Es sind auch deshalb verheerende Aussichten, weil insbesondere 250 Stellen für Weiterzubildende offen sind. Diese gibt es de facto nicht, und sie können auch nicht in den ambulanten Bereich vorstoßen, wenn sie ihre Weiterbildung nicht im klinischen Bereich durchführen, da sie einfach nicht existent sind.
Was ich auf jeden Fall noch einmal betonen möchte – darin schließe ich mich einigen meiner Vorredner an –: Das Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz hat in den letzten Jahren intensiv Maßnahmen gegen den Ärztemangel ergriffen, das ist keine Frage. Verschiedenste Wege wurden dabei eingeschlagen. Was in seinem Bereich gelegen hat, wurde vom Sozialministerium, denke ich, getan: Initiativen wurden ergriffen und Fragen aufgeworfen.
Es ist aber auch deutlich geworden – darauf haben wir bereits mehrmals in Debatten hingewiesen –, dass diese Maßnahmen an ihre Grenzen kommen, wenn nicht genug ärztlicher Nachwuchs vorhanden ist. Von daher war auch – ich weise Sie auf die Antwort der Staatsregierung auf eine Anfrage, die wir gestellt hatten, hin – das SMS der Auffassung, wir müssen mehr in Bezug auf den ärztlichen Nachwuchs tun. Was nützen die ganzen Fördermaßnahmen, wenn die jungen Ärzte überhaupt nicht vorhanden sind, die diese Fördermaßnahmen in Anspruch nehmen könnten?
Die Verantwortung dafür liegt natürlich bei den medizinischen Fakultäten der Universitäten in Dresden und Leipzig und letztlich beim Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, dass es für mich absolut nicht nachvollziehbar ist, dass das SMWK nichts unternimmt, damit an den medizinischen Fakultäten in Dresden und Leipzig die Studienanfängerkapazitäten in Medizin und Zahnmedizin des Jahres 2005 gehalten werden können.
Die Studienanfängerzahlen in Leipzig sind seit dem Jahr 2005 kontinuierlich zurückgegangen. Das widerspricht zum einen dem Hochschulpakt und zum anderen sind wir in Sachsen auf jeden fertigen Medizinstudenten angewiesen, was die Zahlen belegen. Ich würde mir wünschen,
dass Frau Prof. von Schorlemer vielleicht einmal eine Aussage macht, wie das passieren konnte und wie wir den Verpflichtungen aus dem Hochschulpakt in Zukunft nachkommen wollen.
Ich halte den Verweis auf den Kostenfaktor für nicht angebracht. Es geht immer darum, dass die Studienplätze in Medizin die teuersten Studienplätze überhaupt seien. Wir reden von Kosten für ein Medizinstudium in Höhe von 160 000 Euro. Ich glaube, wer diese Rechnung aufmacht und sagt, diese Studienplätze seien zu teuer und wir könnten uns diese nicht mehr leisten, der soll die Maßnahmen gegenrechnen, die wir auf anderem Wege versuchen anzugehen, die finanzielle Unterstützung für eine Niederlassung und anderes mehr. Wir haben eine Menge Maßnahmen getroffen, die Geld kosten. Diese Kosten sollte man einmal mit den Kosten vergleichen, die bei der Ausbildung eines Mediziners anfallen.
Damit wären wir eigentlich bei einer wesentlichen Forderung, die wir in den gemeinsamen Entschließungsantrag mit der SPD-Fraktion haben einfließen lassen: eine Evaluation dessen, was in diesem Land an Maßnahmen zur Sicherung der ärztlichen Versorgung ergriffen worden ist.
Frau Giegengack, ist Ihnen bekannt, dass die Anzahl der Studenten an den Fakultäten der Hochschulmedizin in den letzten Jahren bundesweit und demzufolge auch in Sachsen – ich sage – relativ konstant geblieben ist?
Die Anzahl der Studenten in der Hochschulmedizin an den Fakultäten ist bundesweit und folglich auch in Sachsen in den letzten Jahren relativ konstant geblieben. Ist Ihnen dies bekannt?
Mir ist bekannt, dass wir einen Hochschulpakt haben, der für die ostdeutschen Länder vorsieht – Sachsen gehört dazu –, die Studienanfängerkapazitäten in den Fächern Medizin auf dem Niveau des Jahres 2005 zu halten, und zwar bis zum Jahr 2020, um insbesondere die doppelten Abiturjahrgänge der westlichen Bundesländer mit versorgen zu können. Mir ist bekannt, dass Leipzig diese Vorgaben seit mehreren Jahren nicht erfüllt.
Das war nicht die Antwort auf die Frage, die ich Ihnen gestellt habe. Darf ich noch eine Nachfrage stellen?
Ist Ihnen bekannt – mir reicht ein Ja oder Nein –, dass im Vergleich zu dem Jahr 1990, in dem 14 Arztgruppen ausgebildet wurden, heute 34 Arztgruppen ausgebildet werden einschließlich psychologischer Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten, sodass sich die Zahl der niedergelassenen oder in den Kliniken arbeitenden Ärzte anders als im Jahr 1990 darstellt? – Das hat mit meiner ersten Frage zu tun.
Das Erste muss ich bejahen. Die zweite Geschichte, die Sie angeführt haben, kann ich nicht nachvollziehen, weil es in der Summe keinen Unterschied macht, welche Vertiefungsfächer wir haben.
Bitte keine Zwiegespräche, sondern es können nur Anfragen gestellt werden. – Jetzt hat sich noch Herr Pellmann gemeldet. – Möchten Sie diese Anfrage noch beantworten, Frau Giegengack?
Herr Pellmann, vielleicht kann ich zuerst noch ein paar Worte zu unserem Entschließungsantrag verlieren. Sie haben dann noch einmal die Möglichkeit, etwas zu sagen. Ich habe den Eindruck, dass die Zwischenfragen nicht besonders ersprießlich sind.
Der erste Punkt des Entschließungsantrages bezieht sich auf die Evaluation der Maßnahmen – Frau Neukirch hat es angesprochen. Es sind viele Maßnahmen ergriffen worden, es steht aber bis jetzt aus, einmal zu überprüfen, was diese Maßnahmen tatsächlich gebracht haben.
Diese Forderung ist nicht neu. Wir haben diese bereits in unserem Antrag aus dem Jahr 2010 aufgeworfen. Ich möchte die CDU-Fraktion daran erinnern, dass Sie diese Forderung in Ihrem Antrag „Medizinstudium weiterentwickeln, Vorsorge für den künftigen Bedarf von Ärzten treffen“ in Drucksache 5/2702 vom 16. Juni 2010 selbst aufgemacht hat.
Sie haben in dem Antrag gefordert, die bisherige Projektphase des Stipendienprogramms für Medizinstudenten zu evaluieren. Ich weiß nicht, ob es in Ihr Ressort fällt, Herr Piwarz, die Berichte der Staatsregierung über die Erfüllung Ihrer Anträge zur Kenntnis zu nehmen, und ob Sie zwischenzeitlich Zeit dazu hatten.
Am 13. Juli 2010 hat Frau Prof. von Schorlemer einen Bericht zu Ihrem Antrag abgegeben. Haben Sie einmal in den Bericht hineingeschaut? Wenn ja, dann wäre Ihnen vielleicht aufgefallen, dass das, was Sie gefordert haben, überhaupt nicht erfüllt worden ist.
Von einer Evaluation des Stipendienprogramms steht darin absolut kein Wort. Von daher wäre es gut, wenn wir diese Forderung erneuern und der Frage nachgehen, was die verschiedenen Maßnahmen gegen den Ärztemangel gebracht haben, insbesondere die Unterstützung der Medizinstudenten.
Der zweite Punkt betrifft die sektorenübergreifende Planung. Wie Sie wissen, ist das Land für die stationäre Planung zuständig. Das Versorgungsstrukturgesetz ermöglicht es jetzt, dass das Land auch auf die ambulante Planung größeren Einfluss nehmen kann. Die Vertreter des SMSV im Landesausschuss
haben nicht mehr nur ein Mitsprache- und ein Vorschlagsrecht, sondern können über ihre Rechtsaufsicht hinaus ein Beanstandungsrecht in Anspruch nehmen. Wir glauben, dass damit der Weg frei ist für eine wirkliche sektorenübergreifende Planung. Wir möchten, dass das Land diese Möglichkeit umfassend ausschöpft, um eine Versorgung in Sachsen sicherzustellen
Der dritte Punkt betrifft die Familienfreundlichkeit. In der Antwort auf die Große Anfrage ist deutlich geworden, dass insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für junge Ärzte ein Problem darstellt. Im Versorgungsstrukturgesetz wurden Maßnahmen für junge Ärzte im ambulanten Bereich ergriffen, dass sie sich durch Vertretungsassistenten vertreten lassen können.
Wir glauben, dass wir auch Maßnahmen für den stationären Bereich brauchen, für Mediziner, die im stationären Bereich tätig sind. Wir müssen das Rad nicht neu erfinden. Wir haben in Sachsen verschiedene Programme wie das Programm „Familienfreundliches Sachsen“ oder die Auditierung „Familienfreundlicher Betrieb“. Das ist bei Ihnen im Ministerium angesiedelt, Frau Clauß. Wir möchten, dass das Ministerium stärker auf die Kliniken zugeht und versucht, über diese Angebote eine Zusammenarbeit herzustellen und eine größere Familienfreundlichkeit in den Kliniken zu ermöglichen.
Auf die Studierendenzahlen bin ich schon eingegangen. Wir wollen, dass die Vereinbarungen des Hochschulpakts auf jeden Fall erfüllt werden.
Zu den Krankenhausinvestitionen hat Frau Neukirch schon vieles ausgeführt. Wir bitten um Ihre Zustimmung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Diese neuerliche Debatte über den Ärztemangel in Sachsen fällt in eine Zeit, da ein neues Versorgungsstrukturgesetz auf Bundesebene Abhilfe
schaffen soll. Hierbei sollten vor allem weitere Anreize für die Niederlassung von Ärzten im ländlichen Raum geschaffen werden, in dem sich die Versorgungslücken und Engpässe besonders drastisch bemerkbar machen.
Doch schon dämpft der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Köhler, allzu große Erwartungen. Zitat: „Bis die Patienten Effekte spüren, wird es bis zum Jahr 2015 dauern“ – als ob die Menschen im ländlichen Raum nicht schon lange genug auf eine durchgreifende Lösung warten. Ich zitiere weiter: „In der wohnortnahen Grundversorgung werden die Lücken immer größer werden.“
Auch im Freistaat Sachsen hat man sich mit entsprechenden Förderprogrammen und Maßnahmen Zeit gelassen oder diese schon wieder abgeschafft wie die Förderung der Investitionskosten für Arztpraxen im Sinne kleiner und mittlerer Unternehmen, von der Haus-, Kinder- und Nervenärzte durch einen Gründungszuschuss in Höhe von bis zu 200 000 Euro profitierten.
Dennoch: Es gibt Fördermöglichkeiten für Praxen, zum Beispiel durch die SAB, und Geld ist auch nicht alles.
Während die Staatsregierung mittlerweile die teilweise dramatische Unterversorgung in den ländlichen Gebieten einräumt, lehnten Sie von den Koalitionsfraktionen – damals SPD und CDU; heute CDU und FDP – noch im Jahr 2008 einen Antrag der NPD-Fraktion auf Vorlage eines Maßnahmenplanes ab. Mit diesem sollen bis 2015 in Zusammenarbeit und Koordination mit der Kassenärztlichen Vereinigung und der Landesärztekammer Maßnahmen und Sonderförderprogramme zur Bekämpfung des Ärztemangels ergriffen werden.
Auch in Ihren aktuellen Antworten auf entsprechende Fragen in dieser Großen Anfrage kann man es nachlesen, dass das überkommene Zuständigkeitsdenken noch nicht weg ist, zum Beispiel wenn Sie schreiben „Die Sächsische Staatsregierung sieht die KVS in der Pflicht“ oder „Die Staatsregierung kann und darf keinen Einfluss darauf nehmen, wo sich Ärzte niederlassen.“
Auch auf kommunaler Ebene handeln die CDU-Vertreter nach diesem Prinzip, wurde doch ein entsprechender Antrag der NPD im Kreistag Meißen im Jahr 2008 ebenfalls mit Hinweis auf die Zuständigkeit der KVS und auf EU-Wettbewerbsbestimmungen abgelehnt.
Viele Köche verderben den Brei. Wenn alle gleichzeitig – EU, Bundesgesetzgeber, Landesregierung und KVS – an