Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei den heute gefallenen Sachargumenten wundert es mich eigentlich schon, wie sehr Sie sich verrenken müssen, indem Sie sagen, Sie lehnen unseren Antrag ab, denn Sie bringen danach fast nur Argumente, die eigentlich dafür sprechen, dem Ganzen zuzustimmen.
Noch eine kurze Bemerkung. Herr Heidan, bei Ihrer Rede hatte ich etwas den Eindruck, dass Sie nicht so richtig begriffen hatten, worum es im Grunde geht. Entweder sind Sie schon wieder so tief in ideologischen Schützengräben eingemauert, dass Sie es nicht verstehen wollen, oder Sie haben es einfach nicht gelesen. Ich weiß es nicht. Alles andere, was Sie danach aufgeführt haben, war eigentlich eins zu eins eine Begründung für unseren Antrag. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken.
Zur Geschichte mit Herrn Putin. Ich glaube, den letzten Orden an Herrn Putin hier in Dresden haben nicht wir vergeben. Da haben Sie bestimmt noch engere Kontakte.
Auch die Kleine Anfrage, auf die heute schon mehrfach Bezug genommen wurde, ist gerade nicht das, was wir wollten, sondern sie ist eigentlich in unseren Augen ein Offenbarungseid des ehemaligen Wirtschaftsministers, dass bisher nichts weiter gelaufen ist; denn wo es keine Hilfsangebote gibt, kann es auch keine Nachfrage nach dem Ganzen geben.
Die Argumente in der Debatte sind gefallen. Den Unternehmen helfend unter die Arme zu greifen, ist offenkundig. Ich bitte Sie ganz herzlich, dass Sie unserem Antrag zustimmen.
Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung über die Drucksache 6/62. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Der Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt bei keinen Enthaltungen und Stimmen dafür. Dieser Tagesordnungspunkt ist damit beendet.
Wir beginnen mit der Aussprache. Zunächst die AfD, danach die CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung. Für die Fraktion AfD Herr Dr. Dreher.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die beste Lösung, ohne neue Steuergelder zu verschwenden und die Verwaltungsbürokratie aufzublähen, heißt einfach, dass die Russlandsanktionen möglichst bald aufgehoben werden müssen. Die Zuständigkeit des Landtags wurde hier angesprochen. Ich empfehle ein Studium des Artikels 64 Abs. 1 der Sächsischen Verfassung, aus dem Sie lernen können.
Die Sanktionen helfen unserer Wirtschaft nicht, sie schaden bei der Konfliktlösung. Durch die Sanktionen – das wurde mehrfach angesprochen, es ist bekannt – ist der Warenexport nach Russland beschränkt. Produkte auf den EU-Verbotslisten dürfen nicht mehr nach Russland exportiert werden und russische Banken verlieren ihre günstigen Refinanzierungsmöglichkeiten auf dem westeuropäischen Kapitalmarkt. Das führt zu einem Anstieg der Zinsen in Russland und drosselt zusätzlich die russische Nachfrage nach Gütern auch in Deutschland und in Sachsen.
Deutschland ist mit einem Exportvolumen von 76,5 Milliarden Euro im Jahr 2013 Russlands Haupthandelspartner in Europa insbesondere in den Bereichen Kfz und KfzTeile mit 19,8 % des Exports, chemische Erzeugnisse mit 15,8 %, Maschinenbau mit 23,7 %. In Deutschland hängen allein 350 000 Arbeitsplätze vom Handel mit Russland ab.
Sachsen – Sie haben die Zahlen schon gehört, aber sie werden gern noch einmal wiederholt, dass es hängen bleibt – hatte 2013 mit 4,3 % einen höheren Exportanteil mit Russland als Deutschland insgesamt, durchschnittlich 3,3 %. Die Exportbeschränkungen treffen also in allererster Linie unsere sächsische Wirtschaft, unsere Unternehmer und Arbeitgeber. Diese Exporte sind – wir haben es schon gehört – durch die Sanktionen bereits dramatisch eingebrochen und werden durch die neuen Sanktionen noch weiter einbrechen. Im 1. Halbjahr 2014 gingen sie bereits um 15 % zurück, und ein weiterer dramatischer Rückgang ist zu erwarten.
Der deutsche Industrie- und Handelskammertag schreibt in seinem Herbstkonjunkturbericht 2014, dass in Ostdeutschland bei der Investitionsgüterindustrie und im Fahrzeugbau die Konjunkturerwartungen einbrachen. Die sächsischen Ausfuhren nach Russland gingen im Juni 2014 um 43 % zurück und im August 2014 um 48 %. Das sind dramatische Zahlen. Besonders betroffen war erneut
der größte sächsische Wirtschaftszweig, die Metall- und Elektroindustrie, mit 53 %. Auch der Ostausschuss der deutschen Wirtschaft, eine Interessenvereinigung deutscher Unternehmen mit Engagement in Osteuropa, warnte bereits Ende Mai vor einem Rückgang des Russlandhandels um 6,6 Milliarden Euro. 26 400 Arbeitsplätze sind akut gefährdet, die neuen Sanktionen werden das verstärken.
Die Sanktionen führen in Sachsen zu dauerhafter Arbeitslosigkeit. Das ist das Problem, warum irgendwelche Staatsprogramme hier nicht helfen; denn die bisherigen erfolgreichen Handelsbeziehungen Sachsens zu Russland werden durch andere Handelsbeziehungen mit konkurrierenden Unternehmen auf dem Weltmarkt, beispielsweise in China, ersetzt. Ich wiederhole auch gern Herrn Finger vom VSW, denn es wird nicht falsch, nur weil die LINKEN die Zahlen schon einmal gesagt haben. Wer glaubt, die Firmen könnten sich kurzfristig neue Abnehmer für ihre Produkte und Dienstleistungen suchen, der verkennt, wie Wirtschaft funktioniert. Wirtschaft fußt auf Vertrauen, das sich in langjährigen Geschäftsbeziehungen widerspiegelt, auch in Russland.
Schauen wir einmal die andere Seite an. Gewinner der Sanktionspolitik sind die Vereinigten Staaten von Amerika, denn diese haben kaum einen Güteraustausch mit Russland. Einer der führenden deutschen Mittelständler, Wolfgang Grupp von der Firma TRIGEMA, sagt, dass die Sanktionen gegen Russland nur den Vereinigten Staaten nützen und den Frieden auf unserem Kontinent gefährden. Außerdem sieht er Europa als wichtigsten Wirtschaftskonkurrenten der USA, und mit diesen Sanktionen wird Europa geschwächt.
Hinzu kommt noch etwas anderes, und das ist hier zu kurz gekommen: Sanktionen helfen nicht bei der Lösung dieses Konflikts. Im Gegenteil, Sanktionen schlagen Türen zu, durch die Geschäftspartner gehen können. Geschäftspartner hören einander zu, Konfliktparteien kaum oder gar nicht. Konfliktparteien sprechen übereinander, Geschäftspartner reden miteinander. Die aktuelle Blockadepolitik – das ist der dritte Punkt – schadet auch dem Vertrauen der Wirtschaft in die Verlässlichkeit der Bundesregierung.
Zunächst hatte die deutsche Politik die Unternehmer aufgefordert, in Russland zu investieren, und jetzt kommt die Rolle rückwärts. Man zwingt sie mit Sanktionen, ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu russischen Unternehmen auf Eis zu legen. Das ist schädlich für die deutsche und insbesondere die sächsische Wirtschaft.
Meine Damen und Herren! Gerade haben wir 25 Jahre Mauerfall gefeiert, und doch sind wir gerade dabei, eine
neue Mauer, eine Wirtschaftsmauer, die Europa spaltet, zu unser aller Schaden auf beiden Seiten der Mauer, aufzubauen.
Ich möchte schließen mit den Worten eines großen deutschen Politikers, Helmut Schmidt: „Sanktionen sind dummes Zeug.“
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Petry, nehmen Sie es mir bitte nicht übel, aber vor der Wahl ist es immer einfacher zu sagen, wir wollen effektiv sein, wir wollen den Landtag verkleinern. Es wäre angebracht gewesen, dieses Thema, das wir eben mit dem Antrag der LINKEN besprochen haben, in die Diskussion als einen Tagesordnungspunkt hineinzunehmen.
Das sehe ich als effektive Arbeit. Dass es Ihnen jetzt nicht gelungen ist, können Sie als Beleg dafür nehmen, dass der Antrag der LINKEN eher ein Schaufensterantrag war. Ich weiß nicht, wie die Gespräche geführt worden sind, wenn Sie sich nicht einigen konnten.
Es ist Usus, zu einem Thema nur einen Tagesordnungspunkt zu haben. Dort können viele Anträge hineinfließen.
Ich glaube, wir haben eben von Dr. Dreher noch einmal dieselben Argumente gehört, die wir bereits ausgetauscht haben. Unsere Fraktion wird diesem Antrag nicht zustimmen;
Dass Sie besondere Beißempfindungen haben, wenn Sie von EU-Embargo sprechen, ist klar. Wir wissen, dass bei Ihnen, wenn EU draufsteht, immer Teufelszeug vermutet wird. Wir hatten uns in dem letzten Tagesordnungspunkt darüber verständigt, warum es die Sanktionen gibt. Die machen uns alle nicht glücklich. Das sage ich an der Stelle deutlich. Bodo Finger hat das gesagt. Es ist schön, wenn sich die LINKEN die Worte von Bodo Finger aneignen. Vielleicht fruchtet es; vielleicht fruchtet es in der Zukunft.
Wir haben die Aufgabe, der sächsischen Wirtschaft beizustehen. Nehmen Sie Ihren Antrag zum Anlass, dass
wir das in den Wirtschaftsausschuss hineintragen und der Minister dementsprechend informieren kann. Lassen Sie uns darüber nicht nur debattieren, sondern auch handeln.