Protokoll der Sitzung vom 08.07.2015

Zu Beginn des Jahres 2015 wurde über Nacht die Turnhalle der Meißener Fachhochschule seitens der Landesdirektion in ein kurzfristiges Erstaufnahmelager umfunktioniert, und die Anwohner wurden darüber wenige Stunden zuvor durch einen Flyer im Briefkasten informiert. Sieht so gute Kommunikationspolitik aus, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der AfD)

Als Reaktion auf die Proteste hat der Landrat Steinbach die Meißener Bürger und alle Parteien eingeladen. Anlässlich dieses Kommunikationsversuches waren nicht alle Landtagsparteien, die eingeladen waren, anwesend. Die Staatsregierung versprach damals erneut, dass man die Bürger besser informieren werde und ihre Sorgen ernst nehme.

Grillenburg im Tharandter Wald – wir hatten bereits im Monat März einen relativ kurzfristigen starken Anstieg der Zuweisungszahlen für Sachsen im Bereich des Asyls. Die Staatsregierung hat daraufhin die ehemalige Forstschule interessanterweise zu einer Außenstelle für 80 Asylbewerber und Flüchtlinge ausgebaut. Monatelang geschah dann nichts, die Flüchtlingsstelle wurde nicht belegt – bis plötzlich vor 14 Tagen am Montag Landrat Geißler gegen 16 Uhr darüber informiert worden ist – – Nein, entschuldigen Sie, das ist ein anderer Fall, das ist Freital.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU)

Die Staatsregierung hat sich dann vor drei Wochen entschlossen, die Erstaufnahmeeinrichtung in Grillenburg zu belegen. Kritisch muss man hierbei allerdings anmerken, dass der Bürgerdialog und das Informationsgespräch mit den 120 Anwohnern in Grillenburg erst vier Tage nach der Inbetriebnahme der Erstaufnahmeeinrichtung zustandegekommen sind. So sieht eine Informationspolitik, die ich als positiv bezeichnen würde, nicht aus.

Aber kommen wir nun zum Hotel „Leonardo“ in Freital. Bekanntlich war das „Leonardo“-Hotel im Landkreis Sächsische Schweiz–Osterzgebirge bereits eine Notunterkunft. Die Unterkunft war zeitweise mit bis zu 120 Asylbewerbern und Flüchtlingen belegt. Vor 14 Tagen teilte dann der Landrat anlässlich einer Kreisausschusssitzung im Landratsamt Pirna plötzlich gegen 18 Uhr mit, dass er um 16 Uhr einen Anruf erhalten habe und die Busse zum „Leonardo“ nach Freital bereits auf dem Weg seien. Um das in einen zeitlichen Zusammenhang zu setzen: Am Freitag zuvor hatte der Bundestagsabgeordnete Brähmig gemeinsam mit dem Innenminister, Herrn Lothar de Maizière

(Daniela Kuge, CDU: Thomas!)

Thomas –, eine Informationsveranstaltung in Freital zum Thema Asyl und Flüchtlinge abgehalten. Dort fiel kein einziges Wort davon, dass am kommenden Montag eine Erstaufnahmeeinrichtung eingerichtet werden solle.

Die Redezeit geht zu Ende.

Weiter in der nächsten Runde.

(Beifall bei der AfD)

Das war der Abg. Barth, Fraktion AfD. – Jetzt könnten und wollen die GRÜNEN erneut das Wort ergreifen. Bitte, Frau Kollegin Zais.

Herr Präsident! Man sollte das Wasser trinken und es nicht wegschütten. – So viel zu meinem kleinen Eklat von vorhin.

Kollege Hartmann, leider sind Sie das, was ich von Ihrer zweiten Äußerung erwartet habe, schuldig geblieben, nämlich etwas Konstruktives in Bezug darauf: Wie wollen wir zukünftig das, was Sie im Titel dieser Aktuellen Debatte benannt haben, gemeinsam umsetzen? Ich betone: gemeinsam; denn es ist auch der Wille der GRÜNEN, und ich gehe davon, dass es auch der Wille der LINKEN ist.

Wir haben hier oft zum Ausdruck gebracht, dass wir Bürgerinnen und Bürger einbinden wollen und Hass und Rassismus ablehnen. Wir haben das über eigene Anträge zum Ausdruck gebracht, und, lieber Henning Homann – dort ist er jetzt gerade –: Es reicht eben nicht, sich hier hinzustellen und über die Metaebene zu sprechen. Ich erwarte, dass auch die SPD sich zu den konkreten Dingen hier im Freistaat Sachsen äußert, und ich erinnere an die Wortmeldung der SPD zu unserem Antrag im Januar, als wir gesagt haben: entschlossen und effektiv gegen Rassismus und Diskriminierung vorgehen. Dazu kann man im Protokoll nachlesen, was Henning Homann gesagt hat: dass das nicht nötig sei, dass die Regierungskoalition schon wesentlich weiter sei, als es dieser Antrag der GRÜNEN sozusagen vom Inhalt her atmet, und man werde ab 2016 in Sachsen einen Monitor zum Thema Rassismus machen. Das war ein wenig dünn, und das, was heute seitens der SPD gekommen ist, übrigens auch.

Ich erwarte, dass im Ergebnis der heutigen Aktuellen Debatte endlich ernst gemacht und mit dem Konzept zur Erstaufnahme gehandelt wird. Ein guter erster Schritt wäre – das möchte ich auch ein wenig als Erwartung äußern; dabei würden wir auch gern mitmachen – zum Beispiel die verbindliche Festlegung von Unterbringungsstandards im Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetz.

Ich danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Mit Frau Zais und der Fraktion GRÜNE sind wir am Ende der zweiten Runde angekommen. Nun eröffnet die einbringende CDUFraktion eine dritte Rederunde. Bitte, Herr Kollege Fischer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie werden sich wundern, das war der Geifer, aber ich halte es für notwendig – –

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Das ist so herrlich! – Heiterkeit des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Genau das ist es. – Ich möchte mich natürlich zuerst von den Vorgängen in Freital und Meißen distanzieren. Was dort stattgefunden hat, ist nicht zu tolerieren und wird vom Rechtsstaat zu Recht verfolgt werden.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Fragen Sie mal jemanden in Ihrer CDU-Fraktion!)

Ich möchte aber auf einen weiteren Aspekt der Diskussion hinweisen: die Diskussion in den sogenannten sozialen Netzwerken, auf Facebook, Twitter und anderen Foren. Was man dort erlebt, wenn man die Diskussion versachlichen möchte, sei hier auch einmal gesagt, meine Damen und Herren.

Es gibt Pro-Asyl-Beiträge; ich möchte einen zitieren und das Hohe Haus schon im Vorfeld für den Ton um Entschuldigung bitten: „Falls ihr dank der CDU heute noch nicht ins Müsli gekotzt habt, bitte schön.“ „Und, Fischer, jetzt zurück zu Twitter, bisschen rechtskonservativen Dreck verbreiten, wie Sie es den ganzen Tag auch tun!“ – Das ist das erste Zitat eines Pro-Asyl-Anhängers. Ich möchte Ihnen nicht verschweigen, dass es auch KontraAsyl-Anhänger gibt, wie diesen: „Wie kotzehohl sind Sie, Herr Fischer? Machen Sie das Märchenbuch zu. Das, was hier rumrennt, kommt weder aus ‘nem Kriegsgebiet noch aus verfolgten Familien. Aber quatscht ruhig weiter, ihr Verräter!“ – So ist der Ton in sozialen Netzwerken. So kommt er uns jeden Tag auf die Bildschirme.

Meine Damen und Herren, wir erleben seit Wochen, dass Bürger eingeteilt werden sollen in Gut- und Schlechtmeinende, in Gute und Nazis. Wir erleben, dass teilweise einseitig und tendenziös Bericht erstattet wird, ohne auch nur im entferntesten Sinne zu recherchieren. Wir erleben Vor-Ort-Aktionen ohne wirkliches Angehen der Probleme

und ohne Nachhaltigkeit seitens einiger linker Parteien, und wir erleben – das bedaure ich umso mehr, da es gerade in Meißen wieder stattgefunden hat – die parteipolitische Nutzung dieses Themas für die eigenen Zwecke.

All das, meine Damen und Herren, verurteile ich zutiefst, denn es spaltet die Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von den LINKEN: Das ist Unsinn! Meinen Sie Herrn Krauß, oder was meinen Sie?)

Was wir brauchen, ist die Verantwortung, die die Politik hierbei übernehmen sollte, und die Verantwortung heißt hier: Dialog.

Ich meine hiermit ganz besonders den Dialog in den sozialen Netzwerken mit dem Teil der Nutzerinnen und Nutzer, die wir mit Argumenten noch erreichen können. Meine Damen und Herren, die Rückmeldungen, die ich besonders in den Foren bekomme, in denen ich kommentiere, sind nicht nur positiv, aber sie sind zum großen Teil verständlich.

(Juliane Nagel, DIE LINKE: Rassistische Foren sind das! – Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Ich muss Ihnen klar und deutlich sagen: Die Leute wollen Argumente, die Leute wollen Richtigstellungen, die Leute haben die Nase voll von irgendwelchen Gerüchten, die niemand begründet und die halb wahr und unwahr sind.

Es ist und bleibt nach meinem Dafürhalten eine zentrale Aufgabe der Politik, Vermutungen, Gerüchten und teilweise auch leider glatten Lügen in diesen Foren Wahrheit, Ehrlichkeit und vor allem Transparenz entgegenzustellen.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte uns alle aufrufen – nicht nur heute und nicht nur virtuell, sondern auch im täglichen Leben: Haben wir den Mut zum Dialog mit denen, die ihn wollen! Haben wir die Kraft zur überzeugenden Argumentation, denn die Argumente der Menschlichkeit sind immer die stärkeren. Nehmen wir die Demokratie auch online ernst!

(Beifall bei der CDU)

Mein Amtseid, unser aller Amtseid – –

(Lutz Richter, DIE LINKE, steht am Mikrofon – Kerstin Köditz, DIE LINKE: So viel zur Demokratie!)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Kollege Fischer?

– Nein, vielen Dank. – Als Abgeordnete des Sächsischen Landtages sind wir verpflichtet, immer das Beste für den Freistaat Sachsen und seine Bürgerinnen und Bürger zu erwirken.

Jetzt ist das Beste der faire, vorurteilsfreie und ungestörte Dialog über Asyl und Zuwanderung mit denen, die ihn wünschen. Diese Leute gibt es, diese Leute gibt es zuhauf,

auch und ganz besonders im Internet. Ich für meinen Teil werde weiter dafür arbeiten; denn ich halte diesen Weg für richtig, und ich würde Sie alle bitten: Tun Sie Ihr Möglichstes und arbeiten Sie mit!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Mit Herrn Kollegen Fischer hat die einbringende CDU-Fraktion eine dritte Runde eröffnet. Jetzt sehe ich am Mikrofon 3 eine Kurzintervention auf diesen Redebeitrag. Bitte, Frau Zais.

Kollege Fischer, ich fand es schon ein wenig schwierig, wie Sie über diesen Bürgerdialog, über Ihren großen Ethos als Landtagsabgeordneter gesprochen haben und wie Sie dabei mit Beifall aus den Reihen Ihrer Fraktion bedacht wurden.

(Steve Ittershagen, CDU: Weil es richtig ist! – Zurufe von der CDU)

Allerdings frage ich mich wirklich, inwieweit Ehrlichkeit und Transparenz eine Rolle spielen, wenn Mitglieder Ihrer Fraktion – Sie wissen genau, wer es ist, und es ist nicht nur Herr Krauß aus dem Erzgebirge – Ressentiments gegenüber Flüchtlingen schüren und damit Öl ins Feuer gießen. Es sind nicht nur die bekannt gewordenen Aussagen, sondern es haben sich Leute, die an Veranstaltungen im Erzgebirge teilgenommen haben, an mich gewandt, weil sie es unerträglich fanden, dass dort Äußerungen wie – ich zitiere – gemacht wurden: „Ja, die Gesundheitskarte ist etwas ganz Schlimmes, weil dann kommen die ganzen Asylsuchenden und Flüchtlinge aus aller Welt nach Sachsen, um sich ihre Hüften machen zu lassen.“ Oder: „Es ist richtig, die Migrationsberatung nicht zu finanzieren, weil sie die Leute auffordern würden, ihre Ausweispapiere wegzuschmeißen.“

Ich finde nicht, dass das etwas mit dem Ethos als Landtagsabgeordneter zu tun hat.