Das sollten Sie sich einmal ins Gedächtnis zurückrufen! Was Sie hier verbreiten, ist ein braun angestrichenes kommunistisches Gedankengut. Das sage ich Ihnen ganz deutlich!
Mindestlohn erfordert auch einen Mindestpreis. Ich weiß nicht, meine Damen und Herren von den LINKEN, wie Sie das realisieren wollen. Herr Zastrow hat das vorhin in seinem Redebeitrag schon gesagt. Dann sind wir nicht weit weg von der staatlichen Plankommission, die Löhne festlegt, die dann auch Preise festlegt.
Ich glaube, wir haben nicht vor, das in Sachsen wieder einzuführen. Das hatten wir 40 Jahre. Das ist uns nicht gut bekommen. Davon sollten wir ein ganzes Stück weggehen.
Aber ich sage auch etwas zu Herrn Jennerjahn: Es wurde hier gesagt, dass 20 Staaten in der Europäischen Union einen Mindestlohn haben. Das ist richtig. Davon haben 16 Staaten einen Mindestlohn von unter 8,50 Euro. Ich nenne Ihnen einige Staaten: Spanien mit 3,89 Euro, Portugal mit 2,92 Euro, und ich nenne noch einen großen Ausrutscher: Selbst Bulgarien hat mit 71 Cent in der Stunde einen Mindestlohn.
Warum haben die denn einen Mindestlohn eingeführt? – Großbritannien nenne ich Ihnen auch: 6,91 Euro mit einer Jugendarbeitslosigkeit von 20,7 %. Das sind die Januardaten von 2013. Frankreich hat einen Mindestlohn von 9,00 Euro mit einer Jugendarbeitslosigkeit von 26,9 %, Luxemburg hat einen Mindestlohn von 10,16 Euro und eine Jugendarbeitslosigkeit von 18,5 %. Ich nenne Ihnen auch die Jugendarbeitslosigkeit von Januar 2013: Die lag in Deutschland bei 8 %!
von Arbeitnehmern durchaus auch im Niedriglohnsektor Arbeit findet. Das sind Studenten, Langzeitarbeitslose, die sogenannten Aufstocker.
Von daher werde ich im zweiten Redebeitrag noch einmal auf das eine oder andere Detail zurückkommen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 2:31 Minuten – im Schnelldurchlauf: Kollege Zastrow, warum kein Mindestlohn unter RotGrün? – Das ist ganz einfach zu beantworten, weil jeder, der sich damit auseinandergesetzt hat, weiß, wo die Ursachen lagen. Es gab Anfang 2000 eine erste Diskussion in den Gewerkschaften über die Frage: Gefährden die Mindestlöhne die Tarifautonomie?
Es gab bis 2005 große Gewerkschaften, die sagten: Wir wollen es über tarifliche Regelungen erzielen, weil wir eine staatliche Flankierung und ein Eingreifen des Staates mit der Tarifautonomie nicht im Einklang sehen. 2005 gab es aber eine Debatte im DGB-Bundesvorstand, angeführt von ver.di und der NGG, genau dort zu überlegen, ob es Sinn macht, doch über Mindestlöhne nachzudenken, weil es eine Entwicklung gab, nämlich dass immer weniger tarifgebundene Unternehmen vorhanden waren, auch bei den Gewerkschaften die Durchsetzungskraft nachließ und gesehen wurde, dass ein Problem auf uns zukommt.
2007 gab es eine Unterschriftensammlung des DGB parallel mit der SPD für Mindestlöhne und in der Debatte dazu eine sehr offen und transparent vorgetragene Auseinandersetzung in der SPD über die Frage: Wollen wir es jetzt oder wollen wir es nicht? Die GRÜNEN haben auch ihren Anteil daran. Sie können nachher selber ausführen, warum sie sich etwas verhalten dazu geäußert haben. Es war eine große Auseinandersetzung mit dem DGB, mit Einzelgewerkschaften, mit der damaligen Bundesregierung über die Frage: Ja oder Nein. Am Ende hat es nicht gereicht, um eine Mehrheit zu finden, die Mindestlöhne einführen wollten. Das ist die Wahrheit, und es ist auch nicht schwierig, das hier darzulegen.
Das heißt, die Debatte ist alt, und wir führen sie nach wie vor – und sie ist richtig. Deshalb führen wir sie auch fort.
Zu dem Thema Tarifautonomie, Kollege Heidan: Um dort fortzusetzen, wird die Zeit wahrscheinlich nicht reichen. Der Vorschlag der CDU sagt, 6,90 Euro als Lohnuntergrenze dort, wo es keine Tarifverträge gibt. Was machen Sie mit 6,90 Euro, die Sie diskutieren, mit meinen Friseuren mit 3,82 Euro? Sagen Sie dann, dort ist ein Tarifvertrag? – Tut mir leid, Ihr müsst weiter 3,82 Euro bekommen. Vielleicht können Sie in Ihrem dritten Redebeitrag Ausführungen dazu machen.
Zum Thema Verlagerung von Arbeitsplätzen durch Mindestlohn: Ich will nur eine Evaluierung anführen, und zwar die des Mindestlohns im Baugewerbe. Dort gab es eine Evaluierung, die eindeutig zu dem Ergebnis kam, dass es keine Verdrängung, sondern eine Bereinigung des Marktes gab, nämlich eine Bereinigung bei denen, die Geschäftsmodelle hatten, die auf Lohndumping gesetzt haben, die versuchten, mit Lohndumping ihr Geschäftsmodell zu betreiben.
Ein Blick in die Niederlande würde uns als Deutsche vielleicht auch einmal ganz gut tun. Dort gibt es seit 1968 Mindestlöhne, die von einer Kommission festgelegt werden. Im Moment sind sie bei 1 400 Euro angelangt. Die kamen einmal von 144 Gulden. Wenn man das bereinigt, sind das ungefähr 250 Euro. Jetzt liegen sie bei 1 400 Euro. Das funktioniert wunderbar.
Wenn mir jetzt einer erzählen will, dass in den Niederlanden Massenarbeitslosigkeit herrscht, habe ich vielleicht etwas verpasst.
Frau Präsidentin! Ich wollte nur meine Rede zu Ende bringen. Herr Heidan, übrigens müssten Sie das Zählen lernen. Es sind 15 Länder, die darunter liegen, und fünf liegen darüber: Luxemburg, Frankreich, Belgien, die Niederlande, Irland – für Sie noch einmal zum Mitschreiben. Sie liegen alle über 8,50 Euro. Dann geht es in die Bereiche unter 8 Euro. Ich habe auch nachgesehen, und ich denke, wir haben die richtigen Zahlen.
Ich wollte noch etwas anderes ansprechen: Warum wollen wir denn einen Mindestlohn für Sachsen haben, welches Zeichen wollen wir in der Gesellschaft setzen, und warum fordern wir Sie auf, es jetzt auf Bundesebene zu unterstützen?
Wir wollen, dass irreguläre und asoziale Bezahlung aus diesem Land verschwindet, dass es menschenwürdige Löhne gibt, von denen man leben kann, dass Selbstachtung bei denen entsteht, die jeden Tag zur Arbeit gehen.
Ja, auch die SPD muss sich diesen Schuh anziehen, ganz klar. Das haben sie auch getan. Die Richtigstellung ist doch erfolgt. Es geht darum, dass wir uns in Europa nicht mit denen vergleichen müssen, deren Wirtschaftsleistung wesentlich geringer ist. Unser Maßstab sind 60 % des Medianeinkommens. Das haben wir zur Berechnungsgrundlage genommen. Das ist für eine sozialpolitische und wirtschaftliche Entwicklung sinnvoll.
Wir stehen nach wie vor auf dem Standpunkt: Die Entwicklung in Deutschland ist getragen von Bildung, Technologie und Hochlohnpolitik. Die hat Deutschland über viele Jahre stark gemacht, hat zu technologischer und wirtschaftlicher Entwicklung geführt und zu einem beträchtlichen Außenwirtschaftsanteil, der manchmal aber nicht mehr ökonomisch gesund ist, weil er die Länder, die unsere Waren importieren, schwächt.
Wir wollen, dass alle in der Gesellschaft mitgenommen werden. Man darf die Diskussion über die Einkommen und die Einkommensverteilung in Deutschland nicht nur in die Richtung führen, wie viel man verdienen und welche untere Grenze es geben muss, damit man am gesellschaftlichen Leben in Deutschland teilnehmen kann, sondern man muss die Diskussion auch in die Richtung führen: Wo begrenzen wir die Einkommen nach oben, um die Einkommensverteilung nicht weiter auseinandergehen zu lassen, wie das im Armutsbericht dargestellt ist, sondern um mehr soziale Gerechtigkeit und eine ökonomisch sinnvollere Einkommensverteilung zu erzeugen, die auch mehr Nachfrage indiziert? Wenn wir einen Mindestlohn von 8,50 Euro durchsetzen würden, wie es die Bundesländer fordern, dann würde das zu einer Mehreinnahme in den Haushalten in Höhe von 14,5 Milliarden Euro führen. Das wären 14,5 Milliarden Euro für die Haushalte, die jetzt noch von einem geringeren Einkommen leben müssen, und 14,5 Milliarden Euro, die dem inländischen Konsum zur Verfügung stehen würden, die der Wirtschaftstätigkeit im Land zugutekommen würden. Es ist auch in Sachsen dringend nötig, den inländischen Verbrauch anzukurbeln und zu steigern.
Herr Zastrow, Sie sagen immer, der Mindestlohn würde Arbeitsplätze vernichten. Es gibt aber nicht nur für das Baugewerbe eine Evaluierung, lieber Stefan, sondern das Bundesministerium hat selbst acht Branchen mit Mindestlöhnen evaluiert. Es hat festgestellt, dass es keine negativen Beschäftigungswirkungen gegeben hat. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Ihnen, Herr Zastrow, würde ich raten: Sagen Sie von der FDP laut und deutlich und immer wieder, dass Sie dagegen sind, gegen die Mehrheit der Gesellschaft. Dann werden wir schauen, ob die Arbeitsplätze oder aber die FDP von der politischen Landkarte verschwinden.
Eine Kurzintervention. Lieber Thomas Kind, dass die Arbeitsplätze verschwinden sollen, das ist keine gute Idee, finde ich.
Ich will noch eines sagen, weil Herr Jennerjahn vorhin genau dasselbe behauptet hat, nämlich dass es am Ende keine negativen Effekte gäbe. Es gibt verschiedene Studien. Jeder kann sich seine Studie greifen. Ob das aber so schlau ist, weiß ich nicht. Ich verweise zum Beispiel auf die Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft, das sagt, wenn es zu einem Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro komme, dann führe dies zu Mindereinnahmen sowohl für die Sozialversicherung als auch für den Fiskus in Höhe von 6,6 Milliarden Euro.
Man kann sich hinstellen und optimistisch sagen, wir machen einen Mindestlohn und das kostet keinen einzigen Arbeitsplatz – so wie Sie das gerade gemacht haben. Wenn wir aber ehrlich sind, dann wissen wir, dass es einen Unterschied gibt. Es gibt einen Unterschied zwischen Bayern und Sachsen. Es gibt einen Unterschied zwischen Dresden und München und es gibt sogar einen Unterschied zwischen Dresden und dem Erzgebirge und der Oberlausitz. Die Löhne in Dresden müssen höher sein als in der Oberlausitz, weil die Lebenshaltungskosten hier andere sind. Genauso müssen die Löhne in München höher als in Dresden sein, weil die Lebenshaltungskosten in München nun einmal höher sind.
Wenn wir über Lohnuntergrenzen sprechen, dann müssen wir auch über den Punkt der Ortsüblichkeit und der ortsüblichen Akzeptanz von Löhnen sprechen. Das Falsche an dem gesamten Konzept ist, dass man behauptet, für ganz Deutschland, egal ob in München oder in Mecklenburg-Vorpommern, soll ein einziger Lohn gelten. Das kann nicht funktionieren. Dafür sind die Unterschiede zu groß.
Wir haben bei den Lebenshaltungskosten in Deutschland einen Unterschied in Höhe von 25 %. Das wissen Sie selbst.