gibt es Journalistinnen und Journalisten, die wissen, wie man recherchiert. Ich glaube, im Sinne von Demokratie und Pressefreiheit müssen wir ihnen gerade jetzt den Rücken stärken.
Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion ist an der Reihe. Bitte, Herr Abg. Hartmann, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antragstitel lautet: „Pressefreiheit im Freistaat Sachsen schützen, die Freiheit der Berichterstattung nicht preisgeben: Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten sind Angriffe auf Grundrechte und müssen unterbunden werden!“ In der Tat: Schauen wir uns das Thema einmal etwas genauer an, so ist festzustellen, dass nach Berichten der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ die feindselige Stimmung gegenüber Journalistinnen und Journalisten in Deutschland in den Jahren 2014 und 2015 zugenommen hat.
Nicht nur das: Immer öfter treten Aggressionen auch offen zutage. Bei Demonstrationen in verschiedenen Städten wurden Journalisten beleidigt, angepöbelt und von kleineren Teilnehmergruppen durchaus auch tätlich angegriffen. Einen vorläufigen traurigen Höhepunkt bildet dabei die Pfeffersprayattacke, die ein Kamerateam des MDR bei einer Demonstration in Magdeburg erlebte.
Plakativ drückt sich die Ablehnung der etablierten Medien in Parolen wie „Lügenpresse“ oder „Volksverräter“ aus; Frau Köditz hat es erwähnt. In dieser Etikettierung steckt ein tief sitzendes und wachsendes Misstrauen gegenüber einer objektiven Berichterstattung, die teilweise der Ablehnung der Staatsmedien der DDR ähnelt. „Staatseigene Propagandaschmierblätter“, „Systemblätter“ – all das fällt in diesen Zusammenhang.
Neben tatsächlichen Übergriffen sehen sich Journalisten zunehmend auch Beschimpfungen und Drohungen ausgesetzt. Besonders gravierend fallen die verbalen Attacken jedoch in den sozialen Netzwerken, den sozialen Medien aus. Hier fallen offensichtlich alle Hemmungen, hier entwickelt sich eine Art „Stammtisch 2.0“. Das merken nicht nur Journalistinnen und Journalisten, sondern auch viele von uns in ihrer täglichen Arbeit. Hier wird ohne Rücksicht auf Verluste herumgepöbelt und aus der Anonymität heraus beleidigt.
Auf den Facebook-Seiten der AfD kommentiert beispielsweise der Nutzer Günter Heinzelmann: „Ich sehe dort in dem Video eine Mitarbeiterin des ZDF, die, nachdem sie lange sehnlichst um eine Tracht Prügel gebettelt hatte, dann endlich wenigstens geschubst worden ist, wobei sie sich absichtlich den Demonstrierenden in den Weg gestellt hat.“ Aussagen wie diese und noch eklatante
re – teilweise auch offen zu Gewalt aufrufende, insbesondere gegen Journalistinnen und Journalisten – sind besorgniserregend. Dieser Entwicklung müssen wir uns entgegenstellen.
Ich möchte noch ein Beispiel geben, das auch bei Facebook zu finden ist: „Aber solche Leute, die so einen Müll von sich geben, wundern sich noch, wenn sie auf PegidaDemos wat aufs Gesicht kriegen.“ Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist eine Entwicklung, die wir tatsächlich nicht akzeptieren und hinnehmen können. Internet und soziale Medien werden zunehmend zur Reflexionsfläche extremistischer Ansichten und Auffassungen. Es wird gegen Minderheiten gehetzt, es werden Vorurteile gestreut und es wird offen zu extremistischen Positionen aufgerufen, für diese geworben. Regelmäßig werden dabei auch Straftatbestände erfüllt.
An dieser Stelle gilt es, daran zu erinnern, dass Presse- und Meinungsfreiheit elementare Rechte unserer Gesellschaft sind. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist in Artikel 5 des Grundgesetzes verankert. Das ist ein unbedingt schützenswertes Recht; es gehört zu den Kernbestandteilen unseres Systems. Hierzu gehört die Pressefreiheit gemeinsam mit der Meinungsfreiheit, der Rundfunkfreiheit und der Informationsfreiheit.
Dass das Grundrecht der Meinungsfreiheit nicht absolut gilt, muss man an dieser Stelle gelegentlich auch wieder einmal in Erinnerung rufen. Dies findet genau dort Anwendung, wo die Rechte anderer, vor allem Grundrechte anderer berührt werden, beispielsweise wenn man zu Gewalt gegenüber Dritten aufruft. Wer Journalisten angreift und sie verletzt, verstößt klar gegen geltende Grundrechte. Es ist mit Sicherheit nicht mehr durch die Meinungsfreiheit gedeckt, wenn ich in die Rechte der körperlichen Unversehrtheit anderer mittelbar oder unmittelbar eingreife. Hier müssen wir als Staat, als Rechtsstaat alle Mittel zur konsequenten Bekämpfung nutzen.
Gleiches gilt für Hasstiraden, egal ob im Netz oder auf Demonstrationen. Dort, wo Meinungsäußerungen Menschen in ihrer persönlichen Ehre verletzen oder wo es zu Beleidigungen oder Verleumdungen kommt, die strafrechtlich relevant sind, sind Grenzen klar überschritten.
Jedoch gilt auch: Aussagen mögen noch so geschmacklos sein, wir mögen ihnen noch so sehr widersprechen – solange sie nicht rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, werden wir sie in der Demokratie ertragen müssen. Auch das ist der Demokratie immanent, dass jeder seine Meinung sagen kann. Allein unser geltendes Recht markiert somit die Trennlinie zwischen dem, was sagbar ist, und dem, was nicht sagbar ist. Andernfalls würden wir unsere freiheitlichen Grundwerte ad absurdum führen. Damit würden wir jenen in die Hände spielen, die nur an eine Fassadendemokratie glauben. Der viel gerühmte erhobene Zeigefinger wird uns an dieser Stelle nicht weiterhelfen.
Insoweit, meine sehr geehrten Damen und Herren, stellt sich die Frage, was konkret zu tun ist. Ganz klar: Alle
Übergriffe oder Äußerungen, die sich im Speziellen gegen Journalisten oder Personen jeglicher Couleur richten und strafrechtliche Relevanz besitzen, müssen konsequent zur Anzeige gebracht – also auch selbst angezeigt – und dann entsprechend geahndet werden.
Journalisten sind bei der Ausübung ihrer Arbeit zu schützen. Sie sind sicherlich Bestandteil eines entsprechenden polizeilichen Handlungskonzepts in Versammlungslagen. Ich möchte aber deutlich sagen: Einen polizeilichen Personenschutz halte ich im Einzelfall nicht für erforderlich, es sei denn, es gibt konkrete, begründete Verdachts- und Bedrohungsszenarien für einzelne Personen.
Der Vorfall in Magdeburg hat aber auch gezeigt, dass die Polizei schnell und professionell handeln kann. Die Täter wurden festgenommen, die Tatwaffe sichergestellt. Eine schnelle und umfassende Betreuung der Opfer erfolgte. Es gab auch entsprechende positive Reaktionen der Journalisten.
Ein möglicher Ansatz für die Sicherheit von Großveranstaltungen ist sicherlich auch das Thema eines konkreten Einsatzes von Videoüberwachung, um Täter und Tätergruppen schneller identifizieren zu können. Man kann auch über die Frage einer entsprechenden Schutzregelung im Strafgesetzbuch nachdenken. Wir haben aktuell wieder eine entsprechende Diskussion im Bereich der Polizei, auch zur Verschärfung von Straftatbeständen. Letzten Endes ist es auch eine Frage dessen, wie ich den Verfassungsschutz in seiner Arbeit ausrichte und welche entsprechenden Beobachtungsszenarien im Vorfeld gesucht werden.
Insoweit begrüßen wir ausdrücklich den Entschließungsantrag „Extremistische Straftaten gemeinsam bekämpfen“, den die Sächsische Staatsregierung gemeinsam mit dem Freistaat Bayern, dem Land Mecklenburg-Vorpommern und Berlin in den Bundesrat einbringen will. Er enthält wichtige Vorschläge, mit denen Hetze, Verleumdung oder sonstige verbale Entgleisungen strafrechtlich besser geahndet werden können.
Zu Ihrem Antrag, meine sehr geehrten Damen und Herren von der LINKEN, möchten wir sagen: Wir werden ihn heute dennoch ablehnen.
Damit werden keine wesentlichen neuen Erkenntnisse zu gewinnen sein, da die Statistiken keine Auskunft zu Übergriffen auf bestimmte Personengruppen geben.
Es braucht weniger Zahlen als vielmehr konkrete Maßnahmen, um Journalisten zu schützen. Ich verweise noch einmal auf die Initiative unserer Staatsregierung im Bundesrat, die hierzu einige zentrale Punkte enthält, etwa bezüglich des Strafgesetzbuchs und der Strafprozessordnung, um relevante Straftatbestände zu prüfen, oder im Hinblick auf eine Neufassung statistischer Erhebungsrahmen, die für eine Gesamtbewertung auch deutschlandweit eine Grundlage bilden könnte, und hinsichtlich der Frage, wie wir Erkenntnisse über extremistische Strukturen nicht nur gewinnen, sondern sie daraufhin
Letztendlich gilt auch hier eine Wahrheit, die da heißt: Einen hundertprozentigen Schutz kann es nie geben. Es gibt auch so etwas wie ein entsprechendes Berufsrisiko im Rahmen normaler Parameter, die jeder von uns auch für sich definiert. Diese finden aber ihre Grenzen da, wo offensichtlich von vornherein Gewalt gegen und Angriff auf Journalistinnen und Journalisten das Ziel ist.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Titel des Antrages ist von einer vergleichbaren Größe wie der Titel der 2. Aktuellen Debatte heute Morgen. Das ist aber nur eine formale Parallele zwischen diesen beiden Punkten der heutigen Plenarsitzung. Es gibt auch das Grundthema, das beiden innewohnt: Wie steht es mit dem Rechtsstaat, wie steht es mit dem Schutz unserer Demokratie und der Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger?
Ich möchte etwas formal beginnen. Ich war etwas verwundert, dass die Fraktion DIE LINKE diesen Antrag ins Plenum gezogen hat, weil er ja weit mehr Fragen aufwirft, als er sozusagen Handlungsmöglichkeiten präsentiert.
Es wäre aus meiner Sicht viel besser gewesen, diesen Antrag in den Ausschüssen zu beraten, wo auch der Raum gewesen wäre, tatsächlich im Detail zu diskutieren, welche Maßnahmen wir vielleicht schon auf dem Schirm haben, die nur noch nicht umgesetzt werden müssen oder wo wir vielleicht sogar überlegen, welche weiteren Maßnahmen getroffen werden könnten, um für diese Berufsgruppe die Sicherheit in solchen Situationen zu verbessern.
Ihr habt Euch anders entschieden. Ich finde, dass das hier nicht der richtige Raum ist, um so in die Tiefe zu gehen. Das ist leider so. Deswegen werden wir – aus diesem Grund hauptsächlich – dem Antrag nicht zustimmen. Aber das ändert nichts daran, dass es auch für uns ein sehr wichtiges Thema ist und dass wir dazu auch eine sehr deutliche Position einnehmen, die ich gern jetzt im Folgenden noch darlegen möchte.
Erst heute Mittag haben wir in der Aktuellen Debatte, Teil 2, auch darüber diskutiert, was die Regierungskoalition macht, um die Sicherheit im Freistaat Sachsen im Allgemeinen, aber eben auch bei Versammlungen und für Journalistinnen und Journalisten zu erhöhen und auf hohem Niveau zu halten. Das gilt, das wurde heute
deutlich, für alle Bürgerinnen und Bürger und selbstverständlich auch für Medienvertreter, die sich mitunter einem durchaus erhöhten Risiko im Zuge ihrer Berufsausübung ausgesetzt sehen.
Wir erleben – das haben die beiden Vorredner umfangreich beschrieben – in den letzten Monaten zahlreiche Situationen, insbesondere im Umfeld von Demonstrationen von Pegida, deren Ablegern oder anderen Initiativen, die aus diesem Spektrum heraus Demonstrationen organisieren, dass nicht nur konkrete Gefahren, sondern immer häufiger Bedrohungen bis hin zu körperlichen Auseinandersetzungen gegen die Medienvertreter auftreten.
Frau Köditz, Sie haben davon gesprochen, dass Sie den Medienvertretern den Rücken stärken wollen. Ich finde das richtig. Ich finde aber, dass wir mehr tun müssen, als hier im Landtag darüber zu debattieren. Es ist sicher wichtig, einmal das Signal zu senden und die unterschiedlichen, aber vielleicht auch ähnlichen Haltungen der Fraktionen zu beleuchten. Aber ich glaube, es bedarf einer tiefergehenden Diskussion, um die einzelnen Aspekte zu bewerten.
Wir erkennen bei Pegida seit etwa einem Jahr eine stetig zunehmende Radikalisierung. Angesichts der populistischen Stimmungsmache und dem Zündeln auf offener Bühne ist das offensichtlich. Klar ist aber auch, dass uns die Entwicklung im Umfeld dieser Demonstrationen, insbesondere Handlungen gegen Medienvertreter, nicht egal sein darf. Es muss ganz klar sein: Handlungsauftrag für die Polizei im Zuge solcher Versammlungslagen ist es, Angriffe, Bedrohungen, Gefahren für Personen, aber auch für die Rechtsordnung möglichst zu verhindern. Wenn Menschen bedroht oder gar verletzt werden, egal, ob es Journalisten oder Ehrenamtliche oder Mandatsträger oder reine Privatpersonen sind, dann muss das strafrechtliche Konsequenzen haben. Das ist gar keine Frage.
Angriffe auf Pressevertreter haben aber noch eine andere Dimension. Das ist eben auch ein Angriff auf unsere Demokratie. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung sind hohe Güter unseres demokratischen Systems. Aus gutem Grund ist die Pressefreiheit als Grundrecht im Grundgesetz und in unserer Sächsischen Verfassung verankert.
Von Anfang an – Kollegin Köditz hat es deutlich gemacht – wird im Umfeld von Pegida über die sogenannte Lügenpresse hergefallen und Medienvertreter insgesamt verunglimpft. Gemeint sind aber all jene Medien, die nicht die Meinung der Demonstrationsteilnehmer widerspiegeln. Das ist eine eindeutige Abkehr von einem pluralistischen Mediensystem und macht die Demokratieferne derer deutlich, die den Begriff der Lügenpresse benutzen. Den nicht genehmen Medien wird Zensur unterstellt. Zunehmend wird der Zutritt von Medienvertretern zu Bürgerversammlungen oder ähnlichen Anlässen verwehrt. Das ist ziemlich scheinheilig. Eben diesen Medien, denen Lügen vorgeworfen werden, wird dadurch die Berichterstattung mindestens erschwert, wenn nicht
Das ist unabhängig davon, woher der Begriff Lügenpresse eigentlich kommt. Ich sage das noch einmal in diesem Rahmen. Das ist ein Begriff, der aus der Zeit des Nationalsozialismus stammt und dazu diente, die Gleichschaltung der Medien nach der Machtergreifung Hitlers inhaltlich zu rechtfertigen. Daher kommt dieses Wort. Ich unterstelle nicht, dass das eine bewusste Anleihe ist. Aber die Parallelen erschrecken mich dann doch.
Der Schutz von Demokratie und ein starker demokratischer Rechtsstaat sind natürlich zunächst einmal Aufgabe staatlicher Institutionen. Aber das ist eben nicht nur Aufgabe staatlicher Institutionen und auch keine Frage der Ausstattung dieser Institutionen mit Personal und Sachmitteln. Ich bin überzeugt davon: In der Frage der Sichtweise auf unser Mediensystem und die Pluralität werden wir langfristig die Zustimmung, auch die Zustimmung zur Demokratie, nur erhöhen können, wenn wir an unterschiedlichen Bereichen in der gesamten Gesellschaft ansetzen.
Ich will beispielhaft einige Bereiche nennen, bei denen wir weiterkommen müssen: Wir müssen die inner- und außerschulische Bildung spürbar verstärken. Wir müssen viel stärker zivilgesellschaftliche Begegnungen ermöglichen, Begegnungen zwischen Gruppen und Kulturen, um Vorurteile abzubauen. Damit hängt zusammen, wie ich mit einer Gruppe umgehe und auf sie schaue, die eigene Regeln der Berufsausübung hat, die ich vielleicht nur ansatzweise oder gar nicht verstehe.
Schließlich brauchen wir den Schulterschluss und das Einstehen für Demokratie aller Demokraten in unserer Gesellschaft, die sich immer wieder klar und deutlich gegen menschenverachtende und rassistische Propaganda äußern. Dazu zähle ich auch die Lügenpresse-Rufe inmitten vieler Demonstrationen. Dabei ist es egal, ob diese Demokraten Politiker sind, Mitglieder von Parteien, Vereinen oder Institutionen, oder ihre Mitwirkung in der Demokratie bisher eher auf die Nutzung des aktiven Wahlrechts beschränkt haben. Um das zu erreichen, brauchen wir vor allem eine Politik, die all denen den Rücken stärkt, die für unsere demokratische Grundordnung und unsere Grundwerte einstehen.
Dieses Ziel werden wir nicht erreichen, indem wir diesen Antrag heute hier debattieren. Das ist mir klar. Wir werden es auch nicht erreichen, wenn wir diesen Antrag beschließen würden. Ich hatte bereits ausgeführt, dass ich gewisse Schwierigkeiten damit habe, dass es keinen Raum gegeben hat, stärker über inhaltliche Aspekte zu diskutieren. Ich wiederhole, dass wir ihn deshalb nicht annehmen werden. Aber das ändert nichts daran, dass wir die Positionen teilen und tagtäglich leben müssen. Wir alle sind gefordert, das zu tun, damit allen menschenverachtenden und antidemokratischen Tendenzen offen entgegengetreten werden kann.