Protokoll der Sitzung vom 27.11.2013

Darüber sollten wir uns vielleicht noch einmal kurz unterhalten; denn da kann man vielleicht im Land noch die eine oder andere Initiative ergreifen. Wie dem auch sei, das EEG ist in der Tat ein Bundesgesetz. Aber wer ist denn bitte am Drücker, um Ausnahmetatbestände im Bund zu beschließen und zuzulassen? Entschuldigung, ist das die Opposition im Bundesrat oder sind Sie das in der Regierung?

(Alexander Krauß, CDU: Bundesregierung und Bundesrat! – Unruhe)

Also, das hätte ich doch gern noch geklärt. Das können wir gleich besprechen. Wir haben ja gleich noch den FDPVertreter. Wie dem auch sei, wir haben noch genug Redezeit. Wir wollen uns jetzt nicht streiten.

(Unruhe)

Bei den bisherigen Vorschlägen, die Sie vorgelegt haben, kann ich, ehrlich gesagt, keine wirklich großen Würfe erkennen. Was ich ganz interessant finde, ist, dass Herr Karabinski, der gerade nicht da ist, gesagt hat: „Wir sind der Gesetzgeber.“ Es hat jetzt vier Jahre und drei Monate gedauert, bis Sie das erkannt haben. Vielleicht schaffen wir in den letzten neun Monaten noch etwas, damit der Gesetzgeber hier in Sachsen auch noch handeln kann.

Was wir brauchen – das wollte ich jetzt gern auch in Richtung der LINKEN noch einmal anmerken –, sind aus Sicht der SPD-Fraktion intelligente Lösungen, eben nicht nur die plumpen Antworten auf richtige Analysen. Man könnte zum Beispiel Ausnahmetatbestände für Unternehmen, die es nicht wirklich brauchen – wir reden immer

über Bäckereien, über Supermärkte oder Ketten – vielleicht etwas zurückführen. Wir könnten die Befreiung von Netzentgelten auf das erforderliche Maß begrenzen. Wir könnten auch schauen, ob wir weniger Steuerbelastung haben.

(Staatsminister Dr. Jürgen Martens: Ah!)

Aber eben nicht bei der Stromsteuer, sondern bei der Mehrwertsteuer, die mit 19 % immer noch obendrauf kommt. Das ist ein Vorschlag, den wir als sächsische SPD schon diskutiert haben. Wir könnten auch versuchen, dass wir einkommensschwache Haushalte – da bin ich ganz bei Herrn Pellmann, es geht nicht um sozial schwache Haushalte, sondern um einkommensschwache Haushalte – entlasten, indem wir zum Beispiel bei der Grundsicherung, beim Wohngeld, beim BAföG Anpassungen vornehmen.

Aus unserer Sicht ist aber auf jeden Fall interessant, dass wir die Effizienz steigern. Effizienzsteigerung ist, denke ich, das Stichwort. Man kann Energieberatung ausbauen. Das wollen wir auch tun. Man kann genauso versuchen, den Verbrauch zum Beispiel durch effizientere Geräte zu begrenzen. Auch da sind wir sicherlich dabei. PrepaidStromzähler habe ich ebenfalls schon angesprochen.

Alles in allem ist die Energiewende aus unserer Sicht für den Klimaschutz unerlässlich. Langfristig sind die erneuerbaren Energien auch Garant, viel mehr Garant als Hemmnis. Deshalb müssen wir jetzt schauen, wie wir die Bezahlbarkeit von Strom gewährleisten – ich möchte hier auch noch Wärme und Mobilität mit hinzunehmen –, sodass wir eine Energiewende zum Erfolg führen können, ohne Privathaushalte über Gebühr zu belasten.

Was wir nicht brauchen, sind populistische Forderungen, die zu kurz greifen. Was wir aber auch nicht brauchen, sind untätige Staatsregierungen, die sich darüber auch noch freuen. Wir werden uns heute bei Ihrem Antrag auf jeden Fall enthalten. Wir teilen die Intention – die Maßnahmen nicht. Deshalb geht leider nicht mehr. Ich erinnere an den Antrag der GRÜNEN, der im Mai zum gleichen Thema eingebracht wurde. Er war zum Glück, möchte ich sagen, deutlich stärker durchdacht. Deshalb haben wir damals auch zugestimmt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Auf Herrn Panter, der für die SPD-Fraktion sprach, folgt jetzt Kollege Hauschild für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn die beiden vorherigen Redner an der antragseinbringenden Fraktion kein gutes Haar gelassen haben, werden Sie nicht überrascht sein, dass wir eine ähnliche Meinung haben. Trotzdem im Einzelnen:

Sie sagen, der Strompreis ist zu hoch. Darin sind wir uns alle einig. Sie sagen, Sie wollen die Staatsquote daran

trotzdem noch erhöhen. Sie wollen noch mehr staatliche Regulierung. Dabei sind beim Strompreis schon 50 % allein durch den Staat verursacht. Eine Forderung nach einer Senkung dieses 50-%-Anteils ist in Ihrem Antrag nicht zu finden.

Sie sagen, Stromabschaltungen sollen aus sozialen Gründen verboten werden. Dabei wissen Sie selbst, dass es zum Beispiel bei Familien mit kleinen Kindern, mit Babys sehr hohe Hürden gibt, bevor wirklich der Strom abgeschaltet wird.

(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Und trotzdem passiert es!)

Und trotzdem passiert es, wenn zum Beispiel – Sie kennen das wahrscheinlich sehr gut – bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Die Eltern haben dann auch bestimmte Pflichten. Wenn sie das nicht einhalten, wenn sie fahrlässig riskieren, dass das Geld an die Stromanbieter nicht weitergeleitet wird, muss man irgendwann auch einmal die Konsequenzen ziehen. Das ist leider richtig. Aber der Ansatz, dass man einfach das Stromabschalten verbieten soll, stellt die Frage: Warum soll man denn dann etwas bezahlen? Warum soll man beim Tanken, beim Bäcker bezahlen? Warum soll man die Miete bezahlen, wenn man keine Konsequenzen mehr zu befürchten hat?

Sie sagen, die Ausnahmen, die Rabatte, die Befreiungen von der EEG-Umlage sollen abgeschafft werden. Sie wissen selbst, dass das nur einen Cent des gesamten Strompreises ausmacht. Trotzdem sagen Sie, sie soll abgeschafft werden, obwohl bei der Zement-, Stahl- und chemischen Industrie zum Teil 80 % der Gesamtkosten nur Energiekosten sind. Diese wären davon betroffen. Gerade in diesen Bereichen wird die Arbeit auch mit hohen Tariflöhnen entlohnt. Wenn diese Arbeitsplätze wegfallen, haben wir überhaupt nichts davon. Dann werden sogar die gut bezahlten Arbeitsplätze noch abwandern. Ich weiß nicht, wie Sie das mit Ihrer Einstellung vereinbaren können.

Sie wollen den Zuschuss für die Haushaltsgeräte. Als ich das gelesen habe, hatte ich zuerst den Gedanken: 20 % auf alles außer Tiernahrung, weil da auch schon die Umsatzsteuer niedriger ist. Das hat bei „Praktiker“ nicht funktioniert, und es würde auch so nicht funktionieren. Wie kann man so etwas fordern?

Für mich ziehe ich folgendes Fazit: Die Symptome haben Sie erkannt: Der Strom ist zu teuer, er wird jedes Mal teurer; wir müssen hier umdenken. Die Ursache gehen Sie nicht an. Der Staat ist die Hauptursache für die steigenden Strompreise. Der Staat legt fest, welche Steuern, welche Umlagen darauf kommen.

Unsere Forderung – damit man vielleicht auch einmal vorwärtskommt – möchte ich hier noch einmal anführen: Wir brauchen eine grundlegende Erneuerung des EEG. Wir müssen das ganz neu denken. Der Wettbewerb ist die Triebfeder für Innovation. Die richtigen Anreize für diese Innovation sind mit dem aktuellen EEG in keinem Fall zu sehen. Einen Weg dazu hat die Sächsische Staatsregierung

schon aufgezeigt. Das ist das Quotenmodell, das Staatsminister Morlok vorgestellt hat. Richtig ist, dass das die SPD im Bundesrat – dort hat es Sachsen eingebracht – blockiert hat. Es war nicht nur der Bundestag. Der Bundesrat hat genauso die Verantwortung, und da ist die SPD nun einmal mit gefragt, Herr Panter.

Wir wollen den Staat zurückdrängen, die Stromsteuer senken. Man kann auch, wie Sie gesagt haben, Herr Panter, etwas mit der Umsatzsteuer machen. Aber es ist doch sauberer und klarer, wenn man sagt: Stromsteuer ist die Steuer auf den Strom. Lasst uns das doch auf das europäische Mindestmaß herabsenken. Dann haben wir richtig etwas gewonnen. Bevor wir anfangen mit Umsatzsteuer hin und her und da ein Stückchen mehr oder nicht – das ist eine klare Geschichte. Das kann man auch machen. Ich bin einmal gespannt, wie die Große Koalition das anpacken wird oder ob sie auch wieder nur Maulhelden sind.

Das Stabilisierungsentgelt für fluktuierend einspeisende Stromproduzenten haben wir ebenfalls gefordert. Das kann man auch umsetzen. Ich bin einmal gespannt, weil es wahrscheinlich doch etwas länger dauert, wie schon die Koalitionsverhandlungen sehr lange gedauert haben. Deshalb ist unsere Forderung ein Supermoratorium für Anlagen der erneuerbaren Energien, die nicht für den Eigenverbrauch gedacht sind.

Hier, denke ich, haben wir genug Ansätze, wo wir den Strompreis wirklich senken können. Dazu brauchen wir das, was Sie hier geschrieben haben, nicht. Deshalb: Ihr Antrag – nicht mit uns!

(Beifall bei der FDP)

Kollege Hauschild sprach gerade für die FDP-Fraktion. – Für die Fraktion GRÜNE spricht Frau Kollegin Herrmann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut ist, dass wir an dieser Stelle über Energiearmut sprechen. Aber das Allererste, was man zu dem Antrag sagen muss, ist, dass Sie heute nur Strom zum Thema gemacht haben und Mobilität und Wärme bei Ihrem Antrag keine Rolle spielen. Aber beide tragen natürlich genauso dazu bei, dass Familien mit geringem Einkommen in Schwierigkeiten geraten.

Wenn man an steigenden Strompreisen etwas ändern möchte bzw. die Folgen abfedern will, muss man sich erst einmal klarmachen, an welcher Stelle man reagieren kann. Man kann natürlich schauen, warum die Preise steigen und ob es dort Möglichkeiten gibt zu reagieren. Dann kann man schauen, welche Unterstützungsmöglichkeiten es für Menschen mit geringen Einkommen gibt.

Zu den steigenden Preisen: Die haben vielfältigste Ursachen, zum Beispiel die steigende Nachfrage in Schwellenländern oder die oligopolartigen Strukturen im Energiebereich. Es ist aber falsch, diese steigenden Strompreise der Energiewende anzulasten. Denn die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ist seit 2002 um 4 Cent

gestiegen, während der Strompreis um insgesamt 14 Cent je Kilowattstunde gestiegen ist.

Natürlich verschärfen steigende Preise soziale Probleme. Diesem Thema müssen wir uns stellen. Da haben Sie den richtigen Ansatz gebracht, dass sich steigende Preise im Hartz-IV-Regelsatz wiederfinden müssen. Jedoch ist die Frage zu stellen, warum die Preise für Haushaltskunden steigen – auch das ist schon angesprochen worden –: weil an den Kosten der Energiewende die Industrie nur sehr beschränkt beteiligt ist. In Sachsen sind zum Beispiel Vattenfall und Sachsenmilch befreit.

Wir unterstützen deshalb Ihre Forderungen nach einer gerechteren Verteilung der Kosten für die Energiewende zwischen Industriemittelstand und Privathaushalten. Im Gegensatz zu Ihnen sind wir jedoch der Meinung, dass es weiterhin Ausnahmen geben sollte – natürlich mit der Beschränkung auf die Befreiung stromintensiver Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Wehklagen von E.ON und RWE, dass sich mit den derzeitigen Preisen kein Geld verdienen ließe, teilen wir nicht, denn die Gewinnprognosen sehen ganz anders aus.

Die wissenschaftliche Plattform Agora Energiewende hat das Beratungsunternehmen Energy Brainpool beauftragt, diese Frage in der Studie „Zusammenhang von Strombörsen- und Endkundenpreisen“ genauer zu untersuchen. Das zentrale Ergebnis dieser Untersuchung war, dass vor allen Dingen die Grundversorger ihre höheren Erlöse durch die Einspeisung von erneuerbaren Energien nicht an den Endkunden weitergegeben haben.

Die Lösung kann aber gleichzeitig nicht sein, dass der Staat die Strompreise festlegt, so wie Sie das vorschlagen. Hier muss – im Gegenteil – das Kartell durch mehr Wettbewerb aufgebrochen werden. Unsere Meinung ist, dass dann auch die Preise sinken. Deshalb ist die Dezentralisierung ein wichtiger Punkt innerhalb der Energiewende.

Sie haben recht: Die Zahl der Energiesperren steigt, auch wenn die absoluten Zahlen nicht verlässlich vorliegen. Wir sind auch bei Ihnen, dass Strom- und Gassperren insbesondere für schutzbedürftige Menschen wie Kinder, Behinderte, Alte und Pflegebedürftige einschneidende Folgen haben. Deshalb sind wir auch gegen Sperren. Im Gegensatz zu Ihnen sagen wir jedoch, dass wir ein anderes Modell brauchen – der Kollege Panter hat es schon angesprochen –: Prepaidkarten, mit denen man Energie im Voraus kaufen kann. Diese Karten tragen dazu bei, dass man erst einmal eine Übersicht darüber hat, was man verbraucht, und dass man an der einen oder anderen Stelle einsparen kann. Dazu gehört natürlich unbedingt Ihr Vorschlag, eine Energieberatung durchzuführen.

Es gibt schon einige Stadtwerke – Riesa, Freital und Glauchau –, die solche Vorkassezähler einsetzen. Sie haben einen Vorteil davon, ansonsten würden sie sie vermutlich nicht einsetzen. Sie ersparen sich nämlich teure Mahnverfahren und Forderungsausfälle in Größen

ordnungen. Auch der Aufwand für Sperrungen entfällt. Riesa will deshalb dieses System ausbauen. Riesa ist durchaus ein kleineres Stadtwerk. Die Vorteile für die Kundinnen und Kunden liegen auf der Hand: Anstatt in der kalten Wohnung zu sitzen, kann man nach Bedarf das Guthaben aufladen und sparsam damit umgehen, und man bekommt eine direkte Rückmeldung über den Verbrauch.

Energie einsparen ist der nächste Punkt. Sie sagen, dass wir einen Zuschuss zu energieeffizienten Geräten brauchen. Ich weise Sie noch einmal auf unseren Antrag, der vom Herrn Panter schon erwähnt worden ist, vom Juni dieses Jahres hin: Wir schlagen einen Sozialcontractingfonds vor. Aus diesem Fonds könnten dann Zuschüsse entnommen werden, und die Einsparungen würden diesen Fonds rückfinanzieren. Gleichzeitig bestünde die Möglichkeit, daraus auch die Beratung zu Stromsparmaßnahmen in den Haushalten zu finanzieren.

Zwar kann man verschiedene Rechnungen anstellen, jedoch kann der durchschnittliche Stromverbrauch allein durch Installation von Steckdosen, Sparleuchten, Zeitschaltuhren um 215 Kilowattstunden gesenkt werden. Kommt dann noch der Kühlschrank hinzu, sind es 650 Kilowattstunden im Jahr, und das sind bei den heutigen Preisen 200 Euro.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können nicht allen Punkten Ihres Antrags zustimmen. Ich habe die Zustimmung an den verschiedenen Punkten deutlich gemacht. Weil Ihr Antrag aber auch Punkte enthält, denen wir nicht folgen können, werden wir uns insgesamt enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war Frau Herrmann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Für die NPD-Fraktion spricht jetzt Herr Delle.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der derzeitigen Analyse der Folgen der Energiewende erleben wir eine seltene Einigkeit von Opposition und Staatsregierung. Niemand kann das unkoordinierte Handeln der Bundesregierung bei dieser gesamtgesellschaftlichen Herausforderung nachvollziehen. Weder aus marktpolitischer noch aus sozialer und schon gar nicht aus energiepolitischer Sicht ist die Energiewende bisher gelungen.

Das nun vorgelegte 8-Punkte-Maßnahmenpaket der LINKEN richtet den Fokus auf die verursachten sozialen Probleme; denn bisher, meine Damen und Herren, sind es vor allem die privaten Haushalte, die die undurchdachten Konzepte der bundesdeutschen Energiepolitik ausbaden müssen. Die Folge ist ein ständig wachsender Akzeptanzverlust bei den Deutschen, der nicht die Modernisierung der Energiepolitik infrage stellt, sondern deren politische Umsetzung – ein Problem, das selbst die Staatsregierung nun erkannt haben möchte. Die Staatsregierung kann zwar auf einige Vorhaben und abgelieferte Parlamentsanträge verweisen, doch was Sie nicht vorweisen können, sind