Protokoll der Sitzung vom 09.05.2012

Lassen Sie mich am Ende dieser kurzen Debatte noch ein Zitat bringen, dem eigentlich nichts hinzuzufügen ist. Es stammt vom Leiter des Volkswagen-Service Deutschland, Arno Kalmbach. Ich zitiere: „Im Volkswagen-Service hat man sehr früh auf die großen Potenziale gesetzt, die aus einer Verbindung von Studium und berufspraktischer Ausbildung erwachsen. Eine maßgeblich treibende Kraft waren hier übrigens die Volkswagen-Partnerbetriebe.“

Das sind die kleinen und mittelständischen Betriebe, die sich auch hier in Sachsen angesiedelt haben.

„Sie haben die Möglichkeit erkannt, mithilfe dieses dualen Ausbildungsweges den Führungskräftenachwuchs

optimal auf künftige Aufgaben vorzubereiten.“ Und weiter: „Dieser stetige Austausch und gegenseitige Abgleich von Bedürfnissen ist es, der die Grundvoraussetzung für ein stets an den aktuellen Notwendigkeiten orientiertes Studienangebot schafft.“

Dem ist nichts hinzuzufügen, meine Damen und Herren. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die FDPFraktion Herr Abg. Tippelt, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Wie am bisherigen Verlauf der Debatte deutlich wird, ist die Berufsakademie Sachsen eine Erfolgsgeschichte, die noch lange nicht zu Ende ist. Um das sicherzustellen, packen wir als FDP-Fraktion und als CDU-Fraktion – mein Vorredner hat es gesagt – die Weiterentwicklung der Berufsakademie Sachsen an.

Nach der Sicherung einer soliden Finanzierung der Berufsakademie folgt nun der nächste Schritt. Mit unserem Antrag „Perspektiven der Berufsakademie Sachsen bis zum Jahr 2030“ nehmen wir das in Angriff. Damit werden wir die Voraussetzung für den Fortbestand und die Weiterentwicklung der BA Sachsen schaffen. Das wichtige – bereits angesprochene – Ziel, den Anteil der hauptberuflichen Dozenten auf 40 % zu steigern, stellt dabei eine Wegmarke dar; auch damit wird eine gute Ausbildung abgesichert.

Herr Prof. Besier, es gibt eine Qualitätssicherung an der Studienakademie: Einmal im Quartal wird jeder Dozent anhand von 20 Kriterien in anonymisierter Form von den Studenten bewertet.

Grundlage für die weitere Diskussion ist auch die Darstellung möglicher Entwicklungen. Mit der Erarbeitung verschiedener Szenarien bis 2030 schaffen wir eine breite Basis für eine umfassende Diskussion. Wir wollen dem Ganzen Hand und Fuß geben. Ein abgestimmtes Angebot der Berufsakademie Sachsen, das sich am Bedarf der regionalen Wirtschaft orientiert, muss unser Ziel sein. Mittelfristig gilt es, die „Duale Hochschule Sachsen“ zu realisieren und unter anderem die Ausbildungsstätten in den Hochschulgremien zu verankern.

Es ist heute schon gesagt worden: Die Ergebnisse bzw. Erfolge des Vorreiters Baden-Württemberg sprechen für sich. Damit können wir in Zukunft auch weitere Verbesserungen und Aufwertungen angehen, wie die Möglichkeit für die BA, akademische Grade anstelle von staatlichen Abschlussbezeichnungen zu verleihen.

Und wir tragen zur Attraktivität der Ausbildung in Sachsen bei, sowohl für sächsische Schüler als auch für die sächsische Wirtschaft. In Zeiten, in denen das Thema Fachkräftemangel akut wird, ist es nur folgerichtig, die sächsische Hochschullandschaft weiterzuentwickeln. In persönlichen Gesprächen mit den Akteuren vor Ort wird mir immer stärker nahegebracht, wie wichtig praxisnah

ausgebildete Fachkräfte sind, die auch nach dem Studium in der Region bleiben. Die sieben Standorte der Berufsakademie Sachsen zur dualen Hochschule auszubauen ist dabei für uns nur eine logische und folgerichtige Schlussfolgerung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wer wünscht weiterhin das Wort? – Mir liegt noch eine Wortmeldung von Herrn Prof. Günther vor. – Das ist nicht mehr der Fall.

(Prof. Dr. Günther Schneider, CDU: Schneider!)

Prof. Günther Schneider, so herum wäre es richtig.

(Heiterkeit bei der CDU)

Wenn es keine Wortmeldungen mehr gibt, frage ich die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Bitte, Frau Staatsministerin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! 20 Jahre Berufsakademie Sachsen – die Debatte zeigt es –: Ein Jubiläum ist immer Anlass für Bilanz und Rückblick. Mit 81 Studierenden in Bautzen, Dresden und Meißen wurde im Jahre 1991 begonnen. 20 Jahre BA – das sind inzwischen über 50 verschiedene Studienangebote und 20 000 Absolventen, gemeinsam ausgebildet mit rund 10 000 Praxispartnern. 13 Millionen Euro EFREMittel, Mittel der Europäischen Union, flossen in Bauvorhaben. Die Lehreinrichtungen sind praktisch durchgehend saniert, zum Teil auch neu errichtet.

Blicken wir weiter auf die Inhalte bei dieser kurzen Bilanz. Die BA und ihre Studienangebote sind besonders flexibel. Das hängt mit dem Berufsakademiegesetz und der relativ überschaubaren Größe sowie den schlanken Strukturen zusammen. All das sind Alleinstellungsmerkmale unserer Berufsakademie. Die BA-Absolventen waren und sind durch die duale Ausbildung besonders praxisnah ausgebildet, und die hohe Beschäftigungsquote der Absolventen mit rund 90 % spricht für sich.

Zur Gegenwart, meine sehr geehrten Damen und Herren, so wie sie sich für uns darstellt. Heute gibt es etwa 5 000 BA-Studierende an sieben Standorten. Es gibt 1 700 Studienanfänger pro Jahr, und der Freistaat Sachsen leistet seinen Beitrag. Kollege Mann, weder für das Staatsministerium der Finanzen noch für das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst ist die BA ein Stiefkind. Der Freistaat Sachsen leistet Zuwendungen, die von 12 Millionen Euro im Jahr 2000 auf rund 21 Millionen Euro im Jahr 2012 gestiegen sind. Das ist nahezu eine Verdoppelung der Zuwendungen in einer guten Dekade. Finanziert werden davon 262 Stellen, davon 129 für Dozenten. Ich denke, die äußeren Rahmenbedingungen stimmen, das ist vollkommen klar.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wie steht es mit der Einordnung in die sächsische Hochschullandschaft? Die BA ist die etablierte und bewährte dritte Säule des tertiären Bildungssektors neben Universitäten, Kunsthochschulen und Fachhochschulen. Eine besondere Leistung der BA ist dabei, dass 63 % der Studiengänge im Zuge der Bologna-Beschlüsse auf Bachelor umgestellt werden, und sie sind auch vollständig akkreditiert. Diese Abschlüsse, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind denen der Hochschulen gleichgestellt, und nicht nur das: Sie sind deutschland- und europaweit anerkannt. Die Nachfrage von jungen Menschen aus Sachsen, aber natürlich auch aus anderen Bundesländern nach einem BA-Studium ist anhaltend groß. Die BA – dies ist festzustellen – ist eine eigene Marke. Sie ist fest etabliert und ist eine nachgefragte Marke.

Wie kann nun die erfolgreiche Weiterentwicklung der BA Sachsen aussehen? Die genannten Erfolge, die Größenordnung und auch das Erfolgsmodell BA Sachsen insgesamt sind zunächst einmal zu sichern, und das wollen wir auch tun. Es gibt keine Kürzungen und keinen Stellenabbau, anders als an Universitäten und Fachhochschulen. Das heißt, die BA nimmt innerhalb des sächsischen Hochschulsystems relativ an Größe zu. Sie wächst gewissermaßen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Nico Tippelt, FDP)

Vor weiteren Entscheidungen aber sollte 2015 eine erneute Prüfung erfolgen, insbesondere auch der staatlichen Studienakademie Plauen, denn wir wissen auch: Länger prognostizierte Entwicklungen und länger reichende Prognosen sind nur schwer haltbar. Jedenfalls haben uns das die Prognosen der KMK, der Kultusministerkonferenz, Anfang dieses Jahres gezeigt. Es gibt eine relative Prognoseunsicherheit. Vielfach sind die Trends auch nicht eindeutig. Es gibt einerseits eine große Nachfrage nach dem Studium, auf der anderen Seite jedoch eine demografische Rückläufigkeit, insbesondere in den Zentren außerhalb der großen Städte. Dort aber sind die Berufsakademien besonders wichtig. Sie sind dort Innovationsmotoren und natürlich auch Garanten für den Fach- und Führungskräftebedarf der Wirtschaft.

Auch die wirtschaftliche Entwicklung bzw. die innovationsgetriebene Entwicklung in der Wirtschaft sind rasant, und auch dies erschwert belastbare Vorhersagen. Hier ist es ebenfalls wichtig, flexibel reagieren zu können.

Gleichwohl ein Blick in die Zukunft: Es soll und wird auch in Zukunft neue, innovative und bedarfsgerechte Studienangebote geben. Seminargruppen können bei besonderer Nachfrage von 25 auf 30 wachsen, aber ich möchte an dieser Stelle betonen: Finanziell soll die BA auch unter schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen keinen Kürzungen unterliegen. Tarifsteigerungen für das BA-Personal sollten in Rechnung gestellt werden.

Fazit: Die besonderen Vorzüge der Berufsakademie Sachsen sollten nicht ohne guten Grund aufs Spiel gesetzt

werden. Die drei Säulen im tertiären Bereich sollten nach meiner Auffassung beibehalten werden: die grundlagenorientierten Universitäten, die anwendungsorientierten industrienahen Fachhochschulen und die Berufsakademie Sachsen mit ihrem dualen Studium. Praxisnahe, wissenschaftlich aktuelle Studieninhalte sprechen dafür, dass wir eine gute Differenzierung innerhalb der sächsischen Hochschullandschaft mit komplementären Angeboten haben.

Nicht zuletzt braucht auch die Wirtschaft Absolventinnen und Absolventen aus allen drei Bereichen, und sie setzt sie differenziert in recht unterschiedlicher Weise ein. Strukturveränderungen also, wie etwa auch die Umwandlung in eine duale Hochschule nach dem Vorbild BadenWürttembergs, sind sorgfältig zu prüfen. Ist dieses Modell für Sachsen günstig? Haben wir vergleichbare Rahmenbedingungen? All das sind Fragen, und hierzu wollen wir eine externe Expertengruppe einsetzen, die die Berufsakademie evaluiert und sie vor allem in den gesamtdeutschen Kontext eingeordnet.

Die vorliegende Entwicklungskonzeption der BA wird und soll eine ganz wesentliche Grundlage der Arbeit der

Kommission sein, und mögliche Änderungen im Berufsakademiegesetz wären infolge der Kommissionsempfehlungen auszuwerten. Das bleibt abzuwarten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin mir sicher, dass die Berufsakademie auf allen Ebenen für eine gedeihliche Zukunft sehr gut gerüstet ist. Sie ist auch in der Zukunft der Garant für die Abdeckung des Fach- und Führungskräftebedarfs in unserer Wirtschaft. Insofern auch an Sie, die Abgeordneten, Dank für Ihre politisch steuernden Aktivitäten und natürlich auch für Ihre Unterstützung der Berufsakademie Sachsen.

Danke.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, damit ist die 1. Aktuelle Debatte abgeschlossen. Bevor ich die 2. Aktuelle Debatte aufrufe, möchte ich Sie nochmals bitten, von der freien Rede Gebrauch zu machen, was in der 1. Aktuellen Debatte nicht immer der Fall gewesen ist.

Ich rufe auf

2. Aktuelle Debatte

Landesentwicklungsplan „übersieht“ Barrieren –

Staatsregierung muss nachbessern!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Es beginnt die antragstellende Fraktion, es folgen CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile nun dem Herrn Abg. Wehner das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf zunächst aus der Koalitionsvereinbarung zitieren: „Wir wollen die Barrierefreiheit in Sachsen verbessern. Dabei ist der Begriff ,Barrierefreiheit‘ umfassend zu verstehen und nicht auf Menschen mit Behinderung beschränkt.“

Ich frage die Damen und Herren von der Koalition: Wann wollen Sie eigentlich damit beginnen, genau dieses umzusetzen?

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Ich habe inzwischen meine Zweifel, ob Sie es mit dem Begriff „Barrierefreiheit“, so wie Sie es definiert haben, ernst meinen. Bei der Staatsregierung bin ich mir sicher, dass sie es nicht ernst meint und sie auch nicht auf die Vereinbarung reflektiert. Das sehen wir anhand des Landesentwicklungsplanes, und das hat auch die heutige Debatte zur Stadtentwicklung gezeigt. Sie verstehen offenbar Barrierefreiheit nur unter dem Aspekt „barrierefreie Wohnungen“, und alle anderen Dinge spielen keine Rolle.

Das ist aber fehlgedacht, meine Damen und Herren. Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung sagt in Artikel 9 ganz klar, was damit gemeint ist. Es geht um die Sicherung der Teilhabe und der selbstbestimmten Lebensführung. Man muss also am Leben teilhaben können. Es geht um die Sicherung von Menschenrechten, meine Damen und Herren.