Im Osten der Republik, als die SED mit ihrem Apparat alles politisierte, waren die Kleingärten ein Rückzugsgebiet für die Bürger. Dort war man Kleingärtner und nicht Genosse. Dort durfte man gießen und musste nicht salutieren. Es ist eine Ironie, dass jetzt gerade DIE LINKE eine Große Anfrage über die Struktur der Kleingärten in Sachsen stellt,
(Dr. Volker Külow, DIE LINKE: Herr Liebknecht war auch Kleingärtner, aber das wissen Sie natürlich nicht!)
vor allem, wenn man noch weiter in der Geschichte zurückgeht. Das Kleingartenwesen war ja eine bürgerliche Bewegung in den Zwanziger- und Dreißigerjahren.
Welche Schwierigkeiten Kommunisten damals mit der bürgerlichen Bewegung hatten, erkennt man allein an dem Gedicht von Erich Weinert „Der Feiertag für einen Unpolitischen“.
Das Kleingartenwesen ist ein typisches Beispiel für das Leben im Verein. Interessierte und Engagierte kommen hier zusammen. Sie geben sich eigene Satzungen und prägen ihre eigene Kultur. Das Kleingartenwesen hat seine Grundlage im privaten Engagement, und es nimmt zu. Zwischen 2003 und 2008 sind von den Pachtverträgen, die deutschlandweit abgeschlossen wurden, 45 % von Pächtern mit Familie abgeschlossen worden. Selbst unser Fraktionsmitglied Benjamin Karabinski, ein junger Vater von drei Kindern, ist stolzer Besitzer eines Kleingartens.
Indem der Staat die Gemeinnützigkeit anerkennt, kann das Kleingartenwesen Vergünstigungen erhalten. Näheres regelt hier das Bundeskleingartengesetz. Der Rest soll den Kleingärtnern aber bitte selbst vorbehalten sein. Mit der Art der Großen Anfrage offenbart DIE LINKE ihr Staats
In Frage II Nr. 11 wollen Sie wissen, ob Bedarf für neue Kleingartenanlagen besteht. Ist denn die Förderung der Kleingärten eine staatliche Aufgabe? Woher soll die Staatsregierung es wissen? Auch die Fragen 12 bis 15 und weitere Teile des Themenbereichs II blieben durch die Staatsregierung unbeantwortet, weil die Staatsregierung sie nicht beantworten konnte, und zwar schlicht und einfach deswegen, weil der Staat und das Kleingartenwesen nicht immer Schnittmengen haben.
Die Frage III Nr. 13 deutet auf ein bürokratisches Monstrum hin, das nicht nur die Baumaterialien vorschreibt, sondern auch noch die Entsorgungseinrichtungen bestimmt. Wir begrüßen deshalb die Haltung der Staatsregierung über die Perspektiven und weitere Nutzung der Kleingärten in den Städten. Sie sagt hier ganz schlicht: Die Sächsische Staatsregierung setzt hierzu auf Eigenverantwortung, das Engagement der Verbände, der Vereine und der Kommunen.
Auch in weiteren Fragen, wie der nach der Aufwertung von Kleingärten, setzt die Staatsregierung auf die Eigenverantwortung der Kleingärtner.
Etwas anderes – das sollte allen klar sein – würden die Besitzer der Kleingärten auch gar nicht zulassen. Jeder, der Kleingärtner schon einmal besucht hat, weiß, dass sie mit Sorgfalt und Achtsamkeit auf ihre Gärten achten und dass sie es nicht mögen, wenn sich jemand einmischt. Ob Sie sich mit einer staatlichen Strategiekommission zur Neuordnung des deutschen Kleingartenwesens dort Freunde machen würden, wage ich zu bezweifeln.
Sehr geehrte Damen und Herren! Eigenverantwortung und Bürgergesellschaft beginnen da, wo man sie lässt. Das Kleingartenwesen in Deutschland ist ein Paradebeispiel für die Selbstorganisation. Alles braucht einen gesetzlichen Rahmen. Jetzt aber den Leuten in den Gärten die Baustoffe und Sanitäranlagen vorzuschreiben ist absurd. Wir als Koalition haben demgegenüber die Kleingärtner entlastet, indem wir, gemeinsam als CDU und FDP, ein Gesetz beschlossen haben, das das Fällen von Bäumen in den Kleingärten erleichtert hat. Das war eine richtige Erleichterung für die Kleingärtner und keine Bevormundung.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Herr Kollege Günther. Ich hätte gern einmal gewusst, an welcher Stelle wir nachgefragt hätten, welche Baustoffe verwendet werden dürfen usw. Ich gebe gern zu, dass es einmal ein Problem war, als ich Kleingärtner war, sich bei der Baustoffversorgung anzustellen, um Hochofenzement zu bekommen. Kein Streit, aber wo ist in der Großen Anfrage zu dieser Problematik hinterfragt?
(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: III.13 gibt es nicht! – Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Da steht etwas von Baustoffen!)
Ich möchte nochmals auf den Entschließungsantrag und verschiedene Probleme eingehen. Ja, ich würde es befürworten, wenn die Staatsregierung die Schollen verkauft, wenn die Kleingärtner Eigentümer werden, und ich bin sehr froh, dass die Staatsregierung diesen niedrigen Preis und nicht den Marktpreis angesetzt hat. Ich möchte nicht wissen, wie es den Finanzminister gerissen hat, als er diesem niedrigen Preis hat zustimmen müssen. Ich bin froh, dass es so ist. Es muss geregelt werden, die offenen Fragen müssen geklärt werden – was wäre, wenn? –, deshalb werden wir nicht zustimmen.
Es gibt viele andere Themen, zum Beispiel springt DIE LINKE bei der Künstlersozialabgabe zu kurz. Die Künstlersozialabgabe muss im Bund angegangen werden, und zwar insgesamt, da sehr viele andere Branchen und Vereine dieselben Probleme haben. Also wieder einmal zu kurz gesprungen, daher werden wir ablehnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Ich möchte von der Möglichkeit Gebrauch machen, eine Kurzintervention zu tätigen.
im Namen der Koalition. Ich habe verstanden, dass von den drei Optionen, die Sie gern wählen, um auf Oppositionsanträge zu reagieren, diesmal nicht die Danksagung an der Reihe war. Es war auch nicht das formale Argument dran, nein, heute war wieder Geschichtsstunde.
Zur Geschichtsstunde möchten wir Ihnen aber mitgeben, dass die Geschichte des deutschen Kleingartenwesens nicht unbedingt eine Geschichte bürgerlicher Kultur ist, sondern dass die Wurzeln durchaus in den Armengärten und den Schrebergärten bestehen. Die Schreberbewegung hat gerade in Leipzig, meiner Heimatstadt, ihren Ausgang genommen. Ich möchte Sie herzlich einladen und zahle Ihnen auch die Eintrittskarte in das einzige deutsche Schrebermuseum nach Leipzig. Dort können Sie sich diese Geschichte anschauen und sich darüber informieren, dass es eine soziale Bewegung war, die unter anderem dafür sorgen wollte, dass die Kinder von Fabrikarbeitern ein Stück weit Natur und gesunde Ernährung genießen können, Herr Günther. – Danke schön.
Die Einladung nehme ich gern an, aber ich bezahle selbstverständlich selbst. Vielen Dank für die Aussage über die Anfänge der Kleingartenbewegung. Meine Rede handelte von der Zeit des frühen 20. Jahrhunderts, und da war es eine bürgerliche Bewegung. Okay?
Herr Präsident! Kollege Günther, das Problem ist: Wir haben eine andere Auffassung in der Frage, dass die Menschen, die für das Gemeinwesen besondere Leistungen erbringen, eben nicht darauf verwiesen werden dürfen, dass sie alles in ihrer Privatheit regeln sollen. Das ist nach unserer Auffassung keine Einbahnstraße. Man kann nicht zum einen erhebliche Teile der ökologischen Funktionen der Städte und Kommunen auf das Kleingartenwesen übertragen, deren soziokulturelle Angebote nutzen usw., und wenn aber die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner dann Rahmenbedingungen haben möchten, damit sie die Leistungen erbringen können, kurzerhand sagen: Besorgt euch das mal selbst, es ist eine Privatangelegenheit. Darin unterscheiden wir uns tatsächlich.
Deshalb meinen wir, dass Ihr Problem schon damit beginnt, dass Sie die Überschrift nicht deuten konnten. Wir haben nicht darum gebeten, dass die Staatsregierung eine Strategie unterbreitet, sondern wir haben nach einer Konzeption gefragt und welche Vorstellungen bzw. Strategien sie zur Schaffung von Rahmenbedingungen für das Kleingartenwesen bis 2020 hat.
Kleingärtnerinnen und Kleingärtner sind der größte Freizeitverein in der Bundesrepublik Deutschland bzw. in
Sachsen –, aber wir fragen die Koalition auch nach Sportvereinen und anderen Strukturen. Ich kann also nicht erkennen, dass wir in irgendeiner Form als vormundschaftlicher Staat oder Ähnliches auftreten wollen, sondern wir wollen gern wissen: Was bekommen die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner vom Freistaat für das zurück, was sie als Gemeinnutzfunktion erbringen? Die Antwort sind wir nach unserer Auffassung als Landtag den Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern schuldig.