Protokoll der Sitzung vom 20.01.2010

Das kann uns aber nicht ausreichen. Dabei wird die Dimension Beteiligung – so das Fazit der Erhebung – leider noch vollkommen unterbelichtet. Das einzige bekanntlich genutzte Instrument ist dabei das der OnlinePetition des Deutschen Bundestages.

Sollen Verwaltungen und öffentliche Foren Agoren für die Meinungsbildung der Bürgerinnen und Bürger einrichten? Kann so das häufig beklagte Beteiligungsdefizit der repräsentativen Demokratie ausgeglichen werden? Das sind Fragen, denen sich der hierfür verantwortlich erklärte IT-Planungsrat sicher kaum stellen wird.

Durch diesen Staatsvertrag werden die Bürgerinnen und Bürger weiter entmündigt statt ermächtigt. Die Verwendung nicht lizenzierter Software mit freiem Quellcode wird durch die Einrichtung des IT-Planungsrats behindert statt ermöglicht. Es besteht weder eine hinreichende demokratische Legitimation des IT-Planungsrats – das hatte ich bereits ausgeführt – und seiner Beschlüsse im Besonderen noch die Gewähr, dass bei dessen Beschlüssen die datenschutzrechtlichen Grundsätze der Zulässigkeit der Datenweitergabe, der Zweckbindung der Datenweitergabe, der Datenvermeidung, der Datensparsamkeit sowie der Transparenz und Datensicherheit gewahrt bleiben.

Weiterhin führt die fehlende Bürgeroffenheit für die damit verbundenen neuen Herausforderungen dazu, dass wir der Ratifizierung dieses Staatsvertrages nicht unsere Zustimmung geben werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Vielen Dank, Frau Bonk. – Für die Fraktion der SPD spricht Frau Abg. Sabine Friedel. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu dem, was vorliegt, ist schon einiges gesagt worden. Wir haben es hier mit einem Staatsvertrag zu tun, der schon von 16 Bundesländern unterzeichnet wurde, von Schwarz-Grün bis Rot-Rot. Deswegen ist die Frage: Wie viel Energie lohnt es, in die Debatte zu stecken?

Wir haben uns im Ausschuss bei dieser Frage enthalten, weil wir bei zwei Punkten Bauchschmerzen hatten. Einerseits geht es um die Frage des Datenschutzes, insbesondere um die Einbeziehung eines Vertreters der Landesdatenschutzbeauftragten; andererseits war es die Frage der Marktstandards.

Wir stellen fest – und ich erlaube mir auf die vorliegenden Anträge einzugehen –, dass beide Fragen mit den Entschließungsanträgen von CDU und FDP einerseits und dem Entschließungsantrag der GRÜNEN andererseits behandelt sind. Wir haben den Eindruck, dass es das ist, was man tun kann, um diesen beiden Bedenken zu begegnen. Insofern werden wir den beiden Anträgen unsere Zustimmung erteilen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Friedel. – Für die Fraktion der FDP spricht jetzt der Abg. Biesok.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Artikel 91c Grundgesetz hat dem Bund und den Ländern die Möglichkeit gegeben, bei der Planung, Errichtung und dem Betrieb informationstechnischer Systeme auf der Grundlage von Verträgen zusammenzuwirken. Diese Möglichkeit ist zu begrüßen. So können die hohen Aufwendungen, die wir für die Entwicklung von IT-Programmen haben, auf mehrere Schultern verteilt werden. Das Gleiche gilt für den Betrieb von IT-Systemen. So können Synergieeffekte realisiert werden.

Der vorliegende Gesetzentwurf dient der Transformation des IT-Vertrages in sächsisches Recht.

Solche projektübergreifenden Verträge und E-Government-Projekte sind grundsätzlich zu begrüßen. Sie dienen der Modernisierung der Verwaltung und damit der Weiterentwicklung unseres Staatswesens. Gerade im ITBereich sind oftmals öffentliche Verwaltungen hinter der Privatwirtschaft zurück. Hier gilt es aufzuholen, ohne dass die öffentlichen Haushalte übermäßig belastet werden.

Eine Vernetzung der IT zwischen den Ländern birgt aber auch Risiken für den Datenschutz. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die durch Artikel 2 des Grundgesetzes geschützt ist, setzt gerade unter den modernen Bedingungen der EDV den Schutz des Einzelnen gegen die unerlaubte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten voraus. Der Einzelne muss selbst entscheiden können, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. Dies gilt insbesondere auch bei der Zusammenarbeit von Behörden des Bundes und von Behörden der Länder untereinander.

Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu ausdrücklich festgestellt, dass eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch ein Recht des Bürgers gegen den

Staat ist, die Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme zu gewährleisten. Mit unserem Entschließungsantrag wollen wir dieses Recht eines jeden Bürgers gegen den Staat noch einmal ausdrücklich unterstreichen.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte darf an den Sitzungen des IT-Planungsrates mit beratender Stimme teilnehmen. Für die Landesdatenschutzbeauftragten fehlt es leider an einer derartigen Regelung. Aus meiner Sicht müssten die Länderinteressen beim Datenschutz gewährleistet werden. Dieses Anliegen wurde in der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder ebenfalls vorgebracht.

In der letzten Sitzung des Rechtsausschusses wurde über dieses Anliegen fraktionsübergreifend diskutiert und dieses begrüßt. Daher haben wir zum Thema Datenschutz den entsprechenden Entschließungsantrag eingebracht, der heute weiter ergänzt wird. Ich hoffe, dass wir einen Konsens finden, um diesen Entschließungsantrag mit großer Mehrheit zu verabschieden.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass die Harmonisierung des Datenaustausches zwischen verschiedenen Behörden und Einrichtungen ein sehr wichtiges Anliegen ist, welches wir alle unterstützen sollten. Selbstverständlich muss bei der Umsetzung dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung angemessen Rechnung getragen werden. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf und selbstverständlich auch zu unserem Entschließungsantrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Das war Herr Abg. Carsten Biesok für die FDP. Möchte BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sprechen?

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Erst zur Entschließung!)

Erst zur Entschließung, jetzt gibt es keinen Redebedarf.

Die Fraktion der NPD hat keinen Redebedarf für die Aussprache angemeldet. Bleibt es dabei? –

(Dr. Johannes Müller, NPD: Ja!)

Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Das ist auch nicht der Fall. Dann frage ich noch einmal die Fraktionen. – Damit ist die Aussprache beendet.

Wir kommen zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zum Vertrag über die Errichtung des IT-Planungsrats und über die Grundlagen der Zusammenarbeit beim Einsatz der Informationstechnologie in den Verwaltungen von Bund und Ländern – Vertrag zur Ausführung von Artikel 91c Grundgesetz. Das ist die Drucksache 5/708, Gesetzentwurf der Staatsregierung. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Verfas

sungs-, Rechts- und Europaausschusses, Drucksache 5/934.

Ich frage zunächst Sie, Herr Lichdi, als Berichterstatter des Ausschusses, ob Sie das Wort wünschen. – Das ist nicht der Fall. Vielen Dank.

Meine Damen und Herren! Es liegt ein Änderungsantrag vor, den Herr Schiemann bereits für die Fraktionen der CDU und der FDP eingebracht hat. Das ist die Drucksache 5/1071. Ich bringe diesen zur Abstimmung. Oder wird hierzu noch einmal das Wort gewünscht? – Nein, das ist nicht der Fall. Ich bitte um die Dafürstimmen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dagegen ist dem Antrag mit Mehrheit entsprochen worden.

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Ich schlage Ihnen die artikelweise Abstimmung vor.

Wir kommen zur Überschrift „Gesetz zum Vertrag über die Errichtung des IT-Planungsrats und über die Grundlagen der Zusammenarbeit beim Einsatz der Informationstechnologie in den Verwaltungen von Bund und Ländern – Vertrag zur Ausführung von Artikel 91c Grundgesetz“, Drucksache 5/708. Ich bitte um die Dafürstimmen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke sehr. Die Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dagegen ist der Überschrift mehrheitlich zugestimmt worden.

Wir kommen zu Artikel 1, Zustimmung zum Vertrag zur Ausführung von Artikel 91c Grundgesetz. Die Dafürstimmen? – Danke sehr. Die Gegenstimmen? – Und die Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dagegen ist dem Artikel 1 mehrheitlich zugestimmt worden.

Wir kommen zu Artikel 2, Inkrafttreten und Bekanntmachungen. Ich bitte um die Dafürstimmen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Die Stimmenthaltungen? – Auch hier wurde bei Stimmen dagegen dem Antrag mehrheitlich zugestimmt.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Schlussabstimmung zum Gesetz. Ich bitte um die Dafürstimmen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Die Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dagegen ist dem Gesetzentwurf mehrheitlich zugestimmt worden.

Meine Damen und Herren! Es liegen uns noch Entschließungsanträge vor, und zwar als Drucksache 5/1064 von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 5/1074 von den Fraktionen CDU und FDP und Drucksache 5/1084 von der NPD.

Ich bitte um Einbringung. Herr Lichdi, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der ITPlanungsrat, dem das Haus gerade zugestimmt hat, ist ein typisches Ergebnis. Wenn sich Ministerialbürokraten zusammensetzen,

(Stefan Brangs, SPD: Was?)

dann kommt genau das heraus. Dann beachten sie selbstverständlich sehr sorgfältig ihre eigenen Interessen. Die Interessen, die vielleicht andere haben könnten, wie zum Beispiel wir oder der normale Bürger, die vergessen sie dann.

Es wurde dankenswerterweise von allen Rednern angesprochen, dass die Frage des Datenschutzes fehlt. Ich bin dankbar, dass wir dazu im Rechtsausschuss auch Einvernehmen erzielen konnten. Warum liegen nun trotzdem hier drei verschiedene Entschließungsanträge vor?

Ich möchte das noch einmal kurz – auch damit es im Protokoll erscheint – darstellen. Ich hatte den Vorschlag unterbreitet, einen interfraktionellen Entschließungsantrag zu machen. Ich war auch der Meinung, dass die Vertreter der Koalition dem zugestimmt hätten. Ich habe dann letzte Woche Kollegen Schiemann angemailt und gefragt: Wie sieht es nun aus mit der Erarbeitung? Daraufhin habe ich keinerlei Reaktion erhalten. Ich habe aber gehört – wie es der Buschfunk halt so sagt –, dass die CDU an einem arbeitet. Deswegen haben wir einen eigenen vorgelegt.

(Zuruf)

Nicht? Sei es drum, wie es war. Es ist ja egal. Herr Schiemann, Sie können sich ja noch einmal dagegen wenden.

Der Entschließungsantrag der Koalition greift wichtige Punkte auf, insbesondere greift er auf, dass die Frage des Datenschutzes fehlt. Er fordert auch ein, dass dieser bei neuen Verhandlungen und bei der Anwendung zu beachten ist. Trotzdem meine ich, dass unser Entschließungsantrag in wichtigen Punkten über den Entschließungsantrag der Koalition hinausgeht, weswegen man ihm zustimmen sollte.

Zum einen fehlt bei Ihnen der Gedanke der Freien und Open Source Software. Das ist, meine ich, die Richtung, in die wir denken müssen. Es ist sicherer, es ist neutraler, es ist in jeder Hinsicht besser. Sie wissen vielleicht, dass meine Fraktion dazu auch eine Große Anfrage eingereicht hat, um eben den Fortgang dazu in der sächsischen Verwaltung zu erfahren. Wir haben den Eindruck, dass da noch nicht der richtige Druck dahinter ist, den es eigentlich bräuchte.