Dass dieser Artenrückgang menschliche Ursachen hat, ist Konsens. Ein paar Hauptursachen: etwa die Zerschnei
dung von Lebensräumen bei den größeren Arten. Sie brauchen Mindesthabitate, um sich austauschen und überleben zu können. Verkehrstrassen sind ein Problem. Eine weitere große Ursache ist die Landwirtschaft: die intensive Landwirtschaft, der Austrag von Pestiziden – es ist logisch, es werden Arten getötet, das ist der Zweck –, aber auch die Stickstoffe, die ausgebracht werden, die Eutrophierung von Gewässern. Der Kammmolch oder der Feuersalamander, die darauf ganz empfindlich reagieren, gehen über den Jordan. Das sind aber immer nur Teile dieses großen Wirkgefüges.
Das Problem ist: Es gibt keinen richtigen Trend, der in eine andere Richtung gehen würde. Ich habe es schon gesagt: Wir sind in der Hälfte der Dekade der Biodiversität. Wir haben es auch im Rahmen der Haushaltsverhandlungen bereits angesprochen. Eigentlich sollte etwa bis zum Jahr 2015 ein Biotopverbund in Sachsen geschaffen werden. Dabei sind wir überhaupt nicht vorangekommen. Ich habe gerade gesagt, Lebensräume müssen funktionieren. Wir brauchen Rückzugsräume für bestimmte Arten. Wir brauchen auch die Möglichkeit, dass sie sich woandershin ausbreiten können. Wir müssen tätig werden.
Wir müssen nicht nur mit Schutzgebieten aktiv werden, aber wenn ich das nenne, will ich einmal sagen, wie es dort aussieht. Wir haben schon Rückzugsräume geschaffen, etwa Naturschutzgebiete. In den letzten Jahren sind aber mehr als 20 wieder aufgehoben worden. Das sind 10 % der Fläche. Wir schaffen es also nicht einmal, diese kleinen Rückzugsgebiete zu schützen.
Wald: In der Region Leipzig wurde erst groß aufgeforstet, auch von der „Stiftung Wald für Sachsen“, und hektarweise wurde es gerade wieder gerodet, weil eine eigentlich schon mehrspurig ausgebaute Straße zur Autobahn ausgebaut wird.
Der Kollege Günther hat jetzt gerade die zweite Aktuelle Debatte für die einbringende Fraktion GRÜNE eröffnet. Als Nächstes ergreift für die CDU-Fraktion Herr Kollege Hippold das Wort. Dann folgen DIE LINKE, SPD, AfD und die Staatsregierung, wenn gewünscht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den letzten 540 Millionen Jahren haben in Summe fünfmal gewaltige Artensterben auf unserem Planeten stattgefunden. Ich glaube, die bekannteste Tierart, die einem solchen Artensterben zum Opfer fiel, ist der Dinosaurier.
Lassen Sie mich doch erst einmal ausführen, bevor Sie dazwischenrufen. – Forscher weltweit sehen – und das ist in der Tat bedenklich – die sechste Welle dieses Artensterbens in vollem Gange.
Wir sind uns sicherlich darin einig, dass wir im Freistaat Sachsen ein weltweites Artensterben nicht aufhalten können. Wir können ein solches Artensterben aber sicherlich bremsen und jeder selbst und auch wir als Freistaat können viel dazu beitragen, dass dieses Artensterben nicht in dem Maße weiter voranschreitet. Ich denke, dass wir in den letzten Jahren auf diesem Weg, das Artensterben abzubremsen, schon viel erreicht haben.
Selbstverständlich sind auch im Freistaat Sachsen Arten vom Aussterben bedroht. Es gibt die Rote Liste. Sie wird den meisten von Ihnen bekannt sein. Wenn man einfach einmal beispielhaft ein paar Tierarten benennen will, dann zählen dazu das Bachneunauge, der Steinkauz oder die Mopsfledermaus.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich die Weiße Liste der nicht mehr bedrohten Tierarten durchaus sehen lassen kann. Bei den Tierarten Biber und Wolf oder auch bei der Kleinen Hufeisennase haben wir in den vergangenen Jahren schon mehr oder weniger große Erfolge erzielen bzw. erreichen können. Nichtsdestotrotz dürfen diese Erfolge natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir auch in den nächsten Jahren weitere große Anstrengungen unternehmen müssen, damit sich diese Entwicklung nicht in ihr Gegenteil verkehrt.
Ich denke auch, dass es nicht gut wäre, diese erzielten Erfolge schlechtzureden. Das wäre ein Schlag – das denke ich persönlich und das denken auch wir in den Koalitionsfraktionen – in das Gesicht aller Akteure, die an diesem Erfolg mitgewirkt haben.
Künftig sollten wir darauf achten, dass das Zusammenspiel der Naturschützer, der Naturnutzer und der Behörden weiterhin mehr oder weniger reibungslos und konstruktiv erfolgt. Das ist in den letzten Jahren geschehen. Ich denke, an dieser Stelle ist es gut, dafür einfach einmal Danke zu sagen.
Um vielleicht ein paar Fakten in die Debatte einzubringen. Sachsen hat in den letzten Jahren bereits viel erreicht. Es wurde bereits gesagt, dass wir über einige FFH- und Vogelschutzgebiete verfügen. 15,9 % der Fläche des Freistaates Sachsen – das wissen die wenigsten – steht unter einem Schutzstatus. Gesetzlich gefordert sind 10 %. In den letzten Jahren sind viele Maßnahmen unternommen worden, um zu diesem Ergebnis beizutragen. Unter anderem hat das SMUL im Jahr 2009 das Programm „Biologische Vielfalt“ veröffentlicht. Dieses Programm wurde im Jahr 2013 unter dem Titel „Biologische Vielfalt 2020“ fortgeschrieben. In den eben genannten 15,9 % Schutzfläche sind unter anderem 270 sächsische FFHGebiete und alle 77 Vogelschutzgebiete im Freistaat
Sachsen enthalten. Für jedes Gebiet besteht ein Managementplan für die Nutzung und zur Definition der Pflegemaßnahmen. Bei den Vogelschutzgebieten gibt es darüber hinaus spezielle Leitfäden für die land- und fischereiwirtschaftliche Nutzung.
Außerdem wurden Kernflächen für den landesweiten Biotopverbund ermittelt und eine Liste mit den besonders wichtigen Zielarten erstellt. Dies geschah sehr oft im Rahmen verschiedener Pilotprojekte.
Als weiteres Beispiel für die guten Fortschritte in den letzten Jahren kann auch das sächsische Artdatenhaltungssystem benannt werden. Der Freistaat Sachsen verfügt über eines der deutschlandweit modernsten Artdatenhaltungssysteme.
Bei allen Maßnahmen wurde besonderes Augenmerk auf die Agrarflächen gelegt. 2009 startete ebenso das bekannte Bodenbrüterprojekt. Seitdem hat sich die Population von Rebhuhn, Kiebitz und Feldlerche deutlich verbessert. Weitere Projekte betreffen den Feldhamster, den Weißstorch und den Aal.
Ein weithin bekanntes Programm ist das Wiederansiedlungsprogramm für den atlantischen Lachs. Thomas Schmidt, unser Staatsminister, und ich haben im Frühjahr – es waren auch noch einige andere Abgeordnete dabei – in Chemnitz Lachsbrütlinge in die Chemnitz eingesetzt. – Da die Redezeit abgelaufen ist, würde ich den Rest in der zweiten Rederunde vortragen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da ich heute die erste Rednerin am Pult bin, hätten wir die Debatte vielleicht „Die geschützten Männer“ nennen sollen mit Herrn Ronaldus Pohlus Spezies oder ähnlich.
Es tut mir leid für Ihre Fraktion, dass momentan so wenig Interesse für den Artenschutz vorhanden ist. Vielleicht ist auch der Zeitpunkt heute schlecht gewählt. Es ist wichtig, diesen BfN-Report einmal anzuschauen, auch wenn er nicht so stark auf Sachsen heruntergebrochen ist. Man muss differenzieren und kann unsere Probleme nicht immer herauslesen. Ich habe trotzdem versucht, einzelne Punkte herauszunehmen und sie zu untersetzen.
Es geht zum Beispiel darum: „Schutzgebietssysteme auf Lücken überprüfen und weiterentwickeln“. Retrospektiv muss man feststellen, dass Sachsen dabei nie eine große Vorreiterrolle eingenommen hat. Als wir die ersten Ge
bietsvorschläge hatten, waren die Umweltverbände diejenigen, die darauf drängten, dass wir mehr FFHGebiete in Ansatz bringen. Das hat dazu geführt, dass 9,2 % der Landesfläche mit 270 FFH-Gebieten besetzt sind.
So viel zum Thema Stellenwert des Naturschutzes in Sachsen. Dieser Prozess zieht sich seit Jahren, dass wir quasi immer des äußeren Anlasses bedurften, damit es vorwärts geht in Sachsen.
Herr Hippold hat es angesprochen: Die Managementpläne sind auf keinem guten Stand. Die Schutzgebiete werden zum Teil nicht ordentlich bewirtschaftet. Das zu konstatieren, ist auch kein Thema für die Aktuelle Stunde, sondern das stellen wir schon seit Monaten und Jahren fest. Der Freiwilligkeitsgrundsatz, der in der Bewirtschaftung Einzug gehalten hat, führt dazu, dass die sächsischen Grundschutzverordnungen schlecht umgesetzt werden. Das ist nichts Neues.
„Effektiver Artenschutz profitiert am besten vom Schutz der betreffenden Lebensräume und einer in der Fläche nachhaltigen und naturverträglichen Nutzung.“ Das steht im BfN-Report. Wir brauchen nur einmal schauen, was auf unseren Äckern so alles wächst. 75 % der Flächen werden von drei Arten besetzt, nämlich Weizen, Mais und Raps. Das waren vor vielen Jahren einmal 60 %. Wir haben eine Zunahme dieser Vereinzelung und wissen ganz genau, dass die Biodiversität daran krankt, dass wir solche Pflanzenarten haben, dass die Verschiedenartigkeit der Standorte nicht gewahrt ist und die Bewirtschaftungsmethoden nicht vielfältig genug sind.
Das Biodiversitätsprogramm würde ich auch gern fortschreiben. Ich hatte mir auch gewünscht, dass zum Beispiel die NABU-Mitglieder, wie zum Beispiel der Kollege hinter mir oder Herr Kupfer vor mir, stärker darauf drängen, ein anspruchsvolles Biodiversitätsprogramm in Sachsen aufzulegen.
Ich hätte gerne noch etwas zu Einzelproblemen gesagt, aber mir läuft die Zeit davon. Wir werden bald zur Einzelart Wolf debattieren. Ich glaube, da hat die CDUFraktion etwas anderes vor, wie das Jagdrecht vorsieht.
Frau Dr. Pinka, ist Ihnen bekannt, dass mit der neuen EU-Förderperiode alle Betriebe an einem Greening teilnehmen müssen und 5 % der Fläche mit ökologischen Vorrangflächen ganz anders als in den letzten Jahren bestellt sind? Ist Ihnen das in der Landschaft schon aufgefallen?
auch entsinnen, dass es nicht gerade die Initiative aus Ihren Reihen war, die zu diesem Greening geführt hat,
sondern dass andere Kolleginnen und Kollegen – dazu würde ich mal die GRÜNEN und uns zählen – die Initiative in Brüssel ergriffen haben, damit genau diese zwei Säulen in der Agrarförderung anders ausgerichtet werden.
Noch ganz kurz – wie gesagt, mir läuft die Zeit weg – würde ich etwas zum Artenschutz sagen, der uns auch bei der Elbvertiefung ereilen wird. Ich habe gehört, dass Sie jetzt dafür sind, dass man die Elbe vertiefen kann und einfach nicht daraus lernen will, was weiter stromabwärts mit Flora, Fauna und Habitat passiert ist, nachdem man die Elbe eingetieft hat. Das Wasser wurde weggezogen und in den Auenbereichen hat sich Flora und Fauna verändert. Ich möchte dringend davor warnen, das zu tun. Ich hoffe, Sie gehen noch einmal in sich und wir debattieren noch einmal über dieses Problem des Naturschutzes mit Elbevertiefung und Staustufen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde, dass die Präsenz hier im Plenum – und das hat auch mein Vorredner von den GRÜNEN schon angesprochen – dieser Thematik leider überhaupt nicht angemessen ist. Es wurde bereits erwähnt, dass es hier um nicht mehr und nicht weniger geht als die Grundlage der menschlichen Existenz.