In solch einer Situation könnte so eine Initiative, wie sie die SPD-Fraktion vorlegt, diesen drohenden Streit beispielsweise in Nünchritz, aber auch an anderen Orten tatsächlich vermeiden.
Deswegen möchte ich appellieren, dass Sie vielleicht noch einmal nachdenken, ob diese formale Position, die Sie hier einnehmen, denn tragfähig ist.
Ja, nur ganz kurz. – Herr Lichdi, die zitierten Schreiben liegen mir nicht vor; ich kenne sie nicht. Ich gehe aber davon aus, dass eine Kommune, wenn sie denn ein Baugebiet in einem Gebiet ausweist, das als überschwemmungsgefährdet gilt, das Risiko kennt und es eigentlich bewerten müsste. Wenn das Baugebiet bautechnisch nicht den erforderlichen Auflagen entspricht, dann ist das eigentlich keine Amtshaftung gegenüber dem allgemeinen Steuerzahler, sondern gegenüber dem, der die Genehmigung erteilt hat oder als Bauherr nicht die Einhaltung der Auflagen kontrolliert hat.
In Nünchritz-West betrifft das, soweit ich weiß – darauf bin ich jetzt nicht konkret vorbereitet – circa 50 Grundstücke. Der eine Teil möchte weg.
Das weiß ich nicht. Ich weiß, dass viele für den Hochwasserschutz und für den Deich dort kämpfen; das ist mir bekannt. Man fordert ein, endlich diesen 3 Kilometer langen Deich zu bauen, der circa 7 Millionen Euro kosten und nicht nur die wenigen Einwohner dort schützen wird, sondern auch einen weiteren Ortsteil.
Wenn wir aber 48 Grundstücke absiedeln und woanders wieder aufbauen, dann würde das die 7 Millionen Euro des Deichbaus bei Weitem übersteigen, die Kommune mit den Rückbaukosten circa 40 000 Euro pro Grundstück belasten und, wie gesagt, auch die Versorgungsträger belasten. Ich weiß nicht, ob das wirtschaftlicher ist. Denn in der Antragsbegründung steht, –
– es seien wirtschaftlich sinnvolle Lösungen anzustreben. Ich denke, so einfach, wie Sie es genannt haben, ist das Ganze nicht. Man muss wirklich Für und Wider abwägen. Da kann man auch in Einzelfällen nach der Richtlinie vorgehen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion stellt uns heute mit ihrem Antrag zur Einrichtung eines sächsischen Hochwasserentschädigungsfonds für umzugswillige Hochwasserbetroffene vor einen unlösbaren Gewissenskonflikt.
Zum einen haben die Kolleginnen und Kollegen selbstverständlich recht, dass wir durch vielfältige Zuschriften und Gespräche in den sächsischen Hochwassergebieten Kenntnis davon haben, dass Menschen gewillt sind, ihre Existenz an einem vor Hochwasser geschützten Standort durch Umsiedlung neu aufzubauen.
Auf der anderen Seite wird dem Sächsischen Landtag in Kürze durch die Staatsregierung ein Wiederaufbaubegleitgesetz als Artikelgesetz zugeleitet, von dessen Inhalt auch unsere Fraktion Aussagen zur Finanzierung von Umzügen Betroffener aus Überschwemmungsgebieten erwartet. Schon wegen Letzterem wäre gerade die nachfolgende parlamentarische Befassung mit diesem Gesetz sicher ein guter Anlass gewesen, nicht nur – wie im vorliegenden Antrag geschehen – die Problematik der Umsiedlung aus Überschwemmungsgebieten öffentlichkeitswirksam anzusprechen, sondern diese mit den dazu erforderlichen, auf gesetzlicher Ebene noch zu schaffenden Rechtsinstrumenten einer verlässlichen Lösung zuzuführen.
So mutet der Antrag jetzt etwas übereilt verfasst und ein wenig polemisch an, was dem wirklich drängenden Problem nicht dienlich ist. Daher wird sich unsere Fraktion zu Ihrem Antrag enthalten.
Meine Grundsatzkritik setzt bereits dort an, dass die Gemeinden, die die SPD mit ihrem Antrag in die wasserrechtliche Pflicht nehmen will, nach dem Sächsischen Wassergesetz keinerlei Vorkaufsrechte für Grundstücke in hochwassergefährdeten Gebieten besitzen. Wir alle im Raum ahnen doch jetzt schon, dass keine Gemeinde einer Absiedlung zustimmen wird, wenn damit die Gesamteinwohnerzahl oder die eigene Finanzkraft gesenkt wird. Nach den Vorstellungen der SPD darf die Gemeinde dann im Gegenzug auch den Rückbau finanzieren,
möglicherweise ohne dass sie der eigentliche Verpflichtete ist, der das Hochwasserrisiko von Amts wegen abzusichern, geschweige denn zu begrenzen hat. Hier ist manchmal allein der Freistaat in der Pflicht und für die Hochwasserschutzkonzepte und deren Umsetzung an Gewässern I. Ordnung zuständig.
Ich kann schon verstehen, wenn die Staatsregierung auf die Kleine Anfrage von Frau Kallenbach bezüglich der Umsiedlung der Betroffenen in Lorenzkirch antwortet: „Hochwasserschutzmaßnahmen für Lorenzkirch können aufgrund der Topografie nicht isoliert, sondern im Komplex mit den benachbarten Ortslagen betrachtet werden. Auch bei einer Umsiedlung von Lorenzkirch wäre die vorhandene Deichlinie zum Schutz der benachbarten Ortslagen bis zum Bemessungsgrundwasser erforderlich. Insofern stellt eine Umsiedlung von Lorenzkirch keine Alternative zum technischen Hochwasserschutz dar.“
Wie soll denn eine einzelne Gemeinde befähigt sein, fehlerfrei und fachlich verlässlich einzuschätzen, ob die dann frei werdenden Grundstücksflächen für den Hochwasserschutz genutzt werden können? Das können Gemeinden objektiv nicht leisten.
nen Euro kommen mir erhebliche Zweifel. Frau Windisch sprach es soeben an. Bei Röderau-Süd, egal, ob wir da ein Mediationsverfahren hatten oder nicht, sind allein für die Absiedlung von 150 Eigentümern immerhin rund
40 Millionen Euro entstanden. Angesichts dessen kann man sich ausmalen, dass damit ein Streit um die hier noch deutlich zu tief angesetzten Mittel vorprogrammiert ist. Meines Erachtens würde eine solche Umsiedlung tatsächlich nur für Häuser im ländlichen Raum funktionieren und Sinn machen, an wiederholt vom Hochwasser unmittelbar und stark betroffene Städte wie Grimma oder Dresden dachten Sie sicherlich mit Ihrem Antrag und mit der Umsiedlung nicht.
Ja, es steht drin: ländlicher Raum? – Unter Punkt III Ihres Antrages weisen Sie schlussendlich auf den einzigen Punkt hin, der nach meinem Dafürhalten für eine mögliche Absiedlung relevant ist. Es müssen tatsächlich erst einmal die rechtlichen Voraussetzungen für eine freiwillige Umsiedlung geschaffen werden. Wir brauchen erst Klarheit darüber, welche Lenkungswirkungen durch die Wiederaufbauförderung, gesetzliche und untergesetzliche Regelungen in Sachsen und in anderen Bundesländern gegeben wären, um frühere Überschwemmungsgebiete, die als Rückhalteflächen geeignet sind, so weit wie möglich wiederherzustellen.
Meines Erachtens geht es nur – das sprach ich schon in der Diskussion zum Sächsischen Wassergesetz mehrfach an –, wenn in Sachsen die Verantwortung für Deiche, Talsperren, Rückhaltebecken und Gewässerpflege in einer Hand gebündelt würde.
Das hieße aber, dass die Gewässerunterteilung in Gewässer I. und II. Ordnung aufzuheben wäre. Bisher geht da
leider die Mehrheitsfraktion nicht mit. Infolge dieser Situation sind die Fließgewässerbewirtschaftung sowie der konzeptionelle Hochwasserschutz kleinteilig organisiert, und eine flussgebietsübergreifende Betrachtung wird so nie möglich. Damit ergibt sich auch keine Möglichkeit, neue Überschwemmungsflächen zu erschließen und Hochwasserrückhalt in der Fläche auch in besiedelten Gebieten zu forcieren.
Daher ist auch dieser Antragspunkt, dieser dritte, die vordringlich zu klärende Forderung Ihres Antrages, im rechtlichen Rahmen zu prüfen, um Vorrang möglicherweise für ein Staatsziel Hochwasserschutz zu erlangen. Solange dieser fehlt, werden wir den Betroffenen auch mit Ihrem Antrag leider nicht helfen können.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Der Antrag nimmt nur ein Detail dieser doch sehr komplexen Problematik ins Visier. Deswegen muss ich etwas weiter ausholen.
Die Flut des Juli 2013 war eine große Katastrophe für viele Menschen in Deutschland. Besonders für jene in Sachsen, die wiederholt betroffen waren, stellt diese Flut einen schweren Schicksalsschlag dar. Der Freistaat hat zügig reagiert, um den Menschen zu helfen und die Härten zu mildern. Insgesamt liegen knapp 30 000 Schadensfälle vor, die sich auf einen Sachschaden von 1,9 Milliarden Euro summieren. Bei der kommunalen Infrastruktur kam es zu weiteren Schäden von über einer dreiviertel Milliarde Euro.
Mit den Soforthilfen hat der Freistaat unmittelbar und schnell Geld zur Verfügung gestellt. Dazu zählen die Hilfen für die Menschen vor Ort, für die Unternehmen und für die Landkreise. Bis Mitte Juli wurden für betroffene Wohneigentümer 6,5 Millionen Euro an Soforthilfen gezahlt. Es war der Regierung und dem Parlament wichtig, den Menschen schnell und unbürokratisch zu helfen. Der Freistaat konnte mit den Soforthilfen 19 000 Bürgern und 6 000 Unternehmen Unterstützung geben.
Bereits am 12. Juli hat die Staatsregierung die Richtlinie „Hochwasserschäden 2013“ auf den Weg gebracht. Diese bildet die Grundlage für den Wiederaufbau. Inzwischen ist das Hilfsprogramm „Wiederaufbau“ auch mit dem Bund verhandelt, und in der Richtlinie „Hochwasserschäden“ steht ausreichend Geld in Sachsen zur Verfügung.
Dabei ist der Freistaat bei der Koordinierung des Wiederaufbaus viel schneller als beim Hochwasser im Jahr 2002. Damals hatte es von August bis in das nächste Jahr hinein gedauert. Die Strukturen wurden seit dem letzten Hochwasser wesentlich gestrafft. Wir können diesmal bereits nach wenigen Monaten die Hilfen auszahlen.
Das Wiederaufbauprogramm sieht vor, dass 80 % der Hochwasserschäden ersetzt werden. Dabei ist es nicht notwendig, erneut an der Schadensstelle zu bauen. Es steht den Betroffenen frei, einen anderen Wohnort zu wählen. Beim Wiederaufbau an anderer Stelle wird die Zuwendung anhand des tatsächlich entstandenen Schadens gemessen. Für den langfristigen Schutz vor Hochwasser ist diese Regelung eine wichtige Grundlage. Dadurch wird es den Menschen ermöglicht, an hochwassersicherer Stelle neu zu siedeln. Um einen hundertprozentigen Schadenersatz zu erlangen, können für die restlichen 20 % zinsgünstige oder sogar zinslose Darlehen beantragt werden.
Wichtig ist es, den Bürgern in Zukunft noch stärker die Notwendigkeit der Eigenvorsorge vor Augen zu führen. Die Möglichkeit der Umsiedlung ist eine Option dafür. Natürlich sind für die Umsiedlung weitere Bedingungen zu beachten. Es geht hier vorrangig um die Möglichkeit der Kommunen, überhaupt neues Bauland zur Verfügung zu stellen.
Neben der Eigenvorsorge ist natürlich weiterhin verstärkt für den Hochwasserschutz Sorge zu tragen. Deshalb ist der Freistaat hier auch schon ein ganzes Stück weitergeschritten als der Antrag der SPD.
Am 20. August wurde das Wiederaufbaubegleitgesetz zur Anhörung freigegeben. Mit diesem Wiederaufbaubegleitgesetz werden die Grundlagen geschaffen, um in Zukunft zügig Hochwasserschutzmaßnahmen umzusetzen. Im Verlauf der Ereignisse des Juni 2013 hat sich gezeigt, dass die derzeitigen Verfahrensabläufe doch noch zu langwierig sind.
Das Wiederaufbaubegleitgesetz ergänzt die vielfältigen Maßnahmen des erst kürzlich beschlossenen Wassergesetzes, das bereits einen umfangreichen Katalog an Verfahrenskürzungen vorgelegt hat.
Mit der Straffung der Abläufe im Naturschutz- und Denkmalschutzgesetz werden auch hier weitere Flanken geschlossen.
Das Wiederaufbaubegleitgesetz bietet noch eine weitere wichtige Änderung, die für die eventuellen Umzüge wichtig ist. Mit der Änderung der Gemeindeordnung wird es möglich, dass die Kommunen Grundstücke unter Wert veräußern können. Es wird ihnen damit die Option geschaffen, den Umzugswilligen, sofern natürlich vorhanden, Bauland anzubieten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Freistaat hat in der Not bewiesen, dass er schnell und solidarisch handelt. Tausenden Menschen wurde geholfen. Nicht nur der Staat hat geholfen, sondern auch die Menschen vor Ort haben sich engagiert und sich gegenseitig Halt gegeben. Mit dem Programm für den Wiederaufbau haben wir die Grundlagen geschaffen, die Dörfer und Städte zu sanieren. Wir werden die Infrastruktur wiedererrichten. Die Option, an anderer Stelle wieder zu bauen und trotzdem die Förderung zu erhalten, ist in diesem Programm enthalten. Der Freistaat hat schnell reagiert
und wird auch weiterhin zügig den Menschen helfen, denen, die auch wirklich Hilfe benötigen. Der Antrag indes braucht keine Hilfe, zumindest nicht unsere.