Protokoll der Sitzung vom 08.07.2015

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich die Tagesordnung der 16. Sitzung las, war ich schon ein wenig überrascht über Ihren Antrag, meine Damen und Herren von der AfDFraktion. Zunächst stellten Sie – Frau Dr. Petry, Sie können nichts dafür, Sie waren nicht im Ausschuss – eine Anfrage zum Sachverhalt an das SMK, die am 26.06.2015 – ich denke, hinreichend – in der Ausschusssitzung beantwortet wurde – und heute diese Debatte in diesem Hohen Haus? Ich hoffe, Sie verstehen meine Verwunderung, werde aber trotzdem versuchen, unsere ablehnende Haltung noch einmal zu begründen.

Zunächst zum Sachverhalt; ich komme gleich auf die Beispiele von Frau Dr. Petry zurück. Vorab: Ja, es gibt Verfahren zu Klassenzusammenlegungen in den

10. Klassen, die im Schuljahr 2014/2015 stattfanden und die auch zum neuen Schuljahr 2015/2016 stattfinden werden. Richtig ist, dass nach derzeitigem Planungsstand in Sachsen für insgesamt 52 Schulen – bis auf vier Schulen ausschließlich Oberschulen – eine Klassenzusammenführung geplant ist. Mit Ihren Forderungen nach einem Moratorium greifen Sie in das pädagogische, aber auch in das planerische Gesamtkonzept in staatlichen sächsischen Schulen ein. Ich hoffe, Ihnen ist das bewusst.

(Dr. Stefan Dreher und Uwe Wurlitzer, AfD: Na klar!)

Ob das pädagogisch sinnvoll ist, entscheidet in erster Linie einzig und allein die Schule selbst.

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Ha!)

Frau Staatsministerin Kurth hat im Ausschuss dargelegt, dass in der SBA über 300 Anträgen von Schulleitungen stattgegeben wurde, keine Zusammenlegungen in Klasse 10 durchzuführen. So sieht Eigenverantwortung in sächsischen Schulen eben aus, meine Damen und Herren von der AfD. Sicher sind feste Klassenstrukturen, aus der Ferne gesehen, pädagogisch sinnvoll; aber – das möchte ich auch aus meiner Berufserfahrung reflektieren – gerade wenn es auf Zielgeraden im Bildungsbereich geht, können neue Mitschüler mit neuen, anderen Fragen und Ansichten ebenso den Bildungsprozess positiv begleiten und auf dem Wege zum Abschluss auch sehr dienlich sein.

(Beifall der Abg. Petra Zais, GRÜNE)

Ich möchte mir nicht anmaßen zu behaupten, dass dies immer der Fall sei.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Ja!)

Aber eines ist sicher: Wenn Klassenstrukturen zu klein werden, sind pädagogische Ziele sehr schwer zu errei

chen, und ganz im Ernst: Einen Prinzenunterricht werden und können wir uns auch nicht leisten.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Das ist wenigstens ehrlich!)

Ich werde versuchen, dies mit Zahlen zu untersetzen und Beispiele zu bringen. Ich wiederhole: Solche Zusammenlegungen kommen überwiegend an Oberschulen infrage, da die Schüler des Hauptschulbildungsganges die Schule nach der 9. Klasse verlassen und sich dadurch die Gesamtschülerzahl verringert. Über eine Zusammenlegung brauchen wir natürlich dann nicht zu sprechen, wenn eine oder mehrere reine Hauptschulklassen an der Schule vorhanden sind.

Nach vorliegendem aktuellen Schulgesetz gilt selbstverständlich auch bei Klassenzusammenlegungen die Klassenobergrenze von maximal 28 Schülern. Ihr genanntes Ansinnen, dies in der Schulgesetznovelle zu ändern, ist sehr ehrenrührig; aber ich möchte an dieser Stelle erst einmal den Diskussionsprozess in Vorbereitung zum Schulgesetz abwarten.

Nun zu Ihrem Beispiel, Frau Dr. Petry. Ich hoffe, Sie kennen noch die Übersicht aus der SaxSVS. Sie nannten gerade das Beispiel Kamenz. Ich reflektiere: Kamenz hat eine Klasse mit 24 Schülern und eine mit elf Schülern im Hauptschulgang. Entschuldigung! Neun Schüler gehen jetzt aus dieser Klasse heraus, und es bleiben logischerweise nur noch 26 Schüler übrig.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Das war nicht mein Beispiel!)

Das war nicht Ihr Beispiel? Dann war es bestimmt Radeberg.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Auch nicht!)

Auch nicht? Schade! Ich nahm an, es waren Radeberg und Kamenz, deshalb war ich so in Gedanken versunken.

Okay, dann komme ich zu zwei weiteren Beispielen. Als konkretes Beispiel für das kommende Schuljahr nehmen wir einmal die Oberschule am Stadtrand in Hoyerswerda an. Sie hat derzeit drei 9. Klassen mit insgesamt 49 Schülern. Gut, wir befinden uns im ländlichen Raum mit Besonderheiten; aber, ehrlich gesagt, ist das schon ein ziemlich komfortabler Klassendurchschnitt von 16,3 Schülern. Nun werden die Klassenstrukturen sicher aus pädagogischer Sicht anders geschnitten sein; das brauchen wir nicht zu erwähnen. Aber das sollte in dieser Betrachtung eine untergeordnete Rolle spielen. Am Ende des Schuljahres beenden 13 Schüler ihre schulische Laufbahn mit einem Hauptschulabschluss. So bleiben also noch 36 Schüler übrig.

Nun einmal ganz ehrlich, meine Damen und Herren von der AfD: Wollen Sie hier im Sinne eines verantwortungsbewussten Umgangs mit Lehrerressourcen ernsthaft verlangen, dass es bei drei Klassen mit je zwölf Schülern bleiben soll? Wir sprachen ja bereits von Prinzenunterricht. Ich bin der Meinung, dass bei zwei Klassen mit je

18 Schülern die jungen Menschen, pädagogisch begründbar, auf den Abschluss sehr gut vorbereitet werden können.

Ein zweites Beispiel: Von den vier genannten Gymnasien sind zwei Sportgymnasien betroffen, die selbst nach der Klassenzusammenlegung noch durchschnittliche Klassengrößen von 14 bzw. 17 Schülern haben.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Das sind aber Ausnahmen!)

Ja, das sind auch vertretbare Klassenstärken.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Ja, genau!)

Ich könnte sicherlich noch andere Beispiele bringen,

(Dr. Frauke Petry, AfD: Ich auch!)

wo Hauptschüler komplett aus der Oberschule entlassen werden, um dann ihren Weg in der beruflichen Bildung zu gehen.

Ich fasse zusammen: Klassenzusammenlegungen nach der 9. Klasse gibt es nicht nur in diesem Schuljahr. Sie sind alljährliche Praxis an sächsischen Schulen. Wenn pädagogische oder anderweitige Gründe vorliegen, die gegen eine Klassenzusammenlegung sprechen, kann der Schulleiter bei der SBA einen Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung stellen, und davon wurde und wird Gebrauch gemacht.

Wie Sie sehen, funktionieren die derzeitigen Regelungen und bedürfen keiner Änderung, und bei dem, was wir gerade im Schulgesetz machen werden, lassen wir uns erst einmal überraschen. Aus diesem Grund werden wir, wie bereits am Anfang erwähnt, Ihren Antrag ablehnen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Eine Kurzintervention? – Bitte.

Sehr geehrter Herr Kollege Bienst! Wir haben – das ist völlig richtig – im Ausschuss nachgefragt und uns die Informationen geben lassen, wie Sie es eben sagten. Das war dann auch die Grundlage für den Antrag, den wir gestellt haben.

Für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Falken.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zusammenlegung von Klassen ist ein entscheidender Einschnitt für die Persönlichkeitsentwicklung von Schülerinnen und Schülern. Es sind neu zusammengesetzte Klassen, es sind neue Schüler, die zusammenkommen, und es sind in den meisten Fällen auch neue Lehrer. In der Regel ist es so, dass Schülerinnen und Schüler bei neu zusammengesetzten Klassen bis zu einem halben Jahr brauchen, um sich in die neue Schülergemeinschaft einzugewöhnen. Das ist ein gravierender Einschnitt für das Bildungssystem im

Freistaat Sachsen. Aber, werte Kolleginnen und Kollegen der AfD, Ihr Antrag geht uns nicht weit genug.

(Lachen bei der AfD)

Sie müssen überhaupt nicht darüber lachen. Wir haben neulich sogar darüber diskutiert. Wenn Sie sich nur auf die 10. Klassen in den Mittelschulen und den Gymnasien begrenzen, dann ist Ihr Antrag einfach nicht weit genug gefasst. Wir haben Abgangsklassen in der 4. Klasse, in der Grundschule. Auch dort gibt es Zusammenlegungen im Freistaat Sachsen.

Das ist für uns genauso ein gravierender Einschnitt; ebenso die Zusammenlegung der 6. Klassen an Mittelschulen und Gymnasien. Das ist der Abschluss der Orientierungsstufe. In der 7. Klasse werden die Kinder noch einmal neu „zusammengewürfelt“, und zwar in Hauptschulklassen und in Realschulklassen. Diese Praxis des Zusammenlegens ist für uns keine Praxis, die wir umsetzen können und wollen.

(Dr. Stefan Dreher, AfD, steht am Mikrofon.)

Dazu haben wir eine andere Vorstellung. Gleiches gilt für die Abgangsklassen, die ich gerade benannt habe.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Selbstverständlich.

Herr Dr. Dreher, bitte.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! Frau Kollegin, wenn Sie sagen, unser Antrag gehe nicht weit genug: Warum haben Sie dann nicht einen weitergehenden Änderungsantrag eingebracht?

Wann wir als Fraktion einen Antrag einbringen oder nicht, das überlassen Sie bitte uns.

(Beifall bei den LINKEN)

Das ist unsere Entscheidung. Wir haben entschieden, dass wir keinen Änderungsantrag einbringen, sondern dass wir über Ihren Antrag, die Zusammenlegung von Klassen, gern diskutieren.