Mein erster Vorschlag lautet: Veröffentlichen Sie einmal die Verkehrsprognosen! Erklären Sie den Leuten, warum Straßen in Sachsen nicht weiter geplant werden! Zweiter Vorschlag: Lassen Sie uns über die Senkung der Hürden und über die Verbesserung der parlamentarischen Arbeits- und Kontrollmöglichkeiten reden!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fast 60 % der Teilnehmer des Volksentscheides in Baden-Württemberg haben dem Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 zugestimmt. Dieses Ergebnis hat einige überrascht, und zwar deshalb, weil in einer monatelangen Medienkampagne ein ganz anderer Eindruck erweckt worden ist.
In einer – ich möchte fast sagen – einmaligen Medienkampagne ist dort der Eindruck erweckt worden, dass die Mehrheit der Bevölkerung gegen dieses Bahnhofsprojekt sei. Das zeigt einen ganz merkwürdigen Aspekt: dass offensichtlich hierbei manipuliert wird und so etwas wie eine virtuelle Mehrheit durch die Medien geschaffen worden ist. In diesem Zusammenhang zeigt sich, dass dieser Volksentscheid tatsächlich eine Bereinigung gebracht hat. Er hat gezeigt, dass das Volk durchaus klüger ist und sich nicht von vermeintlichen Mehrheiten, die in der Berichterstattung virtuell geschaffen werden, beirren lässt. Es ist tatsächlich in der Lage, eine Entscheidung eigenständig, ohne Bevormundung durch die Medien zu treffen.
Was sind die Lehren für uns Nationaldemokraten aus diesem Vorgang? Das Volk denkt offenbar doch anders, als große Teile der Politklasse und die Medien es wünschen. Es zeigt sich resistent gegen Medienpropaganda. Das Volk will zu bedeutsamen Einzelfragen Stellung beziehen, mitentscheiden und seinen Willen äußern. Insofern ist dieser Volksentscheid positiv zu bewerten.
Jetzt müssen Überlegungen angestellt werden, inwiefern Volksentscheide ausgeweitet und die Hürden gesenkt werden können. Es zeigt sich doch, dass gerade die öffentliche Meinung und die Meinung des Volkes in wesentlichen Fragen immer stärker auseinanderfallen.
Aktuell sehen wir das in der Frage des Euros und der Transferunion. Es ist ganz offensichtlich das politische Programm der etablierten Parteien und der Medien, Deutschland aufzulösen und in einen EU-Bundesstaat zu überführen, was als Haftungs- und Transferunion funktionieren soll. Es zeigt sich, dass das Volk im Grunde ge
nommen ganz anders darüber denkt. Bei allem, was auf europäischer Ebene passiert, wird der Wille des Volkes ganz bewusst ausgeblendet. Man versucht, in einem parlamentarischen Rahmen – nicht unbedingt im Plenum, sondern teilweise schiebt man das in die Ausschüsse ab – Entscheidungen zu treffen. Das Volk wird noch nicht einmal darüber informiert, welche Entscheidungen dort getroffen werden.
Diese Entwicklung, die die politische Klasse vorantreibt und die auf die Abschaffung Deutschlands hinausläuft, ist letztendlich – obwohl man sonst immer vorgibt, mit dem Grundgesetz unterm Arm herumzulaufen – auch die Abschaffung des Grundgesetzes. Mit der Abschaffung des Grundgesetzes werden auch die Souveränitätsrechte dieses Staates und unseres Volkes abgeschafft.
Es ist schon interessant, wie man zum Beispiel auf der 13. Demokratietagung im November in Speyer diese ganz offensichtlichen Defizite von kompetenter Seite, von staatsrechtlicher Seite her sah. Der Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider kommt zu dem Urteil, dass die Überführung Deutschlands in einen EU-Bundesstaat nicht durch das Grundgesetz gedeckt ist. Für Schachtschneider wäre dies „endgültig der europäische Bundesstaat, ja, der zum Zentralismus führende Unionsstaat, dessen wesentliche Agenda die Umverteilung des in den Mitgliedsstaaten erwirtschafteten Vermögens in der ganzen Union mit dem Ziel einheitlicher Lebensverhältnisse ist“. Weiter führt er aus: „Diese Hoheitsübertragung an ein demokratisch nicht legitimiertes Organ wie den ESM verletzt jedes der betroffenen Völker und jeden Bürger in dem Recht, die Politik mittels Ausgabenentscheidung der gewählten Vertreter des Volkes zu steuern.“
Im Klartext heißt das, dass wir uns heute schon angesichts dieser Entwicklung de facto in einer Rechts- und Verfassungskrise befinden und dass tatsächlich heute schon de facto das Grundgesetz mit den nach wie vor gültigen Souveränitätsrechten der Bundesrepublik Deutschland ausgehebelt wird. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus verständlich, dass auch der Bürger immer weniger Vertrauen zu politischen Entscheidungen und Entwicklungen hat.
Wir sind in der Tat der Auffassung, dass man durch Volksentscheide das Volk befragen und in diese Entscheidungen einbeziehen muss, um so das Schlimmste verhindern zu können.
Meine Damen und Herren! Damit ist die erste Runde beendet. Mir liegen noch Wortmeldungen für eine zweite Runde vor. Ich frage trotzdem die Staatsregierung, ob sie das Wort ergreifen möchte. – Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich eine zweite Runde. Herr Heidan für die CDUFraktion; bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben die parlamentarische Demokratie, aber die Entscheidungen in einer parlamentarischen Demokratie muss man auch anerkennen und akzeptieren. Sie, verehrte Damen und Herren von den GRÜNEN, haben es letztendlich zu verantworten, dass dieser Popanz in Baden-Württemberg entstanden ist.
(Zurufe von den GRÜNEN: Wir? – Andreas Storr, NPD: Das ist kein Popanz gewesen, weil das Volk befragt wurde!)
Sie waren es, die das Irrenhaus in Baden-Württemberg hergestellt haben, indem der Schlossgarten monatelang belegt und als Campingplatz missbraucht wurde. Sie waren es, die die Leute aufgehetzt haben, und die Hundertschaften der Polizei mussten ihren Kopf hinhalten.
Dazu, dass man das jetzt auf die DB AG schieben will, muss ich eines sagen: Die DB hat nur ihre Verträge erfüllt. Die DB AG hat geschlossene Verträge, die verbindlich einzuhalten sind. Man kann sich nicht hinstellen und der DB Vertragsbruch vorwerfen, wie Sie es gemacht haben.
Selbst der Landesverkehrsminister hat der Bahn eine Mitschuld eingeräumt, weil weitergebaut wird. Damit hat er sich deutlich disqualifiziert und ist als Ideologiebetreiber zu nennen. Er hat sein Ministeramt nicht dafür gebraucht, den baden-württembergischen Bürger zu vertreten, sondern vertrat nur die Ideologie, die zur Ablehnung des Bahnhofes Stuttgart 21 geführt hat.
Frau Jähnigen, ich kann Ihnen gern, wenn Sie es möchten, die Pressemitteilung vom Kreisverband Böblingen vom September 2011 vortragen. Darin heißt es: „Der Tiefbahnhof ist überteuert und birgt enorme Kostenrisiken für die öffentliche Hand. Stuttgart 21 schadet dem Schienenverkehr im ganzen Land, da die Mittel für den Tiefbahnhof, den Nah- und Regionalverkehr in der Fläche fehlen würden
und die notwendigen Bahnprojekte dem Rotstift zum Opfer fallen oder auf die lange Bank geschoben würden. Der Konflikt um S 21 sei so festgefahren, dass er nur von der Bürgerschaft selbst gelöst werden könnte, machte Kühn“ – das ist offensichtlich der Kreisvorsitzende – „dort deutlich.“
Das ist der Punkt: Sie wollten etwas ablehnen, wofür sich die Bürgerschaft in Baden-Württemberg mehrheitlich ausgesprochen hat. Im zweiten Redebeitrag werde ich auf Projekte eingehen, die Sie hier in Sachsen auch verhindern wollten. Sie müssen letztendlich akzeptieren, dass es breite parlamentarische Demokratien gibt. Ich möchte die
Die Verfahren waren festgelegt und sie waren bekannt. Für die Zukunft müssen die Verfahren verkürzt werden. Das sind die Lehren daraus, die wir uns alle ins Auftragsbuch schreiben müssen. Ich kann niemandem eine Entscheidung, die vielleicht vor 15 Jahren gefällt worden ist, heute noch erklären, weil die Verhältnisse anders geworden sind. Sie haben hier in Sachsen doch genau den gleichen Trip gemacht, weil Sie sich im Parlament nicht durchsetzen konnten. Sie haben draußen, auf der Straße, die Randalierer motiviert, gegen Polizeikräfte zu arbeiten und
die Entscheidungen, die letztendlich demokratisch entstanden sind, zu hinterfragen. Mit solchen Mitteln, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, kann man das mit Sicherheit nicht mehr machen.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Unruhe bei der SPD und den GRÜNEN – Eva Jähnigen, GRÜNE, steht am Mikrofon.)
Frau Jähnigen, Sie möchten gern das Instrument der Kurzintervention nutzen. Wenn sich der Geräuschpegel gelegt hat, können Sie Ihre Kurzintervention gern starten.
Lieber Herr Kollege Heidan, Sie haben mir vorgeworfen, dass ich das Ergebnis des Volksentscheides nicht akzeptieren würde, weil ich kritisiert habe, dass sich die Bahn auf wenige Großprojekte konzentriert und die Infrastruktur in der Fläche vernachlässigt.
In der Tat halte ich das für eine der Folgen dieses Großprojektes, dieser Verträge, die Sie benannt haben. Wir kämpfen hier gemeinsam für die Elektrifizierung, für den Wiederanschluss Westsachsens an den Fernverkehr.
Wir haben keine Chance, diesen Kampf zu gewinnen, wenn nicht die Bahn beginnt, in der Fläche zu investieren. Genau deshalb geht es uns in Sachsen so schlecht. Diese Politik muss sich verändern.
Ich gebe Ihnen recht, dass das Problem nicht nur bei der Deutschen Bahn liegt. Das Problem liegt bei der Bundesregierung; denn die Bundesregierung trägt dazu bei, dass solche Weichenstellungen falsch sind. Sie haben es jetzt gehört: Westsachsen wird mittelfristig keinen akzeptablen Fernverkehr haben. Es gibt immer noch keinen Weg zur Elektrifizierung der Strecken, ganz zu schweigen von Geldern für Neubaustrecken, von denen Sie träumen. Wir müssen in das Netz investieren, und das wird nur gehen,
wenn von kostentreibenden Großprojekten Abstand genommen wird. Das ist der Konflikt, der dahintersteht.
Deshalb ist es wichtig, dass die Kostenprognosen solcher Projekte offengelegt werden. Es darf nicht zu solchen Kostenexplosionen kommen, wie wir sie in Leipzig schon haben – von diesem Geld hätten wir unser gesamtes Netz sanieren können, Kolleginnen und Kollegen – und wie wir sie bei Stuttgart 21 erwarten müssen. Die Realität wird es zeigen.
Gut; es wird darauf verzichtet. Wir kommen zum zweiten Redebeitrag in der allgemeinen Aussprache; Herr Herbst für die FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mit Wohlgefallen gehört, dass SPD und GRÜNE die Bürger mehr informieren und frühzeitig Transparenz schaffen wollen. In diesem Punkt sind wir uns sogar einig.