reduzieren – die einen wollen die Gewalttäter verteidigen und die anderen wollen mehr oder weniger nur die Mehrheitsverhältnisse der CDU korrigieren usw. –, dann sage ich: Um diese Frage geht es nicht. Es geht um die Frage, dass Wählerinnen und Wähler in diesem Land entscheiden, wie sich das Parlament zusammensetzt. Aber jene, die dann im Parlament sitzen – mit welchem Verhältnis auch immer –, haben diese Verfassung und darunter das Demokratieprinzip und das Rechtsstaatsprinzip durchzusetzen. Da gibt es auch keinen höheren Anspruch auf innere Sicherheit. Den gibt es nicht. Der Anspruch auf innere Sicherheit ist ohnehin nicht in der Verfassung verankert, aber die Grundrechte und Grundfreiheiten sehr wohl. Genau um dieses Problem geht es. Diese Debatte hat nach meiner Auffassung die SPD aufgerufen.
Für die Fraktion DIE LINKE sprach der Abg. Bartl. – Ich sehe am Mikrofon 7 eine Kurzintervention. Bitte, Herr Schimmer.
Danke, Herr Präsident. – Ich würde gern vom Mittel der Kurzintervention Gebrauch machen. Wenn hier vom Demokratieprinzip, von der Wahrung der Verfassungsprinzipien die Rede ist, muss das ganz elementare Prinzip angesprochen werden, dass das Versammlungsrecht das Minderheitenrecht schlechthin ist und DIE LINKE es offensichtlich nicht akzeptieren kann, wenn rechte oder nationale Bürger, also der eine Teil des politischen Spektrums, das Versammlungsrecht ausübt. Selbst wenn es nur 2 % der Bürger in Dresden für angemessen halten sollten, über den Untergang der Stadt am 13. und 14. Februar 1945 friedlich zu trauern, dann wäre es trotzdem das Recht dieser Bürger, diese Trauer öffentlich, in einer öffentlichen Versammlung auszudrücken. Das wird uns von Ihnen regelmäßig völlig abgesprochen. Sie beteiligen sich an Blockaden. Sie haben die einfachsten Grundprinzipien der Demokratie noch nicht verinnerlicht.
Es geht hier nicht um Lappalien. Ich habe eine Kleine Anfrage, Drucksache 5/6284, gestellt. Darauf wurde mir von der Staatsregierung geantwortet, dass in den letzten drei Jahren von linken Gewalttätern 210 Polizeibeamte verletzt wurden. Ich denke schon, dass man da eine gewisse Verhältnismäßigkeit im Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden sehen kann, wenn man dann versucht, diese Gewaltexzesse, die schon bürgerkriegsähnliche Ausmaße annehmen, dadurch zu stoppen, dass man die Gewalttäter ermittelt und bestraft. Es geht hier nicht um einzelne Polizeibeamte, sondern um 210 Polizeibeamte, die von linksextremen Gewalttätern verletzt wurden! Das kommt bei Ihnen überhaupt nicht vor, und das wollte ich dazu gesagt haben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Dulig, wenn Sie meiner gestrigen Rede aufmerksam zugehört haben, dann habe ich im Einleitungssatz auf meine letzte Rede Bezug genommen und ausdrücklich gesagt, dass ich an den dort getroffenen Aussagen festhalte.
Für mich gehört es zur Demokratie und zum Demokratieprinzip, an das Gewaltenteilungsgebot zu appellieren. Das habe ich gestern getan und ich denke, das war dringend notwendig.
Ich möchte auf ein Zitat von Richard von Weizsäcker zurückkommen. Er hat einmal gesagt: „Die Demokratie lebt vom Streit, von der Diskussion um den richtigen Weg. Dazu gehört auch der Respekt vor der Meinung der anderen.“ Wenn man sich dieses Zitat genau anschaut, dann gibt es einen wichtigen Punkt: Es gibt keine absoluten Wahrheiten. Das sollten wir auch hier beherzigen. Deshalb hat mich gestern die Diskussion um den Datenschutzbeauftragten gestört.
Bei allem Respekt vor der Funktion des Datenschutzbeauftragten und der Person des Datenschutzbeauftragten: Der Datenschutzbeauftragte ist unabhängig, aber er ist nicht kritikfrei.
(Andreas Storr, NPD: Genau! – Beifall des Abg. Andreas Storr, NPD – Zurufe von den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN: Wie die Staatsregierung!)
Der Datenschutzbeauftragte ist Theologe, aber er genießt keine päpstliche Unfehlbarkeit. Deshalb gehört es auch dazu, dass man sich sein Gutachten ansieht und überprüft, ob es an allen Stellen Rechtsauffassungen vertritt, die allgemeingültig sind, oder ob es vielleicht auch noch andere Rechtsauffassungen vertritt. Das ist kein Verstoß gegen das Demokratieprinzip, sondern ein Wesenselement unserer Demokratie. Es stärkt meines Erachtens die Position des Datenschutzbeauftragten, wenn man über sein Gutachten diskutiert, als wenn man es einfach nur zur Kenntnis nimmt, irgendwann einmal einen Vermerk dazu bekommt, wie die Staatsregierung damit umgegangen ist, und dann ist die Sache erledigt. Sondern wir müssen darüber diskutieren und den richtigen Weg finden.
Wenn man den zweiten Teil des Zitats von Richard von Weizsäcker ansieht – den Respekt vor der Meinung der anderen –, dann muss man eine unbequeme Wahrheit aussprechen. Ich weiß, dass das politisch nicht korrekt ist. Aber ich habe hier dezidiert eine andere Meinung als Kollege Homann. Für mich gehört es dazu, dass, wenn eine nicht verbotene Demonstration stattfindet, man diese Demonstration gewähren lässt und sie nicht blockiert. Das ist auch ein Teil unserer Demokratie und daran halte ich ebenfalls fest. Das muss man auch tun, wenn man die
Inhalte derer, die demonstrieren, in keinster Weise teilt. Um das klarzustellen: Ich teile sie in keinster Weise. Aber es ist ein Minderheitenrecht und das muss man entsprechend gewähren.
Ich finde es schon bezeichnend, wie die Presseberichterstattung uns hier eine Debatte aufdrückt. Herr Bartl, ich sehe das nicht so. Selbst wenn der „Spiegel“ oder die „FAZ“ über irgendetwas berichten, dort auch Vorgänge bringen, die oft schon viele Jahre zurückliegen, die Minister betreffen, die schon lange nicht mehr der Regierung angehören, dann muss man das nicht unbedingt zum Anlass nehmen, dies hier in diesem Parlament zu diskutieren. Ich halte es für wichtig, über Demokratie zu diskutieren und auch über grundsätzliche Fragen der Demokratie. Aber ich lasse mir nicht aufdrücken, wann wir das diskutieren müssen. Es besteht kein Anlass, einen „Spiegel“-Artikel zu einer Plenardebatte zu machen.
Es ist unsere Aufgabe als Demokraten hier im Parlament, dann über Demokratie zu diskutieren, wenn es anliegt. Wir hatten jetzt gerade einen aktuellen Anlass, hier darüber zu sprechen. Es ist auch gut und wichtig, dass wir diskutieren. Aber das sollten wir im Parlament selber entscheiden.
Für die Fraktion der FDP sprach Herr Kollege Biesok. Gibt es weiteren Redebedarf bei der Fraktion GRÜNE? – Das sehe ich nicht. Es folgt die NPD-Fraktion. Es spricht der Abg. Storr.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Biesok, bei allem Respekt gegenüber dem, was Sie eben gesagt haben, aber man muss natürlich das Thema auch einmal von einer anderen Seite betrachten, nämlich wie sich die Exekutive verhält, wenn es darum geht, dass das Grundrecht, sich hier im Freistaat friedlich zu versammeln, auch umgesetzt oder garantiert werden soll.
Ich selbst war beispielsweise Versammlungsleiter bei der angemeldeten NPD-Versammlung am 20. August in Leipzig. Bekanntermaßen fand ja diese Versammlung nicht statt. Ich stand ganz einsam und allein mehrere Stunden vor dem Leipziger Bahnhof. Die Sache ist mit der Begründung eines drohenden polizeilichen Notstandes dann durchgesetzt worden, obwohl die erste Instanz, das Verwaltungsgericht Leipzig, festgestellt hat, dass dieser drohende polizeiliche Notstand von der Polizei, von der Exekutive, in keiner Weise nachgewiesen worden ist.
Ich will Ihnen hier einmal zur Kenntnis geben, nicht etwa das, was wir als NPD dazu meinen, sondern was hier ein Verwaltungsgericht zu diesem Vorgang festgestellt hat. Es zeigt sich, dass die Exekutive ihren Aufgaben, nämlich die des Grundrechtsschutzes, in diesem konkreten Fall
Ich zitiere einmal aus dieser Gerichtsentscheidung des Verwaltungsgerichtes Leipzig, Aktenzeichen 3L38211: „Wegen der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit darf die Behörde insbesondere bei dem Erlass von Auflagen oder einer Verbotsverfügung keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen, zumal hier bei irriger Einschätzung die Möglichkeit einer späteren Auflösung der Versammlung nach § 15 Abs. 2 Versammlungsrecht bleibt.“
Jetzt kommt die Feststellung: „Gemessen daran, war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin“ – gemeint ist die NPD – „im tenorierten Umfang wieder herzustellen, da erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung der Antragsgegnerin“ – das war in dem Fall die Stadt Leipzig – „vom 17.08.2011 bestehen. Für den von der Antragsgegnerin und den Beigeladenen“ – damit ist der Freistaat Sachsen gemeint – „angenommenen polizeilichen Notstand zur Begründung der Verbotsverfügung fehlen die erkennbaren Umstände, also Tatsachen, Sachverhalte oder sonstige Erkenntnisse, die eine solche Entscheidung rechtfertigen könnten.“
Ich könnte es noch weiter zitieren, doch das kann ich jetzt leider aus Zeitgründen nicht. Das zeigt also eindeutig, dass wir es hier bei der Verwirklichung des Grundrechts, bei der Ausübung des Grundrechts, sich friedlich zu versammeln, nicht nur mit linken Störern und Blockierern zu tun haben, sondern dass die Exekutive mit Tricksereien, mit Behauptungen, die sie noch nicht einmal belegen kann, hier das Versammlungsrecht, ein Grundrecht, untergräbt.
Ich würde mich freuen, wenn vielleicht im Rahmen dieser Aktuellen Debatte auch ein Minister dazu Stellung nimmt, wie weit man diese Praxis, die kein Einzelfall ist – ich könnte auch andere Beispiele nennen –, weiter fortsetzen will; denn seit dem Oktober 2009 haben wir es mit einer Entwicklung zu tun, die wirklich nicht nur – ich sage einmal – von linker Seite dieses Grundrecht untergräbt, sondern auch vonseiten der Exekutive. Dazu würde ich mich über eine Stellungnahme freuen.
Das war der Abg. Storr für die NPD-Fraktion. – Wir treten in eine dritte Rednerrunde ein. Redebedarf besteht. Von der SPD? – Nein. CDU? – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Flath.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir debattieren im Sächsischen Landtag über Demokratie, über die sächsische Demokratie, und beantragt hat die Debatte die SPD. Es stimmt, dass wir in Sachsen seit 1990 Demokratie haben, Demokratie als Voraussetzung für Freiheit, und wir
Es stimmt, dass seit 1990 in Sachsen die CDU regiert. Es stimmt, Frau Kollegin Hermenau, wo immer ich in unterschiedlichen Stellen gearbeitet habe – nie in der Opposition. Wir von der CDU schämen uns dafür nicht.
Es ist auch nicht undemokratisch, allein zu regieren. In drei Legislaturen durften wir das, weil der sächsische Wähler das wollte. In der letzten und in dieser Legislatur arbeiten wir in der Koalition mit der SPD und jetzt – im Unterschied zu Berlin – sehr erfolgreich mit der FDP.
und niemand von uns hat jemals behauptet, dass die Demokratie vollkommen ist, weil sie von Menschen gestaltet wird. Deshalb ist es auch sinnvoll, von Zeit zu Zeit genau hierüber zu debattieren.
Nun habe ich die Debatte, natürlich als Fraktionsvorsitzender, aufmerksam verfolgt. Die NPD tat es wie immer. Sie versucht, Missstände oder vermeintliche Missstände, Skandale oder vermeintliche Skandale dazu zu nutzen, die Diktatur, an der sie immer noch hängen, die Verheerendes auf der ganzen Welt angerichtet hat, immer wieder dadurch zu relativieren, indem sie sagen, so ein bisschen unvollkommen ist ja die Demokratie, und so viel anders ist es ja gar nicht. Das ist ihr Ziel, daran arbeiten sie, so lange, wie sie im Landtag sind, solange sie in der Demokratie arbeiten. Gar nicht viel anders machen es die LINKEN.
Auch das bin ich gewohnt. Herr Dr. Hahn, Sie haben mich gar nicht überrascht. So wie kürzlich beim Gedenktag 50 Jahre Mauerbau bastelt Ihre Partei, sicher unterschiedlich – da gibt es auch Jüngere bei Ihnen, die nicht so an der Diktatur hängen wie die Älteren –, aber Sie versuchen immer etwas, einmal ist es der Verfassungsschutz, heute ist es die Justiz, die Staatsanwaltschaft oder die Polizei.
Immer sind Sie bedacht zu relativieren, was an Unfreiheit die Diktatur, an der Sie immer noch hängen, für dieses Land Sachsen in der Vergangenheit bedeutet hat. Das ist Ihre Zielstellung, und so auch in dieser Debatte.
Unklar ist mir die antragstellende Fraktion. Ich glaube, diese Debatte hat das heute wieder gezeigt.
Herr Dulig, ich weiß, dass Sie nicht ganz den derben Ausdruck gebraucht haben. Das haben Sie Herrn Homann von Ihrer Fraktion überlassen. Sie werfen der CDU