Protokoll der Sitzung vom 16.05.2013

Lieber geschätzter Kollege! Können Sie sich vorstellen, dass Tarifverhandlungen so funktionieren, dass da zwei Partner sitzen, die sich am Ende einigen, und dass es nicht so ist, dass die Gewerkschaft sagt, das machen wir so, und die Arbeitgeber unterschreiben?

Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Unsere Tarifautonomie ist auch ein hohes Gut, das

wir hier in der Bundesrepublik Deutschland bereits 60 Jahre praktizieren und das Sie mit Ihrer Diskussion außer Kraft setzen wollen. Genau das kann ich mir vorstellen, Herr Brangs. Vielen herzlichen Dank. Das ist ja gerade Ihre Staatsgläubigkeit.

(Heiterkeit und Protestrufe bei der SPD)

Wir haben eine soziale Marktwirtschaft und wir haben als Politik die Aufgabe, Dinge zu verändern, die nicht in Ordnung sind. Aber der Markt spricht eine andere Sprache. Denn wenn Sie sich hier vorne hinstellen und sagen, wir wollen Mindestlöhne, dann muss es die logische Konsequenz auch sein, dass Sie Mindestpreise brauchen. Das habe ich hier an diesem Rednerpult auch schon gesagt, das habe ich hier an diesem Rednerpult auch schon mehrmals betont.

(Protest des Abg. Martin Dulig, SPD)

Und dann sind wir nicht mehr weit weg davon, was wir vor 23 oder 24 Jahren hier in der DDR gehabt hatten. Das war nun wirklich nicht sehr erfolgreich.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Proteste bei den LINKEN und der SPD)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Selbstverständlich.

Bitte, Frau Kollegin Friedel.

Vielen Dank, Herr Kollege. Ihnen ist ja sicher bekannt oder Sie können sich vorstellen, dass es in vielen Ländern dieser Welt Mindestlöhne gibt – allein 23, von denen wir wissen, in der Europäischen Union, den USA, England usw. Können Sie mir sagen, in welchem dieser Länder Mindestpreise existieren?

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Das ist eine schwierige Frage.

(Stefan Brangs, SPD: Wahrscheinlich Nordkorea! – Lachen bei den LINKEN und der SPD)

Da brauchen Sie gar nicht so amüsiert zu tun. Die Mindestlöhne in den 22, 23 oder 24 Ländern sind völlig unterschiedlich. In Rumänien beträgt er 1,20 Euro, wenn ich richtig informiert bin. In dieser Größenordnung wird man sicher ein anderes Preisniveau haben, als es in anderen Ländern Europas der Fall ist.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Noch einmal nachdenken und setzen!)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Das verlängert nur meine Redezeit, selbstverständlich.

Herr Tischendorf, bitte.

Danke, Herr Präsident. – Herr Heidan, wir wollen ja auch etwas erfahren.

Herr Heidan, da Sie ja so gegen diese Mindestlöhne sind: Können Sie mir ein Land in Europa nennen, das einen Mindestlohn eingeführt hat und in dem es keine Tarifverhandlungen gibt?

Das kann ich Ihnen so nicht sagen. Das ist mir nicht bekannt.

Können Sie sich erklären, warum das so ist? Das ist meine zweite Frage.

Durch gesetzliche Festlegung von Mindestlöhnen ist die Tarifautonomie völlig außer Kraft gesetzt. Das ist ja gerade diese Staatsgläubigkeit, die Sie jeden Tag in Ihrem Programm an den Tag legen. Das ist doch das Problem.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Wenn sich Herr Brangs hier hinstellt und sagt: Wir haben an die Kraft der Tarifparteien geglaubt, dann frage ich: Warum glauben Sie denn heute nicht mehr daran? Warum sind Sie der Hasenfuß, der sich hier vorn hinstellt und sagt: Wir glauben nicht mehr an unsere eigene Kraft, sondern wollen das ausgehebelt haben und schreien deshalb nach staatlichen Lösungen, die hier in diesem Haus oder im Bundestag festgelegt werden. Warum sind Sie denn so ein Hasenfuß, Herr Brangs?

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD – Zurufe der LINKEN und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Vielleicht darf ich noch einmal darum bitten, dass man hier in Ruhe argumentieren kann. Vorhin habe ich gebeten, dass wir den Geräuschpegel für Herrn Kollegen Jennerjahn absenken. Jetzt bitte ich die linke Seite dieses Hauses, dass sie den gerade hier sprechenden Kollegen Heidan zu Wort kommen lässt. Bitte, Kollege Heidan.

Herr Tischendorf, es ist eine Unterstellung, die Sie immer wieder den die Regierung mitragenden Parteien vorwerfen, dass wir gegen Mindestlöhne sind.

Meine Kollege Krauß hat das vorhin in seiner Rede betont, warum wir es so machen, wie wir es machen. Wir waren als CDU/CSU-Fraktion im Bundestag diejenigen, die unterschiedliche Mindestlöhne für Branchen eingeführt haben. Wir haben über zehn Branchen, die heute schon einen höheren Mindestlohn – Herr Dulig, Sie nicken – von über 8,50 Euro haben. Das geht teilweise bis zu 12 Euro. Das sind die richtigen Antworten. Das, was Kollege Krauß in seinem Redebeitrag vorgetragen hat, ist die richtige Antwort auf die Fragen, die sich heute stellen.

Meine Damen und Herren, und da meine ich die GRÜNEN genauso wie die SPD, warum sind Sie von Ihrer Sache nicht so überzeugt, was die Maßnahmen betrifft, die Gerhard Schröder damals mit seiner Agenda 2010 durchgesetzt hat? Warum sind Sie davon nicht überzeugt? Jeder politische Ökonom, jeder Volkswirt in der Bundesrepublik Deutschland, weiß, dass die Entscheidungen zur Agenda 2010 richtig waren.

(Beifall des Abg. Steffen Flath, CDU)

Deswegen sind wir heute so erfolgreich. Deswegen brummt heute unsere Wirtschaft und wir haben nicht die Probleme, die in anderen europäischen Ländern vorliegen, auch wenn Sie das hier an die Wand malen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Ich denke, kein Unternehmer wird einen Job anbieten, der die Lohnkosten nicht erwirtschaftet.

(Karl-Friedrich Zais, DIE LINKE: Was hat das mit Mindestlohn zu tun?)

Da braucht es eine Ausgewogenheit zwischen dem, was angeboten wird, was nachgefragt wird und was letztendlich erforderlich ist.

Herr Herbst, das, was Sie vorhin gesagt haben, bringt es genau auf den Punkt: Sie sind diejenigen, die die nicht richtig Ausgebildeten, die keinen Berufsabschluss haben, außen vor lassen wollen. Das war Ihre Arbeit in den Gewerkschaften. Das muss man Ihnen ankreiden.

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Sie haben diese Leute im Niedriglohnbereich außen vor gelassen und wollen sie jetzt mit Ihrem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro dauerhaft außen vor lassen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die CDU-Fraktion war das Herr Kollege Heidan. Für DIE LINKE spricht jetzt Herr Kollege Zais.

(Stefan Brangs, SPD: Das war schon der Beste!)

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man als Letzter spricht, kann man überlegen: Wie reagiert denn eigentlich die Koalition auf dieses Thema Mindestlohn? Wir sind uns sicher einig, dass wir das so oft hier behandelt haben, dass es nicht viel Neues zu sagen gibt. Sie reagiert eigentlich halsstarrig und verbohrt.

Herr Krauß fängt an und sagt: Eigentlich geht mich das CDA-Mitglied gar nichts an. Ich bin zwar nicht für Hungerlöhne, aber das lassen wir die Wirtschaft entscheiden, die haben die Fachkompetenz. – Dann lassen Sie mich doch hier in Ruhe reden. Sie stehlen mir Lebenszeit. Sie sind inkompetent. Das haben Sie zu sich selbst gesagt.

Der Zweite war Herr Herbst. Ihnen werfe ich vor: Sie sind ein Demagoge. Sie sagen: Es gibt 10 % weniger Aufstocker. Ich sage: Wenn man die Wahrheit nicht ganz sagt, lügt man auch.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Das ist ein demografisches Problem. Haben Sie eigentlich in Ihre Statistik die Rentnerinnen und Rentner aufgenommen, die wegen ihrer minimalen Rente einen Minijob aufnehmen müssen?

(Zuruf des Abg. Torsten Herbst, FDP)