Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, haben schon im vergangenen Jahr die Staatsregierung aufgefordert, bundesweit aktiv zu werden, um gegen diese Ungerechtigkeiten vorzugehen. Das ist notwendig und deshalb werden wir diesem Antrag zustimmen.
Eine geschlechterspezifische Analyse der Lohn- und Einkommenssituation, wie im Antrag gefordert, und damit auch die von uns schon seit Langem geforderte geschlechterspezifische Datenerhebung könnten helfen, aufzuklären und Lösungsansätze zu finden.
Frauen arbeiten oft unfreiwillig in Teilzeit, haben befristete Arbeitsverträge und müssen sich Minijobs suchen. Sie sind aber auch die Ersten, die auf der Straße stehen, wenn die Konjunktur wieder schwächelt. Außerdem geht es um Entgeltgleichheit vergleichbarer Tätigkeiten. Warum soll eine Krankenschwester weniger verdienen als ein Auto
Die Gewerkschaften haben zum Beispiel die Tätigkeiten einer Verkäuferin und eines Elektrikers verglichen. Sie haben versucht, mit verschiedenen Punkten Kompetenzen, die notwendig sind, Tätigkeiten, die ausgeführt werden, Belastungen körperlicher und psychischer Art zu vergleichen und sind darauf gekommen, dass diese Berufe faktisch gleichwertig zu beurteilen sind. Aber schauen Sie sich einmal die Entgeltunterschiede an!
In ihrer Stellungnahme betont Frau Staatsministerin Clauß, dass die Einkommenslücke in Sachsen nur 9 % beträgt. Das ist wahr. Aber auch hier sollten wir uns nicht übermäßig auf die Schultern klopfen; denn erstens kann es an den niedrigeren Löhnen auch für Männer hier in Sachsen in fast allen Branchen liegen und zweitens sind auch 9 % zu viel. Es gibt keine Begründung, warum Frauen weniger verdienen sollen als Männer.
Im Antrag werden weiterhin Initiativen zur gesetzlichen Verankerung einer Frauenquote auf Bundesebene und im Land gefordert. Wir wissen – das steht auch in der Stellungnahme der Frau Ministerin –, dass die Sächsische Staatsregierung eine starre gesetzliche Frauenquote in Aufsichtsräten, Vorständen in der Privatwirtschaft, aber auch bei der Gremienbesetzung im öffentlichen Dienst ablehnt.
Wir haben schon vor einiger Zeit einen Gesetzentwurf eingebracht; er befindet sich im Geschäftsgang. Hierdurch könnte eine entsprechende Veränderung in Sachsen erreicht werden. Wir fordern eine gleichberechtigte Besetzung von Gremien in allen Bereichen, auf die die sächsische Regierung Einfluss hat: bei Aufsichtsräten, bei verschiedenen Betrieben mit sächsischer Beteiligung oder auch bei Betrieben, die Unterstützung von Sachsen bekommen.
Die EU-Kommissarin Viviane Reding wurde hier schon erwähnt und wir haben es in den letzten Tagen in den Medien verfolgen können: Sie hat festgestellt, dass mit Freiwilligkeit der männlichen Dominanz in den Chefetagen nicht beizukommen ist. Eine positive Entwicklung ist kaum sichtbar. Es wird in Europa noch etwa 40 Jahre dauern, wenn die Veränderung in Sachen Frauenquote im Tempo der letzten zehn Jahre weitergehen würde. Die Kommissarin denkt deshalb über eine EU-weite Quotenregelung nach.
Deutschland und auch Sachsen wären gut beraten, aktiv zu werden, bevor EU-Gesetze sie dazu zwingen. Wenn im vorliegenden Antrag von einer 40-prozentigen Frauenquote die Rede ist, so wäre mir persönlich und auch meinen Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion die Formulierung „mindestens 40 %“ lieber, da wirkliche Gleichstellung halbe-halbe bedeutet. Da 40 % ein Meilenstein auf diesem Weg sein können, werden wir – ich erwähnte es schon – diesem Antrag zustimmen.
Das war für die Fraktion DIE LINKE Frau Kollegin Gläß. – Für die FDP spricht jetzt Herr Kollege Herbst.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin meiner Fraktion sehr dankbar, dass sie in besonderem Maße emanzipiert ist und erlaubt, dass hier ein Mann spricht. Auch das ist ein Stück Gleichberechtigung.
Das, was wir hier von der linken Seite gehört haben, offenbart wieder ein typisch linkes Denken. Alles, was nicht gleich ist, muss per se Diskriminierung sein, und wo Diskriminierung vermutet wird, muss der Staat mit Quoten, Verboten und Gesetzen reagieren. Meine Damen und Herren, diese Geisteshaltung teilen wir nicht.
Um es klar zu sagen: Auch wir sind für leistungsgerechte und leistungsorientierte Bezahlung, und zwar ohne Ansehen von Geschlecht, aber auch ohne Ansehen von Alter und Herkunft. Meine Damen und Herren, wir machen das nicht am Geschlecht fest. Ihr Antrag hilft überhaupt nicht, dass wir zu mehr Leistungsorientierung in der Bezahlung kommen.
Ja – Herr Mann, Sie können ja zuhören –, in der Statistik verdienen Männer mehr als Frauen. Aber mit der Statistik ist das so eine Sache. Schauen wir uns den Verdienst einige Manager an, zum Beispiel von Herrn Ackermann, Herrn Zetsche oder Herrn Winterkorn: Sie treiben den männlichen Durchschnittsverdienst nach oben. Was haben davon die Postboten in Dresden oder die männlichen Mitarbeiter der Stadtreinigung? – Nichts.
Wie Sie sehen, meine Damen und Herren, ist es mit der Statistik so eine Sache. Es ist fraglich, inwiefern ein allgemeiner Einkommensdurchschnitt Indikator für eine Lohndiskriminierung ist.
Ich will Sie fragen: Wollen Sie behaupten, dass, wenn sich eine Frau mit gleicher Qualifikation um die gleiche Arbeit im gleichen Unternehmen irgendwo in Sachsen bewirbt, sie beim Gehalt bewusst diskriminiert wird und der Arbeitgeber ihr weniger zahlt, weil sie eine Frau ist? Ist das wirklich Ihr Vorwurf an die sächsische Wirtschaft? Meine Damen und Herren, das finde ich reichlich absurd.
Ja, es gibt Einkommensunterschiede; das ist richtig. Diese Einkommensunterschiede gibt es aber auch zwischen Regionen. Sie gibt es zwischen Branchen und zwischen Unternehmen. In manchen Branchen arbeiten mehr Frauen. Ich möchte nur einmal auf das Beispiel der
Gastronomie verweisen – eine Branche, die eher unterdurchschnittlich und nicht überdurchschnittlich zahlt. Wenn es dort mehr Frauen gibt, bedeutet das natürlich, dass das Auswirkungen auf den Durchschnittslohn hat. Es gibt geschlechterspezifische Unterschiede in der Wahl der Ausbildung. Wenn es nach Ihnen geht, dürfte man keiner Frau mehr raten, den Friseurberuf zu ergreifen, weil man in diesem Bereich relativ wenig verdient. Auch das drückt den Einkommensschnitt und macht die Lücke zur Durchschnittsbezahlung von Männern größer.
Ich möchte noch einen Gedanken zu Ende bringen und danach gestatte ich die Frage gern. – Es gibt auch unterschiedliche Lebensentwürfe. Es gibt Frauen, die sich bewusst für Teilzeitarbeit entscheiden. Sie entscheiden sich bewusst dafür, Auszeiten für Kindererziehung zu nehmen. Diese Entscheidung ist individuell. Das ist aus unserer Sicht nicht verwerflich, aber natürlich wirkt sich auch das auf Aufstiegschancen und Berufserfahrung aus. Und auch das wird sich wieder am Lohn festmachen, meine Damen und Herren.
Sie sehen, dass eine Schwarz-weiß-Betrachtung der von Ihnen angeführten statistischen Einkommensunterschiede nicht funktioniert. Die Unterschiede sind eben kein Gradmesser für mögliche Diskriminierung.
Herr Präsident, vielen Dank. – Lieber Herr Kollege, nun sagen Sie, dass die allgemeinen Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen zum großen Teil etwas mit verschiedenen Berufsbildern, mit der Entscheidung für Kinder zu tun haben. Trotzdem ist es ja ein Fakt, dass Frauen in gleichen Berufen auf gleicher Position bei gleicher Qualifikation weniger verdienen als Männer, die diese Berufe innehaben. Wie erklären Sie sich das?
Mit der Gleichheitsbetrachtung ist das so eine Sache. Ich habe zum Beispiel nicht gehört, dass die Ministerinnen der Sächsischen Staatsregierung aufgrund dessen, dass sie weiblichen Geschlechts sind, weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Bei unseren Fraktionsmitarbeiterinnen ist das auch nicht so. Vielleicht ist das bei Ihnen so, aber dabei kann ich Ihnen nicht helfen.
Frau Friedel, ich kenne eine ganze Reihe von Unternehmen. Vielleicht ist die FDP in der Wirtschaft ein bisschen mehr unterwegs als Sie. Ich kenne keinen Unternehmer, der eine Frau aufgrund ihres Geschlechtes diskriminiert, denn diese Arbeitskraft ist genauso wertvoll und wichtig für den Erfolg eines Unternehmens. Aber das kennen Sie als SPD natürlich nicht; denn in der Wirtschaft müsste man erst einmal arbeiten, um sich dort auszukennen.
Meine Damen und Herren! Sie verwechseln zudem Gleichberechtigung mit Gleichverteilung. Gleichverteilung und absolute Gleichheit ist kein Staatsziel und im Übrigen in der Praxis durch den Gesetzgeber auch nicht durchsetzbar.
Unsere Fraktion hätte auch kein Problem damit, wenn ein großer Teil der Frauen mehr verdienen würde als der Durchschnitt der Männer. Nur, wenn eine Frau dann einmal mehr verdient als ein Mann in der gleichen Position, müsste dann ihr Gehalt abgesenkt werden, damit die Gleichheit wieder hergestellt ist? Das ist eine ziemlich schizophrene Logik.
Für DIE LINKE zählt eben nicht die individuelle Eignung oder Leistung, sondern für sie zählt in dem Fall das Geschlecht. Ich weiß nicht, ob Sie auch bei Überstunden darauf bestehen, dass diese exakt gleich verteilt werden müssen zwischen Alt und Jung, zwischen Frauen und Männern. Wenn Sie das Überstundengleichverteilungsgesetz hier einbringen wollen, bin ich mal gespannt, wie Ihr Gesetzestext aussieht. Meine Damen und Herren, wenn Sie auf den Lohn in der Privatwirtschaft abheben – Herr Brangs ist, glaube ich, Gewerkschafter –, wer verhandelt denn Löhne in Tarifverhandlungen? Wer verhandelt Eingruppierungen?
Das sind doch die Tarifpartner: Arbeitgeber auf der einen Seite, Arbeitnehmer auf der anderen Seite. Sollen wir das als Gesetzgeber übernehmen und jede Eingruppierung per Gesetz festlegen? Sollen wir als Gesetzgeber individuelle Verhandlungen ersetzen? Also, meine Damen und Herren, Sie geben hier eine ganze Menge Rechte auf, die die Tarifpartner haben und die den freiheitlichen Charakter unseres Wirtschaftslebens ausmachen.
Kollege Herbst, vielen Dank für die Möglichkeit, eine Zwischenfrage zu stellen. Angesichts Ihrer Ausführungen möchte ich Sie fragen, ob Sie tatsächlich der Meinung sind, dass sich die Zusam
mensetzung Ihrer Fraktion ausschließlich aufgrund individueller Leistung und Qualifikation ergibt und, wenn ja: Halten Sie tatsächlich die Frauen in der FDP für weniger qualifiziert und leistungsorientiert als die Männer?
Mit der Eignung habe ich bei Ihrer Fraktion häufiger so meine Bedenken. Das gebe ich zu. Ich glaube, bei uns haben die Delegierten unserer Landesvertreterversammlung eine weise Entscheidung getroffen.