Protokoll der Sitzung vom 14.03.2013

Ja, man muss es sagen, auch die Ökobetriebe sind betroffen. Konzern-Bio oder Industrie-Bio macht keinen Unterschied, und das ist auch keinen Deut besser als konventionelle industrielle Tierhaltung mit vollgestopften Ställen, mit illegal produzierten Eiern und mit federlosen Tieren. Offensichtlich hängen die Haltungsbedingungen von der Betriebsgröße ab, egal, ob konventionell oder Bio.

Meine Damen und Herren! Will die Biobranche wieder Glaubwürdigkeit erlangen, müssen die entsprechenden Verbände schleunigst tätig werden. Wir brauchen Bestandsobergrenzen, damit es zu keiner industriellen BioTierhaltung mehr kommt. Wir brauchen auch ein Verbot der Betriebsteilung. Im Moment ist es erlaubt, dass man innerhalb eines Betriebes sowohl ökologische als auch konventionelle Tierhaltung machen kann. Das heißt, über Nacht können Tausende von Eiern aus Quältierhaltung zu Bio-Eiern werden, ohne dass es eine Möglichkeit der Kontrolle gibt, denn Kontrolleure, die Bio-Betriebe kontrollieren, dürfen nur die Bio-Seite dieses Betriebes kontrollieren und nicht die andere.

Die Redezeit ist abgelaufen, Herr Kollege.

Dann sehen wir uns in der zweiten Runde wieder.

In der zweiten Runde geht es dann weiter. Das war die einbringende Fraktion. Das Wort führte Herr Kollege Weichert. Jetzt ergreift für die CDU-Fraktion Herr Kollege von Breitenbuch das Wort.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn sich Herr Lichdi ausgeräkelt hat, können wir die Debatte fortsetzen.

Liebe Bündnis-GRÜNE! Bei Ihnen piept es wohl? Das Thema der Debatte ist flapsig und wird der Sache nicht gerecht. Es entspricht letztendlich der Folge an Debatten, die Sie, Herr Weichert, hier einbringen, und der Art und

Weise, wie Sie hier dieses Thema immer wieder hineinbringen. Wir wollen sachlich darüber diskutieren und uns den Problemen stellen.

(Beifall bei der CDU)

Lügen der Agrarindustrie – man stellt sich vor, da sitzen dickbäuchige Männer mit Zigarren und kungeln etwas aus. Ihre Vorstellung von einem Kombinat, das geleitet wird: Es ist nicht so. Sie haben eine enorme Vielfalt an landwirtschaftlichen Betrieben, an Unternehmern, die sich langfristig um ihre Dinge sorgen, ob das ihr Eigentum ist, ihr Boden, ob das die Pflanzen sind, die sie zur Ernte bringen wollen, ob das Tiere sind, die sie selbstverständlich so behandeln wollen, dass sie gesund bleiben. Denn was nützt einem ein Tier, das stirbt, das krank ist? Selbstverständlich kümmert man sich dann auch, wenn es krank wird, vielleicht auch mit Medikamenten. Wir wissen alle, wenn wir Antibiotika nehmen, dass es uns auch mehrere Tage schlecht geht. Dass man das einfach als Tiermäster oder im Milchviehstall so macht, diese Bösartigkeit, die Ihren Vorwürfen zu entnehmen ist, kann man nicht allen unterstellen.

Sie spielen dieses Thema entsprechend zum Bundestagswahlkampf. Es passt ja zu der Linie der BundesGRÜNEN. Herr Lichdi, Platz 4 – vielleicht schaffen Sie es ja damit. Wir glauben es natürlich nicht und werden es verhindern, dass der Listenplatz dann auch zieht.

(Protestrufe von den GRÜNEN)

Ich möchte noch einmal auf die Menschen eingehen, die mit Landwirtschaft zu tun haben. Das sind Familienbetriebe, das sind Mitarbeiter, die teilweise in Generationen mit dem Gefühl für Böden, Pflanzen und Tiere mit ihr verwoben sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es spielte früher eine große Rolle bei Arbeitern und Bauern. Gerade in der Landwirtschaft zeigt sich, dass erfolgreiche Betriebe immer von Bauern geführt wurden, mit bäuerlichem Denken, wo um 16 Uhr eben nicht wie im Schichtbetrieb die Sache zu Ende ist, sondern wo man lange arbeitet und sich um die Dinge müht. Das sage ich hier noch einmal ausdrücklich.

Die Landwirtschaft ist ein sehr modernes Geschäft. Technik wird eingesetzt, modernste Technik, satellitengesteuerte Traktoren müssen bedient werden, gute Ausbildung ist nötig, um hier überhaupt im Markt zu bleiben, um für Böden, für Pflanzen und für die Tiergesundheit Gutes zu tun und schließlich zum Ertrag zu kommen und in einem harten Geschäft zu bestehen.

Drumherum besteht ein strenger Raum von Aufsichten und Kontrollen. Hier gibt es viele Dinge zu bestehen, und es gibt Unfug, wo eingegriffen werden muss. Wie in jedem menschlichen Handeln gibt es Fehler, passieren Dinge, die eigentlich nicht vorkommen sollen, ob das der Mais ist, der verpilzt aus Ungarn eingeführt wird, oder andere Dinge. Es ist eine Frage für unsere Gesellschaft und – um das Thema etwas zu heben – wie wir mit

„Nulltoleranzen“ umgehen. Das hat ja damals Frau Künast geprägt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege von Breitenbuch?

Bitte, Frau Dr. Runge.

Danke, Herr Präsident. – Herr von Breitenbuch, Sie unterstellten den GRÜNEN, dass sie die Debatte unter dem Gesichtspunkt von Gut und Böse führen würden. Es gibt gute Landwirte oder böse Landwirte. Sind Sie nicht auch der Meinung, dass das Ganze immer wiederkehrende Thema von Lebensmittelskandalen und Futtermittelskandalen nicht ein strukturelles Problem ist und systemische Ursachen hat, weil nicht hundertprozentig flächendeckend kontrolliert werden kann? Das ist meine Frage. Ich würde mich freuen, wenn Sie vielleicht auf diese strukturellen Ursachen etwas eingehen würden.

Ich war gerade bei diesem Punkt. Es ging um den Umgang mit den Fehlern. Das ist ein grundsätzliches Thema. Es geht um Fehler, die dann natürlich belangt werden. Es geht immer um die Fehler und um das Menschenbild, das dahintersteht. Wie gehen wir damit um?

(Dr. Monika Runge, DIE LINKE: Das sind keine strukturellen Ursachen!)

Ich glaube auch nicht, dass das strukturelle Ursachen sind. Es sind Fehler, die selbstverständlich belangt werden müssen. Sie fordern sofort eine Verschärfung von Gesetzen, Kontrollen usw.

Wir müssen aber einfach akzeptieren, dass in einer komplexen Wirtschaft schon in Europa, aber auch in der Welt selbstverständlich Fehler passieren, der Mensch damit umgehen muss. Dass dann aber die gesamte Branche immer wieder und jeder Einzelne durch das Trommelfeuer hier geht, das gerade die GRÜNEN zurzeit im Bundestagswahlkampf immer wieder auf das Tapet bringen, ist unfair dem Großteil der Bauern gegenüber, die versuchen, jeden Tag ordentlich mit ihrem Geschäft zu arbeiten und gute Produkte an die Märkte und an den Verbraucher zu bringen.

(Beifall bei der CDU)

Hier ist schon die nächste Zwischenfrage. Bitte, Herr Kollege Schmidt.

Vielen Dank. Herr Kollege von Breitenbuch, stimmen Sie mir zu, dass gerade das Erkennen dieser Verstöße ein Zeichen dafür ist, dass unsere Kontrollsysteme funktionieren?

Da stimme ich Ihnen natürlich zu.

(Beifall bei der CDU)

Liebe GRÜNE, Sie tragen Unfrieden ins Land. Sie wollen spalten. Das letzte Mal haben Sie ja eine Debatte um Betriebsstrukturen geführt. Da kommen Sie jetzt nicht weiter. Nun wird das Nächste von Herrn Weichert nachgelegt. Sie sind nicht regierungsfähig, weil hier der Auftrag besteht, zu einer Befriedung zu kommen. Das Thema ist hochkomplex, keine Frage. Deshalb freue ich mich auch, dass wir heute eine vernünftige Debatte hinbekommen. Schließlich zeigt sich dabei mit so einem Nichtbefriedungsanspruch, dass Sie nicht regierungsfähig sind. Das sehen wir hier wie auch für Berlin.

Herr Lichdi – –

Herr Lichdi, Sie haben noch 5 Sekunden. Bitte, Ihre Zwischenfrage.

Vielen Dank. – Herr Kollege von Breitenbuch, stimmen Sie mir zu, dass es im Kern darum geht, das Vertrauen der Verbraucher wieder herzustellen? Wollen Sie allen Ernstes bestreiten, dass durch diese andauernden Skandalketten das Vertrauen der Verbraucher schon im Grunde zerstört ist und dass wir dort ansetzen müssten?

Ich sehe das Vertrauen grundsätzlich nicht zerstört. Diese Einzelfälle erlangen natürlich Aufmerksamkeit; das ist richtig.

In Borna gibt es eine Fleischerei, die sich bewusst auf Pferdefleisch spezialisiert hat. Der Umsatz war noch nie so hoch wie heutzutage, also gerade nach der Diskussion über die Beimischung von Pferdefleisch.

(Stefan Brangs, SPD: Aber wo „Pferdefleisch“ draufsteht, soll auch Pferd drin sein und nicht Hund!)

Die Verbraucher sehen sehr genau hin und nehmen selbstverständlich die Dinge wahr, die in der Öffentlichkeit laufen. Aber das Gesamtvertrauen in unsere Nahrung ist meines Erachtens voll vorhanden.

(Beifall bei der CDU)

Wollen Sie noch einen letzten Satz sagen, Herr von Breitenbuch? Sie haben noch drei Sekunden.

Nein, danke. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die CDU-Fraktion sprach Herr von Breitenbuch. – Frau Kollegin Kagelmann spricht für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Die jüngsten Lebensmittelskandale – falsch deklarierte Eier oder der Pferdefleischskandal – sind eher Verbrauchertäuschungen. Insoweit erhält die oft aufgemachte Forderung der Ver

braucherschützer, Ross und Reiter zu benennen, eine neue, grundsätzliche Bedeutung.

(Stefan Brangs, SPD: Vor allen Dingen Ross!)

Die Ausführungen zum Kontrollsystem überlasse ich gern meinem Kollegen Dr. Pellmann. Aus meiner Sicht als Agrarpolitikerin ist das Kontroll- und Überwachungssystem lediglich Teil der Nachsorge, ein Behandeln von Symptomen, die wir im Zuge der Überwachung festgestellt haben. Die Ursache, das System der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft, wird dabei nur marginal angegriffen.

Wir sind zwar bereits vor zwei Jahren hier im Plenum darauf eingegangen, aber lassen Sie mich noch einmal darauf hinweisen, dass wir heute – an dieser Feststellung kommen wir nicht vorbei – eine Agrarwirtschaft haben, die hocheffektiv und hochspezialisiert produziert und dabei Unmengen an tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln auf einen zunehmend globalisierten Markt wirft. Das ist letztlich die Ursache dafür, dass ein gigantischer nationaler und internationaler Verschiebebahnhof in Gang gesetzt wird. Die Kette von der Produktion zum Konsumenten wird extrem verlängert, viele Verunreinigungsquellen werden dazwischengeschoben. Die Lieferketten werden länger; damit schaffen wir Möglichkeiten für Manipulation, Betrug und Verunreinigung.

(Beifall bei den LINKEN – Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)