Protokoll der Sitzung vom 12.03.2015

Ehrlich gesagt, meiner Meinung nach kann man sich entspannt zurücklehnen; denn wir kennen doch die äußeren und inneren Rahmenbedingungen in dieser Bundesrepublik und auch im Freistaat Sachsen und wissen, was zügige Genehmigungsverfahren in solch einem Braunkohleverfahren sind.

Wir haben seit einem Jahr das Urteil aus Garzweiler. Das sind äußere Zwänge, die uns auferlegt worden sind. Auch wenn man sagt, die Braunkohle ist sozusagen ein Zukunftsträger – das hat Garzweiler gesagt –, so haben die Richter gesagt, dass die Rechte der Betroffenen gestärkt werden. Die Betroffenen können sich bereits jetzt gegen die behördliche Zulassung des Vorhabens rechtlich erwehren. Machen wir uns doch nichts vor: Es liegen die ersten Klagen beim Oberbergamt, und da wird nichts mit „schnell“ werden.

Übrigens haben wir uns mit Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungsbeschleunigung in der letzten Legislaturperiode ständig beschäftigt. Wir haben auch feststellen müssen, dass Gesetze existieren, die eine gewisse Verfahrenstiefe haben. Dabei sind nun mal längere Verfahren vorprogrammiert. Was heißt eigentlich „lange“, wenn wir beim Rahmenbetriebsplan mit 30, 40 Jahren Laufzeit rechnen? Angesichts dessen sind doch Verfahren von zwei, drei, vier Jahren nicht lang. Das sind einfach angemessene Zeiten und die sind meines Erachtens doch vernünftig.

Genau vor dem Hintergrund des Garzweiler Urteils sind Verfahrensbeschleunigungen in dem Sinn, wie Sie es jetzt ansprechen, gar nicht zu erwarten. Deshalb lehne ich persönlich mich zurück. Zudem haben wir in Sachsen und Brandenburg die gleiche Rechtslage bei der Bescheidung der Anträge auf Genehmigung durch die Bergbehörde. Da gilt ja das Wasserhaushaltsgesetz, es sind alle wasserrechtlichen Verfahren mit zu betrachten, und da sind manchmal auch innere Befasstheiten in sächsischer Verantwortung sehr erhellend.

Vor Kurzem habe ich eine Kleine Anfrage gestellt zu den Verwaltungskapazitäten und der Aufgabenverteilung bei hydrogeologischen Aspekten im Rahmenbetriebsplan des Tagebaus Nochten sowie dessen Erweiterung. Wer es gerne nachlesen will: Es ist die Drucksache 6/735. In der Antwort wird auf die Sächsische Wasserzuständigkeitsverordnung verwiesen. Das ist sozusagen eine sächsische Verordnung und damit wird der Verwaltungsweg eben hausgemacht umständlicher als in anderen Bundesländern.

Zum Beispiel ist die Landkreiswasserbehörde im Landratsamt Görlitz zuständig für die Benutzung des Grundwassers, und nur sie allein hat dies fachlich zu bewerten. Dabei geht es um solch spannende Dinge wie die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie oder die Sümpfung von unvorstellbar großen Mengen an Grundwasser.

Meines Erachtens ist das der schwierigste Part im gesamten Genehmigungsverfahren. Vattenfall wird Modelle vorlegen: hydrogeologische Modelle, hydrochemische Modelle. Wir wissen aber ganz genau, dass unsere Behörden diesbezüglich schlecht aufgestellt sind. Sie können manchmal diese Modelle selbst nicht prüfen. Sie haben – darüber haben wir uns schon mehrfach unterhalten – keine Grundwassermessstellen in diesen Gebieten. Sie können also die Wasserstände gar nicht wirklich mit eigenen Messstellen nachvollziehen.

Bei diesem aus meiner Sicht schwierigsten Brocken im gesamten Genehmigungsverfahren hält sich das Umweltministerium mit allen nachgeordneten Fachbehörden einfach heraus. Diese Wasserbenutzungstatbestände

liegen vollkommen bei der Landkreisbehörde.

An dieser Stelle komme ich auf das Ansinnen der Herren Tillich und Woidke zurück. Es ging um versprochene Verfahrensbeschleunigungen. Ehrlich gesagt, mir ist es bis jetzt schleierhaft, wie Sie das rechtssicher umsetzen wollen mit den Zuständen, die bei uns im Land Sachsen das Verfahren eher noch verkomplizieren. Sie bündeln ja noch nicht einmal. Mit nachgeschobenen Sonderbetriebsplänen, die zu bestimmten Dingen jetzt sicherlich kommen werden, werden Sie die bei uns momentan vorhandenen Umstände nicht beschleunigen können. Sie können das gern versprechen, aber zügig wird es einfach nicht werden.

Von daher bin ich gespannt, welche Vorschläge noch kommen werden. Von Herrn Rohwer kam ja jetzt nicht viel. Wenn keine Vorschläge kommen, werde ich gern in der zweiten Runde einen von mir verfassten Brief vortragen, wie Sie vielleicht eine Verwaltungsbeschleunigung erreichen könnten.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Petra Zais, GRÜNE)

Frau Dr. Pinka sprach für die Fraktion DIE LINKE. Jetzt spricht für die SPDFraktion Herr Kollege Vieweg.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Lippold, ich beneide Sie echt um Ihre Weltsicht, ganz ehrlich.

Es ist schön einfach, sich hier vorn hinzustellen und zu sagen: Die Staatsregierung ist von Vattenfall gesteuert. Sie will Unternehmensgewinne maximieren, weitere Ortschaften plattmachen und bis ans Ende aller Tage die böse, dreckige Braunkohle weiter verstromen. Es ist schön einfach, sich hier vorn hinzustellen und zu sagen: Alles Dreckschleudern, Umweltverschmutzung – sofort abschalten! Es ist schön einfach, sich hier vorn hinzustellen, den großen Umweltretter zu spielen und laut „Skandal!“ zu rufen.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Die Welt und auch die Welt in unserer schönen Lausitz sieht etwas komplizierter aus. Das sage ich Ihnen als jemand, dessen halbe Familie in der Lausitz lebt und dort seit Generationen zu Hause ist.

Genau aus der Haltung dieser Regionen heraus habe ich diesen Brief der Ministerpräsidenten Woidke und Tillich gelesen. Der Brief beschreibt eine Region, die wie keine andere in Sachsen in den letzten Jahren und Jahrzehnten von einem Struktur- und Kulturwandel geprägt wurde. Das blenden Sie vollkommen aus, liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Genauso blenden Sie aus, dass in Sachsen mittlerweile eine Koalition aus CDU und SPD regiert. Sagen Sie mal in Ihrer Pressestelle Bescheid: Die FDP ist nicht mehr im Landtag vertreten.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Mittlerweile ist die SPD in der Koalition. Die SPD regiert in Sachsen. Das ist gut für die erneuerbaren Energien, für den Umweltschutz und den Klimawandel bei uns in Sachsen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD – Valentin Lippmann, GRÜNE: Sagen Sie das Ihrem Koalitionspartner!)

Ich frage Sie: Wo liegt Ihre eigene Verantwortung für eine Region mit 500 000 Einwohnern, 40 000 Arbeitsplätzen in der Energieversorgung, mit einem Unternehmen im Besitz des schwedischen Staates für die Bürgerinnen und Bürger in unserem schwedischen Nachbarland? Dazu sage ich Ihnen ganz ehrlich: Sie hatten die Möglichkeit, die Verantwortung wahrzunehmen in Ihren Koalitionsverhandlungen mit der CDU.

(Beifall bei der CDU)

Da hätten Sie etwas tun können für Klimaschutz, Umweltschutz und die Energiewende in Sachsen.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Sie haben gekniffen, Herr Kollege. Sie haben gekniffen und diese Verantwortung nicht wahrgenommen. Da kommen Sie nicht heraus.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Sie lassen jetzt die anderen die Arbeit machen und machen es sich auf der Oppositionsbank bequem.

(Heiterkeit bei der SPD und der CDU – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben eine ganz klare Haltung. Wir übernehmen Verantwortung für Land und Leute. Aus diesem Grund stimmen wir uns ganz eng mit dem größten Energieversorger, mit dem größten Akteur in der Energiewende, mit Vattenfall, ab. Es ist ganz normal, dass man in diesem Abstimmungsprozess – das ist bei uns im Sächsischen Landtag genauso normal wie im Schwedischen Reichstag – etwas schriftlich festhält. Sie hätten an dem Brief mitschreiben können, aber das haben Sie nicht.

(Lachen bei den GRÜNEN)

Sie sind vor dieser Verantwortung weggerannt, Sie haben gekniffen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Wir als Sozialdemokraten stellen uns der Verantwortung für Land und Leute. Aus diesem Grund, lieber Herr Kollege Lippold – wie vielleicht viele von uns –, habe ich für diese Schlaumeierhaltung überhaupt kein Verständnis – null!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Das war Kollege Vieweg für die SPD-Fraktion. Jetzt spricht für die AfD Herr Urban. – Oh, Entschuldigung. Ist das eine Kurzintervention an Mikrofon 4, Herr Kollege? – Bitte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Vieweg, ich möchte darauf hinweisen, dass wir sehr wohl bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, und dass wir sehr intensiv und sehr lange – gerade bezüglich dieser Frage – mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich gesprochen haben. Wir sind genau an dieser Frage, bezüglich derer wir klar Verantwortung übernehmen wollten, nicht zusammengekommen, weil es hier – das wird auch durch diesen Brief und das Verhalten der Staatsregierung deutlich – seitens der CDU keine Bereitschaft gab, auch nur einen Zentimeter auf uns zuzugehen. Auf einer solcher Basis, Herr Vieweg – das wissen Sie und das wissen auch die Sozialdemokraten – kann man keine Koalitionsverhandlungen begründen. Es braucht ein Entgegenkommen, und das hat es hier nicht gegeben – null, keinen Zentimeter. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war eine Kurzintervention vom Kollegen Zschocke. Sie bezog sich auf den vorhergehenden Redebeitrag, und deshalb, Herr Kollege Vieweg, könnten Sie reagieren. – Keine Reaktion. Wir fahren also in der Rednerreihe fort. Jetzt spricht Herr Urban für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich möchte gleich zu Beginn im Namen meiner Fraktion Herrn Ministerpräsidenten Tillich und seinem Brandenburger Amtskollegen, Herr Woidke, für ihr Bemühen, die heimischen Braunkohlekraftwerke zu erhalten, meinen Dank aussprechen.

(Beifall bei der AfD)

Unsere Fraktion ist der Überzeugung, dass die Nutzung der Braunkohle für die Wirtschaft in der Lausitz und in Sachsen unverzichtbar ist. Egal, ob als sogenannte Brückentechnologie hin zu einem Zeitalter mit mehrheitlich erneuerbaren Energien oder auch als langfristige Einrichtung zur Versorgung der sächsischen Haushalte und der sächsischen Industrie mit günstigem und sicherem elektrischem Strom: Die Braunkohleverstromung sichert Arbeitsplätze in einer strukturschwachen Region, und sie mildert die Folgen der begonnenen Energiewende zumindest ein wenig.

Dass die AfD-Fraktion die klimapolitischen Ziele der Regierung mit großer Skepsis betrachtet, ist inzwischen sicherlich bekannt. Wir sind der Überzeugung, dass weder in Sachsen noch in Deutschland insgesamt das Weltklima gerettet wird.

(Beifall bei der AfD)

Trotzdem wurde eine Energiewende auf den Weg gebracht, die den Bürgern, der Wirtschaft und der Industrie riesige Kosten aufbürdet – und die inzwischen zum Risiko für unsere sächsische Energiewirtschaft geworden ist. Es ist äußerst unklar, in welchen Zeiträumen eine Energiewende hin zu erneuerbaren Energien gelingen wird, und es ist beruhigend zu wissen, dass die Regierung alles Erforderliche unternimmt, um die Braunkohle als zuverlässigen und grundlastfähigen Stromlieferanten zu erhalten. Gedankenspiele über einen schnellen Ausstieg aus der Braunkohlenutzung, wie sie hier in den Köpfen einiger Kollegen geistern, sind einerseits klimapolitischer Größenwahn und andererseits – was noch schlimmer ist – unverantwortlich und wirtschaftsschädigend für unser Land.

(Beifall bei der AfD)

Deshalb kann ich für meine Fraktion, die AfD, nur jede Maßnahme begrüßen, die die großen strukturellen Probleme der Lausitz nicht noch verschlimmert. Denn es gibt in der Region keine großen Unternehmen neben der Braunkohleförderung und der Braunkohleverstromung, sodass die jungen und qualifizierten Berufstätigen die Region verlassen müssen und sich die Versorgungsinfrastruktur für die verbleibende Bevölkerung immer mehr ausdünnt, was wiederum dazu führt, dass die Region für Familien, Berufstätige und Wirtschaftsunternehmen

unattraktiv ist. Das ist ein fataler Kreislauf.

Ein Ausstieg aus der Braunkohlenutzung würde diese strukturellen Probleme nicht lösen, er würde sie noch verschlimmern. Dörfer sterben in der Lausitz nicht wegen