Protokoll der Sitzung vom 16.03.2016

Der zweite ist: Diese Debatte über ein FSJ Pädagogik kommt auch inhaltlich zum falschen Zeitpunkt, weil wir gerade eine ganz andere Debatte führen. Wir führen die Debatte über ein Schulgesetz. Wir überlegen gerade gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern, wie wir unser Schulsystem gerechter machen, wie wir Inklusion verbessern, wie wir eine eigenverantwortliche Schule auf die Beine stellen, wie wir die Oberschulen stärken können – das ist das eigentliche Thema.

Natürlich kann man im Rahmen einer Diskussion über ein solches Schulgesetz und über die Frage, wie wir die entsprechenden Lehrerinnen und Lehrer dafür organisieren, zu dem Schluss kommen, dass man das FSJ Pädago

gik ausbaut. Das ist richtig. Wir können aber auch zu dem Schluss kommen, dass das nicht notwendig ist, weil wir andere Mechanismen, bessere Mechanismen gefunden haben. Aber das alles können wir jetzt noch nicht sagen. Das Thema FSJ Pädagogik ist schlichtweg nicht an der Reihe.

Jetzt kann ich natürlich verstehen, dass Sie sich diesen Punkt herausgreifen. Das Thema kann man ja mit zwei Sätzen abhandeln. Das würde Ihnen beim Schulgesetz nicht gelingen. Deshalb sparen Sie sich die Arbeit, sich in die Schulgesetzdebatte ordentlich hineinzuhauen, und nehmen lieber solch einen kleinen Punkt heraus. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

Das heißt: Es ist der falsche Antrag zum falschen Zeitpunkt in der falschen Debatte. Unabhängig davon können Sie sich sicher sein – das haben wir in dieser Legislaturperiode bewiesen –: Das FSJ Pädagogik ist in dieser Koalition in guten Händen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Für die SPD-Fraktion hörten wir gerade Herrn Kollegen Homann. Für die GRÜNEN spricht jetzt Herr Zschocke.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den Haushaltsverhandlungen für den aktuellen Doppelhaushalt, als um jede Stelle beim FSJ und FÖJ gekämpft wurde, hat die AfD keinerlei eigenes Engagement in diesem Bereich gezeigt und auch keine Änderungsanträge eingebracht. Es gab einen Änderungsantrag, der deutlich über die geplanten Mittel der Koalition hinausging; ich glaube, der war von den LINKEN. Den haben Sie auch nicht unterstützt. Aber nun haben Sie plötzlich das FSJ entdeckt. Das wirkt reichlich unglaubwürdig.

Sie wollen verdoppeln. Ja, das ist ein Haushaltsantrag. Das wurde auch schon gesagt. Aber, Herr Schreiber, ich glaube nicht, dass die AfD die parlamentarischen Abläufe noch nicht verstanden hat. Die wollen das nicht verstehen. Das Muster ist doch ganz klar. Für eine Pressemitteilung reicht die Nummer nämlich: Die AfD kämpft um mehr Lehrer, aber scheitert an den etablierten Parteien. So oder so ungefähr.

(Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Das ist das Muster. Ich muss aber ganz ehrlich sagen: Das funktioniert so nicht. Sie müssten noch eine Kostenberechnung und eine Deckungsquelle beifügen und den Antrag dann wieder im Haushaltsverfahren einbringen.

Wir müssen noch über die Begründung zu Ihrem Antrag reden. Die ist reichlich naiv, sie gleicht einer Milchmädchenrechnung. Das muss ich hier deutlich sagen. Wenn Sie nämlich glauben, mit einer Verdopplung der FSJStellen an Schulen den Lehrermangel beheben zu können, machen Sie es sich wieder einmal zu einfach, weil die Zusammenhänge komplexer sind. Sie müssten sich auch mit der Frage beschäftigen, warum so viele Lehramtsstu

dierende ihr Studium abbrechen und die Unzufriedenheit unter den Studierenden so hoch ist.

Es würde Sinn machen, zum Beispiel die Lehramtsausbildung zu evaluieren. Dazu haben wir einen differenzierten Antrag vorgelegt. Ihr Antrag hingegen ist überhaupt kein Beitrag zur Behebung des Lehrermangels, und Freiwilligendienste sind gar nicht dafür da. Sie sind wichtig für die Orientierungsphase. Sie müssen nicht berufsqualifizierend sein. Sie sehen: Wir lehnen das Ansinnen aus formalen und inhaltlichen Gründen ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit Herrn Kollegen Zschocke von den GRÜNEN sind wir am Ende der ersten Rednerrunde angekommen. Wir könnten eine zweite eröffnen, wenn aus den Reihen der Fraktionen der Bedarf bestünde. Das kann ich nicht erkennen. Damit hat die Staatsregierung das Wort. Das Wort wird ergriffen von unserer Sozialministerin. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, bei all den Vorrednern ist eines deutlich geworden: Das Freiwillige Soziale Jahr Pädagogik ist ein Erfolg. Ich möchte die Argumente, die reichlich ausgetauscht worden sind, im Einzelnen nicht wiederholen. Aber ich möchte mich an dieser Stelle bei denen bedanken, die es möglich gemacht haben, dass es zu einem Erfolg werden konnte, nämlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Regionalstelle Sachsen der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Sie haben 2013 das Projekt in kurzer Zeit aus der Taufe gehoben und es zum Erfolg geführt. Im laufenden Jahrgang haben sich die Teilnehmerzahlen sogar verdoppelt. Ja, das ist eine tolle Leistung. Die können wir, und das entnehme ich auch Ihrem Applaus, ehrlich anerkennen. Damit hat uns die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung auch bei der Umsetzung des Koalitionsvertrages aktiv unterstützt. Denn im Koalitionsvertrag hatten sich die Regierungsparteien dazu vereinbart, das FSJ Pädagogik weiter zu etablieren. Ein erster Schritt zur Umsetzung fand sich schnell im Haushalt SMK wieder. So konnte im aktuellen Jahrgang 2015/2016 – auch die Zahl wurde schon mehrfach genannt – 84 Freiwilligen ein Platz gegeben werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das FSJ Pädagogik ist ein Angebot für junge Menschen, die sich engagieren wollen. Ja, die Berufsorientierung ist dabei ein Aspekt, aber eben nur ein Aspekt. Denn der Freiwilligendienst darf nicht nur auf das Ziel verkürzt werden, neue Lehrkräfte zu gewinnen, so wie das mehrfach debattiert wurde. In erster Linie sind Freiwilligendienste „eine besondere Form des bürgerschaftlichen Engagements. Sie fördern die Möglichkeit und die Bereitschaft der Menschen zu gesellschaftlichem Engagement. Sie dienen der

im weitesten Sinne sozialen und ökologischen Bildung, der beruflichen Orientierung, der Stärkung sozialen Handelns und der Bereitschaft, Verantwortung für das Gemeinwohl zu übernehmen. Sie sollen zu dauerhaftem ehrenamtlichem Engagement anregen.“ So steht es letztlich in der Verwaltungsvorschrift der Freiwilligendienste auch niedergeschrieben. Gerade vor diesem Hintergrund ist es wichtig, eine Ausgewogenheit der einzelnen Bereiche zu erzielen und auch darauf zu achten.

Wir sollten hier nicht nur die Quantität im Blick haben, ganz im Gegenteil, wir sollten noch mehr darauf schauen, wie wir das Format FSJ weiter etablieren und ausbauen können. Wir sollten uns auch fragen, ob wir weitere Interessengruppen erschließen können, zum Beispiel – und die Diskussion haben wir bereits im Herbst des letzten Jahres geführt – auch junge Migranten, die in unserem Land sind, mit einem FSJ zu betrauen, damit sie unsere Gesellschaft dadurch besser kennenlernen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das FSJ, das FÖJ, alle Freiwilligendienste sind uns wichtig. Wir wollen mit allen Partnern diese Freiwilligendienste weiter ausbauen. Ich bin mir sicher, dass auch in der bevorstehenden Haushaltsdebatte das Thema der Freiwilligendienste weiter eine große Rolle spielen wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN und der SPD)

Zu uns sprach Frau Staatsministerin Klepsch. Wir sind am Ende der Aussprache. Aber natürlich hat die einbringende Fraktion die Möglichkeit eines Schlusswortes. – Sie nutzt diese Möglichkeit. Bitte, Frau Kollegin Kersten.

Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mann, sind Sie überheblich!

(Beifall bei der AfD)

Herr Schreiber, eines Ihrer Lieblingsworte in Ihren Ausführungen war das Wort „Dreistigkeit“ oder „dreist“. Ich möchte mir Ihren Stil nicht zu eigen machen. Wenn ich das täte, würde mir dazu einiges einfallen.

(Patrick Schreiber, CDU: Machen Sie mal!)

Der Antrag wurde deshalb gestellt, weil die Antragsfrist zum 30.04. ausläuft. Deswegen haben wir das jetzt eingebracht und nicht zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb der Haushaltsdebatte.

Was Ihre angesprochenen Kosten betrifft: Natürlich hat das kostenmäßige Belastungen, auch für den Kostenträger. Aber wenn ich 300 bis 400 Bewerbungen von Schulen habe, dann wissen die Schulen das auch und sind bereit, diese Kosten zu übernehmen. Glauben Sie, dass all Ihre Anträge, die Sie bisher eingebracht haben, unter anderem heute Nachmittag der Antrag Spracherwerb und Wertevermittlung, keine finanziellen Auswirkungen

haben? Das kostet auch etwas und diese Kosten laufen auch außerhalb der Haushaltsverhandlungen.

(Patrick Schreiber, CDU, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Das gestatte ich.

Bitte, Herr Abg. Schreiber.

Vielen Dank. Frau Kersten, können Sie mir denn sagen, wer im Fall des FSJ Pädagogik der Kostenträger ist, wer bezahlt und wie hoch die Kosten Ihrer Aufstockung, sprich Ihrer Verdopplung des FSJ Pädagogik auf 174 Stellen, sind? Was kostet das den gesamten Landeshaushalt, wie hoch sind die Kosten in den Einsatzstellen, weil die Gelder die Einsatzstellen rausgeben? Wie hoch ist die Förderung des Sozialministeriums?

Was es bei den Einsatzstellen direkt kostet, kann ich jetzt nicht beziffern, aber ich gehe davon aus, dass, wenn sich die Schulen bewerben, sie sich vorher darüber Gedanken machen, sonst bewerbe ich mich ja nicht. Ansonsten trägt die Kosten der Freistaat Sachsen. Das kostet vielleicht eine halbe Million. Und?

(Patrick Schreiber, CDU: Was kostet das die Schulen?!)

Kollege Schreiber, wenn Sie noch eine Zwischenfrage haben, müssen Sie an das Mikrofon gehen. – Bitte fahren Sie fort, Frau Kollegin.

Nun komme ich kurz zu meinen Schlussworten. Meine Damen und Herren, mit der Zustimmung zu diesem Antrag unterstützen Sie nicht die AfD-Fraktion. Sie unterstützen sächsische Jugendliche, die ein Interesse am Lehramtsstudium haben, und Sie unterstützen sächsische Schulen, die jungen Menschen die Möglichkeit geben wollen, den Lehrerberuf näher kennenzulernen. Unser Bildungssystem als auch unsere Bildungsqualität könnten davon profitieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Das war das Schlusswort, vorgetragen für die einbringende Fraktion von der Kollegin Kersten.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 6/4474 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Drucksache 6/4474 abgelehnt. Ich schließe Tagesordnungspunkt 8.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

Programm zur sozialen Wohnungsbauförderung für Sachsen auflegen

Drucksache 6/4397, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN