Nichtsdestotrotz habe ich in der Diskussion wahrgenommen, dass es mehr ein psychologischer Grund ist, der dazu führt, dass sich die Jäger für Tiere, die dem Jagdgesetz und dem Jagdrecht unterliegen, stärker verantwortlich fühlen als für andere. Ich wünsche mir sehr, dass diese Verantwortlichkeit dazu führt, dass sich die Jägerschaft am Monitoring beteiligt.
Wildtiere, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind unsere Mitgeschöpfe. Die Jagdausübung muss sich deshalb an wildbiologischen und ökologischen Erkenntnissen orientieren. Sie hat wildtiergerecht und tierschutzkonform zu erfolgen.
Reine Trophäenjagd, das Heranzüchten von Wildtieren, um eine möglichst große Abschussziffer zu erreichen, Zucht und Produktion von jagdbarem Wild, Aufstellung von Fallen oder Ähnlichem sind aus ethischen Gründen nicht mehr vertretbar.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur gesunde, naturnahe und strukturreiche Ökosysteme sind in der Lage, ihre vielfältigen ökologischen und ökonomischen Funktionen auch in Zukunft nachhaltig zu erbringen. Insbesondere unsere Wälder müssen infolge des Klimawandels möglichst rasch in artenreiche Mischwälder umgewandelt werden.
Dazu ist eine konsequente Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben notwendig, insbesondere durch eine deutliche Reduktion der hohen Wilddichten jener Tierarten, auf die die hohe Verbissbelastung der Waldverjüngung zurückgeht. Dies scheiterte bislang unter anderem an behördlichen Defiziten im konsequenten Gesetzesvollzug, aber auch am Widerstand von an hohen Wilddichten interessierten Jägern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier lohnt sich ein Blick nach Bayern. Dort werden keine Zaunbauten mehr gefördert, sondern Waldbesitzer für konkrete Erfolge im Waldumbau vergütet. Dieser finanzielle Anreiz führt zu einer stärkeren Ausrichtung der Jagd am Zustand des Waldes. Das jagdliche Ziel, auf Dauer verträgliche Wilddichten zu schaffen, wurde in Sachsen bisher verfehlt.
Der Bundestag stimmte am 17. Mai 2002 mit der erforderlichen Mehrheit für die Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz. Der Bundesrat stimmte dieser Entscheidung am 21. Juni 2002 – also vor nunmehr zehn Jahren – zu. Es ist anzunehmen, dass sich eine Sächsische Staatsregierung mit dieser Tatsache – Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz – also schon einmal beschäftigen musste.
Die Neufassung im Grundgesetz ist am 1. August vor zehn Jahren in Kraft getreten; das alte Sächsische Jagdgesetz am 08.05.1991. Wenn also eine Novelle dieses Jagdgesetzes angestrebt wird, dann muss sich in dieser Novelle die veränderte Gesetzeslage widerspiegeln.
Artikel 20a Grundgesetz hat folgenden Wortlaut: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die zukünftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Recht und Gesetz durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“ – Ich frage die Staatsregierung und die Koalition, an welcher Stelle im Jagdgesetz sie entsprechend ausreichende Änderungen vorgenommen haben. Was mein Kollege am Anfang vorgetragen hat, sind keine ausreichenden Änderungen.
Sie dürfen nach dem verfassungsgemäßen Grundsatz und dem Bundestierschutzgesetz nur aus vernünftigem Grund Tiere töten. Das trifft auch auf Wildtiere zu. Eine Einteilung der Tiere in schädlich und nützlich – zum Beispiel bei Füchsen – ist deshalb grundsätzlich abzulehnen. Aus Sicht des Tierschutzes ist zum Beispiel die sogenannte Bau-Jagd mit Hunden in Fuchs- oder Dachsbauen abzu
Die Staatsregierung hat es versäumt, sich wie andere Bundesländer mit bestehenden Tierschutzproblemen bei der Jagd intensiver auseinanderzusetzen und tierschutzwidrige Jagdmethoden – generell die Fallenjagd oder den Haustierabschuss – zu unterbinden. Die fachliche Begründung und auch die Akzeptanz in der Gesellschaft für diese Methoden fehlen mittlerweile völlig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben Änderungsanträge eingebracht. Zu diesen werde ich an entsprechender Stelle noch sprechen.
Das war Frau Herrmann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Nun spricht Herr Abg. Delle für die NPD-Fraktion. Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jagen, schützen und bewahren – getreu diesem Motto leisten Jäger ein Ehrenamt für die Natur und die Gesellschaft und übernehmen eine aktive Rolle bei der Gestaltung der Heimat und zum Schutz von Lebensräumen.
Wir haben jetzt manches Für und Wider in Sachen Neuregelung des Jagdrechts gehört. Ich möchte angesichts der knapp bemessenen Redezeit meiner Fraktion nicht noch einmal alles wiederholen, sondern kurz einen Aspekt umreißen, der heute hier noch nicht zur Rede stand.
Was, meine Damen und Herren, nützen die besten Vorsätze und Gesetze, wenn die Jäger selbst bald unter Artenschutz gestellt gehören? Im Freistaat Sachsen ist ihre Anzahl derzeit noch weitgehend stabil. Jedoch wird sich das leider bald rasch ändern. Die sofortige Jagdpachtfähigkeit junger Jäger nach bestandener Jagdprüfung wird daran leider nur wenig ändern. Aufgeworfen wurde dieser Gesichtspunkt anlässlich der Anhörung durch den Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft am 10. Februar dieses Jahres.
Günter Zschomper, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer im Sächsischen Landesbauernverband e. V., äußerte sich zu diesem Thema wie folgt: „Ich bin der Meinung, dass wir diese dreijährige Wartezeit nicht benötigen. Ich gehe davon aus, dass jeder, der den Jagdschein absolviert und die Prüfung besteht, zuvor eine umfassende Ausbildung absolviert hat. […] Im Übrigen werden wir uns in Zukunft diese Frage nicht mehr leisten können, weil wir ein Problem in der Nachwuchssicherung bekommen werden. Dort sehe ich das viel größere Problem: dass wir die geeigneten Jäger vor Ort finden werden, die die Reviere übernehmen können.“
Mittlerweile, meine Damen und Herren, ist der Altersdurchschnitt der Jägerschaft vielerorts bei über 50 Jahren
angekommen. Wenn es nicht gelingt, mehr Nachwuchs zu gewinnen, wird die Jägerschaft auf Dauer große Probleme bekommen. Nicht anders sieht es bei den Freiwilligen Feuerwehren aus; über den Nachwuchsmangel bei den Lehrern unterhalten wir uns mittlerweile fast jede Woche.
Gehandelt – das ist das große Problem dabei – wird entweder gar nicht oder nur unter Einsatz unzureichender bzw. untauglicher Mittel.
Ich möchte allerdings den Teufel nicht an die Wand malen, aber: Der deutsche Wald wird ohne die zu ihm gehörenden Menschen seinen Charakter ebenso stark – wenn auch auf andere Weise – verändern wie das, was man gemeinhin Gesellschaft nennt. Aus diesen und anderen Gründen werden wir uns in der Abstimmung über den Gesetzentwurf zur Neuregelung des Jagdrechts der Stimme enthalten.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine zweite Runde? – Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. von Breitenbuch. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz auf die angesprochenen Punkte der anderen Fachpolitiker eingehen. Ich komme zuerst zu meiner Kollegin Frau Kagelmann: Sie sind in Bezug auf die Jagd auf der Sinnsuche. Wir haben das ebenfalls festgestellt; das wollte ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen. Lassen Sie uns auf diesem Wege noch ein wenig weiterlaufen.
Dass Wildschäden von Grundbesitzern nicht erkannt werden oder dass es ihnen egal ist, dass es nur die Bewirtschafter etwas angeht, ist schlichtweg falsch. Auch Grundbesitzer haben ein Interesse daran, dass auf ihrem Grundstück etwas wächst, das entweder ihnen zugutekommt oder dem Verpächter, dem Nutzer, der dafür in der Regel auch einen Obolus bezahlt. Insofern denke ich, schauen Grundbesitzer sehr genau, was bei ihnen auf dem Grundstück los ist.
Selbstverständlich geht es darum, Jagdgesetze für die nächsten 20 Jahre – hoffen wir, dass es dann trägt – mit Leben und einem Miteinander zu erfüllen. Es gibt genug Möglichkeiten, im Miteinander zwischen Jägern und Grundbesitzern ebendiese Dinge zu entwickeln.
Sie haben zum Thema Miteinander verschiedene Punkte angesprochen. Das eine ist der Sachsenforst. Der Sachsenforst ist obere Jagdbehörde und selbstverständlich auch der Forstbetrieb des Freistaates. Das ist aber sauber getrennt. Wir haben Gesetze, wir haben Regulierungen, wir haben ein Ministerium, das eine sehr saubere Trennung zu kontrollieren hat. Insofern ist es wie in jeder Behörde: Es sind unterschiedliche Interessen auch im eigenen Hause zu sortieren. Wir haben das Gefühl, das gelingt. Aber natürlich muss man weiterhin darauf schauen – das ist die Kontrollfunktion des Parlamentes. Ich
denke, dieser sind wir in der Vergangenheit nachgekommen und werden es auch weiter tun. Der Punkt ist damit, denke ich, abgeräumt.
Zu den Abschussplänen Rehwild: Wir wollen das nicht. Es wird im Nachgang gemeldet. Wir sehen das Rehwild nicht in einer strategisch zu planenden Situation, weil es flächendeckend vorkommt, dass man das machen muss. Wir können dort Dinge vereinfachen. Es muss natürlich gemeldet werden, sodass man im Nachgang auch weiß, wie sich die Bestände oder die Streckenlisten entwickeln.
Dass der Sachsenforst bei den Hegegemeinschaften mitarbeiten soll, ist selbstverständlich. Das haben wir auch zur Vorgabe gemacht. Wir sind uns auch mit dem Ministerium einig, dass sie sich dort beteiligen sollen, weil es in großen Teilen auch die Kernwaldgebiete in manchen Regionen sind. Da macht es natürlich Sinn, dass sie auch mitreden.
Aus meiner Region Leipzig kann ich sagen, dass dort überhaupt keine Klagen kamen, dass das nicht passiert. In der Regel ist es so, dass man miteinander spricht, dass man die Dinge fachlich miteinander ausdiskutiert, und es liegt immer im sehr menschlichen Bereich, wenn das nicht klappt. Das ist unsere Feststellung auch aus den Beratungen der letzten Monate. Es liegt in der Regel an Einzelpersönlichkeiten, die nicht miteinander können; nicht an der Struktur und auch nicht als generelle Aussage für das ganze Land.
Zu den Forstbetriebsgemeinschaften und deren Möglichkeit, Eigenjagdbezirke zu bilden, werden wir gleich im Änderungsantrag noch einmal kommen. Genau das unterscheidet uns bei der Lex Wolf, was Sie wollen und was wir wollen. Wir sagen, alle auch streng geschützten Wildarten sollen ins Jagdrecht. Die Jäger kümmern sich mit darum.
Aber wir haben auch den Sensor der jagdlichen Erfahrung, wenn etwas aus dem Ruder läuft. Das ist genau der Punkt, weshalb wir das die ganze Zeit machen wollten und jetzt eben auch tun. Das ist der Hintergrund. Insofern sind wir völlig im Dissens in der Herangehensweise. Sie und alle anderen sagen „möglichst heraus“ und nur die Tiere ins Jagdrecht, auf die auch geschossen werden kann, wo auch Wildbret anfällt. Genau das wollen wir nicht. So sehen wir auch nicht die Jäger. Unser Eindruck ist, dass die Jäger auch nicht so im Lande gesehen werden, und so sehen sich die Jäger selbst auch nicht. Ganz klar.
Frau Dr. Deicke, Bleischrot wird nachher bei den Änderungsanträgen noch einmal Thema sein. Über die Totschlagfallen haben wir sehr lange diskutiert. Wir halten es für wichtig und jeder, der sich dafür interessiert, kann einmal „Waschbärpopulation“ in Kassel abrufen, und sehen, was dort aus dem Ruder gelaufen ist. Genau das wollen wir vermeiden. Dafür wollen wir die Totschlagfallen zwar verbieten, aber mit Ausnahmegenehmigung gestatten, um genau in dieser Extremsituation den Jägern das Handwerkszeug zu lassen. Darum geht es – nicht mehr und nicht weniger.
Zum Thema wildernde Katzen: Gerade die kommunale Ebene weiß, was in ihren Tierheimen los ist. Insofern – das wird nachher noch einmal Thema im Änderungsantrag sein – halten wir die jetzige Regelung bisher für praktikabel.
Das Problem wildernde Hunde ist klar geregelt. Ich denke, mit der Genehmigung – das hat Herr Günther auch gesagt, das war der FDP sehr wichtig – – Wir haben das lange diskutiert; ich will das nicht verhehlen. Es soll jetzt so sein – mit einer Genehmigung vorweg –, dass man nicht einfach darauf losschießen kann. Ich kenne keinen Jäger, der leichtfertig einfach einen Hund über den Haufen geschossen hat. Wir hatten in den letzten Jahren nicht einen Fall. Das will ich hier ganz deutlich sagen.
Frau Kollegin Herrmann: Die Jagd als Freizeitbeschäftigung und Hobby … Die Feuerwehr ist auch Freizeitbeschäftigung und Hobby. Leute machen das gern und engagieren sich gern. Aber es ist auch eine Pflichtaufgabe, um in unserer Kulturlandschaft gewisse Dinge zu regulieren. Genauso wie die Feuerwehr den Brandschutz sichert, so sichern die Jäger das ausgewogene Miteinander von Wild in der Kulturlandschaft und dann auch mit den Menschen. Das war jahrhundertelang so. Insofern sehen wir das nicht nur als Freizeit und Hobby, wie wenn man zum Golfspielen geht. Ich will es einmal so sagen.
Dass es zu viele jagdbare Tiere gibt – Sie wollen die Bestände senken –, ist regional vielleicht richtig. Ich denke, das kann man so einfach nicht sagen. Wir müssen wirklich in der Region vor Ort genau hinschauen.
Zu Ihrem Punkt zentraler Tierschutz, den Sie versucht haben, hier mit einem sehr moralischen Zeigefinger herüberzubringen: Auch wir akzeptieren Tierschutz. Wir haben uns in verschiedenen Punkten – ich sprach das vorhin an – auch Gedanken gemacht, wie man Tierschutz – hier hat das Ministerium auch eine gute Vorarbeit geleistet – besser und akzeptabler auch für die Gesamtbevölkerung im Land umsetzen kann. Dazu stehen wir auch. Aber wir denken, damit ist es auch gut. Sie wollen etwas anderes. Das haben Sie uns klar ausgedrückt. Wir halten das jetzt für angemessen und ich denke, so sollte die Entscheidung fallen.