Protokoll der Sitzung vom 16.12.2015

Zu kritisieren ist weiterhin – aber dieses Problem besteht ebenfalls seit Jahrzehnten –, dass die Stadtstaaten weiterhin massiv besser gestellt sind und dass ein Großteil des Länderfinanzausgleichs unter anderem in die Bundeshauptstadt fließt, wo relativ wenig erwirtschaftet wird. Hier hätte ich mir ein stärkeres Signal gewünscht, dass auch eine Bundeshauptstadt mehr zum Sparen animiert wird.

Als Fazit kann ich feststellen, dass die Fraktion der Alternative für Deutschland sich nicht gegen den Inhalt dieser vorläufigen Vereinbarung wendet, sondern ebenfalls froh ist, dass es eine Ländereinigung gegeben hat. Für Euphorie ist kein Anlass, weil die Unsicherheiten bei den zukünftigen prognostizierten Steuereinnahmen

bestehen bleiben und weil die Entscheidung des Bundes abzuwarten ist.

Die Aufgabe für Sachsen bleibt weiterhin, die Steuerkraft zu erhöhen, den Mittelstand zu stärken und eben nicht alleinig auf möglicherweise fragile Leuchtturmprojekte zu setzen. Risiken haben wir in Sachsen sowohl in der Energiewirtschaft als auch in der Halbleiterindustrie. Hier brauchen wir ganz dringend Stärkungen für die regionale Wirtschaft, damit der Mittelstand auch weiterhin das Rückgrat der sächsischen Wirtschaft und damit der Garant für stabile Steuereinnahmen sein kann.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das war Frau Dr. Petry für die AfD. Jetzt spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Frau Kollegin Schubert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wieder befassen wir uns heute in einer Aktuellen Debatte der Regierungskoalition mit der Zukunft Sachsens. Ich möchte aber gern über das Hier und Jetzt sprechen.

Im letzten Haushalts- und Finanzausschuss wurde der Sachstand zu den Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich nachgefragt. Finanzminister Prof. Unland hat das in zwei Sätzen kurz zusammengefasst. Erstens. Es gibt eine Einigung unter den Ländern. Zweitens. Der Bund hat sich noch nicht geäußert. Damit ist noch nichts verbindlich oder gar entschieden.

Für eine Sachstandsdarstellung zum Thema Länderfinanzausgleich hätte es heute keiner Aktuellen Debatte bedurft. Sie präsentieren hier wieder ein Thema, das vor allem durch sein mediales Echo Aufmerksamkeit erregt. Der Beitrag Sachsens in den Verhandlungen ist völlig unklar. Was uns klar ist, ist der Beitrag, den Länder mit grüner Regierungsbeteiligung – bundesweit immerhin mittlerweile neun von 16 – dabei geleistet haben. Die Einigung, die zustande gekommen ist, geht damit auch zu wesentlichen Teilen – und auch das ist ein Teil der Wahrheit – zurück auf die Länder, in denen GRÜNE in der Regierungsbeteiligung sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Den Medien war zu entnehmen, dass der Länderfinanzausgleich in der bekannten Form so nicht weitergeführt werden soll. Der Umsatzsteuervorwegausgleich soll nur noch als Ausgleichsebene dienen und hier eine Verteilung nach Bevölkerungsstärke erfolgen. Das klingt nach einer Änderung im Verteilmodus zum bisherigen Verfahren.

Herr Kollege Panter, ich möchte Ihnen widersprechen: Hier wird nichts transparenter. Ganz im Gegenteil, das Ganze wird noch unübersichtlicher, als es im Moment schon ist.

(Jens Michel, CDU:

Waren das auch die GRÜNEN?

Wir hoffen, dass die zukünftigen Transferzahlungen, die verhandelt wurden, dann nicht mehr zweckgebunden als reine Investitionen kommen. Hier möchte ich Sie, Herr Ministerpräsident Tillich, ausdrücklich dazu auffordern, sich dafür einzusetzen. Investive Mittel haben wir reichlich in diversen Fonds gebunden, und zwar auch über das Jahr 2019 hinaus.

Wir alle wissen, dass Sachsen die Ausgleichszahlungen braucht, um seinen Haushalt aufstellen zu können. Es ist natürlich grundsätzlich für uns alle erfreulich, dass die Finanzschwäche und der Bedarf der ostdeutschen Länder nicht infrage gestellt werden.

Bei den beiden Vorgängerreformen des Länderfinanzausgleichs unter Müntefering/Stoiber und Oettinger/Struck bemühte man sich wenigstens noch um ein mehr oder weniger transparentes Verfahren. Landtage und Kommunen waren in gewissem Maße beteiligt. Das ist bei dieser Reform nicht der Fall.

In Sachsen ist es besonders intransparent. Es wurde gar nicht oder auf Nachfragen zum Sachstand nur sehr vage geantwortet. Ich verweise hier auf meine Kleine Anfrage und die Antwort vom 7. September 2015.

Es hat schon einen gewissen Beigeschmack, wenn Sie sich jetzt diese Bühne suchen, um Ihr Hoheitswissen zu präsentieren. Sie bitten uns um parteiübergreifende Unterstützung. Die wäre Ihnen auch gewiss, wenn Sie dafür einen entsprechenden Rahmen schaffen würden.

Ich vermute, die Medien werden früher oder später berichten, wer die Wortführer in den Verhandlungen mit dem Bund gewesen sind und dies auch zukünftig sein werden.

Der Wert der Beiträge der Opposition hier in diesem Hause ist bekannt. Wir würden uns gern einbringen. Vielleicht müssen Sie aber erst einmal dafür diesen Rahmen schaffen, den ich gerade angesprochen habe.

Herr Finanzminister Prof. Unland hat bereits darauf hingewiesen, dass es nicht das schlechteste Zeichen ist, wenn bis Ende des nächsten Quartals der nächste Schritt gemacht ist. Da gehen wir mit. Es ist nachvollziehbar, dass bei einer Steuerkraft von 54 % im Vergleich zum bundesdeutschen Durchschnitt Sie und auch wir über jede weiterführende Regelung nach 2019 froh sind. Aber eine Überbewertung des aktuellen Sachstands im Rahmen einer Aktuellen Debatte ist nicht notwendig.

Die Verhandlungen wirkten von außen nicht wie Verhandlungen. Es hat sich schon der Eindruck aufgedrängt, dass verzweifelt versucht wurde, die am lautesten schreienden Kinder auf allen Seiten irgendwie ruhigzustellen. Schauen wir doch mal, was der Bund und Herr Finanzminister Schäuble letztendlich sagen. Vielleicht können wir dann zeitnah in einem geeigneteren Format darüber sprechen, was die Umsetzung für Sachsen nach der richtigen Entscheidung tatsächlich bedeutet.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Mit Kollegin Schubert sind wir am Ende der ersten Rederunde angekommen. Wir eröffnen, so glaube ich wahrzunehmen, eine zweite. Möchten die einbringenden Fraktionen erneut das Wort ergreifen?

(Christian Piwarz, CDU: Nein!)

Die Fraktion DIE LINKE? – Irgendeine andere Fraktion in der zweiten Rederunde? – Die Staatsregierung hat noch 25 Sekunden übrig. Ich gehe davon aus, dass sie sie nicht ausnutzen will.

(Heiterkeit bei der CDU)

Es möchte also niemand mehr das Wort ergreifen. Damit ist die 1. Aktuelle Debatte abgeschlossen.

Ich rufe auf

2. Aktuelle Debatte

Frist für Umrüstung von Kleinkläranlagen läuft ab – Zehntausende Betroffene brauchen jetzt eine Lösung

über das Jahresende hinaus, Herr Umweltminister!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion DIE LINKE das Wort. Ich gehe davon aus, Frau Dr. Pinka, dass Sie das jetzt ergreifen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese und auch vormalige Staatsregierungen haben mit Hilfe von Herrn Exminister Kupfer und Herrn Minister Schmidt dafür gesorgt, dass die Entsorgung und Aufbereitung von Abwasser der sächsischen Haushalte auf den Stand der Technik gebracht werden. Allein die Förderung von Kleinkläranlagen hat seit 2007 89 Millionen Euro verschlungen. Diese wurden genutzt für die Herstellung von Kleinkläranlagen nach dem Stand der Technik oder für abflusslose Gruben.

Trotzdem gibt es noch viele Menschen, die nicht an den Stand der Technik angeschlossen sind. Das sind immerhin 56 000 Menschen, die einen Anschluss an eine öffentliche Kläranlage brauchen bzw. 135 000 Menschen, die eine dezentrale Umrüstung benötigen.

Kurz vor Weihnachten haben Sie eine neue Richtlinie zur Siedlungswasserwirtschaft angekündigt. Ich habe eben noch einmal gegoogelt: Sie steht immer noch nicht im Internet. Die Sächsische Aufbaubank weiß noch nicht so richtig, was jetzt mit den Anträgen passieren soll.

In der Zwischenzeit wird aber eine relativ harte Linie gefahren, und zwar zur Umsetzung der ermessensleitenden Hinweise, die 2013 herausgekommen sind, und ebenfalls zur Umsetzung des Wassergesetzes. Ich höre aus den Behörden, dass sehr aktiv gearbeitet wird. Es werden wasserrechtliche Erlaubnisse und Aktionspläne erstellt. Es gibt Verhandlungen mit den Abwasserbeseitigungsträgern. In der Landesdirektion geht man relativ forsch vor. Ab 01.01.2016 muss auch von den Behörden irgend etwas geleistet werden.

Wie titelte vor Kurzem die „Freie Presse“ so nett? „Eine harte Linie ist nötig.“ Nun hat diese Linie etwas mit gerade im Freistaat herrschenden rechtswidrigen Zuständen zu tun, denn in genau 15 Tagen erlischt für viele

Menschen in diesem Land die Erlaubnis zum Betreiben einer Kleinkläranlage nach dem Sächsischen Wassergesetz. Da hängt über manchen Menschen schon ein Damoklesschwert.

Die aktuelle Lage vor Ort ist alles andere als überschaubar. Viele der Abgeordneten mit Direktmandat haben sich sicher im ländlichen Raum umgehört und wissen, wie der Zustand ist.

Ich glaube – und deshalb haben wir diese Aktuelle Debatte angeregt –, Sie müssen an dem Kurs etwas ändern, Herr Minister Schmidt. Ich sage Ihnen und hoffe, dass im Verlaufe der Debatte deutlich wird, warum und wie.

Ich stelle mir gemeinsam mit Ihnen eine normale Kleinstadt vor. Wir haben Siedlungen, wir haben Agrarflächen und einen Badesee. Wir wollen den Stickstoffeintrag mindern. Wir wissen, dass im Freistaat Sachsen etwa 10 Tonnen Schadstoffminderungspotenzial existieren,

davon kommen 7 Tonnen aus der Landwirtschaft und 3 Tonnen aus der Siedlungswasserwirtschaft.

Was bedeutet das für unsere Kleinstadt im aktuellen Zustand? Sie kämpft also gemeinsam mit Behörden und Bevölkerung, um den Anschlussgrad zu erhöhen, auch um das Erreichen der wasserrechtlichen Erlaubnis bis zum 31.12.3016. Dabei kämpfen sie um die letzten

150 Gramm Stickstoffminderungspotenzial. Das ändert aber für den Badesee der Kleinstadt gar nichts; denn die Stickstofflast wird überhaupt nicht mehr von den Kleinkläranlagen bestimmt, sondern von der Landwirtschaft.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Kollegin Pinka?