Protokoll der Sitzung vom 09.07.2015

(Beifall bei der CDU)

Bei den Grenzkontrollen sind über 500 Straftaten festgestellt worden: 300 illegale Einreisen wurden registriert. In 50 Fällen waren Personen zur Fahndung ausgeschrieben oder per Haftbefehl gesucht. Das waren 50 Personen! 20 Schleuser, also Menschenhändler, wurden festgenommen. Es gab eine Vielzahl Drogenkuriere, die festgenommen worden sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Antrag wird nicht zur guten Nachbarschaft mit unseren Nachbarn beitragen. Er wird keinen Beitrag dazu leisten, die grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen. Aus diesem Grund ist es wichtig, mehr Grenzkontrollen durchzuführen, damit wir die Kriminalität im grenzüberschreitenden Bereich bekämpfen. Dies werden wir gemeinsam mit der Tschechischen Republik und der Republik Polen tun. Es ist die gemeinsame Stärke mit der tschechischen Polizei und der polnischen Polizei, die wir haben.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Aus diesem Grund kann ich nur Folgendes sagen: Wir können Ihren Antrag nur ablehnen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE, Herr Abg. Stange, ist an der Reihe. Herr Stange, Sie haben das Wort.

(Zuruf von der CDU)

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Marko Schiemann, erst einmal herunterkommen und ordnen.

Wenn wir die Zahlen in Ordnung bringen, dann wird es besser. Die Zahlen wurden gut vorgetragen. Das Problem ist folgendes: Bei 110 000 kontrollierten Personen wurden 550 Straftaten festgestellt. Nun kommt die Prozentrechnung in das Spiel. Das sind 0,5 %. Boah, dafür so ein Aufwand!

(Zuruf)

Einen Moment bitte, ich komme gleich noch zu diesem Punkt.

Setzen wir einmal die gemeinsamen Fahndungsgruppen dagegen. Deshalb lautet mein Plädoyer: Ausbau dieser Fahndungsgruppen. Das ist ein guter Ansatz. Herr Staatsminister, ich sage vielen Dank für die Beantwortung der Kleinen Anfrage. Sie haben im Jahr 2014 1 392 Straftaten aufgeklärt, davon waren 525 Personentreffer. Sie lesen gerade mit, oder? Es gab 359 Fahndungstreffer im Hinblick auf Sachen, davon 68 Kraftfahrzeuge. Es geht, ohne die Schlagbäume wieder hinzustellen.

(Marko Schiemann, CDU: Das habe ich doch nicht gesagt!)

Die GRÜNEN haben recht: Wir dürfen keine drei Schritte in Richtung des 20. Jahrhunderts zurückgehen. Sie haben vollkommen recht.

Dem vorliegenden Antrag von BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN ist grundsätzlich zuzustimmen. Schließlich wäre es gut – unabhängig vom Aktionismus –, einmal ernsthaft über nüchterne Fakten zu sprechen. Bis dahin existieren für uns zugängliche Zahlen über die Erfolge der vorübergehend wieder eingeführten Grenzkontrollen an den Grenzen Sachsens zu Polen und Tschechien nur aus Presseberichten. In diesen Berichten muten die Erfolge dieser Grenzkontrollen, wie eben dargestellt, recht bescheiden an. Die Beispiele hatte ich Ihnen soeben aufgezählt.

Der vorliegende Antrag begehrt einerseits einen Bericht über die Erfolge bei den vorübergehenden Grenzkontrollen sowie andererseits ein klares Bekenntnis zu einem Europa der Freizügigkeit für seine Bürgerinnen und Bürger und gutnachbarschaftliche Beziehungen zu unseren unmittelbaren Nachbarn. Ein kurzatmiges und hemdsärmeliges Zurückgreifen auf die Zeit vor dem Schengener Abkommen hilft weder im Kampf gegen die Kriminalität vor dem Hintergrund eines freizügigen Europas, noch ist es ein ernst zu nehmender Beitrag zu mehr öffentlicher Sicherheit und einer besseren Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden unserer europäischen Nachbarn.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sosehr mich im Berichtsteil des Antrags die Punkte 2 und 3 interessieren, so bezweifle ich, dass sie über die Stellungnahme bzw. Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage des Kollegen Ronald Pohle hinausgehen wird. Die Sächsische Staatsregierung ist – Zitat – „nur in solchen Angelegenheiten zur Auskunft verpflichtet, die in ihre Zuständigkeit fallen“. Weiter heißt es in der Drucksache 6/1837 wie folgt: „Die sächsische Polizei hat im Rahmen der polizei

lichen Maßnahmen anlässlich des G7-Gipfels den grenzpolizeilichen Schutz des Bundesgebietes wahrgenommen.“

An dieser Stelle nähern wir uns dem eigentlichen Ziel des sächsisch-bayerischen Vorstoßes zur Erweiterung der Grenzkontrollen an den Schengener Binnengrenzen. Sachsen ist, Kollege Lippmann hat auf den Abbau bei der Polizei hingewiesen, schlicht und ergreifend nicht mehr in der Lage, mit eigenem Personal die stichpunktartigen Kontrollen im grenznahen Raum, die sehr wohl nach Artikel 21 des Schengener Grenzkodex möglich sind, abzusichern. Es erhofft sich schlicht und ergreifend, diese Lücke über die Bundespolizei aufzufüllen. Das steckt dahinter.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Es ist Ihnen aber am Ende egal, wenn diese anrücken und die Grenzkontrollen durchführen.

Auch wenn die Staatsregierung mit der Beantwortung meiner Kleinen Anfrage zur Umsetzung des 15-PunkteProgramms zum Aufbau einer grenzbezogenen Sicherheitsarchitektur mit der Drucksache 6/1383 bereits im Grunde einen Bericht gemäß § 5 des Berichtsteils des vorliegenden Antrags gegeben hat, so ist der Antrag dennoch sinnvoll. Er ist auch dann sinnvoll, wenn er nur dazu dienen sollte zu erfahren, was Staatsminister Ulbig mit seinen Amtskollegen in Mainz zum Thema Grenzkontrollen besprochen hat und unter seiner Aussage – Zitat aus der „Freien Presse“ – „wir können Schengen nicht einfach aushebeln, sondern müssen nach Möglichkeiten suchen, die Regelungen den aktuellen Problemlagen anzupassen“ zu verstehen ist. Zumindest ist in den veröffentlichten Beschlüssen der Innenministerkonferenz

nichts von diesem groß angekündigten Vorstoß zu finden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich abschließend bemerken, dass eine Evaluation des 15Punkte-Programms und seiner Umsetzung dringend geboten ist, auch wenn die vorgegebene Frist vielleicht als ambitioniert gelten darf. Wir brauchen für die weitere Beratung und Beschlussfassung zur Struktur- und Personalausstattung der sächsischen Polizei diese Auswertung sehr wohl. Begeben wir uns also nicht auf den Weg in die Vergangenheit europäischer Kleinstaaterei. Das ist fast abgeschrieben. Machen wir in Sachsen stattdessen unsere Hausaufgaben, auch in Polizeifragen und bei der Kriminalitätsbekämpfung. Die Verstetigung von vorübergehenden Grenzkontrollen oder anderen mehr oder weniger kreativen Umgehungsversuchen des Schengen-Abkommens sind garantiert nicht die richtige Antwort. Wir bekennen uns als LINKE zu einem Europa der Freizügigkeit. Deshalb stimmen wir diesem Antrag uneingeschränkt zu.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Für die SPD-Fraktion spricht nun die Abg. Friedel. Bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anlass für die Debatte ist die Tatsache, dass die verstärkt stattgefundenen Kontrollen rund um den G7-Gipfel überhaupt eine solche Vielzahl an Treffern hervorgebracht haben. Die Polizei hatte eigentlich das Ziel, an den deutschen Grenzen verstärkt zu kontrollieren, um gewalttätige Demonstranten an der Einreise zu hindern. Es gab aber viele Fahndungstreffer als Zufallsfunde im Hinblick auf ganz unterschiedliche Straftaten.

Dass in diesem Zusammenhang eine Debatte über die Frage anbricht, wie wir mit der Grenze, der Kriminalität, der Sicherheit an der Grenze und möglichen Kontrollen umgehen, ist nachvollziehbar. Das ist auch für uns nachvollziehbar. Die Ergebnisse der verstärkten Kontrollen haben gezeigt, dass es sich lohnt, Fakten zur Kenntnis zu nehmen und nachzudenken. Die ausgebrochene Debatte hat aber auch gezeigt, dass sie sehr sensibel geführt werden muss und es nicht darum geht, mit völlig undifferenzierten Forderungen Mauern in den Köpfen wieder hochzuziehen. Gerade, wenn man sich bei den Zeitungsberichterstattungen oder im Internet diverse Kommentare anschaut, hat man das Gefühl, dass bei einem Teil der Bevölkerung das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Umso wichtiger und erfreulicher ist es, dass sich alle Fraktionen in dieser Debatte dafür ausgesprochen haben, die Freizügigkeit vollständig zu erhalten und eine Debatte über neue Grenzen in Europa nicht führen zu wollen. Zumindest habe ich Herrn Kollegen Schiemann so verstanden.

Wir wissen natürlich, dass die Wiedereinführung der Grenzkontrollen allein, auch wenn wir sie politisch nicht möchten, die Grenzen nicht sicher machen würde, sondern nur die Übergangsstellen. Die Bereiche dazwischen sind genauso wie vorher nicht gesichert. Das sind Erfahrungen, die uns viele Polizistinnen und Polizisten mitteilen. Darüber hinaus wissen wir auch, dass das Instrumentarium, das im Schengener Abkommen vorhanden ist, ausreicht. Wir müssen dieses nicht ausweiten. Das Gegenteil ist der Fall. Das Abkommen sichert das hohe Gut der Freizügigkeit von Personen innerhalb der EU. Schon jetzt kann man Grenzkontrollen in Ausnahmefällen vorübergehend wieder einführen.

Das gilt in der Regel für die Dauer eines Ereignisses oder für einen Zeitraum bis zu 30 Tagen. In absoluten Ausnahmefällen kann das sogar auf bis zu zwei Jahre verlängert werden. Und wir haben das Instrument der Stichproben, von dem ja auch schon gesprochen worden ist. All das sind unseres Erachtens – so habe ich auch die Kollegen der CDU-Fraktion verstanden – und auch deren Erachtens ausreichende Instrumente, um auf die Sicherheitslage im grenznahen Raum zu reagieren.

Dass man reagieren muss, ist aber auch klar. Herr Lippmann hat völlig recht, wenn er darauf hinweist, dass es ja alles Kontrolldelikte sind, die man dort gefunden hat. Wahrscheinlich kann man nicht ausschließen, würden die Kontrollen in ähnlichem Umfang an anderen Stellen stattfinden, dass auch dann solche Zufallsfunde dabei

wären. Das heißt doch aber nur, dass sich Kontrollen immer lohnen. Das macht ja nicht die Kontrollen an sich falsch. Man kann daraus nicht schließen: Kontrollieren wir lieber nicht, denn dann haben wir das Problem nicht. Im Gegenteil, die Zufallsfunde rund um den G7-Gipfel zeigen, dass es sinnvoll ist, stichprobenartige Kontrollen durchzuführen.

Ehrlich gesagt, das, was uns bisher dazu am meisten im Wege steht, ist weder das Schengener Abkommen, noch sind es sonstige rechtliche Vorschriften. Das, was uns bisher am meisten im Wege steht, sind die Ressourcen, denn Kontrollen brauchen Personal. Das ist eine Frage und eine Debatte, der sich die Koalition gestellt hat.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Selbstverständlich.

Sehr geehrte Kollegin Friedel, Sie haben gerade ausgeführt, dass die vorhandenen Instrumentarien ausreichen. Wie erklären Sie sich dann, dass die Häufigkeits- und Kriminalitätsziffern im Bereich der polnischen und tschechischen Grenze ansteigen und wir jetzt die höchste Kriminalitätsbelastung seit 20 Jahren in Sachsen haben?

Das habe ich gerade versucht Ihnen zu erklären.

Dann habe ich es nicht verstanden.

Okay, aber Sie sind ja vom Fach. Es handelt sich bei dem, was bei Kontrollen aufgedeckt wird, um sogenannte Holkriminalität; Betäubungsmittel, das ist ein klassisches Delikt. Da kommen ja nicht Menschen zur Polizei und erstatten eine Anzeige, sondern das fällt nur auf, wenn eine Kontrolle stattfindet. Das Problem ist – das habe ich Ihnen gerade benannt –, dass wir in Sachsen bei der Polizei ein Personalproblem haben, das es uns nicht erlaubt, Kontrollen regelmäßiger und häufiger durchzuführen, dem sich die Koalition stellt. Aber ich vermute, der Kollege ist noch nicht ganz zufrieden.

Ich darf ja nicht nachfragen, und ich muss es an dieser Stelle nicht bewerten.

Bereits im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, dass wir personell auf die Entwicklung in Grenznähe reagieren werden. Ich glaube, das hat Herr Schiemann auch im Sinn, wenn er auf die gemeinsame Arbeit mit den tschechischen und polnischen Kollegen verweist und darauf, dass wir dort aktiv werden. Einerseits wird die Polizeidirektion Görlitz bereits in diesem Jahr mit Blick auf ihre Grenzlage mit über 30 Polizeivollzugsbeamten verstärkt. Des Weiteren haben wir vereinbart – wir haben es heute auch in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten gehört –, die Fachkommission Polizei auch aus diesem Grund einzurichten und gemeinsam dafür zu sorgen, dass die Aufgaben, die die Polizei zu

erfüllen hat, eben auch die Aufgaben im Kontrollbereich im grenznahen Raum, mit den entsprechenden Ressourcen ausgestattet sind.

All das führt uns dazu, zu sagen: Die Staatsregierung bzw. die Koalition ist in diesem Punkt aktiv geworden. Es ist deutlich geworden, dass hier niemand die Grenzen in Europa wieder hochziehen will. Beides sind Gründe für uns, den Antrag der GRÜNEN abzulehnen und Sie stattdessen einzuladen, die Arbeit gemeinsam zu tun, um die Sicherheit in Sachsen zu verstärken. Es würde mich freuen, wenn Sie mit meinen Kollegen im Innenausschuss in konstruktiven Dialog treten; denn am Ende nutzt ein Aussetzen von Schengen überhaupt noch nichts. Dadurch wird gar nichts sicherer, sondern wir müssen dahin kommen, dass Personal vorhanden ist, das tatsächlich Aufgaben erledigen kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächstes erteile ich der AfD-Fraktion das Wort. Das Wort ergreift Herr Wurlitzer. Er hat noch eine Minute und 40 Sekunden Redezeit.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte die letzten Minuten unserer Redezeit dafür nutzen, mich bei Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, und bei Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren der Landtagsverwaltung, für das vergangene Jahr zu bedanken. Wir sind heute hier beim letzten Antrag vor der Sommerpause, und für unsere Fraktion endet das erste parlamentarische Jahr hier im Sächsischen Landtag.

Sie müssen zum Thema des Antrages sprechen.