was Sie bisher vorgetragen haben, nährt ganz eindeutig den Verdacht, dass offensichtlich nicht sichergestellt ist und man bisher nicht gewillt war, diese klare Linie zu ziehen, dass mit staatlicher Förderung keine extremistischen Handlungen finanziert werden – gleich von welcher Richtung.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deswegen vertreten wir eindeutig die Position des Innenministers. Dieser hat seine Erklärung schon einmal modifiziert. Diese ist meines Erachtens – diese Position vertritt meine Fraktion auch – grundgesetzkonform und konform mit der Sächsischen Verfassung. Es geht nicht, dass der Demokratiebegriff von Extremisten unterschiedlich ausgelegt wird. Rechter Extremismus ist schlimm und böse; linker Extremismus – ich überzeichne bewusst – ist gut und schön und ein Legitimationsgrund. Das kann nicht sein!

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wer diese Position vertritt, dem werden wir ganz deutlich und konsequent auf die Finger klopfen. Eines kann außerdem nicht sein: auf die Finger mit dem Gewaltmonopol des Staates klopfen.

Wenn sich Frau Köditz hier hinstellt und pauschal das Strafmaß der unabhängigen Justiz kritisiert, muss man sagen: Man kann sich von Fall zu Fall darüber ärgern. Es ist doch aber nicht so, dass der Minister, der Regierungschef oder ein Kabinettsmitglied in irgendeiner Weise Einfluss auf das Gerichtsurteil haben. Die Richter – Frau Köditz, das ist anders als in der DDR, als Ihre Partei noch an der Macht war – der Gerichte entscheiden im freien Ermessen. Sie sind nur dem Gesetz und den Verfassungslagen unterworfen. Das sollte mittlerweile in diesem Hohen Haus allgemein bekannt sein.

Es ist außerdem Folgendes nicht wahr: Wer sich engagiert, macht sich verdächtig. Verdächtig machen sich diejenigen, die sich auf das Grundgesetz berufen und es auf einmal zu einem Geschrei und Gezeter kommt. Man muss sich fragen: Was ist in der Vergangenheit mit dem Geld passiert? In welcher Art und Weise wurden diese Gelder verwendet? Demokraten – das hat uns die Weimarer Republik gelehrt – dürfen politisch nicht blind sein. Sie dürfen weder auf dem rechten noch auf dem linken Auge blind sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deswegen weisen wir die aufgestellten Behauptungen und Thesen – auch, wenn sie noch so laut vorgetragen werden – eindeutig zurück. Es findet keine Gesinnungsschnüffelei statt. Wir stärken den jungen Leuten und all denjenigen den Rücken, die sich gegen Menschenfeindlichkeit und Extremismus wenden. Das geschieht unabhängig davon, gegen welchen Extremismus sie sich wenden. Es gibt in diesem Zusammenhang kein Schubladendenken.

(Beifall bei der CDU)

Wir können nicht zulassen, dass das Geld in falsche Hände gerät. Die Menschen – die übergroße Mehrheit im Freistaat Sachsen – haben genau diesen Extremismus absolut satt. Deswegen werden wir diese Position weiterhin vertreten.

Im Übrigen muss einmal deutlich gesagt werden, dass Sachsen vermutlich das einzige Bundesland ist, welches ein derartiges Demokratieprogramm mit Landesmitteln in Höhe von 2 Millionen Euro aufgelegt hat. 2 Millionen Euro stehen für diese Projekte zur Verfügung. Deshalb sagen wir: Das ist wichtiges Geld. Es soll den Stiftungs- und Förderzweck erreichen. Dieses Geld darf allerdings nicht dazu dienen, dass in Einzelfällen die falschen Leute damit bedient und Gewalt sowie Extremismus unterstützt werden.

Es gibt in der Tat eine rote Linie. Diese rote Linie darf nicht überschritten werden.

Wir sagen: Der Innenminister handelt völlig korrekt. Rechtsmittel – ich sage es Ihnen ganz deutlich – stehen Ihnen jederzeit zur Verfügung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Jennerjahn, möchten Sie das Mittel der Kurzintervention nutzen?

So ist es, Herr Präsident. Herzlichen Dank.

Herr Kollege Bandmann! Ich muss zugeben, dass ich aufgrund Ihres Redebeitrages schockiert bin. Es ist in den letzten Monaten genug inhaltliches Material in die Öffentlichkeit gelangt, das sich auf eine fundierte Art und Weise mit dem Problem der Extremismuserklärung auseinandergesetzt hat. Es sind alle Argumente, die auch die verfassungsrechtlichen Probleme dieser Klausel aufzeigen, in die Öffentlichkeit gekommen. Ich muss feststellen, dass Sie davon nichts zur Kenntnis genommen haben. Sie haben schlichtweg nichts begriffen.

Ich weiß nicht, ob es Ihnen bewusst ist: Sie haben soeben eine Misstrauenserklärung gegen Ihren eigenen Innenminister ausgesprochen. Der Innenminister hatte im JanuarPlenum deutlich formuliert, dass mit dem Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen“ noch nie Extremisten finanziert wurden.

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: Ho, ho, ho!)

Sie haben das mit Ihrem Redebeitrag wiederum infrage gestellt.

Ich kann Ihnen außerdem sagen, warum mit diesem Landesprogramm noch nie extremistische Strukturen gefördert wurden. Es hat damit zu tun, dass man zum Anfang einer solchen Förderperiode einen sehr umfänglichen Fördermittelantrag ausfüllen muss. In diesem definiert man inhaltliche Standards, was man gern machen möchte. Man muss die Methoden beschreiben und wie man sie umsetzen möchte. Danach schließt sich eine Abrechnungsphase an, in der noch einmal kontrolliert wird, ob die Mittel sachgerecht eingesetzt wurden. Was es in den letzten Jahren außerdem gegeben hat, waren wissenschaftliche Evaluationen. Wenn Sie all dem misstrauen, ist Ihnen an dieser Stelle nicht zu helfen.

Herr Kollege Bandmann! Ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern: Am 10. Februar fand eine Landtagssitzung statt. Ich habe Ihnen um 16:33 Uhr eine E-Mail geschickt. An dieser E-Mail hing als Attachment das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Ich habe Ihnen außerdem einen hohen Erkenntnisgewinn bei der Lektüre dieses Gutachtens gewünscht. Ich frage mich, ob Sie das jemals zur Kenntnis genommen haben. Nach Ihren Ausführungen befürchte ich, dass es nicht der Fall ist.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD – Johannes Lichdi, GRÜNE: Ihm fehlen die Worte!)

Herr Bandmann, möchten Sie auf die Kurzintervention antworten? – Sie möchten das nicht.

Damit kommen wir zum nächsten Redner. Es spricht nun Herr Biesok für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben bereits im Dezember des vergangenen Jahres über die sogenannte Extremistenklausel in diesem Hause debattiert. Es war eine sehr ausführliche und detaillierte Debatte, in der wir uns über die einzelnen Sätze dieser Erklärung unterhalten haben. Ich habe damals eine differenzierte Position vertreten – insbesondere, was den zweiten Satz der alten Demokratieerklärung anbelangt.

Mich hat es ein bisschen überrascht, dass ich vor Kurzem von den GRÜNEN gehört habe, dass Sie sich genau auf diese Demokratieklausel beziehen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundes-GRÜNEN, Volker Beck, hat den Bundesinnenminister aufgefordert, die neue auf Bundesebene existierende Extremismusklausel gegen den Bund der Vertriebenen einzusetzen, sie unterzeichnen zu lassen und die Mittel zurückzufordern, falls dort rechtsextremistische Bestrebungen unterstützt werden. Auf Bundesebene fordert man den Einsatz einer solchen Klausel. Man sieht sie als legitimen Kampf gegen den Rechtsextremismus an. Auf Landesebene wendet man sich gegen diese Klausel.

Für mich hat das den Anschein, als ob man die linksradikale Vorfeldorganisation schützen möchte, damit sie auch zukünftig an Förderprogrammen teilnehmen kann, ohne gegen die Demokratieklausel verstoßen zu müssen. Das werden wir nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sich demokratische Parteien und Organisationen zur Verfassung sowie zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen.

Herr Biesok, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, ich gestatte eine Zwischenfrage.

Herr Jurk, bitte.

Ich habe Ihnen genau zugehört. Sie haben gesagt, dass diese extremistische Organisation zukünftig nicht wieder an Fördermittel kommen soll. Bedeutet das, dass Sie Erkenntnisse haben, dass extremistische Organisationen gefördert wurden?

Diese Erkenntnisse habe ich nicht. Jeder kann diese Klausel unterschreiben, der sich zu der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennt. Er hat dann kein Problem mit dieser Klausel. Für mich ist es

wichtig, das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu besitzen. Es dürfte für keinen Verein ein Problem sein, der auf dem Boden der freiheitlichdemokratischen Grundordnung steht, diese Klausel zu unterzeichnen.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: So etwas nennt sich liberal!)

Ich wiederhole es gern noch einmal. Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen. Was ist die freiheitlich-demokratische Grundordnung? Sie spricht Prinzipien wie die Menschenrechte, die Rechte der Persönlichkeit, das Recht auf Leben und freie Entfaltung an. Sie spricht das Recht der Gewaltenteilung an. Es ist die Verantwortlichkeit der Regierung. Es ist die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

Ich finde, es ist nicht zu viel verlangt von einer Organisation, die Mittel aus staatlichen Kassen bekommt, sich zu diesen Grundwerten unserer Demokratie zu bekennen.

(Beifall bei der CDU)

Wer diese Werte bekämpft, hat keinen Anspruch auf eine öffentliche Förderung. Wer diese Werte anerkennt, der hat Anspruch auf unseren Respekt und unsere Unterstützung. Deshalb halte ich es für richtig, dass wir ein solches Bekenntnis bei Förderprogrammen abverlangen.

Herr Biesok, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Ich gestatte eine weitere Zwischenfrage.

Herr Homann.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Frage: Wenn Sie sagen, dass alle Organisationen, die öffentliche Gelder bekommen, eine solche Erklärung unterschreiben sollen, was schlagen Sie dann vor: Wie soll man vorgehen mit einem Unternehmen, das zum Beispiel mit China, mit einem in großen Teilen staatsmonopolkapitalistischen Land, Handel betreibt und öffentliche Fördergelder aus Sachsen bekommt? Das würde mich einmal interessieren.