Protokoll der Sitzung vom 08.07.2015

Ich komme noch einmal zur Problematik Schulnetzplanung. Ich gebe Ihnen recht: Das ist nicht ganz so einfach. Aber in den Gesprächen, an denen wir teilgenommen haben, gab es dazu selbstverständlich auch Diskussionen, weil ich es angesprochen habe. Von allen, mit denen ich gesprochen habe – es waren zahlreiche Träger –, gab es die klare Aussage: Ja, wir würden dort gern mit einsteigen, um genau diese Diskussion nicht immer zu haben – –

(Unruhe im Saal – Glocke der Präsidentin)

Es tut mir leid, es ist in Ihrer Fraktion etwas unruhig. Ich weiß nicht, was Sie gerade diskutieren. Vielleicht wollen Sie doch noch einen Änderungsantrag annehmen. Dann können Sie ruhig weiter so unruhig sein.

Das sollte genau an dieser Stelle in der Schulnetzplanung Berücksichtigung finden, um dem Vorwurf aus dem Weg zu gehen, die freien Schulen nähmen den staatlichen Schulen die Plätze, die Kinder usw. weg. Von allen, die ich angesprochen habe – die freien Schulen haben es nicht angesprochen, sondern ich habe es angesprochen –, habe ich die Aussage bekommen, dass sie schon gern mit in diesem Bereich sein möchten.

Mein Parlamentarischer Geschäftsführer guckt schon grimmig. Ich komme erst einmal zum Schluss. Ich danke Ihnen trotzdem erst einmal. Aber diese Punkte musste ich hier einfach noch einmal klarstellen.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Dann erteile ich jetzt Frau Staatsministerin Kurth das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! „Ich begrüße das Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs.“ Dieser Satz von mir hat durchaus für manches Stirnrunzeln gesorgt. Aber, meine Damen und Herren, ich stehe zu diesem Satz nach wie vor. Denn das Urteil hat uns allen Rechtsklarheit gebracht. Diese Rechtsklarheit bestimmt nun den vorliegenden Gesetzentwurf. Ich möchte an dieser Stelle allen Beteiligten ganz herzlich danken, danken für den sachlichen und zumeist auch fairen Umgang miteinander während der sehr intensiven Anhörungs- und Novellierungsphase unseres Gesetzentwurfes.

Im Ergebnis kann ich sagen: Die Vorgaben des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs aus dem Urteil vom November 2013 werden vollständig umgesetzt. Der Entwurf ist verfassungsgemäß, in sich stimmig und führt weder zu einer Benachteiligung noch zu einer Bevorzugung der Schulen in freier Trägerschaft gegenüber der Schulen in öffentlicher Trägerschaft. Der neue Teilhabeanspruch macht den Weg frei für ein neues Miteinander, das, so meine Hoffnung, das sächsische Schulwesen als Ganzes positiv beeinflussen wird. Wir möchten den Weg gemeinsam mit den freien Schulen gehen.

(Beifall bei der CDU)

Denn es ist mir ein Herzensbedürfnis, dass freie Schulen und öffentliche Schulen im guten Miteinander Sachsens Schulwesen, das eine sehr hohe Anerkennung vor allem außerhalb der Grenzen des Freistaates Sachsen genießt, gestalten und dass wir beide voneinander lernen.

Sehr geehrte Abgeordnete! Kernstücke des Entwurfs sind die Finanzierungsregelungen, diese – das wurde bereits ausgeführt – führen zu erheblich höheren staatlichen Zuschüssen an die freien Schulträger. Herr Schreiber hat bereits über Beträge gesprochen. Ich möchte ergänzen: Jährlich sind dies 72 bis 75 Millionen Euro mehr mit steigender Tendenz. Der Freistaat plant Zuschüsse in Höhe von 273 Millionen Euro in diesem Haushaltsjahr und von 327 Millionen Euro im kommenden Haushaltsjahr. Auch das wurde bereits gesagt.

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren Abgeordneten, an dieser Stelle die in meinen Augen sieben wichtigsten Aspekte des Gesetzentwurfs hervorheben.

Erstens. Zunächst allgemein zum Schülerausgabensatz, also dem staatlichen Finanzierungszuschuss pro Schüler an den freien Schulträger: Dieser Schülerausgabensatz besteht aus zwei Teilen, einem Sachausgabenanteil und einem Personalausgabenanteil. Der Schülerausgabensatz steigt bei der Grundschule um rund 32 %, bei der Oberschule um rund 30 % und beim Gymnasium um rund 21 % gegenüber dem Istzustand.

Zweitens. Die Sachausgabenanteile werden künftig nicht mehr als prozentualer Anteil der Personalausgabenzuschüsse berechnet. Sie werden vielmehr auf der Grundlage der Haushaltsrechnungen von Kommunen und Freistaat anhand der tatsächlichen Ausgaben für das Schulwe

sen in öffentlicher Trägerschaft empirisch ermittelt. Diese Beträge werden schuljährlich anhand des Verbraucherpreisindex dynamisiert und später aufgrund der Evaluationsregelung überprüft.

Drittens. Die Höhe des Personalausgabenanteils errechnet sich nach der Sollkostenformel, die sich im Grundsatz bewährt hat und auf den für das Schulwesen in öffentlicher Trägerschaft normierten Parametern beruht. Zu den Parametern gehören insbesondere die Stundentafel für den jeweiligen Bildungsgang, die Unterrichtsverpflichtung für die Lehrer und die Klassenrichtwerte.

Die Genehmigungsvoraussetzung, die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrer zu sichern, ist nicht erst bei einer Entlohnung in einem Umfang von 100 % der Vergütung im öffentlichen Dienst erfüllt. Meine Damen und Herren! Dies rechtfertigt einen Absenkfaktor bei der Berechnung der Personalausgabenzuschüsse. Dieser lag bisher bei 0,8 und wird künftig einheitlich 0,9 für alle Schularten mit Ausnahme der Förderschulen betragen. Bei den Förderschulen soll es bei den Personalausgaben wie bisher auch keine Absenkung geben. Das wurde schon gesagt.

Ein weiteres empirisches Element in der Sollkostenformel ist der bedarfserhöhende Faktor, der bei den meisten Schularten künftig deutlich höher ist als nach den bisherigen Regelungen. Er setzt sich aus dem Mehrbedarf durch Anrechnungen, Ermäßigungen, Freistellungen und Minderungen für Lehrer zusammen.

Viertens. Die Sonderregelung für die berufsbildende Sonderschule für Blinde und Sehbehinderte sowie für die für Hörgeschädigte ist durch entsprechende Änderungsanträge der Regierungsfraktionen präzisiert worden. Herr Mann ist bereits darauf eingegangen.

Fünftens: Die Wartefrist. Die Wartefrist wird von vier auf drei Jahre verkürzt. Zudem wird bereits ab der Aufnahme des Schulbetriebs, also ohne Wartefrist, ein anteiliger Zuschuss im Umfang von 40 % des Schülerausgabenansatzes gewährt. Zusätzlich dazu erhält der Schulträger nach Ablauf der Wartefrist rückwirkend in drei Jahresscheiben weitere 40 % des Schülerausgabenansatzes nachgezahlt. Damit erhalten die Schulen für die Zeit der Wartefrist insgesamt bereits 80 % des staatlichen Regelzuschusses.

Sechstens. Künftig haben die freien Schulträger auch einen Rechtsanspruch auf die gleichberechtigte Nutzung der staatlichen Unterstützungsangebote, zum Beispiel für Lehrerfortbildung oder schulpsychologische Beratung. Meine Damen und Herren! Unter anderem damit kommt der Gedanke eines gleichberechtigten Miteinanders, bei dem die Schulen gleich welcher Trägerschaft voneinander lernen und profitieren können, zum Ausdruck.

Durch die staatlichen Unterstützungen können die freien Schulen auch ohne die Erhebung von Schul- und Lernmittelgeldern die Anforderungen an den Schulbetrieb dauerhaft erfüllen. Der Regelung eines besonderen Ausgleichsanspruchs bei Verzicht auf Schul- und Lernmittelgeld

bedarf es genau aufgrund dieser Tatsachen nicht. Allerdings sollen die Schulträger die Freiheit behalten zu entscheiden, ob sie Schulgeld erheben oder nicht, zum Beispiel für besondere Angebote oder andere Leistungen, die über den Kernbereich des Schulalltags hinausgehen.

Im Übrigen geht der Gesetzentwurf im Einklang mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes davon aus, dass freie Schulträger grundsätzlich auch Eigenleistungen in den Schulbetrieb einbringen sollten und keine staatliche Vollfinanzierung erforderlich ist.

Siebtens. Künftig sind die freien Schulträger gehalten, für Schulen, die staatliche Unterstützung erhalten, Auskunft über Einnahmen und über Ausgaben im Zusammenhang mit dem Schulbetrieb zu geben. Aufgrund dieser Auskünfte kann die Forderung des Verfassungsgerichtshofes an den Gesetzgeber erfüllt werden, das gewählte Fördermodell bezüglich seiner Auswirkungen auf die Praxis fortlaufend zu beobachten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir eines der modernsten Gesetze über Schulen in freier Trägerschaft in ganz Deutschland.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Darauf bin ich und können wir stolz sein, meine Damen und Herren! Dieses Gesetz wird nun bereits am 1. August 2015 und damit fünf Monate vor dem Ablauf der vom Verfassungsgerichtshof gesetzten Frist in Kraft treten. Das ist eine enorme Unterstützung für unsere Schulen in freier Trägerschaft, in Höhe von 5 Millionen Euro pro Monat und 25 Millionen Euro für das Jahr 2015. Wir haben unser Wort gehalten, wenn dieses Gesetz heute verabschiedet wird und das Gesetz am 1. August 2015 in Kraft tritt. Die Schulen haben damit Planungssicherheit für das Schuljahr 2015/2016.

Ich bitte um Ihre Zustimmung zu dem Gesetzentwurf.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Änderungsanträge und über den Gesetzentwurf. Aufgerufen ist das Sächsische Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft. Wir stimmen auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule und Sport in Drucksache 6/1989 ab.

Es liegen folgende Änderungsanträge vor, über die wir gemäß § 46 Abs. 4 der Geschäftsordnung in der Reihenfolge ihres Eingangs abstimmen.

Ich beginne mit dem Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE in Drucksache 6/2088 und bitte darum, den Änderungsantrag einzubringen, wenn das gewünscht ist.

(Zuruf von der CDU: Ziehen Sie den Antrag zurück!)

Nein! Wir ziehen den Antrag nicht zurück! Den Gefallen tun wir Ihnen nicht. – Es liegt Ihnen ein Änderungsantrag vor, wie wir ihn auch im Ausschuss für Schule und Sport besprochen haben. Es hat auch in der Rede eine Rolle gespielt. Es geht im Kern darum, dass wir berücksichtigen wollen, dass, wenn es Änderungen an Ausbildungsgängen gibt, die zum Beispiel aus einer Neuordnung von Berufen resultieren, dies nicht der Errichtung einer Schule gleichkommt, weil der Gesetzentwurf für die Errichtung einer Schule ja eine neue Genehmigung und eine neue Wartefrist vorsieht.

Im Ausschuss wurde von Herrn Bienst darauf verwiesen, dass man das in die Begründung des Gesetzentwurfes aufgenommen hätte. Für uns ist dies nicht ausreichend. Daher stellen wir diesen Änderungsantrag im Sinne der Rechtssicherheit. Darauf haben wir im Ausschuss schon verwiesen.

Auf die Regelung zur Wartefrist bin ich in meiner Rede eingegangen. Wir sind der Auffassung, dass die Träger von freien Schulen in der Wartefrist – die wir auch teilen – von drei Jahren bereits Eigenleistungen erbringen. Es gibt nach der Absolvierung der Wartefrist und nach dem Erbringen des Beweises dafür, dass man in der Lage ist, die Schule ordnungsgemäß auf der Grundlage des Gesetzes zu führen, aber keinen Grund dafür, nur einen bestimmten Anteil der regulären Finanzierungsmittel zu gewähren. Insofern ist unser Antrag konsequent, dann rückwirkend die ausstehenden Beträge nachzuzahlen, und zwar nicht verteilt über drei Jahre, sondern bereits im ersten Jahr. Das ist das Problem des nach meiner Auffassung zinslosen Kredites, den die eh gebeutelten – in Anführungsstrichen –, sich in der Wartephase befindenden Schulen erbringen.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer möchte sich zu dem Antrag äußern? – Herr Abg. Mann, bitte.

Wir haben uns im Ausschuss tatsächlich schon darüber ausgetauscht, Frau Kollegin, dass wir den Antrag nicht annehmen. Wir lehnen ihn ab, schlicht und ergreifend deshalb, weil wir im Gesetzentwurf festgehalten haben, dass Änderungen aufgrund von Umstrukturierungen, Weiterentwicklungen oder Umbenennungen von Bildungsgängen, die auf Basis von Landes- und Bundesregelungen geschehen, keine neue Genehmigung notwendig machen. Aus unserer Sicht bedarf es zu dem in dem ersten Punkt des Änderungsantrags der Fraktion der GRÜNEN genannten Änderungsbedarf keiner weiteren gesetzlichen Regelung.

Zum zweiten Punkt: So sehr wir Ihr Verlangen nach der rücklaufenden Regelung nachvollziehen können, hat das Bundesverfassungsgericht unter anderem festgestellt, dass in der Wartefrist ein erhöhtes Engagement der freien

Träger erwartet werden kann, weshalb der Abschlag von 20 % durchaus möglich und angemessen sei. Weil die sächsische Regelung, wie wir hier schon mehrfach dargestellt haben, eine der bundesweit besten ist, werden wir diesen Änderungsantrag ablehnen.

Gibt es weiteren Redebedarf? – Frau Abg. Falken, bitte.

Auch wir werden diesen Antrag ablehnen. Ich will es kurz begründen. Wir sind der Auffassung – ich habe das in meinem Redebeitrag schon der Ministerin angedeutet und auch im Ausschuss dargestellt –, dass der Freistaat Sachsen – sprich: das Kultusministerium – sehr stark prüfen muss, inwieweit insbesondere die beruflichen Schulen weiter Schulen freier Trägerschaft sind und bleiben und inwieweit es notwendig ist, aufgrund des Bedarfes, den wir im Freistaat Sachsen haben, staatliche Schulen entweder auszubauen oder staatliche Schulen neu zu gründen. Hier will ich noch einmal ganz klar sagen: Für uns liegt das Primat an der Stelle in diesem staatlichen Bereich.

Sie kennen sicher die Statistiken, die es dazu gibt. Bundesweit ist der Freistaat Sachsen im Bereich der Berufsschulen – Schulen in freier Trägerschaft weit oben an der Spitze, und ich denke, wir haben hier die Aufgabe, das entsprechend zu begleiten. Wir werden demzufolge ablehnen.

Wir haben uns noch einmal mit der Problematik der Wartefrist beschäftigt, das wissen Sie auch. Die Gespräche, die wir bezüglich dieser 80 % geführt haben und die in diesem Antrag noch einmal dargestellt werden – – Wir haben zur vollständigen Finanzierung mit unterschiedlichen Trägern gesprochen. Wir hatten dort die Tendenz, dass Träger gesagt haben: Die Wartefrist rückwirkend ist etwas, womit wir leben können. Daher glauben wir, dass das vertretbar ist.