Protokoll der Sitzung vom 20.11.2015

Außerdem ist es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass es uns auch durch unsere circa 50 außeruniversitären Forschungseinrichtungen gelingt, viel Forschungsleistung nach Sachsen zu holen. Gerade in Verbundprojekten zwischen unseren Universitäten und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen gelingt es immer wieder, sich erfolgreich um Drittmittel zu bewerben.

Abschließend eine Bemerkung zu dem Vorwurf, Forschung könne sich nicht frei entfalten: Wir haben verschiedene Programme, die der Forschung keine Grenzen setzen. Ich verweise zum Beispiel auf die Landesforschungsförderung. Natürlich kann man immer darüber diskutieren, diesen Topf noch weiter zu füllen. Aber grundsätzlich ist es möglich, sich mit einer Vielfalt von Projekten um die Förderung zu bewerben. Somit ist auch die Freiheit der Forschung gewährleistet.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das war Kollege Fritzsche, CDU-Fraktion. Die Fraktion DIE LINKE käme jetzt zum Zug. Frau Falken? – Nicht. Wie sieht es bei der SPD aus? – Herr Kollege Mann, Sie sprechen erneut.

Danke, Herr Präsident. Nach dem Ausflug ins Europaparlament ist die zweite Runde ja zum Antworten. Frau Maicher, wir trauen unseren Hochschulen nicht nichts zu, sondern nahezu alles. Genau deswegen ist es eben kein Widerspruch zu sagen,

(Beifall der Abg. Petra Zais, GRÜNE)

ja, wir kämpfen auch für eine Erhöhung des Grundbudgets, aber ja, wir stehen auch für den Wettbewerb in der Wissenschaft. Wenn sich Hochschulen in unserem Land um Projektförderung bewerben wollen, dann unterstützen wir sie und müssen auch die Mittel haben, diese Projekte, wenn sie eingeworben sind, zu kofinanzieren. So ist es zum Beispiel heute der Universität Leipzig gelungen, die sich in Zukunft über drei DFG-Sonderforschungsbereiche freuen darf. Oder, die WHZ Zwickau, die FH Zittau/ Görlitz und die HTWK Leipzig, die jetzt die Chance auf 5 Millionen Euro zusätzlich aus dem Programm „FH Impuls“ haben. Weil wir ihnen das zutrauen und ermöglichen wollen, haben wir auch hier eine Verantwortung.

Um es noch einmal zu sagen: Wir sind nicht allein diejenigen, die Hochschulpolitik und Hochschulfinanzierung in diesem Land machen. Das sind auch der Bund und zunehmend die EU. Sachsens Hochschulen haben über 300 Millionen Euro allein aus der Bundesexzellenzinitiative zusätzlich bekommen, die die SPD auf den Weg gebracht hat. Eine viel größere Summe ist seit der Wiedervereinigung in die außeruniversitäre Forschungslandschaft geflossen. Und am Ende des Hochschulpaktes, soweit es derzeit absehbar ist, werden es fast 800 Millionen Euro sein, die aus den Hochschulpaktmitteln in die Hochschullandschaft Sachsens geflossen sein werden und die hier Chancen für Studium und Forschung eröffnet haben. Auf welchen dieser Töpfe sollen wir denn verzichten?

Nein, wir wollen beides möglich machen. Uns eint das Interesse an starken Hochschulen, und wir werden in den kommenden Haushaltsverhandlungen eine verantwortliche Debatte darüber führen müssen und klären, welche Projekte zu verstetigen sind.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange)

Das war Herr Kollege Mann. Gibt es in dieser Runde weiteren Redebedarf? – Es sind noch wenige Sekunden Redezeit bei der AfDFraktion. – Das wird nicht in Anspruch genommen. Wir könnten eine dritte Rederunde eröffnen, wenn der Bedarf besteht. – Das kann ich nicht feststellen. Damit hat die Staatsregierung das Wort. Frau Staatsministerin

Dr. Stange, bitte.

Vielen Dank. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Maicher, vielen Dank für diese Debatte, auch wenn ich mir wünschte, sie würde nicht im Rahmen der Aktuellen Debatte stattfinden, sondern wir hätten mehr Zeit für dieses Thema. Es ist, wie wir in den Beiträgen schon gehört haben, sehr viel dazu zu sagen.

Ich möchte nur einen kleinen Schlenker machen, weil es mir ansonsten nicht wert ist, darauf ausführlicher einzugehen. Frau Dr. Muster, Sie haben ein gutes Beispiel für politische Einflussnahme auf Forschung dargestellt. Dass die Genderforschung in Deutschland – übrigens nicht in Sachsen – eine sehr große Rolle spielt, ist dem Fakt geschuldet, dass unsere Hochschulen und Universitäten eine sehr solide Grundfinanzierung haben und selbst entscheiden dürfen, was sie forschen wollen, so wie es das Grundgesetz auch vorsieht. Deswegen sind diese Lehrstühle entstanden. Vielleicht gelingt es auch in Sachsen einen einzurichten. Wenn Sie das kritisieren, dann ist das politische Einflussnahme auf die freie Forschung.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar dafür, Frau Maicher, dass Sie eine Runde durch die Hochschulen und sich selbst dabei ein Bild gemacht haben.

(Dr. Kirsten Muster, AfD, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Ihre erste Beschreibung hat deutlich gemacht, dass Sie ein gutes Bild von unseren Hochschulen bekommen haben, und wir können wirklich stolz auf die Hochschulen und die Wissenschaftslandschaft insgesamt sein, was sie in Sachsen leisten und hervorbringen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Staatsministerin?

Bitte.

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Es ging mir in meinem Redebeitrag vor allem darum zu sagen, dass viele Gender-Lehrstühle bestehen, aber vor allen Dingen, dass mehr Gender-Lehrstühle als Informatik-Lehrstühle bestehen. Wie finden Sie denn dieses Verhältnis von Gender-Lehrstühlen zu InformatikLehrstühlen?

Ich finde diesen Vergleich abenteuerlich. Gerade in der Wissenschaft und in der freien Forschung sollte man solche Vergleiche vermeiden, denn die Wissenschaftler entscheiden, was in unserer Gesellschaft wichtig ist zu erforschen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Zurück zum Beitrag. Frau Maicher, auch meine Kollegin Theresia Bauer in Baden-Württemberg kämpft übrigens damit, dass wir in den letzten Jahren – und das ist eigentlich der Ausgangspunkt Ihres Beitrags gewesen – zum Beispiel durch den Hochschulpakt und durch die Exzellenzinitiative wesentlich mehr befristete Programmmittel für die Hochschulen bekommen haben und es damit zu Verschiebungen bei den Beschäftigungsverhältnissen gekommen ist. Wir sollten es also auf den Punkt bringen. Da hat Baden-Württemberg genau die gleichen Probleme wie Sachsen. Das haben wir bundesweit erkannt.

(Dr. Claudia Maicher, GRÜNE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Deshalb ist der Artikel 91 b im Grundgesetz geändert worden. Er ist geöffnet worden, damit wir mit dem Bund gemeinsam nachhaltig und dauerhaft die Hochschulen finanzieren können und wegkommen von solchen großen Programmen, wie sie in den letzten Jahren entstanden sind, die – zugegebenermaßen – zu mehr befristeten Beschäftigungsverhältnissen und zu Verwerfungen innerhalb der Hochschule geführt haben. Das ist dem Grundgesetz geschuldet gewesen und nicht dem Punkt, dass wir das so angelegt haben. Das Geld ist übrigens gut investiert. Das haben die Beiträge schon gezeigt.

Wir haben so viele Studierende in Sachsen wie noch nie – und das trotz des Rückgangs unserer Abiturientenzahlen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Maicher?

Bitte.

Danke, Frau Dr. Stange. Werte Staatsministerin, ich nehme das wohl zur Kenntnis. Das eine sind die Bundesprogramme. Warum haben Sie das nicht vorgeschlagen bei dem Entwurf der Staatsregierung zum Haushalt? Ich meine, dass die Mittel, die wir vor Ort für unbefristete Aufgaben zur Verfügung haben, nämlich die 56 Millionen Euro, in die Grundfinanzierung gehen?

Lassen Sie mir noch ein bisschen Zeit, dann komme ich zu den BAföG-Mitteln. Um die geht es Ihnen ja. Ich habe Ihnen damals schon geantwortet und werde es auch heute wieder tun, warum wir diese Mittel nicht in die Hochschulfinanzierung hineingegeben haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme noch einmal auf meine Rede zurück. Wir haben derzeit über 100 000 Studierende. Auf einen Punkt möchte ich aufmerksam machen, der immer nur unterschwellig genannt wird: Wir haben 38 000 Beschäftigte an den sächsischen Hochschulen in verschiedensten Beschäftigungsverhältnissen. Wir sind also mit den Hochschulen einer der größten Arbeitgeber im Land überhaupt, wenn man das so sieht, und in vielen Orten der größte Arbeitgeber der Region. Deshalb ist es wichtig, dass die Höhe der Finanzierung entsprechend den Anforderungen ausgerichtet wird und natürlich die Komplexität der Finanzierungsstrukturen und auch die der Steuerung der Hochschulen immer wieder mal auf den Prüfstand gestellt wird.

Deshalb bedanke ich mich für die Gelegenheit, auf einige Punkte eingehen zu können. Mit der Novellierung des Hochschulgesetzes 2008 übrigens, meine Damen und Herren – und nicht erst mit dem Hochschulfreiheitsgesetz in den Jahren darauf –, wurde die Eigenverantwortung der Hochschulen schrittweise gestärkt. Liebe Frau Maicher, wir vertrauen den Hochschulen, dass sie in der Lage sind, mit dieser Verantwortung umzugehen. Deshalb ist das Hochschulgesetz 2008 auch so konstruiert worden.

Wir haben den Hochschulen mit der Einführung des Budgetierungsmodells und mit mehrjährigen Zuschuss- und Zielvereinbarungen Freiheit und Vertrauen gleichzeitig geschenkt. Wir haben ihnen Gestaltungsfreiheit auf der Grundlage der grundgesetzlich gestützten Freiheit von Wissenschaft und Lehre gegeben und damit auch Flexibilität, aber auch eine solide Grundfinanzierung und Gestaltungsverantwortung. Ein Beispiel für diese Verantwortung und diese Freiheit möchte ich anführen. In meiner ersten Amtszeit im Haushalt 2007/2008 hatten wir für die TU Chemnitz ausgabenseitig mehr als hundert Titel im Haushaltsplan ausgebracht. Im Haushalt 2015/2016 sind

es auf der Grundlage der neuen Haushaltsführung und der neuen gesetzlichen Regelung noch sage und schreibe fünf Titel.

Aber beachten Sie bitte auch den Haushaltsgrundsatz. Gerade die GRÜNEN haben ihn immer wieder eingefordert: sach- und fachgerechte Veranschlagung, unterschiedliche Sachverhalte getrennt ausweisen. Das gilt für BundLänder-Vereinbarungen genauso wie für europäische Fördermittel. Budget- und Kontrollrechte des Parlaments sind zu sichern, auch Steuerungsmöglichkeiten im Vollzug müssen durch die Regierung gesichert werden.

Liebe Frau Maicher, deshalb ist es zum Beispiel nicht möglich gewesen, im Rahmen einer laufenden Zielvereinbarung, die bis 2016 läuft, mit den Hochschulen auf der Grundlage einer neuen Zielvereinbarung die 56 Millionen Euro der BAföG-Mittel jetzt in diesem Haushalt zu vereinbaren. Wir sind dabei, mit den Hochschulen die neue Hochschulentwicklungsplanung bis 2025 langfristig zu vereinbaren, parallel die Zuschussvereinbarung, und darauf fußend die hochschulspezifischen Zielvereinbarungen, die dann solche Sachen wie die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, für die wir jetzt 2 Millionen Euro aus den BAföG-Mitteln zur Verfügung gestellt haben, zu verankern, aber genauso auch die Erfüllung des Hochschulpaktes zum Beispiel.

Es ist das Verhältnis von Transparenz und Verwaltungsaufwand auf der Seite der Hochschulen. Es ist das Verhältnis zwischen Hochschulautonomie einerseits und staatlicher Steuerung und Kontrolle andererseits. Es ist das Verhältnis zwischen solider Grundfinanzierung und wissenschaftlich-wettbewerblich eingeworbenen Anteilen des Budgets, was die Balance ausmacht, die wir bei der Hochschulsteuerung – gemeinsam übrigens mit dem Haushaltsgesetzgeber – benötigen.

Wir wollen eine nachhaltige ausgewogene Förderung der Hochschullandschaft mit gezielten Anreizen für innovative Entwicklungen. Diese gezielten Anreize für innovative Entwicklungen – Frau Maicher, ich verstehe auch manchmal die Argumentation der GRÜNEN nicht – war immer das, was die GRÜNEN mit ins Gespräch gebracht haben, dass wir mit solchen Zielvereinbarungen steuern sollen. Dafür braucht man Anreize, Mittel und Töpfe im Haushalt, mit denen sie diese Anreize überhaupt schaffen können. Genau das machen wir gerade, indem wir die BAföG-Mittel gezielt einsetzen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte kurz auf einen Punkt eingehen, der falsch dargestellt wurde. Frau Muster, vielleicht haben Sie sich auf die Bundeszahlen bezogen. Ich würde mich glücklich schätzen, wenn ich 26 Milliarden Euro für die Hochschulen zur Verfügung hätte. Es sind leider nur – aber immerhin – 1,3 Milliarden Euro, die wir im Doppelhaushalt 2015/2016 für die Grundfinanzierung der Hochschulen zur Verfügung haben. Damit gehen wir sehr verantwortungsbewusst um.

Ja, wir haben mehrere Pakte in den letzten Jahren abgeschlossen. Da ist der Hochschulpakt – die Zahlen sind genannt worden – und die Exzellenzinitiative. Wir sind gerade dabei, über die neue Runde der Exzellenzinitiative auf der Grundlage des Artikels 91 b Grundgesetz zu verhandeln, und das nachhaltig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle, die im Wissenschaftsbereich unterwegs sind, alle, die die Hochschulen kennen, wissen, dass Wissenschaft sich vor allem durch Wettbewerb immer wieder erneuert. Es ist in der Forschung wichtig, wie es gerade Holger Mann dargestellt hat, dass DFG-Mittel eingeworben werden. Immerhin hat die Universität Leipzig aktuell 32 Millionen Euro mit drei Sonderforschungsprogrammen eingeworben. Dazu gratuliere ich ihr ganz herzlich, denn das ist wissenschaftliche Exzellenz. Das Einwerben dieser zusätzlichen Mittel obliegt jedoch nur den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern selbst.

Meine Damen und Herren! Frau Maicher, wir sind auf einem guten Weg. Wir machen eine langfristige Hochschulentwicklungsplanung. Wir werden den Artikel 91 b

Grundgesetz dazu nutzen, um verlässliche Arbeitsbedingungen zu schaffen. Wir sind dabei, mit den Hochschulen den Rahmenkodex für gute Beschäftigung an Sachsens Hochschulen zu vereinbaren. Wenn der Rahmenkodex in den Hochschulen verankert ist, können wir zum Beispiel die BAföG-Mittel dauerhaft und nachhaltig zu einem gewissen Teil an die Hochschulen geben. Wenn die Hochschulen damit verantwortungsbewusst umgehen, verankern sie ihn als Dienstvereinbarung. Dann sind wir auch bereit, diese Gelder dauerhaft in die Hochschulen zu verteilen.

Ein wichtiges Thema, das wir mit der heutigen Aktuellen Debatte nicht beendet haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Beifall bei der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Damit ist die 2. Aktuelle Debatte abgeschlossen. Wir kommen zum