Wir können doch nicht einfach daherkommen und sagen: Wir wollen alles haben. Genau das macht die AfD mit ihrem Antrag. Deswegen lehnen wir ihn ab. Weitere Leuchtturmprojekte braucht Sachsen nämlich nicht, zumindest so lange nicht, bis nicht das Mindeste – nämlich eine Fernverkehrsanbindung der drittgrößten Stadt und damit faktisch die Anbindung des Erzgebirges an den Fernverkehr – in Sack und Tüten ist. Die Strecke hat ja nicht einmal zwei Gleise – von den Zügen, die dort fahren, ganz abgesehen.
Jetzt kommt die AfD mit einem Antrag, der, wie gesagt, alles fordert. Sie haben es sich dabei sehr leicht gemacht. Sie haben einfach alle Projekte, die irgendwie wichtig erscheinen, in Ihren Antrag kopiert, und dann wissen Sie am Ende nicht mehr, was Sie wollen. Zum einen fordern Sie einfach, dass die Projekte in den Vordringlichen Bedarf oder in den Weiteren Bedarf kommen sollen. Ja, was denn nun? Wissen Sie eigentlich, was Weiterer Bedarf bedeutet? Das bedeutet faktisch „Resterampe“. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Projekte kommen, ist verschwindend gering. Solche pauschalen Forderungen sind aus unserer Sicht der falsche Weg, zumal Sie nicht einmal genau sagen, was Sie bei den einzelnen Projekten nun wollen.
Die Option der „Resterampe“ schreiben Sie ausgerechnet auch bei den wichtigen Strecken Leipzig – Chemnitz, Dresden – Görlitz und Cottbus – Görlitz in Ihren Antrag. Sie sagen einfach: Macht mal was, wenigstens irgendetwas! – Uns ist das nicht genug; so schlau ist das Ministerium auch.
Aus unserer Sicht besteht jetzt aber die Chance, den möglichen Schaden, den der Größenwahn von Sven Morlok damals eingeleitet hat, abzuwenden, wie ich eingangs erwähnte. Dazu ist das Projekt der milliardenteuren Neubaustrecke Dresden – Prag zu hinterfragen und auch zu nennen, was in der derzeitigen Situation ein weniger sinnvolles Projekt darstellt.
Dort werden nämlich mehrere Milliarden Euro für eine ausschließlich für den Fern- und Güterverkehr genutzte Strecke mit einem über 20 Kilometer langen Tunnel durch das Gebirge verlangt. Das ist Leuchtturmpolitik pur. Wenn das wirklich so wichtig scheint oder ist, dann wird der Bund es auch von sich aus als wichtig erachten,
entscheiden und finanzieren, damit es sich in die Transeuropäischen Netze einordnet. Da braucht Sachsen gar nicht zu betteln.
Wissen Sie, wie viele Strecken Leipzig – Chemnitz man für die Summe für Dresden – Prag zweigleisig ausbauen könnte? Man könnte dafür vier bis fünf Mal Leipzig – Chemnitz zweigleisig elektrifiziert ausbauen. Hier wird einfach gesagt: Wir wollen trotzdem alles andere machen, inklusive des Gebirgstunnels. Das geht so nicht, meine Damen und Herren, das geht so nicht. Deswegen lehnen wir das ab.
Weiter schrieben Sie vor ein paar Tagen in einer Pressemitteilung, werte AfD, dass Sie keine Leuchtturmprojekte wollten – da ging es um das Straßennetz. Trotzdem haben Sie hier in Ihrem Antrag gefordert, dass wir einen 20 Kilometer langen Tunnel durch das Erzgebirge immer noch priorisieren und weiterhin fordern sollen. Daher kann ich Ihre Pressemitteilung und Ihre Aussage, dass Sie keine Leuchtturmprojekte fordern, nicht nachvollziehen.
Ja, Lärm ist im Elbtal ein Problem. Das muss auch angegangen werden. Das Projekt „Tunnel nach Prag“ wird aber frühestens in 20 Jahren fertiggestellt sein. Bis dahin müssen wir uns auf Bundes- und EU-Ebene für einen besseren Lärmschutz eingesetzt haben, zum Beispiel, indem die Verursacher mehr bezahlen, also lärmschutzorientierte Trassenpreise bei den Zügen ausgeweitet werden oder auch Nutzungsverbote für laute Güterzüge ausgesprochen werden. Das hilft den Betroffenen entlang der überlasteten Strecken.
Aber zurück zum Antrag und zu dem, was ich eigentlich sagen will. Wir müssen hier offensichtlich neu priorisieren und für uns festlegen, was am wichtigsten ist. Das haben wir mit unserem Antrag der LINKEN, Drucksache 6/4590, für die Strecke Leipzig – Chemnitz getan. Er wurde Ihnen vor einem Monat hier im Plenum ausgeteilt. Frau Grimm, es ist nicht so, dass das nur ein Berichtsantrag ist; darin gibt es auch Abschnitt II, der zu konkretem Handeln auffordert. Denken Sie einmal an die anderen Bundesländer. Meinen Sie nicht, dass auch die unzufrieden sind und nun alles daransetzen, dass ihre Projekte durchgesetzt werden? Der Bund wird nicht alles finanzieren können und auch nicht wollen.
Nein, wir müssen unsere Forderungen aus sächsischer Sicht noch einmal schärfen. Ich weiß, die Staatsregierung wird mir wahrscheinlich gleich erzählen, dass eine neue Priorisierung nicht geht. Formal wird das wahrscheinlich richtig sein, aber natürlich kann man in Berlin auf den Tisch hauen und sagen, dass es nicht sein kann, dass wir nach 26 Jahren Einheit noch keinen Fernverkehr im Herzen Sachsens haben. Wo leben wir denn?
Wenn ich Sie wäre, Herr Dulig – wo auch immer er ist –, würde ich mich mit Ihrem Bundeswirtschaftsminister, Ihrem Vizekanzler, Ihrem Parteigenossen Sigmar Gabriel treffen und ihm vermitteln, dass der Ausbau der Strecke Leipzig – Chemnitz hier in Sachsen wichtig und prioritär ist, ja faktisch ein Politikum. Wir sollten das Ganze am
Wäre ich in einer der beiden Koalitionsfraktionen – was ich zum Glück nicht bin –, so würde ich mich auch darüber streiten, wer nun offiziell dafür verantwortlich ist, dass Chemnitz endlich ein Erfolg wird. Dort müsste doch die Priorität liegen, ebenso wie bei der Ausbaustrecke von Görlitz nach Polen. Dort gibt es nämlich auch noch keine Überleitungen und damit keine attraktive Verbindung in unser Nachbarland. Nach Prag, nach Tschechien gibt es das schon.
Deswegen sollten wir nicht bei irgendwelchen Prestigeprojekten, die erst irgendwann nach 20 Jahren kommen und Milliarden verschlingen, die Hand aufhalten und den Druck erhöhen, sondern endlich konkret für die Menschen im Hier und Jetzt da sein. Sie haben unsere Priorisierung gehört, liebe Damen und Herren von der AfD. Wir haben einen eigenen Antrag im Geschäftsgang, der sich im Wirtschaftsausschuss um die Strecke Leipzig – Chemnitz bemüht.
Sie von der AfD winken einfach nur die damalige Liste von Sven Morlok aus der letzten Legislatur weiter und möchten, dass sich der Freistaat pauschal für alles einsetzt und nicht einmal konkret – inklusive dieser „Resterampe“. Wir hingegen sehen die Chance, mit dem Größenwahn aufzuräumen und sich endlich für die wichtigen Bahnstrecken einzusetzen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich müsste man sich über den Antrag der AfD-Fraktion ja wirklich freuen, denn es kommt selten genug vor, dass die AfD Anträge in den Landtag einbringt, die sich mit Inhalten und konkreten Themen auseinandersetzen, die unseren Freistaat Sachsen betreffen.
Die AfD fordert in ihrem Antrag die Staatsregierung auf, sich gegenüber der Bundesregierung für deutliche Nachbesserungen am Bundesverkehrswegeplan einzusetzen. Besonderes Augenmerk gilt dabei den sächsischen Schienenprojekten, die bisher zu wenig Berücksichtigung gefunden haben. Da haben Sie recht, die Aus- und Neubaupläne für die Schieneninfrastruktur, die durch Sachsen führt, sind noch nicht mit der Wichtigkeit im Entwurf des Bundesverkehrswegeplans berücksichtigt, die aus unserer Sicht angemessen wäre.
In ihrem Antrag zählt die AfD dann die fünf Schienenprojekte auf, die aus ihrer Sicht nicht nur für Sachsen, sondern auch bundesweit bzw. grenzüberschreitend von großer Bedeutung seien. Ich will hier nicht auf jede
einzelne Strecke eingehen. Klar ist aber, dass vor allem der Ausbau und die Elektrifizierung der Achse Dresden – Görlitz maßgeblich für ein mögliches Fernverkehrsangebot zwischen Deutschland und Polen ist. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Neubaustrecke Dresden – Prag, die zudem noch im sogenannten TEN-Netz der Europäischen Union eingebunden ist und für eine deutliche Verbesserung der Angebotsqualität zwischen Deutschland bzw. Sachsen und unseren tschechischen Nachbarn sorgen soll.
Kollege Nowak hat Ihnen zum Thema Generationenprojekt schon alles gesagt, was dazu wichtig wäre. Herr Kollege Böhme, Dresden – Prag ist schon notwendig, um das Elbtal zu entlasten, denn eine Verbreiterung des Elbtals wird nicht funktionieren. Dagegen würde jeder – gerade auch von den GRÜNEN oder den Umweltverbänden – Sturm laufen. Insofern ist dieses Projekt der Untertunnelung, auch wenn es noch viele Jahre dauert, eine sehr wichtige Alternative.
Tatsache ist, dass die sächsischen Schienenprojekte im ersten Entwurf des Bundesverkehrswegeplans tatsächlich nur unzureichend berücksichtigt worden sind. Allerdings – so viel ist schon jetzt klar – ist der vorliegende Entwurf sicherlich noch nicht die endgültige Version des fertigen Bundesverkehrswegeplans. Ganz im Gegenteil: Vielmehr sieht es so aus, als sei der Entwurf mit heißer Nadel gestrickt und schnell, zu schnell veröffentlicht worden. Das sieht man allein daran, dass Bundesverkehrsminister Dobrindt offensichtlich keinerlei Abstimmung mit anderen Ressorts vorgenommen hat, denn anders ließe sich die ablehnende Haltung von Bundesumweltministerin
Hinzu kommt, dass insbesondere die Prüfung der Schienenprojekte noch nicht einmal fertiggestellt war. Trotzdem wurde der Entwurf veröffentlicht. Wenn also, liebe Kollegen von der AfD, in den entsprechenden Spalten steht: „Projektdefinition noch nicht abgeschlossen“, dann hat das nichts mit unserer Sächsischen Staatsregierung zu tun. Sie hat die Maßnahmen zusammen mit den relevanten Unterlagen nämlich fristgerecht eingereicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, „Projektdefinition noch nicht abgeschlossen“ heißt ganz einfach, das Bundesverkehrsministerium ist an dieser Stelle mit seinen Hausaufgaben nicht fertig geworden und hat den Entwurf trotzdem veröffentlicht. Genau hierin liegt auch unsere große Chance, dass die sächsischen Schienenprojekte doch noch die entsprechende Berücksichtigung finden werden.
Daran müssen wir arbeiten, und das tun wir auch. Dazu braucht es aber keine Aufforderung der AfD in Form dieses Antrages.
Außerdem – und das ist in meinen Augen der größte Mangel Ihres Antrages – wird nicht klar, was die AfD denn nun eigentlich konkret will. Sie nimmt nämlich keinerlei Prioritätensetzung vor – das wurde auch schon kritisiert –, sondern listet einfach nur alle Schienenprojekte auf, die sich noch nicht im sogenannten „Vordringli
chen Bedarf“ befinden. Es ist also gar nicht klar, welches Projekt aus Ihrer Sicht als wirklich wichtig eingeschätzt wird und welches nicht.
Hinzu kommt, dass die AfD fordert, alle Projekte müssten in den „Vordringlichen Bedarf“ eingeordnet werden, um gleich darauf wieder einzuschränken, dass „hilfsweise wenigstens“ die Kategorie „Weiterer Bedarf“ ebenfalls okay wäre. An dieser Stelle muss man sich wirklich fragen, was Sie eigentlich wollen. Wollen Sie wirklich den Schienenverkehr in Sachsen stärken, oder reicht es aus, dass wir an dieser Stelle hier einmal „wenigstens hilfsweise“ im Landtag darüber gesprochen haben?
Lassen Sie mich also zusammenfassen. Wir brauchen keine Appelle der AfD, um uns für Sachsen und den Verkehrsträger Schiene einzusetzen. Die Regierungsfraktionen wie auch die Staatsregierung sind schon seit der Veröffentlichung des Entwurfs vor vier Wochen dabei, genau dies zu tun, nämlich auf allen zur Verfügung stehenden Ebenen für eine Nachbesserung des Bundesverkehrswegeplans im sächsischen Sinn zu sorgen.
Außerdem stärkt Ihr Antrag nicht wirklich die sächsische Verhandlungsposition. Denn würden wir hier Ihrem Antrag zustimmen, dann hieße das, dass wir uns eben auch mit weniger zufriedengäben. Wenn die Projekte nicht in den “Vordringlichen Bedarf“ kommen, reicht Ihnen dann auch der „Weitere Bedarf“. Es ist vielleicht bei Ihnen so, bei uns nicht. Unser Ziel bei den Verhandlungen ist, das Bestmögliche für Sachsen und für den sächsischen Schienenverkehr herauszuholen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der AfD kommt unkonkret daher, ist hilflos, und vor allem setzt er, wie heute schon mehrfach gehört, keine Prioritäten. Jetzt Herrn Dulig nur aufzufordern, nach Berlin zu fahren und dafür zu sorgen, dass die Schienenprojekte höher priorisiert werden, reicht nicht aus.
Die schlechte Bewertung der sächsischen Schienenprojekte ist vor allem ein Ergebnis der Verkehrspolitik der letzten Jahre, weil nämlich Bahnverkehr in dieser Regierung keine Lobby hatte. Wenn man das jetzt wirklich voranbringen will, kann man nicht mit leeren Händen nach Berlin fahren. Gerade was die Elektrifizierung betrifft, muss Herr Dulig Mittel in die Hand nehmen und eine Mitfinanzierung anbieten. Wie genau das funktioniert, sieht man an der A 72 von Chemnitz nach Leipzig. Dazu hat das Land über 50 Millionen Euro in die Hand genommen und gesagt: Uns ist es wichtig, deshalb bieten wir eine Kofinanzierung an. Also warum sollte das nicht auch bei den Schienenverkehrsprojekten möglich sein?
Dass das auch bei Schienenprojekten geht, zeigt sich, wenn man einmal über den sächsischen Tellerrand schaut, nämlich wenn man nach Schleswig-Holstein, nach Niedersachsen, nach Baden-Württemberg oder sogar nach Bayern schaut. Solche Strecken sind zum Beispiel Hamburg – Lübeck oder Offenburg – Konstanz; diese wurden alle von den Ländern kofinanziert.
Wenn Sie mich fragen, mit wie viel Geld der Herr Dulig nach Berlin fahren soll, dann hängt das ja vor allem auch an Herrn Unland. Aber Schleswig-Holstein hat die Strecke Hamburg – Lübeck mit 25 Millionen Euro kofinanziert bei einem Gesamtvolumen von 165 Millionen Euro. Baden-Württemberg ist aktuell dabei, die Strecke von Ulm nach Friedrichshafen kozufinanzieren, und zwar mit 50 %. Das liegt vor allem daran, dass es dort einen grünen MP und einen grünen Verkehrsminister gibt. Daran sieht man, dass man, wenn man Prioritäten setzt, hier auch etwas erreichen kann.
Aber die AfD-Fraktion kommt in ihrem Antrag noch nicht einmal dazu, etwas konkreter zu werden und eine solche Mitfinanzierung überhaupt in Erwägung zu ziehen. Sie glaubt, wir hätten nach all den ÖPNV-Kürzungen der letzten Jahre einen guten Stand in Berlin. Das finde ich eher ein wenig gewagt. Das ist die eine Sache, und die andere Sache ist das Zeitfenster, das Sie gewählt haben. Denn die Lobby-Arbeit für Bahnprojekte beim Bund haben sowohl Herr Morlok als auch Herr Dulig versäumt.
Die anderen Bundesländer haben in ihren Landesvertretungen honorige Veranstaltungen organisiert, wo sie für ihre Projekte geworben haben, und sie stehen jetzt auch besser da. In unserer Landesvertretung war das Licht aus, aber nicht etwa, weil da Energie gespart wurde. Wer glaubt, dass Herr Dulig jetzt mit leeren Händen loszuschicken ist, der ist einfach naiv und verkennt, dass man jetzt nicht mit einem Federstrich die Versäumnisse der letzten Jahre korrigieren kann.
Hinzu kommt – das haben wir heute auch schon gehört –, dass hier sozusagen alles gefordert wird, und das ist einfach total unrealistisch, einerseits die Elektrifizierung und andererseits der teure Tunnel für 2,5 Milliarden Euro. Das alles zusammen geht einfach nicht.
Wenn ich an das Projekt Tunnel denke, befürchte ich, dass dies ein sächsisches Stuttgart 21 wird, und darauf habe ich keine Lust.