Ist Ihnen bekannt, dass Kurt Biedenkopf sich zum Beispiel gestern Abend deutlich gegen dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetz ausgesprochen hat, das von Schwarz-Gelb vorgeschlagen wurde?
Erstens ist mir das bekannt. Zweitens kann ich das gut nachvollziehen. Und drittens ist der Begriff Wachstumsbeschleunigungsgesetz eher etwas für die Kabarettisten.
Kommen wir aber zum eigentlichen Thema zurück, nämlich zum Thema Steuern, das Sie auf die Tagesordnung gehoben haben.
Sie haben gesagt: Wir wollen einmal wissen, wie das für den Freistaat Sachsen und für die Kommunen aussieht. Deswegen haben Sie die Aktuelle Debatte beantragt. Sie wundern sich, dass die FDP mit der CDU sowohl im Bund als auch in Sachsen problemlos eine Koalitionsvereinbarung treffen konnte.
Jetzt schauen wir uns einmal die Unterschiede in den Koalitionsvereinbarungen an. Bei uns ist es dabei geblieben, dass wir im Grundsatz einen ausgeglichenen Haushalt wollen. Das gibt es, glaube ich, im Bund schon länger nicht. Aber in Sachsen ist es im Koalitionsvertrag mit der FDP vereinbart.
Bei uns ist vereinbart, dass Mehrausgaben oder neue Dinge, die laut Koalitionsvertrag getan werden sollen, durch Minderausgaben im Haushalt, im laufenden Haushalt zu erbringen sind. Auch das ist im Bund seit Jahren nicht Beschlusslage. Also haben wir in Sachsen in einem zweiten Punkt einen wesentlich besseren Koalitionsvertrag.
In Sachsen haben wir beschlossen, wir wollen die Verwaltungsausgaben senken. Gestern ist das deutlich geworden: Personal im Durchschnitt der westdeutschen Länder wollen wir uns nur noch leisten.
Nun zum Thema Kommunen, denn ich finde es unredlich, hier Sorge in die kommunale Familie zu tragen. Wir
haben ganz klar im Koalitionsvertrag vereinbart, dass es beim Gleichmäßigkeitsgrundsatz im Finanzausgleichsgesetz bleibt. Das heißt, der Freistaat steht an der Seite der Kommunen und umgekehrt.
Kollege Rohwer, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage zu? Diese geht Ihnen selbstverständlich nicht von der Redezeit ab.
Aber ich glaube, die Debatte sollte dann auch zum Ende kommen und ich würde gern die Unterschiede weiter vortragen.
Herr Scheel, ich meinte mit süßer Versuchung, dass die Redezeit länger wird, nicht Sie oder Mitglieder Ihrer Fraktion.
Deswegen würde ich jetzt keine weiteren Zwischenfragen gestatten und möchte meine Redezeit nutzen, um den in meinen Augen entscheidenden Unterschied zum Bund, zum dortigen Koalitionsvertrag, noch einmal hervorzuheben.
Dort steht zur Frage „Wie steuere ich mit dem Haushalt Politik“ lediglich: Alle Maßnahmen des Koalitionsvertrages stehen unter Finanzierungsvorbehalt.
Wir haben drei, vier konkrete Untersetzungen im sächsischen Koalitionsvertrag, im Bund nur eine. Deswegen haben wir mit der FDP im Land auch kein Problem, sondern sie unterstützt diesen Kurs.
Damit komme ich zur Position in Sachsen. Es bleibt dabei: Wir wollen keine Steuersenkung auf Pump, schon gar nicht wenn es um Schulden geht und wenn diese Schulden uns aufgebürdet werden. Wir wollen eine konstante Pro-Kopf-Verschuldung. Das haben wir in der letzten Legislaturperiode verabredet. Dabei bleibt es auch in Sachsen.
Deswegen würde ich mir von der Opposition wünschen, dass sie nicht versucht, hier die Koalition auseinanderzunehmen, sondern staatsmännisch handelt. An dieser Stelle, denke ich, ist staatsmännisches Handeln angesagt und dass Sie den sächsischen Ministerpräsidenten gegenüber dem Bund unterstützen. Es kann keine Zustimmung im Bundesrat ohne eine finanzielle Kompensation geben. Denn zuerst kommt das Land und dann die Partei.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bekenne mich als jemand, der kein Finanzpolitiker ist oder sich auch nicht dafür hält, wie vielleicht einige, die hier gesprochen haben, sondern ich spreche ausdrücklich als langjähriger Kommunalpolitiker und als Sozialpolitiker meiner Fraktion.
Herr Zastrow, ich bin Ihnen dankbar. Sie waren der Einzige von der Koalition, der hier Klartext gesprochen hat. Sie haben deutlich gesagt: Kommunen und Bürgerinnen und Bürger des Freistaates Sachsen, ihr müsst den Gürtel enger schnallen!
Okay. Sie haben dann mit Fingerzeig vornehmlich auf die Opposition um Nachsicht gebeten. Sie waren der Auffassung: Lasst uns doch in Berlin und in Dresden als schwarz-gelbe Koalition erst einmal arbeiten!
Das war Ihre Hoffnung, Ihre Klientelhoffnung, aber für uns ist es eine Drohung. Wir haben in der DDR gelernt – Sie noch nicht –, zwischen den Zeilen zu lesen. Und was man im Koalitionsvertrag zwischen den Zeilen lesen kann, das lässt einen nicht erstaunen, sondern das macht einem Angst, was hier auf uns zukommt.
Wenn Sie denn schon arbeiten wollen – da haben wir ja nichts dagegen –, dann machen Sie das bitte auf zwei Ebenen, die ich Ihnen hier einmal kurz darstellen möchte und die mit dem heutigen Thema sehr viel zu tun haben.
Ich meine zum Ersten die zusätzlichen Belastungen, die die Kommunen in Sachsen zu tragen haben, was die Kosten für Unterkunft und Heizung für Hartz-IVBetroffene anbelangt.
Ich meine zum Zweiten die erheblich angestiegenen und zu erwartenden steigenden Kosten, die die Kommunen für Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu tragen haben.
Dazu haben wir schon mehrfach in diesem Haus – und ich selbst vor einem knappen Jahr – gesprochen. Wir hatten damals einen entsprechenden Antrag gestellt, nämlich die Kosten der Unterkunft zumindest beim damaligen Niveau, ich meine 2008, zu belassen. Vornehmlich die CDU hat diesen Antrag abgelehnt mit dem Versprechen: Ja, Sie haben eigentlich recht, Herr Pellmann, aber wir haben uns
jetzt nicht durchsetzen können. Wir werden im nächsten Jahr in Verhandlungen alles versuchen, um diese Geißel von den Kommunen zumindest künftig abzuwenden.
Wenn ich heute das Resultat sehe, weiß ich nicht einmal, ob es den Versuch gegeben hat. Zumindest werden wir eines deutlich feststellen müssen: Die Kommunen in Sachsen werden, wenn das durchkommt, um 100 Millionen Euro weiter zusätzlich belastet. Ich komme aus einer Kommune, die weit mehr als 10 Millionen Euro wird zuzahlen müssen, wenn es nicht gelingt, dieses unsägliche Konstrukt, was auf die Kommunen herabprasselt, zu verhindern.
Insofern fordere ich die Staatsregierung auf, über den Bundesrat dringend diese Regelung abzuwenden.
Verbünden Sie sich von mir aus mit anderen Bundesländern. Beschreiten Sie von mir aus den Klageweg, um deutlich zu machen: Das lassen wir nicht zu, wie der Bund mit den Kommunen umspringt!