Protokoll der Sitzung vom 17.10.2012

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Natürlich ist es wichtig, dass damit sparsam umgegangen wird, das Licht im Zimmer auch einmal ausgemacht wird und nicht durchbrennt. Das ist halt so.

(Andreas Storr, NPD: Da sind wir uns alle einig!)

Aber es ist eben kein Luxusgut, sondern gehört zu unserem alltäglichen Lebensstandard dazu.

Wenn wir die Debatte in Deutschland sehen, sollten wir versuchen, darauf Einfluss zu nehmen.

Erstens. Wir liefern zurzeit mit dem Braunkohlenkraftwerk Boxberg doch ein gutes Beispiel dafür – Herr Jurk, wir waren dort und haben uns das bei der Eröffnung angesehen –, wie man versucht – und das ist ja nur ein Versuch, der im Raum steht –, die Grundlast steuerbarer zu machen, je nachdem, wie der Wind weht. Wir sparen uns damit das Thema Speicher. Wir behalten natürlich das Thema Netzausbau. Aber das ist erst einmal eine Möglichkeit, wie man mit Energie umgehen kann.

Das präsentieren wir hier in Sachsen. Sie können sich in Deutschland umschauen, mit welchen Auflagen und politischen Schwierigkeiten Kraftwerke gebaut werden. Wir präsentieren hier etwas mit einem Großkonzern mit sächsischem Know-how, das einen Beitrag dazu liefert.

(Beifall des Abg. Steffen Flath, CDU)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege von Breitenbuch?

Bitte.

Vielen Dank, Herr von Breitenbuch. – Sie sprachen gerade von Vattenfall und in diesem Zusammenhang über Speichermöglichkeiten. Da fiel mir doch gleich ein, dass sich Vattenfall gerade zu seinem Pumpspeicherwerk in Niederwartha geäußert hat, dass dieses durch Netznutzungsentgelte immer unwirtschaftlicher wird und zum Beispiel – ich habe gestern auf dem parlamentarischen Abend mit den Kollegen diskutiert – unser Artikel 7, den wir im Haus

haltsbegleitgesetz ändern wollen: nämlich die Wasserentnahmeabgabe für Wasserdienstleister einzuführen – natürlich auch das Pumpspeicherwerk in Niederwartha noch unwirtschaftlicher betreiben lässt.

Meine Frage an Sie: Sind Sie gewillt, diesen Artikel 7 zugunsten von Vattenfall wieder zurückzuziehen?

(Heiterkeit bei den LINKEN – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Oh!)

Was sagt denn Ihr Fraktionsvorsitzender dazu, dass das zugunsten von Vattenfall geht, einem großen Global Player? Damit hat er doch sicher Schwierigkeiten. Natürlich muss man sich das anschauen. Ich habe das heute im Radio gehört. Mir war das in dieser Schärfe nicht bekannt. Insofern kann ich Ihnen jetzt keine konkrete Antwort darauf geben. Ich weiß nur – auch aus den Anhörungen im Landtag –, dass bei den Speichern auch Kosten entstehen. Speicher sind teuer, auch wenn man sie ankauft und überhaupt erst einmal installiert. Insoweit könnte man froh sein, dass man diese Speicher hat.

Ich kann Ihnen dazu jetzt keine feste Meinung sagen. Aber natürlich kommen wir an dem Signal von Kosten und Märkten – das ist auch Kern dieser Debatte – in allen diesen Debatten nicht vorbei. Zurzeit gibt es in der Debattenkultur den Versuch, sich durch eine Nische, in die man hineinrutschen will, von dieser Gesamtbetrachtung der Kostensituation und der Märkte zu entfernen. Insofern muss man das alles zusammenziehen und bei den Kosten diskutieren, und wenn diese Speicher auf Dauer sinnvoll sind, dann werden sie auch ihre Berechtigung in diesen Märkten haben. Wir brauchen nur diese ordentlichen Preissignale, und diese sehen wir zurzeit nicht in der Kurzfristigkeit. Das ist das Problem: dass teilweise langfristige Signale nicht vorhanden und kurzfristige sichtbar sind und entsprechend nur kurzfristig gehandelt wird. Dann macht man natürlich so einen Speicher dicht, wenn er sich nicht rechnet. – Das zur Beantwortung Ihrer Frage.

(Heiterkeit bei den LINKEN – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Hast du jetzt alles verstanden?)

Der entscheidende Faktor bei den Kosten, bei der gesamten Energiewende ist die Zeit, und der Vorwurf an die Konstruktion des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist

letztendlich der Punkt: Es geht zu schnell. Es muss nämlich alles bezahlbar sein, und zurzeit ist die Doppelbelastung der entscheidende Faktor: Wir haben ein Energienetz und bauen das nächste daneben, und das muss parallel hochgefahren werden. Ich möchte darauf hinweisen: Für mich ist das in der Diskussion der wichtige Eckpunkt: Wie gehen wir mit der Zeit um? Wie kann man das Ganze strecken und trotzdem zum Ziel kommen? Zu diesem Zeitfaktor hätte ich gern noch von den Oppositionsparteien Ideen gehört.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr von Breitenbuch war das für die einbringende Fraktion der CDU. – Für die miteinbringende FDP-Fraktion spricht nun Herr Kollege Hauschild.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! In der Debatte ist bisher ein sehr breites Spektrum eröffnet worden. Da ist sehr detailverliebt diskutiert worden, und es ist vieles – nach meiner Meinung und der der Opposition – unrichtig und manches auch unredlich dargestellt worden.

Ich möchte bitte zum Kern der Sache zurückkommen, und der Kern ist meiner Meinung nach, dass wir heute über Geld sprechen, über Wirtschaft. Wir sprechen heute auch über Volkswirtschaft und die katastrophalen Folgen unseres überkandidelten Handelns für die Bürger.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ja!)

Ich möchte nochmals kurz skizzieren: Sie alle kennen sicherlich das Zitat "Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne Wirtschaft ist alles nichts." Was ist passiert? Politiker haben einen Rahmen für ein dauerhaftes Überangebot etabliert, und alle Bürger müssen es zwangsläufig bezahlen. Ich möchte diesen volkswirtschaftlichen Wahnsinn an einem greifbaren Beispiel erläutern, und als Handwerker habe ich mir dafür ein Brötchen ausgesucht.

Wie war es denn bisher? Brötchen waren keine Mangelware. Jeder konnte Brötchen dann kaufen, wann er es wollte. Sie wurden nämlich in Großbäckereien und in großen Handwerksbetrieben produziert, und jeder, der selbst Brötchen produzieren wollte, konnte das tun, konnte es eigenverbrauchen, musste sich aber auch eigenverantwortlich um den Verkauf kümmern. Dann kam der Exzess der Planwirtschaft. Plötzlich gibt es 20 Jahre Preisgarantie und unbegrenzte Abnahmemengen, und der Grund dafür: Die Großbäckereien waren nicht gewollt und die großen Handwerksbetriebe auch nicht. Alle Brötchen werden nun an zentralen Abnahmestellen abgeliefert – welche quasi die Netzbetreiber sind –, und diese sind nun, ähnlich einer Spedition, für den Transport und den Vertrieb verantwortlich – und das, obwohl es keine planbaren Mengen mehr gibt.

Keiner kann sagen, wie hoch morgen die Anzahl der Brötchen sein wird. Keiner kann sagen: Wie viele Lkws brauche ich? Welchen Preis kann ich erzielen? Wer soll sie denn überhaupt nehmen? Die Differenz zwischen dem Ertrag der Abnahmestellen und den Kosten der Preisgarantie zahlen wir über Steuern und Zwangsabgaben, und dadurch, dass es die Preisgarantie gibt, ist auch noch jeder kreditwürdig, sodass jeder noch mehr Backautomaten auf Kredit anschaffen und noch mehr Brötchen auf den Markt werfen kann. Es ist ja überhaupt kein Markt.

Wirtschaftlich ist das für die Brötchenproduzenten auf jeden Fall, volkswirtschaftlich ist es aber katastrophal. Ich denke, das ist auch jedem einleuchtend. Da hilft es auch nicht, wenn man den Großabnehmern, die nun wirklich nichts dafür können – bei Brötchen wären es vielleicht Krankenhäuser –, diese Zusatzkosten mit aufbürdet. Es

hilft auch nichts, wenn man Regularien findet, welche Sorten die zentralen Abnahmestellen vielleicht nehmen sollen, wann, in welchen Mengen und bei welchem Wetter. Ich denke, der Fehler liegt nicht im System, der Fehler ist das System.

(Heiterkeit und Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Deshalb: Schluss mit der Geiselhaft der Wirtschaft und der Bürger in den Fängen der selbst ernannten Gutmenschen, und gerade auch in Richtung von Rot-Grün, die im Bundesrat ganz anders reden als hier: Schluss mit dem Unfug!

(Beifall bei der FDP und der CDU – Stefan Brangs, SPD: Genau! Freiheit für die Brötchen!)

Für die FDP-Fraktion sprach Kollege Hauschild. – Gibt es bei der Fraktion DIE LINKE Redebedarf? – Bitte, Frau Dr. Runge.

(Stefan Brangs, SPD: Was kommt jetzt? Die Marmelade oder was?)

Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es mit folgender Situation zu tun, um es nochmals im Klartext zu sagen:

Erster Punkt. Die Verbraucherzentralen schätzen, dass etwa 600 000 Haushalte in der Bundesrepublik jährlich den Strom abgeschaltet bekommen. Das heißt, die Grundversorgung mit Energie für unsere Bürgerinnen und Bürger wird damit nicht mehr gewährleistet.

Zweiter Punkt. Dass wir alle für Bezahlbarkeit eintreten – ja, das ist natürlich auch eine Forderung der LINKEN. Aber wenn wir schon Solidarität für die energieintensiven Unternehmen einfordern und auch einlösen, dann fordere ich auch Solidarität mit den Ärmsten der Armen in der Republik ein.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Das heißt – da können wir uns drehen und wenden, wie wir wollen –, die Energiewende und der Transformationsprozess werden – und zwar dauerhaft – mehr Geld kosten, sodass wir nicht darum herumkommen: Wir brauchen einen Sozialtarif für einkommensschwache Bürgerinnen und Bürger. Andere Länder haben das bereits im Sinne einer Bonusregelung getan. Einzelunternehmen wie RWE oder die Stadtwerke in München bieten ebenfalls Sozialtarife an. Ich denke, dieser Schritt wird unumgänglich sein.

Dritter Punkt. Wenn hier die Planwirtschaftskonstruktion, Herr Herbst, des Erneuerbare-Energien-Gesetzes kritisiert wird, dann fasse ich mich schon an den Kopf,

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja, genau!)

wenn die FDP das planwirtschaftliche Konstrukt durch ein anderes planwirtschaftliches Quotenmodell ersetzen will.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Unglaublich! – Heiterkeit der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Das ist ja geradezu lachhaft; und noch dazu durch ein Modell,

(Beifall bei den LINKEN der SPD und den GRÜNEN)

das gerade in Polen und England kollabiert ist.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Aber wie!)

Aber wie! Dabei ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz

(Holger Zastrow, FDP: Wir können es ganz abschaffen! Lassen Sie uns das EEG abschaffen!)