Protokoll der Sitzung vom 19.09.2013

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Gibt es vonseiten der Fraktionen weiteren Redebedarf?

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja, gibt es!)

Ich schaue einmal nach der Reihenfolge. Zuerst Frau Dr. Runge, danach Frau Hermenau.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte meinen ersten Redebeitrag mit dem Thema Abzockbremse beendet, dass die stark gesunkenen Großhandelspreise an der Börse nicht an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben werden.

Nun hat Greenpeace bekanntlich Anträge an die 16 Landeskartellämter gestellt, die marktbeherrschende Stellung, vor allem in den Grundversorgungstarifen, überprüfen zu lassen. Dieser Antrag müsste bei Herrn Morlok eingegangen sein, und ich werde demnächst nachfragen, wie weit er in der Überprüfung und im Vergleich dieser Grundversorgungstarife in Sachsen gekommen ist. Denn ohne Zweifel hat ein Unternehmen nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen eine marktbeherrschende Stellung inne, wenn mindestens 40 % der Kunden von der Lieferung in diesem Bereich abhängig sind. Deshalb muss laut Kartellrecht auch der Vorsteher des Landeskartellamtes von Amts wegen tätig werden – was er bisher immer abgelehnt hat und nun aber auf Antrag von Greenpeace tun sollte. Darauf bin ich sehr gespannt.

Ein weiteres Thema, welches mich umtreibt: Vorhin erwähnte Torsten Herbst kurz, dass Sachsen in der Tat bundesweit die höchsten Netzentgelte hat und Brandenburg die zweithöchsten. Nun ist aber die spannende Frage: Warum ist das so? Es gibt eine interessante Analyse eines wissenschaftlichen Forschungsinstitutes aus Bonn. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass die bundesweit höchsten Netzentgelte in Sachsen und Brandenburg mit dem hohen Anteil des Braunkohlestromes in den Netzen zu tun haben, weil dadurch andere Anlagen – tatsächlich haben wir riesige Überkapazitäten, vor allem in Ostdeutschland – abgeschaltet, abgeregelt werden müssen und vom Netzbetreiber Entschädigungszahlungen bekommen. Diese Entschädigungszahlungen werden über das Netzentgelt auf den Preis umgeschlagen. Es ist doch völlig klar, dass mit dem Ausbau erneuerbarer Energien neue Kapazitäten aufgebaut werden und damit aber der Rückbau der konventionellen Energieerzeugung einhergehen muss,

(Torsten Herbst, FDP: Ja, Windkraftanlagen!)

sonst wird der Plan niemals aufgehen.

(Torsten Herbst, FDP: Sie verwechseln Ursache und Wirkung!)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Sofort. – Das heißt, der Ausbau der erneuerbaren Energien muss endlich auch in Sachsen mit dem Rückbau der Braunkohlenverstromung verbunden werden,

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

ansonsten wird die Energiewende in Sachsen niemals gelingen. – Bitte schön.

Herr Herbst, bitte.

Dass der Netzausbau mit der Braunkohle zusammenhängt, ist etwas unlogisch; denn Braunkohlenverstromung gab es schon immer. Warum muss dann jetzt plötzlich das Netz ausgebaut werden?

Aber was ich Sie fragen möchte: Sind Sie nicht auch der Auffassung, dass Windräder, wenn sie nicht benötigt werden, weil wir Stromüberschüsse haben, wie Sie ausführten, gar nicht erst gebaut werden sollten, weil wir sie dann auch nicht abregeln brauchten, wenn Strom im Überfluss im Netz ist?

(Beifall des Staatsministers Sven Morlok)

Genau, und jetzt sind wir gerade an diesem Punkt, jetzt haben Sie sich nämlich verraten;

(Zurufe von der CDU)

denn Sie wollen in der konventionellen Energiewirtschaft weitermachen. Sie wollen den Umbau des Energiesystems

zu erneuerbaren Energien überhaupt nicht. Jetzt haben Sie sich ertappen lassen.

(Zuruf von der CDU: Na so was!)

Das unterscheidet uns. Sie wollen sozusagen den Status quo weiter forcieren und vorantreiben, und alles andere ist von Übel.

(Torsten Herbst, FDP: Ich will Wettbewerb!)

Wir haben aber die einmalige Chance in Deutschland, den Umbau des Energiesystems auch mit unseren ingenieurwissenschaftlichen bzw. ingenieurtechnischen Möglichkeiten hinzubekommen, was uns langfristig eine stabile, sichere, umweltfreundliche Energieversorgung garantieren wird und Vorbild für viele andere Länder ist.

Gestatten Sie noch eine zweite Zwischenfrage?

Herr Hauschild, bitte.

Frau Dr. Runge, ich muss nachfragen: Vorhin wurde gesagt, dass 70 000 Arbeitsplätze bei den erneuerbaren Energien abgebaut wurden. Ich gehe davon aus, dass es auch die Fotovoltaikanlagenhersteller waren, die dem asiatischen Wettbewerb nicht standgehalten haben. Nun sagen Sie, die Windanlagen sollen gebaut werden, wo man will, und dafür muss die Kohlekraft zurückgebaut werden. Nun haben wir gerade vor wenigen Monaten in Boxberg den modernsten Kohlekraftwerkblock in Europa in Betrieb genommen und es sind Laufzeiten von 40 Jahren implementiert.

Meine Frage lautet: Ist es wirklich Ihr Ziel, dass Windräder gebaut werden sollen, wo man will, und die Laufzeiten von 40 Jahren, die Investitionen in Milliardenhöhe und die Arbeitsplätze, die daran hängen, gerade in strukturschwachen Regionen, alle wegfallen sollen? Woher kommt dann der Ausgleich?

Ich möchte darauf antworten. Natürlich ist die Opposition nicht so bescheuert und sagt, Windkraftanlagen können irgendwo hingebaut werden. Dafür gibt es nach dem Baugesetzbuch klare Regeln,

(Torsten Herbst, FDP: Überall! Deshalb haben wir eine Regelung! – Heiterkeit bei der FDP)

und die Gesetzesinitiative Sachsens und Bayerns wurde zunächst einmal von Bayern im Bundesrat zurückgezogen und auf Eis gelegt. Wir werden einmal sehen, was daraus wird.

Erstens. Es gibt klare Regelungen für den Bau von Windkraftanlagen.

Zweitens. Wer die Energiewende will, der muss selbstverständlich die unterschiedlichen Erzeugungskapazitäten zwischen konventioneller und erneuerbarer Energiewirt

schaft miteinander koordinieren. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit. Ich weiß nicht, welche Schwierigkeiten Sie dabei haben, das miteinander zu denken.

(Mike Hauschild, FDP: Arbeitslose in der Lausitz wollen Sie! – Weitere Zurufe von der FDP)

Herr Heidan, bitte.

Frau Dr. Runge, sind Sie der Meinung, dass bei dem weiteren Ausbau erneuerbarer Energien wie der Windkraft oder der Fotovoltaik das Problem der grundlastfähigen Energieerzeugung dann kein Thema mehr ist?

Die Experten sind sich alle einig, dass von grundlastfähiger Energieerzeugung heute überhaupt nicht mehr zu sprechen ist, weil mit den Speichermöglichkeiten, die kommen werden – zum Beispiel Power to Gas –, die Grundlastversorgung natürlich kein Thema mehr sein wird. Das sagen alle Experten.

(Torsten Herbst, FDP: Das glauben Sie! – Uta Windisch, CDU: Wir haben den Energieerhaltungssatz noch in der Schule gelernt! – Zuruf des Abg. Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU)

Waren Sie zwei Tage auf dem Stadtwerkekongress? Die Reden hätten Sie sich mal anhören sollen. Aber daran nehmen natürlich FDP und CDU nicht teil. Die wissen ja immer schon alles, wie es richtig zu laufen hat.

Kurz und gut: Das Rechtsgutachten von Greenpeace fordert, was DIE LINKE, seitdem die Preisgenehmigungspflicht 2007 abgeschafft wurde, ebenfalls fordert: dass sie für eine gewisse Übergangsperiode wieder eingeführt werden sollte. Das wäre auch gesetzestechnisch mit einer Initiative im Bundesrat zum Energiewirtschaftsgesetz, mit einer Einfügung aus dem ehemaligen § 11 des Energiewirtschaftsgesetzes und der entsprechenden Anpassung der Bundesentgelttarifordnung, ohne Weiteres hinzubekommen; denn eines steht fest: Die Grundversorger haben – das hat dieses Gutachten ebenfalls festgestellt – allein in den letzten drei Jahren ihre Gewinnmargen in den Grundversorgungstarifen um 70 % steigern können.

Bitte zum Ende kommen.

Das trifft vor allem die sozial und einkommensschwachen Bürgerinnen und Bürger, da sie wegen mangelnder Bonität keine Sonderverträge abschließen können. Das heißt also, hier liegt eine existenzielle soziale Frage vor, und wir bedürfen neben der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zugleich einer Reform der Energiegrundversorgung.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Herr Jurk, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Irgendwie, finde ich, sollten wir uns schon einig sein – und sind es vielleicht: Die Energiewende muss bezahlt werden, aber sie muss auch bezahlbar sein. Wir streiten um den Weg, und ich muss sagen: Am Ende ist die Frage zu stellen, welche Konzepte wirklich die Menschen überzeugen und welche tatsächlich funktionieren. Deshalb stelle ich die Frage: Was treibt die Energiepreise? Dabei widmen wir uns hauptsächlich dem Strom. Ich erinnere auch daran, dass 50 % unserer Energie für die Wärmeerzeugung bereitgestellt werden müssen und natürlich auch Kraftstoffe, Treibstoffe für die Mobilität. All das muss man insgesamt sehen.

Dabei werden wir an einem nicht vorbeikommen: Das wird die Diskussion über Einsparung sowie über eine höhere Effizienz bei der Energienutzung sein. Das ist für mich vor die Klammer zu ziehen, bevor wir uns den eigentlichen Preisbestandteilen, beispielsweise des Stromes, widmen.

Damit komme ich zu dem Thema Erzeugung. Dabei haben wir an der Börse tatsächlich sinkende Preise. Ich sehe darin eine kleine Gefahr bei allen, die sagen, ich stimme ein, und meinen, die gesunkenen Preise müssten auch von jenen, die den Strom handeln bzw. ihn an den Verbraucher verkaufen, weitergegeben werden. Das ist richtig. Dazu gibt es Einrichtungen wie das Kartellamt. Dieses könne sich das alles erst einmal anschauen und sehen, ob es Absprachen gibt. Ich denke schon, dies muss man tun.