Die Schadensursache kann im Grundwasserentzug der ehemaligen Tagebaue begründet sein. Grundwasserwiederanstieg nach Beendigung der Sümpfung für die Tagebaue wird rechtlich als natürlicher Prozess und nicht als Schadensverursachung angesehen. Wir haben also in vielen Fällen das Problem, dass in Gebieten mit nachweisbarer Grundwasserabsenkung Bergschäden auftreten, aber aktiver und Sanierungsbergbau rechtlich nicht belangt werden können. Hinzu kommt, dass die Beweislast des Bergschadens beim Geschädigten liegt.
Das zu ändern ist im Übrigen eine Forderung, die auch DIE LINKE im Deutschen Bundestag seit vielen Jahren erhebt und mit mehreren Initiativen untersetzt hat. Leider sind alle unsere Versuche im Bund, für die vom Tagebau Betroffenen Verbesserungen zu erreichen und die Beweislastumkehr auch für Tagebaugeschädigte gelten zu lassen, bisher gescheitert. Ich werbe daher heute ganz intensiv um Ihre Stimmen für diese Schlichtungsstelle und die Änderung des Bundesbergrechts.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD, der Bund muss durch Sie in seine Verantwortung genommen werden. Das Unternehmen LMBV, für das wir neben anderen Bundesländern und dem Bund Verantwortung tragen, muss dringend ermächtigt werden, Bergbaubetroffene entschädigen zu können. Das fordert auch Vattenfall, das schon seine Unterstützung signalisiert hat. Nur eine gemeinsame Schlichtungsstelle macht Sinn; und dass im Bundesbergrecht auch Entschädigungen für die Folgen des obertägigen Bergbaus festgeschrieben werden, sollte meines Erachtens selbstverständlich werden. Lassen Sie uns daher handeln! Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben parallel zu den LINKEN nach eingehender Diskussion mit Kolleginnen und Kollegen in Brandenburg und Nordrhein-Westfalen an einem Antrag zur Einrichtung einer Bergschadens
schlichtungsstelle gearbeitet. Auch wenn dabei mit ähnlicher Begründung ähnliche Ansätze entstanden sind, sehen wir die möglichen Pfade zur raschen Einrichtung einer solchen sicherlich notwendigen Stelle anders als im Antrag der LINKEN. Deshalb haben wir uns entschlossen, unseren Antrag ebenfalls einzureichen und gemeinsam zu diskutieren.
Auch in Sachsen erfordert die Gewinnung der Braunkohle großflächige Grundwasserabsenkungen. Deshalb kann es auch in Sachsen, zum Teil noch Jahrzehnte nach Beendigung des Bergbaues, in Abhängigkeit von der Struktur des Untergrundes zu Bergschäden kommen. Durch Grundwasserabsenkung und Wiederanstieg – Frau Dr. Pinka hat es schon gesagt – können im größeren Umkreis von bis zu 20 Kilometern Schäden an Gebäuden, Grundstücken, Wegen und technischen Anlagen entstehen. Anders als etwa beim untertägigen Steinkohlebergbau gibt es beim Braunkohletagebau keine gesetzliche Bergschadenvermutung. Betroffene, die Bergschäden vermuten, müssen diese Ursache, jeder für sich, mit zum Teil enormem Aufwand nachweisen, wenn der Bergbautreibende einen Schadenersatz zunächst ohne Prüfung ablehnt.
Bereits vor fünf Jahren wurde in Nordrhein-Westfalen eine außergerichtliche Anrufungsstelle Bergschäden
Braunkohle eingerichtet. Sie dient der Beilegung von einzelfallbezogenen Streitigkeiten zivilrechtlicher Art, die sich zur Frage der bergbaulichen Verursachung von Sachschäden durchaus Wirkungen von Sümpfungsmaßnahmen des Braunkohlebergbaus oder aber zur Frage der Entschädigungshöhe ergeben. Sie unterstützt dabei einerseits Privatpersonen oder kleine und mittlere Handwerks- und Geschäftsbetriebe und andererseits den Bergbautreibenden. Die Erfahrungen mit einer solchen Schlichtungsstelle, die Betroffenen Beratung und Unterstützung bietet, sind durchaus positiv. Sie hat sich als vorteilhaft für beide Seiten, Betroffene und Unternehmen, herausgestellt.
Deshalb fordern wir die Staatsregierung in unserem Antrag dazu auf, mit den Bergbautreibenden und der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH Gespräche über die Einrichtung einer Schlichtungsstelle für Bergschäden zu führen, dem Landtag bis Ende 2015 ein Schlichtungsstellenkonzept vorzulegen und eine Schlichtungsstelle bis April 2016 einzurichten. Unser Antrag wird gemeinsam mit dem Antrag für eine gemeinsame Schlichtungsstelle der Länder und des Bundes der Linksfraktion im Sächsischen Landtag diskutiert.
Im rot-rot regierten Nachbarland Brandenburg existiert seit 2013 der schon genannte Landtagsbeschluss zur Einrichtung der Schlichtungsstelle. Jedoch hat die folgende zähe Diskussion mit Bund, Nachbarländern und Unternehmen zum gemeinsamen Vorgehen bis heute jeden greifbaren Fortschritt für die Betroffenen verhindert. Am letzten Freitag hat der Staatssekretär des brandenburgischen Ministeriums für Wirtschaft und Energie, Herr Fischer, auf einer Veranstaltung in Spremberg – bei
der ich anwesend war – erklärt, man hätte ja gewollt, aber man hätte am Ende eine klare Absage vom Bund bekommen. Bereits am 16. September hat der brandenburgische Landesminister Gerber im Wirtschaftsausschuss des Landtages Brandenburg einen Brief vom 14.09. verlesen, in dem der Bund sich weigerte, eine Schlichtungsstelle einzurichten.
Fazit: Brandenburg und Sachsen haben sich gemeinsam für diese Stelle ausgesprochen, konnten den Bund aber nicht zum Einlenken bewegen.
Warum also, liebe LINKE, wollen Sie uns hier in Sachsen über eine Brücke führen, die soeben zusammengebrochen ist? Wenn es Ihnen so wie uns um die rasche Einrichtung der von den Betroffenen so sehr vermissten Anlaufstelle geht, so sollten wir die Staatsregierung dazu auffordern, nach wirklich gangbaren Wegen zu suchen. Deshalb bauen wir im Unterschied zu den LINKEN nicht ausschließlich auf eine Bund-Länder-Lösung, sondern halten im Interesse realer Fortschritte ausdrücklich einen zunächst eventuell nur sächsischen Vorstoß in Zusammenarbeit mit den hier ansässigen Bergbauunternehmen nach dem Vorbild der NRW-Schlichtungsstellen für denkbar. Das wäre nicht die große Lösung, aber immerhin ein Signal und eine wichtige Unterstützung für die Betroffenen.
Die Staatsregierung sehen wir in der Verantwortung, ernsthaft nach einer raschen und pragmatischen Lösung zu suchen; denn wer mit energiepolitischen und landesplanerischen Leitlinien den Rahmen für Planung, Genehmigung und Betrieb dieser Tagebaue liefert, der ist auch bei den Folgen dieser Entscheidungen gemeinsam mit den bergbautreibenden Unternehmen in der Pflicht, die Betroffenen nicht alleinzulassen.
Ich würde gern zu Ende ausführen. – Die Herstellung von Augenhöhe bei der Vertretung ihrer Interessen ist doch das Mindeste, was eine Staatsregierung ihren von solchen Entscheidungen unmittelbar betroffenen Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen sollte.
Da wurde und wird im Vorfeld von großen Tagebau- und Kraftwerksprojekten mit tollen Perspektiven geworben. Es wird geworben, diese Projekte trotz bekannter Risiken und Nebenwirkungen gesellschaftlich akzeptabel zu machen und umzusetzen. So wurden Anfang der Neunzigerjahre 7 000 Arbeitsplätze versprochen, wenn man in Lippendorf ein neues Kraftwerk baue und dafür das Dorf Hoyersdorf schleife. Etwa jeden zehnten dieser Arbeitsplätze gibt es heute wirklich. Jahrzehntelang wurde der Erde dort und anderswo das schwarzbraune Gold entrissen, und man sollte meinen, die Teilhabe an der Wertschöpfung sollte eigentlich dort und im Ruhrgebiet
Schauen Sie sich doch heute Espenhain und Borna an. Richten Sie Ihren Blick auf Hoyerswerda und Weißwasser. Welche Teilhabe bleibt dort von all den der Erde entrissenen Reichtümern, wenn die Kohle geht?
Wir hören von der Staatsregierung, aus schmutzigen Kohlelöchern würden schließlich attraktive Folgelandschaften werden. Haben Sie nicht vergessen, dass dort attraktive Landschaften waren, die in schmutzige Kohlelöcher verwandelt wurden? Was also genau ist die Teilhabe der Menschen an den Schätzen, die unter ihrer wunderschönen Kulturlandschaft lagen?
So kommt man in den Revieren nach dem Abzug der Bagger zu der Erkenntnis, nur solange wirklich wichtig gewesen zu sein, wie man die Kohle in der Nachbarschaft noch nicht herausgeholt hatte, verstärkt durch die Erfahrung Betroffener, alleingelassen zu werden, wenn Bergbaufolgen das eigene Haus, das eigene Grundstück betreffen.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns aus diesem Hohen Haus den Betroffenen, die bisher alleingelassen wurden, das Signal senden, dass sich staatlich Handelnde auch dann noch kümmern und Verantwortung zeigen, wenn keine Bodenschätze mehr locken und es ans Aufräumen geht.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz an dem anknüpfen, was mein Vorredner, Herr Dr. Lippold, ausgesprochen hat: Ich denke, dass mit Kohle auch Teilhabe verbunden war und ist. Das hat etwas mit gut bezahlten Arbeitsplätzen zu tun, gerade heute. Das hat etwas mit Gewerbesteuerzahlungen zu tun. Wenn wir an Boxberg denken, dann muss man schon sagen: Das ist eine Kommune, die sich noch vor wenigen Jahren jede Türklinke aus Gold leisten konnte. Das gehört auch zur Wahrheit dazu. Kohle hat natürlich dazu geführt, dass der Strom für die Verbraucher und für die Wirtschaft bezahlbar geblieben ist. Wir brauchen grundlastfähigen Strom; denn Sie wollen ja bekanntermaßen aus der Kernkraft aussteigen und dann hätten wir nicht sehr viel grundlastfähigen Strom.
Wenn wir uns auf der anderen Seite die sanierten Flächen und das Leipziger Seenland anschauen und wenn wir uns anschauen, was in Brandenburg und Sachsen – im Lausitzer Revier – passiert, dann ist das sehenswert. Es entsteht ein richtiges Naherholungsgebiet, worauf wir stolz sein können.
Lassen Sie mich zu den Themen der beiden Anträge kommen. Das erste Thema ist die Beweislastumkehr bei Tagebauen und das zweite Thema ist die Einrichtung von Schlichtungsstellen im Bergbau.
Erstens, die Beweislastumkehr bei Tagebauen. Der Grundsatz im deutschen Recht – es kommt ja aus dem römischen Recht – ist, dass der Angeklagte nicht seine Unschuld nachweisen muss, sondern dass man jemandem seine Schuld nachweist. Das ist der geltende Grundsatz, und ich denke, dass er nicht ganz falsch ist. Wenn jemand der Ansicht ist, ich hätte etwas gestohlen, dann muss er mir nachweisen, dass ich etwas gestohlen habe. Ich muss nicht nachweisen, dass ich unschuldig bin. Ich denke, das halten wir alle für sinnvoll.
Es gibt keine Regel ohne Ausnahme, und deshalb gibt es beim Bergrecht eine Ausnahme, die sogenannte Beweislastumkehr für den untertägigen Bergbau. Wenn man sagt, man habe einen Riss im Haus, dann gilt: Als Geschädigter muss man nicht nachweisen, dass das vom Bergbau kommt, sondern der Bergbautreibende muss nachweisen, dass er damit nichts zu tun hat, wenn er es nicht bezahlen will. Das ist eine starke Privilegierung, die wir im Recht haben, eine absolute Ausnahme im Rechtssystem.
Wenn wir das wieder auf das Beispiel Diebstahl übertragen, heißt das: Wenn mich jemand anklagt und sagt, du hast bei mir im Laden etwas gestohlen, dann muss ich nachweisen, dass ich in dem Laden nichts gestohlen habe. Das ist die Rechtskonstruktion, die wir hier bei dem untertägigen Bergbau haben und die auch in Ordnung ist. Der Grund liegt natürlich auf der Hand: Wenn etwas unter Tage ist und ich darüber wohne, kann ich schwer feststellen, woher dieser Schaden kommt. Das lässt sich für den Benachteiligten – für denjenigen, der den Schaden hat – schwer nachweisen.
Beim Tagebau ist es wiederum anders. Man sieht es ja, es gibt eine Tagebaukante, und es wird deutlicher, wo der Bergbau stattfindet.
Nein, Entschuldigung, das machen wir in anderen Rechten ganz genauso. Wenn Sie sich ein Haus bauen, eine Baugrube ausheben und Ihr Nachbargrundstück beschädigen, dann muss der Nachbar nachweisen, dass durch das Ausheben der Baugrube ein Schaden entstanden ist. Deswegen ist die Beweislastumkehr in dem Fall nicht nötig.
Jetzt kann das Unternehmen ja sagen, hier gibt es einen Schaden – das ist auch der Regelfall, wenn wir mal genau hinschauen. Also jetzt kommen wir zur Praxis, wie es dann wirklich abläuft. Die Unternehmen – in diesem Fall ist es vor allem Vattenfall, aber wir reden auch über die LMBV – fertigen dann eigene, neutrale Gutachten an. Es werden also neutrale Gutachter, nicht die Mitarbeiter des
Unternehmens, beauftragt, festzustellen, ob es einen Schaden gab oder nicht, wenn eine Bergschadensanzeige bei dem Unternehmen vorliegt – woraufhin eine Bauzustandsdokumentation, Baugrunduntersuchungen und
Wenn sich durch das neutrale Gutachten herausstellt, dass das Bergbauunternehmen schuld daran ist, dann wird dieser Schaden durch das Bergbauunternehmen reguliert, ohne dass der Betroffene das Gutachten in Auftrag geben muss. Das bezahlt das Bergbauunternehmen, gegen das sich die Forderung richtet. Hier kommen die Unternehmen der Bevölkerung sehr stark entgegen.
Die Unternehmen regulieren nicht nur die glasklaren Fälle, bei denen es sich aus den Gutachten ergibt, sondern auch die, die im Graubereich liegen. Wenn also nicht ausgeschlossen werden kann, dass es ein Bergschaden ist, zahlt auch dann Vattenfall zum Beispiel. Oder wenn die Gutachtenkosten zu hoch sind, sodass Aufwand und Nutzen in keinem Verhältnis stehen, weil es nichts bringt, ein Gutachten für 20 000 Euro in Auftrag zu geben, wenn es um einen Schaden von 5 000 Euro geht – auch dann bezahlt das Unternehmen, ohne zu fragen, ob wirklich ein Bergschaden vorliegt oder nicht.
Wenn selbst – Frau Kollegin Pinka hat die Statistik zitiert – das Netzwerk Bergbaugeschädigter in der Lausitzer Bergbauregion feststellt, dass die Mehrzahl der Schadensanträge reguliert wird, dann ist das auch schon eine Botschaft, die man einmal aussprechen kann.
Jetzt können wir uns die Schadensfälle noch einmal etwas genauer anschauen. Ich habe einmal die Zahl für 2014 herausgesucht für die Tagebaue Nochten und Reichwalde; wir reden ja hier über Sachsen. Dort gab es 13 Fälle, die angezeigt worden sind. Es ist eine sehr überschaubare, begrenzte Zahl, die uns betrifft. Es sind noch fünf Fälle in Bearbeitung, fünf Anträge wurden abgelehnt und drei wurden genehmigt. Sie sehen, es wird nicht alles in Bausch und Bogen abgelehnt.
Der Antrag von Brandenburg ist ja schon zitiert worden. Darin heißt es: „Die Regelung von Bergschadensmeldungen hat nur in sehr wenigen Fällen zu gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt.“ Es scheint also über die Regulierungsinstrumente, die wir derzeit haben, ganz gut zu funktionieren; dieses Verfahren der Freiwilligkeit scheint doch recht gut zu funktionieren.
Es führt dazu, dass die Gerichte kaum bemüht werden. Bislang ist es so, dass die Gerichte ohne Ausnahme zum Beispiel die Untersuchung von Vattenfall bestätigt haben. Das spricht dafür, dass es wirklich faire, neutrale Gutachten waren und dass man die Leute nicht über den Tisch gezogen hat.
Damit sind wir beim nächsten Punkt, der Schlichtungsstelle: Wer nicht mit der Entscheidung einverstanden ist, die das Bergbauunternehmen trifft, dem steht jederzeit der Rechtsweg offen. Jeder kann sich an die bei uns unabhängige Justiz wenden. Das wird aber eher weniger genutzt, weil die Unternehmen vorher sehr ordentlich prüfen. Ich