Punkt 1. Ja, selbstverständlich soll die Staatsregierung über die Förderung der Hospizarbeit umfassend berichten. Das unterstützen wir.
Punkt 2. Die Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland hätte schon längst unterzeichnet sein können. Aber die diesbezüglichen Anträge kamen von der Opposition. Deshalb ist Sachsen mittlerweile eines der letzten Bundesländer, die dies noch nicht getan haben.
Punkt 3. Ja, die Hospizstudie zur Versorgungssituation in Sachsen muss fortgeschrieben werden – 2007 ist lange her.
Ich freue mich schon, dass Sie nicht nur die Forderung der Opposition in Ihrem Antrag aufnehmen – das machen Sie manchmal –, sondern auch die Expertenmeinungen ernst nehmen. Dass dann logischerweise in den Punkten 4 und 5 gefordert wird, die vorhandenen Strukturen zu überprüfen, weiterzuentwickeln sowie zu finanzieren, findet natürlich unsere Zustimmung. Wir fordern jedoch, dass dieser Prozess in Sachsen zügiger umgesetzt wird und die Arbeit der Oppositionsfraktionen nicht immer wieder grundsätzlich abgelehnt wird. Auch dies wäre ein Beitrag zur Förderung von Demokratie und einer Diskussionskultur, die auf Diskurs und Austausch gerichtet ist. Das Thema hatten wir heute schon.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Antragsteller! Auch ich habe bereits mehrere Gespräche mit verschiedenen Stellen führen dürfen, die im Palliativ- und Hospizbereich aktiv tätig sind. Ihr Anliegen, welches sich in diesem Antrag wiederfindet, ist nachvollziehbar und die Umsetzung dessen, was Sie fordern, wichtig. So ersuchen Sie die Staatsregierung in Ihrem Antrag, die Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland zeitnah – was auch immer zeitnah für Sie bedeutet – zu unterzeichnen und die Hospizstudie auf Basis der aktuellen sächsischen Zahlen fortzuschreiben.
Natürlich stimmen wir diesen und anderen Punkten zu, aber ich frage mich, warum alle anderen Bundesländer vor uns diese Charta bereits unterzeichnet haben. Ich frage mich: Woran scheiterte dies in der Vergangenheit? Vielleicht kann uns die Staatsregierung im Rahmen der heutigen Sitzung darüber aufklären.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun ist vor wenigen Wochen das Palliativ- und Hospizgesetz, welches auf Bundesebene initiiert worden ist, in Kraft getreten. Dieses Gesetz sieht beispielsweise vor – es wurde schon einiges angesprochen, ich möchte dennoch auf einige Punkte eingehen –, dass die Palliativversorgung ausdrücklich Bestandteil der Regelversorgung in den gesetzlichen Krankenversicherungen wird. Weiterführend sieht das Gesetz vor, dass die Palliativversorgung im Rahmen der häuslichen Krankenpflege gestärkt und insbesondere in ländlichen Regionen der Ausbau von SAPV-Teams beschleunigt werden soll. Zudem wird die finanzielle Ausstattung stationärer Kinder- und Erwachsenenhospize verbessert. Bei den Zuschüssen sollen für die ambulanten Hospizdienste zukünftig neben den Personalkosten auch die Sachkosten berücksichtigt werden. Das neue Gesetz enthält noch weitere Maßnahmen, die ich am heutigen Tag aber nicht weiter ausführen möchte.
Dass dieses Gesetz notwendig war, wird keiner bestreiten wollen, da die Palliativ- und Hospizversorgung in Sachsen nicht sehr gut, Herr Krauß, aber überdurchschnittlich zu bewerten ist, es aber dennoch Nachholbedarf gibt.
Wir müssen uns in Sachsen, aber auch in anderen Bundesländern bewusst sein, dass sich die Demografie in den nächsten Jahren verändert und darauf folgend die Anzahl der zu Versorgenden steigen wird. Diese Entwicklungen werden insbesondere in den ländlichen Regionen zu spüren sein. Weiterhin gilt es zu beachten, dass wir zwar eine weitestgehend flächendeckende Versorgung mit SAPV-Teams haben, diese aber zurzeit immer noch unterfinanziert sind.
Uns muss bewusst sein, dass wir – darauf werde ich speziell noch einmal im Rahmen der Vorstellung unseres Änderungsantrages zurückkommen – nicht genügend verfügbare Palliativmediziner besonders im ländlichen Raum haben und dass viele Patienten die letzten Stunden lieber zu Hause als in einem Hospiz oder Krankenhaus verbringen möchten.
Daraus ergibt sich, dass wir im Freistaat Sachsen aktiv dafür sorgen müssen, dass die SAPV-Teams nicht nur flächendeckend arbeiten können, sondern wir benötigen auch eine gute Versorgung, die eine ausreichende Finanzierung voraussetzt. Wir müssen dafür sorgen, dass ausreichend Palliativmediziner und in der Palliativ- und Hospizpflege ausgebildetes Pflegepersonal aktiv und flächendeckend am Patienten arbeitet. Zudem muss man den zukünftigen Bedarf abdecken können und hier die Verzahnung der verschiedenen Bereiche sicherstellen.
Des Weiteren muss zukünftig dafür gesorgt werden, dass eine palliative Grundversorgung bereits in den Pflegehei
men sichergestellt werden kann und in den Krankenhäusern die palliative Betreuung ausgebaut wird. Zuletzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, muss die Trauerarbeit, die insbesondere von Ehrenamtlichen getragen wird, weiter gestärkt werden, da diese in den vergangenen Jahren sehr stiefmütterlich behandelt worden ist.
Einige Punkte finden sich im Palliativ- und Hospizgesetz wieder. Wir dürfen gespannt sein, wie sich die neuen Vorgaben auswirken. Wir werden ein Auge darauf haben und nötigenfalls mittels Anträgen – so wie heute geschehen – nachsteuern.
Meine Damen und Herren! Nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Herr Abg. Zschocke. Bitte sehr, Herr Zschocke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sterben betrifft jeden von uns, aber das verdrängen wir auch gern. Eine gute Palliativmedizin und eine ausreichende Anzahl an Hospizplätzen sind dringend notwendig, um ein selbstbestimmtes Sterben in Würde zu garantieren. In Sachsen sterben nach wie vor viele Menschen allein in fremder Umgebung und auch mit Schmerzen.
In Deutschland sterben übrigens die meisten Menschen im Krankenhaus. Krebspatienten werden im Vergleich zu anderen Krankheitsbildern, was die Schmerzlinderung betrifft, besser versorgt. Es gibt aber auch Personengruppen, die kaum versorgt werden, zum Beispiel Wohnungslose oder behinderte Menschen, auch Migrantinnen und Migranten. 600 000 Menschen in Deutschland bekommen trotz BedarfS keine Palliativversorgung.
In der Aktuellen Debatte, die wir hierzu im November geführt haben, hatte ich darauf hingewiesen, dass es hierbei nichts zu beschönigen gibt. Ich habe eine Kleine Anfrage zur Suizidrate in Sachsen gestellt. Die Antwort zeigt, dass diese Suizidrate in Sachsen im Bundesvergleich am zweithöchsten ist. Dabei fällt auch auf, dass die Suizidfälle im Alter deutlich zunehmen und mit Renteneintritt nochmals steigen. Wir brauchen wesentlich mehr Aufmerksamkeit für alte Menschen, die nicht mehr leben wollen. Suizidprävention darf eben nicht bei Krankheit und Alter enden. Die Suizidfälle und der Wunsch nach aktiver Sterbehilfe hängt auch davon ab, ob wir diese Aufgaben angehen oder daran scheitern. Dabei ist Sachsen besonders in der Pflicht.
Wir sind das Bundesland mit dem höchsten Altersdurchschnitt. Ich habe kein Verständnis dafür, dass die Staatsregierung und die Koalition immer wieder auf die Verantwortung von Bund und Kassen verweisen. Natürlich muss auch die Landespolitik ihren Beitrag hierfür leisten – ich habe die Hoffnung, dass sie das tun –, damit der letzte Lebensabschnitt würdevoll und möglichst schmerzfrei gelebt werden kann.
Wir GRÜNE beschäftigen uns seit vielen Jahren intensiv mit dem Thema. Wir haben im letzten Jahr einen umfassenden Antrag dazu eingebracht. Es fand eine Anhörung im Sozialausschuss statt, in der sich großes Interesse an dem Thema zeigte. Es gab die klare Botschaft aus der Anhörung: Hospiz- und Palliativversorgung ist wesentlich mehr als die Bereitstellung von Haushaltsmitteln. Das ist richtig. Sachsen steht im Ländervergleich gut da – das haben die Vorredner deutlich gemacht –, aber es gibt auch Versorgungslücken. Sachsen muss an diesen Versorgungsdefiziten arbeiten, die in der Hospizstudie von 2013 und in der Anhörung deutlich angesprochen wurden.
Es gab noch eine zweite klare Botschaft aus der Anhörung: Die Sachverständigen haben unsere Forderung nach der Fortschreibung der Hospizkonzeption unterstützt. Was noch fehlt, ist ein klares Bekenntnis des Sozialministeriums, woran in Sachsen konkret gearbeitet werden soll. Frau Klepsch, ich sehe es als Ihre Aufgabe an, den Weiterentwicklungsbedarf hierzu klar zu benennen, sich Aufgaben zu setzen und diese mit Unterstützung von Fachleuten zu bearbeiten. Behalten Sie das bitte in Ihrem Haus. Lassen Sie das nicht durch Dritte erledigen.
Unser Antrag ist in der Sache, wie ich meine, an einigen Punkten wesentlich konkreter gewesen als der von der Koalition. Unsere Vorschläge wurden von den Sachverständigen in vielen Punkten geteilt. Sie forderten ein politisches Signal durch die Gründung Runder Tische in den Regionen, durch mehr Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit und durch aktives Werben für neue Ehrenamtliche.
Vor zwei Wochen haben Sie unseren Antrag im Sozialausschuss abgelehnt. Sie wollen lieber erst einmal Ihren eigenen Berichts-, Forschungs- und Prüfungsauftrag auf den Weg bringen. Das ist noch nicht so das klare politische Signal, wie ich es mir wünschte, passt aber ein Stück weit zu dem Image einer „Prüfkoalition“. Wir können trotzdem in weiten Teilen mitgehen und werden kritisch prüfen, was dabei herauskommt. So weit von uns.
Ich bitte aber darum, dass über die Punkte 1 bis 5 unter Punkt II einzeln abgestimmt wird, Herr Präsident.
Das werden wir so machen, verehrter Herr Zschocke. – Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine weitere Runde? – Für die CDU-Fraktion Herr Abg. Krauß. Bitte sehr.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich ganz herzlich für die Debatte bedanken. Es ist deutlich geworden, dass wir im Kern am gleichen Strang und sogar in die gleiche Richtung ziehen. Die Hospizarbeit ist ein wichtiges Thema. Ich bin dankbar, dass zum Beispiel Frau Lauterbach aus der Anhörung entsprechend berichtet hat und wir diesbezüglich eine sehr gute Entwicklung haben.
Insofern ist es in Ordnung, wenn Herr Wendt sagt, er möchte ein Auge darauf werfen, wie sich das entwickelt. Ich sage: Sie dürfen sogar zwei Augen darauf werfen, da müssen Sie keines zukneifen. Sie werden feststellen, dass es hier in Sachsen weitergeht.
Ich will noch zwei Sätze zum Thema „Charta“ sagen. Ich kann mich daran erinnern, dass ich in der vorigen Wahlperiode zur Unterzeichnung dieser Charta ins HygieneMuseum eingeladen worden bin. Die Veranstaltung ist dann abgesagt worden – ich will jetzt nicht auf die Gründe eingehen. Aber es zeigte sich zumindest, dass man keine inhaltlichen Bedenken hatte und nicht gesagt hat, was in der Charta steht, das gehe gar nicht. Das war nicht das Thema und steht auch außer Frage.
Man kann viele Resolutionen machen, eine Charta unterschreiben, man kann ganz viel Papier beschreiben zu diesem Thema – das ist alles in Ordnung und muss auch sein. Das Wichtige ist aber, was zu tun ist, wenn es konkret wird. Konkret wird es zum Beispiel beim Thema Haushalt. Es ist mir lieber, Sie messen uns an diesen Themen, was konkret für den Betroffenen herauskommt. Wenn man eine Charta unterschreibt, ist das gut und richtig – das wird das Ministerium auch machen –, aber davon hat der Betroffene relativ wenig.
Wichtig ist – daran sollen Sie uns messen, daran können Sie uns messen –, welche Gelder wir zum Beispiel für die Hospizarbeit ausgeben. Wenn wir dieses Jahr sagen, wir geben 640 000 Euro für ambulante Hospizdienste aus – wir sind das Bundesland, das das meiste Geld für ambulante Hospizdienste ausgibt –, dann ist das ein Punkt, an dem Sie uns bitte schön messen.
Dazu kommt weiteres Geld. Ich denke dabei nur an die Ehrenamtsförderung, für die der Freistaat Sachsen Mittel zur Verfügung stellt.
Der Kollege Zschocke hatte das Thema Suizid angesprochen. Natürlich ist es ein wichtiges Thema, wenn Menschen Selbstmord begehen. Damit muss man sich auch auseinandersetzen. Aber wir sollten es bitte schön nicht mit dem Thema Palliativmedizin oder Hospiz vermengen; denn es ist doch so, dass jemand, der todkrank ist, der Angst vor dem Sterben hat, doch keinen Selbstmord begeht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist mit Sicherheit nicht der Grund. Deswegen sollten wir bitte beide Themen auseinanderhalten, das gehört zur Fairness. Wir haben, glaube ich, genug Herausforderungen, wenn wir die Themen einzeln behandeln.
Nochmals ein herzliches Dankeschön für die gute Debatte. Ich glaube, wir werden in Sachsen bei der Versorgung in der ambulanten und stationären Hospiz- und Palliativversorgung weiter gut vorankommen. Wir sind gut aufgestellt. Wir wollen, dass man bei uns in Würde sterben kann. Dazu können wir auch unseren Beitrag leisten, indem wir die Akteure, die ehrenamtlichen Helfer, weiter
hin unterstützen. Das wollen wir als CDU-Fraktion und auch unser Koalitionspartner mit Sicherheit sehr gern tun.
Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Das ist ganz offensichtlich der Fall. Frau Staatsministerin Klepsch, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich war in den letzten Wochen zum Thema „Gutes Leben im Alter“ in unserem Land unterwegs. Bei all den Gesprächen mit unseren Bürgerinnen und Bürgern wird deutlich, dass es der gemeinsame Wunsch ist, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden, zu Hause, zu bleiben.
Ja, das ist auch mein Ziel, und ich gehe davon aus – von den Vorrednern wurde es zumindest deutlich –, dass es unser gemeinsames Ziel ist, dass unsere Menschen so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden bleiben können und bei Bedarf vielfältige Unterstützung erfahren. Das heißt Unterstützung von Profis, aber auch Unterstützung von den vielen Ehrenamtlichen. Ich weiß, darin sind wir uns einig. Da sind wir wirklich einer Meinung. Uns allen liegt die Gestaltung des letzten Lebensabschnittes sehr am Herzen.
Nun hat sich Sachsen in den vergangenen Jahren sehr intensiv um die Unterstützung der Hospizversorgung gekümmert. Es gibt bereits vielfältige Maßnahmen zur Versorgung Schwerstkranker und Sterbender in Sachsen und auch die Unterstützung von deren Angehörigen.
Wir haben im Freistaat Sachsen – ich zähle es noch einmal auf – 30 Palliativstationen an Krankenhäusern mit 230 Betten, sieben stationäre Erwachsenenhospize mit 90 Betten und das stationäre Kinderhospiz „Bärenherz“ mit zehn Betten. Bei der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung gibt es durch 16 Leistungserbringer eine mehr als 99-prozentige Flächenabdeckung für Sachsen. Die Zahl der Ehrenamtlichen wurde auch schon genannt. Es gibt eine Vielzahl ehrenamtlicher Hospizhelferinnen und -helfer in unseren zehn Landkreisen und drei kreisfreien Städten. Diese sind in allen Regionen Sachsens unterwegs.
Sachsen ist – das kann man sagen – vorbildlich, auch die finanzielle Unterstützung der Hospizarbeit betreffend. Mit der seit Jahren ausgereichten Landesförderung für die ambulante Hospizarbeit sind wir – auch das sollte man noch einmal erwähnen – bundesweit federführend.