Protokoll der Sitzung vom 19.06.2013

Sachsen hat das mit der erfolgreichen friedlichen Revolution im Herbst 1989 gezeigt. Auch 1989 mussten die Demonstranten fürchten, in Haft genommen zu werden, oder, schlimmer noch, es drohte ihnen ernsthaft Gefahr für Leib und Leben. Aber anders als 1953 gab es 1989 keine Sowjetpanzer, die die SED vor der Macht der Arbeiter und Bauern schützten. Anders als 1953 griffen Panzer nicht ein. Die Revolution konnte gelingen. Heute haben wir die Früchte dieser Revolution. Die Früchte der Freiheitsbewegungen in Ostdeutschland können wir genießen, und wir sind es den damals auf der Straße befindlichen Demonstranten, erst recht aber den Opfern von 1953 schuldig, dass wir uns ihrer bewusst sind und dass wir die Freiheit eben nicht als Selbstverständlichkeit, sondern als hart erkämpftes Glück empfinden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Meine Damen und Herren, die 1. Aktuelle Debatte ist abgeschlossen. Wir kommen nun zu

2. Aktuelle Debatte

Motiviert oder streikend ins neue Schuljahr –

Forderungen der Lehrerinnen und Lehrer erfüllen

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion DIE LINKE das Wort, danach CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht.

Meine Damen und Herren, wir beginnen mit der Aussprache. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Abg. Falken. Frau Falken, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich mit

meinem Redebeitrag beginne, teile ich mit, dass meine Fraktion diese Aktuelle Debatte nicht ohne den Minister der Finanzen, Herrn Unland, und eigentlich auch nicht ohne den Ministerpräsidenten, Herrn Tillich, gestalten möchte. Wir sind der Auffassung, dass es nicht geht, zu diesem Thema nur die Ministerin für Kultus, Frau Kurth, allein auf der Bank sitzen zu lassen; denn ich glaube, sie ist diejenige, die am wenigsten damit zu tun hat.

(Zurufe von der CDU)

Ich beantrage im Namen meiner Fraktion nach § 85 unserer Geschäftsordnung die Herbeirufung des Mitglieds der Staatsregierung Staatsminister Unland.

Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag gehört. Möchte jemand zu diesem Antrag sprechen? – Herr Piwarz, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es sind offensichtlich wieder die üblichen Spielchen, die hier von den LINKEN abgezogen werden.

(Beifall bei der CDU)

Wenn einem in der Themensetzung und in der Führung der Debatten nichts mehr einfällt, dann muss man sich mithilfe solcher Anträge hier behelfen. Die zuständige Ministerin ist im Plenarsaal anwesend. Es wäre vielleicht auch für Sie, Frau Falken, ganz sinnvoll, wenn Sie die Debatte führen, wenn Sie auch die Debatte miteinander aushalten, auch einmal zu warten, was Ihnen die Ministerin zu sagen hat. Dann können Sie sich immer noch darüber beschweren und überlegen, ob Sie möglicherweise den Finanzminister oder gar den Ministerpräsidenten hier hören möchten. Aber schon zu Beginn, ohne dass Sie auch nur ein Wort in der Debatte gesagt haben, hier zu argumentieren, Sie bräuchten die beiden anderen, das halten wir schon für relativ billig.

Wir würden gern die Debatte mit Ihnen führen. Offensichtlich fühlen Sie sich dazu nicht in der Lage.

(Lachen bei den LINKEN)

Wir würden auch gern hören, was die Ministerin dazu sagt. Das wollen Sie offensichtlich nicht. Sie wollen warten, bis andere Herrschaften da sind. Insofern halten wir das für einen ziemlich durchsichtigen Antrag, dem wir selbstverständlich keine Folge leisten werden.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Abg. Herbst.

Auch nach meinem Eindruck zeigt Ihr Verhalten zu Beginn dieser Debatte, dass es Ihnen eigentlich nicht um eine sachliche Diskussion geht, sondern um eine reine Schaufensterdebatte. Dass in dieser Zeit der Ministerpräsident und der Finanzminister aufgrund der Entscheidungen, die in Berlin fallen, Telefonate führen müssen, ist selbstverständlich. Wir hatten heute

eine Regierungserklärung, in der, glaube ich, die Schadensdimensionen, die wir in Sachsen zu bewältigen haben, sehr deutlich geworden sind. Ich finde es ziemlich schoflig, dass Sie in dieser Situation versuchen, Teile der Regierung vorzuführen, die vielleicht gerade mit der Hochwassersituation beschäftigt sind, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Es hat Ihnen freigestanden, diese Debatte mit diesem Titel oder eine andere Aktuelle Debatte zu führen. Sie haben sich für diese Debatte entschieden. Sie wussten, in welchem Zeitraum Sie das tun, und dann müssen Sie auch damit leben, unter welchen Umständen wir heute diese Debatte führen. Das ist die Konsequenz daraus. Alles andere ist unredlich.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Abg. Bartl.

Ich habe das Problem, dass ich die Position von Kollegen Piwarz und Kollegen Herbst nicht nachvollziehen kann. Die Pressemitteilung von gestern zu der Frage, wie die zukünftige Einstufung der Lehrerinnen und Lehrer erfolgen soll, stammt vom Finanz- und vom Innenministerium, nicht von der Kultusministerin. Demzufolge ist es ein wesentlicher Bestandteil der Debatte, dass wir gern den Minister hier hätten, der nach der Kabinettsentscheidung in der Pressekonferenz die Entscheidung vertritt und demzufolge auch am tiefsten in der Substanz steht. Das halte ich nicht für etwas Provokatorisches. Das ist die Handhabung eines ganz normalen Instrumentes, das jedem Parlament zusteht und deshalb in der Geschäftsordnung steht.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr Patt, bitte.

Ich möchte auf Herrn Bartl erwidern: Dienstherr ist die Kultusministerin, und der Finanzminister wickelt über das Landesamt für Finanzen und Steuern den Zahlungsverkehr der Gehälter entsprechend ab.

(Lachen bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Die Argumente sind abgegeben. Ich lasse über den Antrag abstimmen. Wer für den Antrag ist, den bitte ich, das jetzt anzuzeigen. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Vielen Dank. Gibt es Stimmenthaltungen? – Meine Damen und Herren! Bei zahlreichen Stimmen dafür ist es hier vorn dennoch offenkundig, dass der Antrag nicht die erforderliche Mehrheit gefunden hat.

Frau Falken, ich bitte Sie, mit der Aussprache fortzufahren.

Ja. Recht schönen Dank, Herr Präsident. Ich glaube, die Abstimmung zeigt auch sehr deutlich, inwieweit die Kolleginnen und Kollegen aus der CDU und der FDP bereit sind,

(Christian Piwarz, CDU: Jetzt hören Sie doch auf! Fangen Sie erst mal mit der Debatte an! Meine Herren!)

dieses Thema wirklich ernsthaft zu betreiben. Dieses Thema, das wir heute auf die Tagesordnung gesetzt haben, „motiviert oder streikend in das neue Schuljahr zu gehen“, ist wesentlich davon abhängig, welche Entscheidungen im Finanzministerium getroffen werden, und nicht davon, welche Entscheidungen im Kultusministerium getroffen werden. Nach meinem Kenntnisstand ist der Finanzminister sehr stark daran beteiligt, wenn es um Fragen zu Tarifentscheidungen geht.

Ich möchte mit meinem Redebeitrag beginnen und ich hoffe, dass der Finanzminister das wenigstens im Hause hört. Wir hatten zu Beginn dieses Schuljahres, des Schuljahres 2012/2013, zwei große Paukenschläge: Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und die dbbTarifunion, die zum Warnstreik im September 2012 aufgerufen haben. Die Lehrerinnen und Lehrer sind diesem Aufruf gefolgt.

Wir hatten zu Beginn des Schuljahres den Rücktritt des bildungspolitischen Sprechers der CDU, Herrn Colditz. Beide Aktionen waren sichtbare und deutliche Zeichen dafür, dass ein Protest zur Personalpolitik im Freistaat Sachsen gezeigt wurde. Es gab noch mehr derartige Aktionen, aber ich will nur die zwei nennen, weil ich nicht so viel Zeit zum Reden habe.

Es ist uns allen in diesem Hohen Hause bewusst, dass kurzfristig, aber auch langfristig der Personalansatz in unserem Landeshaushalt nicht ausreichen wird, um die Probleme, die wir an sächsischen Schulen haben, zu lösen. Wir werden heute auf den Antrag der SPD noch einmal detailliert eingehen können. Sie haben jetzt die Möglichkeit – deshalb wäre es wichtig, dass der Finanzminister dort sitzen würde –, eine solide Personalpolitik einzuleiten, mit den Gewerkschaften klare Verhältnisse zu benennen und diese klaren Verhältnisse für die Perspektive in Tarifverträgen festzuschreiben und zu verankern. Sie haben aber – namens Herr Unland und Frau Kurth – das Spitzengespräch am 11. Juni zu einem absoluten Eklat werden lassen; einen absoluten Eklat!

Antreten zum Diktat – so sind die Infoblätter der Gewerkschaften an die Lehrerinnen und Lehrer in der Überschrift fixiert. Antreten zum Diktat – so haben sie sich gefühlt. Der Finanzminister hat ein total unakzeptables Angebot vorgelegt, ein Gesamtpaket mit einem kleinen Zeitfenster zur Verfügung gestellt und am besten gleich sofort zum Unterschreiben. Das kam einem Tarifdiktat sehr nahe!

Ich weiß nicht, werte Kolleginnen und Kollegen hier im Hause, ob Ihnen bewusst ist, was dieses Wort „Tarifdiktat“ eigentlich heißt. Wir waren der Auffassung, dass im Freistaat Sachsen insbesondere durch die Staatsregierung

eine solche Variante überhaupt nicht vorstellbar gewesen wäre. In diesem Papier – Sie haben es alle – steht auch drin, dass sich die Gewerkschaften gleich einmal für eine Friedenspflicht verpflichten, und zwar bis zum

31. Dezember 2014 – selbstverständlich nach den Landtagswahlen. Ruhe im Wahlkampf an der Front der Schulen.

Das werden Sie mit diesen Maßnahmen, die Sie eingeleitet haben, auf keinen Fall erreichen. Dann setzen Herr Unland und Frau Kurth auch noch eines oben drauf. Die Presse wird informiert. Es werden die Fraktionsvorsitzenden der CDU und der FDP herbeizitiert, ohne mit den Gewerkschaften auch nur irgendeine Absprache zu treffen, ohne dass die Gewerkschaften, die Tarifgewerkschaften ein schriftliches Angebot in der Hand hatten. Das ist ein Skandal, den Sie hier eindeutig provoziert haben, ein absoluter Skandal!

Es ist aus meiner Sicht – und ich benutze das Wort –

(Zuruf von der CDU: Inflationär!)

beschämend! Es ist beschämend, was sich diese Staatsregierung mit Tarifpartnern, die bereit sind, auf Augenhöhe Verhandlungen zu führen, leistet und durchführt.