Ich gestehe ganz offen: Angesichts der bisherigen Entwicklung bin ich auch zweifelnd geworden, ob diese Selbstverwaltung der Justiz schon zugebilligt werden kann.
Wir fordern eine gleiche Bezahlung für alle Richterinnen und Richter, und wir fordern, dass die Karriere einzelner Staatsanwälte und Richter nicht mehr wie bisher vom Wohlverhalten des Personalreferenten in Ihrem Ministerium abhängt.
Besten Dank, Frau Präsidentin! Ich würde gern vom Mittel der Kurzintervention Gebrauch machen, weil der Kollege Lichdi hier allen Ernstes von friedlichen Platzbesetzungen gesprochen hat. Was verbirgt sich eigentlich hinter diesen friedlichen Platzbesetzungen? Es ist eigentlich jedes Mal so gewesen im Jahr 2010 und im Jahr 2011: Bevor der friedliche Gedenkmarsch ganz zerschlagen wurde, haben irgendwelche etablierten Politiker, auch gerade von den GRÜNEN, legale Demonstrationen angemeldet, zum Beispiel in der Neustadt, rund um den Neustädter Bahnhof. Dann sind vielleicht einige Politiker erschienen, während gleichzeitig, also illegal, sich irgendwelche sogenannten Antifaschisten sich unter großem Gewalteinsatz rechtsfreie Räume erkämpft haben, damit dann die angemeldete und juristisch durchgeklagte Demonstration blockiert wurde. Irgendwann später am Tag, um elf oder zwölf Uhr, haben sich dann noch etablierte Politiker wie Herr Ramelow
Ich frage Sie, Herr Lichdi, ganz ehrlich: Wie würden Sie es finden, wenn irgendwelche Rechten jede Veranstaltung von Ihnen blockieren würden, jede Veranstaltung von Ihnen mit Gewalt angreifen würden, wenn man also ein Selbstermächtigungsdenken zur Norm erklären würde, dass man sagt: Links ist böse, Rechts ist gut, und deswegen zerschlagen wir mal alles Linke mit Gewalt? Wie würden Sie es umgekehrt finden, meine Damen und Herren von der Linksfraktion, wenn wir Ihr Gedenken an Luxemburg und Liebknecht Anfang Januar immer mit Steinwürfen bedecken würden, wenn wir Sie also immer gewalttätig angreifen würden?
Wir respektieren doch auch Ihre historischen Traditionen. Wir respektieren auch Ihren Anspruch auf Gedenken an Ihre Toten, aber das wird uns nie zuteil. Selbst, wenn dann vielleicht mögliche –
– Gewalttäter vor Gericht gebracht werden sollen, dann haben sie natürlich Ihre völlige Rückendeckung. Das ist natürlich mit Rechtsstaatlichkeit auch nicht zu vereinbaren.
Ich möchte zu dem Abg. Lichdi Stellung nehmen. Man braucht nur täglich in seine Mails zu schauen, was einem da so tagtäglich hereinflattert, zum Beispiel von der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus: Kirchliche Initiativen fordern Einstellung des Strafverfahrens gegen Jugendpfarrer König. Dann wird Herr Thierse darin zitiert, dass die Verleihung des Demokratiepreises ein wichtiges Zeichen ist, damit auch weiterhin ein Engagement gegen rechts möglich ist. Genau die Bezugnahme auf das Strafverfahren ist auch keine politische Bewertung, dass man ein solches Verfahren gar nicht erst durchsetzen muss.
Oder schauen wir in einen Brief des Kulturbüros Sachsen – Sie haben mir hier keine Faktenkenntnis vorgeworfen. Es befremdet uns, dass Sie und andere aktive Bürgerinnen und Bürger wegen Landfriedensbruch in besonders schwerem Fall vor Gericht stehen.
Das ist nicht das Befremden, dass ein Pfarrer es so weit gebracht hat, dass ein hinreichender Verdacht gegen ihn besteht und er deshalb vor Gericht steht, sondern dass die Justiz es sich anmaßt, dass ein Pfarrer, der gegen rechts protestiert, vor Gericht steht. Das ist die Intention. Und das ist die gesamte öffentliche Diskussion, gegen die ich mich wende. Ich meine, es ist ein guter Platz in einer
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Ich möchte auf Kollegen Biesok entgegnen: Erstens stelle ich fest, ich bin weder Mitglied der EvangelischLutherischen Landeskirche noch Mitglied der BAG Kirche und Rechtsextremismus. Zum Zweiten finden Sie solche Aussagen von mir nicht. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie vielleicht genauer hinhören, was ich tatsächlich gesagt habe und was ich nicht gesagt habe, anstatt Ihre Klischees und Vorurteile zu bemühen.
Zum Dritten sage ich Ihnen ganz eindeutig: Ich bin stolz darauf, dass sich innerhalb der evangelischen Kirche solche Leute wie die BAG Kirche und Rechtsextremismus befinden und tatsächlich auch hier Gesicht zeigen und da, wo es darauf ankommt, gegen die Nazis aufzutreten, auf der Straße sind. Da habe ich Sie noch nie gesehen.
Frau Friedel, wollten Sie auch eine Kurzintervention halten? – Nein. Dann geht es jetzt weiter in der Reihenfolge der Redner. Herr Abg. Hartmann für die CDU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedaure zutiefst, dass uns die GRÜNEN in diese Form einer Debatte getrieben haben. Aber wenn wir sie führen müssen, dann werden wir sie auch führen.
Aus meiner Sicht und aus Sicht meiner Fraktion gehört dieses Thema eben zum jetzigen Zeitpunkt gerade nicht in die Zuständigkeit der Legislative und die Debatte nicht in dieses Hohe Haus. Ich zitiere an der Stelle Friedrich den Großen: „In den Gerichtshöfen müssen die Gesetze sprechen, und der Souverän muss schweigen.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun erleben wir ja mit dieser Debatte auch eine Sternstunde der Dialektik. Dem einen ist es mehr gegeben, dem anderen weniger. Beeindruckend finde ich schon einige Ausführungen von Herrn Kollegen Lichdi, der die Evangelische Landeskirche zu Sachsen und auch Herrn Polizeipfarrer Werneburg als sehr negative Beispiele darstellt, weil sie angeblich eine Vorverurteilung machen, um gleichzeitig zu formulieren, wie souverän doch die Thüringische Landeskirche bei dem Thema ist, die jegliche Kritik an Pfarrer König von sich weist. Das ist Dialektik, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Kommen wir nun zum Prozess und somit zu den rechtsstaatlichen Fragen. Es gibt einen Anfangsverdacht. Dieser Anfangsverdacht ist die Grundlage für Ermittlungen der Polizei. Die Ermittlungen der Polizei führen im Ergebnis zur Abgabe eines Verfahrens an die Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft bewertet das vorliegende Material und entscheidet dann, ob sie Anklage erhebt. Danach entscheidet das Gericht, ob es die Anklage zulässt.
Das vorliegende Material war ausreichend, um zu bewerten, dass ein Anfangsverdacht vorliegt. Das Verfahren wurde eröffnet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt kommen wir zur Aussetzung des Verfahrens. Ja, offensichtlich ist zusätzliches Material in die Diskussion hineingebracht worden. Es gilt der Grundsatz: Be- und entlastendes Material ist gleichermaßen zu bewerten. Insoweit ist es wichtig, dass das Gericht in einem Verfahren sagt: Wenn über das hinaus, was bisher vorliegt, weiteres Material zur Verfügung steht, ob be- oder entlastend, dann ist das im Verfahren zu berücksichtigen, weil es darum geht, die Unschuld oder die Schuld nachzuweisen, und zwar gleichermaßen. Es geht eben – und auch das ist wieder Dialektik – weder uns noch der Justiz darum, Herrn Pfarrer König schuldig zu sprechen. Es geht aber auch nicht darum, ihn im Vorfeld unschuldig zu sprechen. Es geht darum, sachlich zu bewerten, welche Gründe, welche Fakten vorliegen, um zu einem Ergebnis zu kommen.
Dass nunmehr eine Aussetzung des Verfahrens vorliegt, weil durch die Verteidigung zusätzliches Material in die Diskussion eingebracht worden ist, hat nicht etwa damit zu tun, dass jetzt auf einmal alles infrage gestellt ist, sondern dass dieses Material dafür spricht, dass eine Auswertung so lange dauert – und das wissen Sie, Herr Bartl, genau –, dass die Fristen für eine Unterbrechung nicht mehr gegeben sind und wir deswegen das Verfahren aussetzen und dann grundsätzlich bewerten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daraus ergibt sich noch lange nicht die Feststellung, dass das alles Quatsch gewesen ist, was die Polizei und die Staatsanwaltschaft getan haben. Es ergibt sich vielmehr daraus, dass wir den Sachverhalt bewerten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für uns – und den Grundsatz will ich hier noch einmal klarstellen – ist Pfarrer Lothar König so lange unschuldig, wie kein Gerichtsurteil vorliegt. Ich beteilige mich auch an keiner Spekulation, und das macht auch meine Fraktion nicht. Es ist vielmehr so, dass bei den Ereignissen am
11. Februar 2011 ein Sachverhalt gegeben war, der zu der Ermittlung geführt hat. Bitte lassen Sie uns doch alle miteinander – und das ist ein rechtsstaatliches Prinzip – abwarten, was die Beurteilung des Sachverhalts abschlie
Herr Homann, es ist schon sehr sportlich, der CDU und der FDP vorzuwerfen, dass wir dieses Verfahren beeinflussen, so, als ob wir es bestellt hätten. Das ist schön. Ich bin gespannt, ob Herr Oberstaatsanwalt Schär, Mitglied der LINKEN, sich tatsächlich durch Weisungsdirektive von CDU und FDP beeinflussen lässt, ohne dass wir danach eine richtige Debatte dazu haben.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe der Abg. Henning Homann, SPD, Klaus Bartl, DIE LINKE, und Johannes Lichdi, GRÜNE)
Herr Homann, zu Ihren Vorwürfen: Ja, ich kenne die Aussagen von Herrn Stadtrat Krüger. Ich bitte aber zur Kenntnis zu nehmen, dass es bei uns noch so ist – und das ist der Maßstab einer Volkspartei –, dass Stadtrat Krüger nicht die CDU und lange nicht die FDP ist. Da haben wir ein breiteres Spektrum zu bieten. Ordentliche Verlautbarungen gibt es dazu nicht. Aber Ihre Glückwünsche an Herrn Lothar König, die sächsische Demokratie besiegt zu haben, sind schon sehr sportlich. Das spricht von einem sehr beeindruckenden Selbstverständnis zur Wahrnahme von Demokratie.
Wir stehen zum Grundsatz der Gewaltenteilung. Wir stehen zu den Grundsätzen eines gesellschaftlichen Wertekonsenses. Wir werden es nicht zulassen, dass Sie alles dialektisch verdrehen und behaupten, dass wir ein Verfahren beeinflussen, während Sie den ganzen Tag nichts anderes zu tun haben, als Lothar König in die Öffentlichkeit zu ziehen und ihm damit einen Bärendienst zu erweisen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hartmann, als Friedrich der Große diesen Begriff gebrauchte,