Protokoll der Sitzung vom 16.12.2015

Meine Damen und Herren, die Fraktion DIE LINKE ist an der Reihe. Frau Abg. Meiwald, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten, geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne mit dem Dank an den Rechnungshof. Seitens der Fraktion DIE LINKE freuen wir uns in jedem Jahr auf die spannende Lektüre und die sehr gründliche Arbeit, die der Rechnungshof abliefert, und ich denke, dass es auch für unsere Haushaltspolitik ein sehr wichtiges Instrument ist, den Bericht des Rechnungshofs nicht nur zu lesen, sondern auch zu bewerten.

Ich wünsche mir von der Staatsregierung daher noch etwas mehr Interesse daran. Manche Stellungnahmen der einzelnen Ministerien – nicht jedes Ministeriumd, Kollege Dulig – lassen nicht erkennen, dass man dort sehr viel Wert auf die Hinweise des Rechnungshofs legt. Ich wünsche mir auch von den Koalitionsfraktionen, dass man dort vielleicht dem Rechnungshof eher beitritt, als immer nur zur Kenntnis zu nehmen.

Das Gleiche gilt für die Beratenden Äußerungen, die der Rechnungshof zu den verschiedensten Thematiken anfertigt und die leider Gottes sehr wenig Beachtung finden. Wir werden im nächsten Jahr die Schwierigkeit haben, den Rechnungshofbericht zusammen mit den Haushaltsberatungen hier im Hohen Haus darzustellen. Das, was Martin Dulig vorhin zum Arbeitsschutz sagte, trifft auf den Rechnungshofbericht alljährlich ebenfalls zu. Wir haben es jetzt 22 Uhr – –

(Staatsminister Martin Dulig: 22:27 Uhr!)

Ja, also, es ist schon eine fortgeschrittene Zeit, und es ist eigentlich der Arbeit des Rechnungshofes nicht angemessen, dies um diese Zeit zu behandeln oder die Reden zu Protokoll zu geben oder vielleicht überhaupt nicht zu sprechen. Insofern noch einmal meinen herzlichen Dank an Herrn Prof. Binus und das ganze Haus.

Wir werden uns bei beiden Beschlussempfehlungen enthalten – nicht, weil wir dem Rechnungshofbericht nicht zustimmen, sondern weil wir der Beschlussempfehlung so nicht zustimmen können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Nun die SPD-Fraktion; Herr Abg. Pecher, bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde mir auch wünschen, dass dieses Parlament eventuell in absehbarer Zeit einmal den Mut hat, um diese Zeit solche wichtigen Themen abzusetzen und sie zu einem angemesseneren Zeitpunkt aufzurufen. Vielleicht sollte man sich darüber einmal Gedanken machen.

Ich möchte keine großen Worte machen. Den Dank kann ich natürlich genauso bestätigen. Man muss feststellen, dass sich die stetige Arbeit der kommunalen Rechnungsprüfungsämter in Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Rechnungshof trotz der Anforderungen an die Regierungsebene und die Kommunen – Stichwort: Doppik oder EU-Förderung – positiv auf die Effizienz der Staatsverwaltung auswirkt.

Frau Meiwald, Ihrer Kritik kann ich nicht folgen. Ich glaube, dass sogar die Koalitionsfraktionen mittlerweile mehr Beitritt und zustimmende Kenntnisnahme als die Opposition insgesamt gefordert haben. Ich will es nicht haarscharf zählen, aber ich denke mal, wir sind dabei fast auf Augenhöhe.

Ich möchte hier die Gelegenheit nutzen, aber auch zu sagen: Auch der Rechnungshof ist nicht frei von Kritik. Wenn man natürlich fordert, dass im unterschwelligen Bereich Ausschreibungen durchgeführt werden sollen, und in einer anderen Stellungnahme sagt, dass immer noch zu viel Personal vorhanden sei, so muss man auch einmal darauf hinweisen, Herr Rechnungshofpräsident: Wer soll dann die Ausschreibung vorbereiten und durchführen? Das ist ein Widerspruch in sich.

Ich habe auch ein Problem, wenn der Rechnungshof in politische Wertungen einsteigt, wie zum Beispiel, dass bei freiwilligen Leistungen weiter eingespart werden muss. Ich denke auch, um es einmal auf den Punkt zu bringen, wenn Bürgermeister Respekt vor dem Rechnungshof haben, dann ist das gesund. Wenn Bürgermeister Angst vor dem Rechnungshof haben – was er vielleicht in fünf Jahren prüft; in der jetzigen Situation Stichworte: Asyl, Erlass zur Kreditaufnahme etc. –, dann ist das ungesund,

und ich bitte den Rechnungshof, sich darüber in Zukunft einmal Gedanken zu machen.

Ich wünschen mir, dass vielleicht auch die eine oder andere gesetzliche Regelung auf den Prüfstand kommt, ob sie heute noch zeitgemäß ist. Ich denke insbesondere an das Thema Personaleinsparung, das bis jetzt in allen Rechnungshofberichten, die ich kenne, immer wieder vorangetragen wird, wie im letzten Rechnungshofbericht, der Stellenabbau im Lehrerbereich – ich erinnere: wir nehmen jetzt 670 Neueinstellungen vor – muss weitergeführt werden. Dazu gehört eine gewisse Lebensrealität, die ich so in manchen Bereichen nicht erkennen kann.

Auch das Thema, diesen Freistaat mit der impliziten Verschuldung quasi armzurechnen, also die theoretische Variante, dass alle eventuellen Versorgungsempfänger an einem Tag im Jahr aufschlagen und ihre Versorgungsbezüge, die sie irgendwann in diesem Bereich an einem Tag kassieren könnten, geltend machen könnten, ist lebensfremd. Es mag finanziell korrekt sein, aber es tritt nie ein. Deshalb habe ich damit ein Problem.

(Zuruf des Abg. Jens Michel, CDU)

Denn dieser Freistaat steht besser da, als er mit dieser Rechnung dargestellt wird, und ich denke, wir sind es uns wert, dies auch einmal zu verteidigen. Also wäre mein Wunsch – bei aller Dankbarkeit für die Arbeit des Rechnungshofes –, dass in Zukunft vielleicht auch einmal hingeschaut wird, wo sich die Lebensrealitäten zurzeit und in Zukunft ändern.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Nun die AfD-Fraktion; Herr Abg. Barth, bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich im Namen der gesamten AfDFraktion beim Sächsischen Rechnungshof für die Erstellung des Jahresberichtes 2014 recht herzlich zu bedanken.

Diesen Rechnungshofbericht verstehe ich vorrangig als eine Mahnung an die Politik, die Haushaltsführung des Freistaates auf die absehbaren Herausforderungen der kommenden Jahre vorzubereiten. Der Sächsische Rechnungshof hat in seinem Jahresbericht diese Herausforderungen auf Seite 61 eindeutig benannt. Ich möchte einige wesentliche Schwerpunkte kurz herausstellen.

Erstens – Rückgang der Osttransfermittel und der EUFördermittel. Der Sächsische Rechnungshof stellt fest, dass die Investitionsausgaben zum überwiegenden Teil durch die Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisungen finanziert werden. Diese Mittel sind genau wie die KorbII-Mittel und die EU-Fördermittel rückläufig. Wenn die Investitionsaufgaben auf hohem Niveau gehalten werden sollen, muss der Freistaat den Anteil der Eigeninvestitionen erhöhen. Der Sächsische Rechnungshof mahnt bereits im Jahresbericht 2013 ein Konzept zum langfristigen

Vermögenserhalt an. Dieses Konzept hinsichtlich eigenfinanzierter Investitionen – das will ich zugeben – wurde am heutigen Tage zumindest teilweise beschlossen.

Zweitens – Auswirkungen der demografischen Entwicklung. Die demografische Entwicklung im Freistaat Sachsen ist gekennzeichnet durch einen stetigen Bevölkerungsrückgang und einen steigenden Anteil der älteren Bevölkerung im ländlichen Raum. Setzt sich der Rückgang der Bevölkerung, vor allem der steuerpflichtigen Bevölkerung, fort, so droht dem Freistaat Sachsen unter Umständen ein weiterer Einnahmenrückgang.

Drittens – dauerhafte Einhaltung der Schuldenbremse. Der Schuldenstand des Freistaates Sachsen betrug gemäß Haushaltsrechnung 2012 11,5 Milliarden Euro oder rund 2 800 Euro je Einwohner. Seit 2006 wurde der Schuldenstand reduziert. Dies sollte seitens der Staatsregierung fortgesetzt werden. Der Sächsische Rechnungshof regt an, die sehr gute Einnahmensituation zu nutzen, um den Schuldenabbau zu beschleunigen, oder durch verstärkte Rücklagenbildung Vorsorge zu treffen, um die Schuldenbremse auch dauerhaft einhalten zu können.

Viertens – Neugestaltung des Länderfinanzausgleichs ab 2020. Der Freistaat bekommt jährlich circa 1 Milliarde Euro aus dem horizontalen Länderfinanzausgleich. Die gesetzlichen Grundlagen dafür treten mit dem 31.12.2019 außer Kraft. Eine befriedigende Anschlussregelung zum Finanzausgleich ab dem Jahr 2020 ist wichtig, um die Einnahmensituation des Freistaates abzusichern. Diese Regelung muss, wie die heutige Aktuelle Stunde gezeigt hat, noch beschlossen werden.

Fünftens – Deckungslücken Pensionslasten. Die Zahlungsverpflichtungen der Altersvorsorge stellen mit 56 % bilanziell die größte Schuldenposition des Freistaates dar.

Die Deckungslücke zwischen den Pensionsverpflichtungen und den Ansparungen im Generationsfonds und die Versorgungsrücklage gemäß Vermögensrechnung 2012 ist auf 7 Milliarden Euro gestiegen. Derzeit werden durch das Vermögen des Generationsfonds nur ein Drittel der bestehenden Pensionsverpflichtungen abgedeckt. Deshalb fordert der Rechnungshof, mögliche Mehreinnahmen auch zu einem beschleunigten Aufbau des Generationsfonds zu verwenden. Dieser Forderung ist die Staatsregierung bisher noch nicht nachgekommen.

Sechstens – konjunkturell bedingte Schwankungen durch Steuereinnahmen. Angesichts der Wachstumssorgen

weltweit sind auch rückläufige Steuereinnahmen in den nächsten Jahren keinesfalls ausgeschlossen. Die zunehmende Abhängigkeit des Freistaates Sachsen von der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland erfordert die Vorsorge gegen einnahmen- und ausgabenseitige Risiken. Aus diesem Grund empfiehlt der Rechnungshof im Jahresbericht 2014 folgerichtig eine jährliche Ausgabenreduzierung um 0,5 %.

Die Staatsregierung macht aktuell jedoch eher das Gegenteil. Konzepte, wie den Herausforderungen der Zukunft begegnet werden soll, existieren vollumfänglich nicht. Ein

vorsichtiger Kaufmann sorgt ausreichend für die Zukunft vor, und zwar nicht dann, wenn sich die Risiken realisieren, sondern dann, wenn es ihm gut geht und seine Einnahmen hoch sind.

Meine Damen und Herren! Dieser Zeitpunkt ist jetzt, und das ist das Fazit, welches wir alle aus dem uns vorliegenden Jahresbericht entnehmen sollten.

Ich danke Ihnen recht herzlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Und nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Abg. Schubert. Sie haben das Wort, Frau Schubert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses zum Band 1 lautet nach Mehrheitsbeschluss: Kenntnisnahme. Dem wird sich meine Fraktion nicht anschließen.

Wir teilen die grundsätzlichen Anmerkungen und Prüfergebnisse des Sächsischen Rechnungshofes und würden hier sehr gern einen „Beitritt“ sehen. Der Rechnungshof hat in seiner Arbeit wiederholt dringenden Handlungsbedarf aufseiten der Staatsregierung aufgezeigt, darunter auch Problemfelder, die auch wir GRÜNEN regelmäßig anmahnen. Drei davon möchte ich exemplarisch herausgreifen.

Ganz oben auf der Liste steht für uns – Sie ahnen es schon – das nach wie vor nicht vorhandene personalwirtschaftliche Konzept für die Landesverwaltung. Im September soll der Zwischenbericht dem Kabinett vorgelegen haben. Da wir als Abgeordnete bis heute noch nicht darüber informiert wurden, sind uns die Zwischenergebnisse auch noch nicht bekannt. Wir GRÜNE fordern seit Jahren eine Personalstrategie, die einen leistungsfähigen öffentlichen Dienst in Sachsen sicherstellt.

(Beifall des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Bis jetzt haben die uns bekannten Aktivitäten der Staatsregierung weder uns noch offenkundig den Rechnungshof überzeugt. Daher hat dieses Thema für uns nach wie vor oberste Priorität. Wir erwarten hier erheblich mehr als eine Kenntnisnahme. Wir erwarten ein Bekenntnis, das mit einem Beitritt klarer ausfallen würde.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch teile ich vollumfänglich die Kritik des Rechnungshofes in Bezug auf die Extrahaushalte. Erst heute haben Sie wieder über eine Milliarde Euro in Sondervermögen verschoben. Für den Landesteil haben Sie im Gesetzentwurf nicht angegeben, woher das Geld kommt, und Sie konnten auch nicht überzeugend beantworten, ob der Investitionsbedarf für Sachsen analysiert bzw. erhoben wurde. Im Gegenteil: Die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände haben in der Anhörung bestätigt, dass es so etwas heruntergebrochen für Sachsen noch nicht gibt.

Dabei stellt sich natürlich die Frage, nach welchen Kriterien die Ergebnis- und Erfolgskontrolle erfolgen wird. Ich vermute einmal, dazu wird dann leider – vielleicht ausschließlich – der Mittelabfluss herangezogen. Wir GRÜNEN wollen aber eine ordentliche Bedarfsermittlung, verantwortungsvolle Fach- und Rechtsaufsichten und Förderungen, bei denen vonseiten der Staatsregierung mehr geleistet wird, als allein den ordnungsgemäßen Mittelabfluss zu kontrollieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Weil wir gerade bei der Erfolgsbewertung von Förderprogrammen sind: In Sachsen gilt ein Förderprogramm dann als erfolgreich – ich sagte es bereits –, wenn der Mittelabfluss besonders hoch ist. Daher teilen wir auch hier die Kritik des Rechnungshofes zum Fördervollzug durch die Sächsische Aufbaubank vollumfänglich. Da die SAB in signifikanter Höhe das Fördergeschäft betreibt und auch zukünftig betreiben wird, finden wir GRÜNE, ist hier mehr Achtsamkeit und Professionalisierung deutlich geboten.

(Beifall bei den GRÜNEN)