Protokoll der Sitzung vom 27.05.2016

Die aktuell geplanten 500 Millionen Euro – darin sind wir uns sicherlich wieder einig, werte Antragsteller –, die von den Ländern ausgereicht werden, sind angesichts der zuvor genannten Kosten als völlig unzureichend einzustufen.

Was die Finanzierung des Pflegestellenförderprogramms angeht, so sei erwähnt, dass das letzte Förderprogramm, welches von 2009 bis 2011 mit einem Finanzvolumen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro ausgestattet war, deutschlandweit 13 600 und in Sachsen 820 Neueinstellungen zur Folge hatte. Abgebaut wurden in den Jahren von 1996 bis 2008 jedoch etwa 50 000 Stellen. Deshalb ist auch das geplante Pflegestellenförderprogramm mit 660 Millionen Euro nicht in der Lage, die Situation zu verbessern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch kurz auf den Punkt 2 eingehen. Eine Renditemaximierung bezogen auf die Krankenhausplanung, die über die anerkannte Hill-Burton-Formel ermittelt wird, sehen wir, wie von Ihnen dargestellt, nicht. Gleichwohl muss prioritär die Bevölkerung leistungsgerecht versorgt werden.

Darüber hinaus müssen sowohl die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser als auch eine gerechte Bezahlung der Mitarbeiter im Fokus stehen. Hierbei ist in Zukunft natürlich auch eine sektorenübergreifende Planung vonnöten. Etwaiger Nachholbedarf, wie von Ihnen dargestellt, ist sicherlich erkennbar. Es darf aber auch nicht unter den Tisch fallen, dass es bereits sektorenübergreifende Versorgungsstrukturen gibt, die beispielsweise in § 115 a, in § 39 oder in § 118 Abs. 2 des SGB V zu finden sind.

Zuletzt möchte ich, wie es in Ihrem Antrag zu finden ist, unterstreichen, dass ein Mangel an Pflegekräften unbestritten ist. So fehlen beispielsweise deutschlandweit etwa 70 000 Vollzeitkräfte im Pflegebereich. Aber auch an Klinikärzten mangelt es. So ergaben verschiedene Untersuchungen, dass deutschlandweit bis zu 12 000 Stellen unbesetzt sind. Diese Punkte wurden in dem vorliegenden Antrag leider nicht berücksichtigt.

Aus diesen und den im Redebeitrag genannten Gründen werden wir Ihrem Antrag leider nicht zustimmen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die Fraktion der GRÜNEN Herr Zschocke, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir können in Sachsen in der Tat auf eine vielfach gute und bedarfsgerechte stationäre Versorgung in Krankenhäusern zugreifen. Zudem übernehmen Krankenhäuser zunehmend auch Verantwortung in der ambulanten Versorgung etwa durch ambulantes Operieren oder durch medizinische Versorgungszentren.

Die Herausforderung bei der Krankenhausfinanzierung und -planung sehen wir nicht vordringlich in den von den LINKEN vorgestellten Punkten. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung der Stimme enthalten.

In der Tat ist die nicht ausreichende Investitionsfinanzierung der Hauptgrund für die finanzielle Schieflage vieler Krankenhäuser. Deswegen ist eine Reform der Investitionsfinanzierung notwendig. Die Diskussion findet auf Bundesebene statt. Wir schlagen eine hälftig von den Krankenkassen und von den Ländern getragene Investitionsfinanzierung vor. Im Gegenzug sollen die Kassen Mitspracherecht bei der Krankenhausfinanzierung erhalten. Das kennen wir aus dem Ostteil des Landes schon.

Bei Ihrem dritten Punkt, zur Einführung der qualitätsorientierten Vergütung, teilen wir Ihre Ängste auch nicht ganz. Kritisch sehen wir allerdings die geplanten Abschläge. Diese können im schlechtesten Fall zur Risikoselektion führen. Sinnvoll sind aber natürlich Zuschläge für Krankenhäuser, die ihre Qualität verbessert haben.

Einige Vorredner haben es schon gesagt: Die Mittel des Pflegestellenförderprogramms sind nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Damit werden sich die erheblichen Verluste bei den Pflegestellen seit Mitte der Neunzigerjahre nicht ausgleichen lassen. Insofern sind wir der Meinung, dass das für die Pflege in den DRGs vorgesehene Geld tatsächlich auch in der Pflege ankommen muss. Das muss überprüft werden. Gebraucht wird eine wirksame Reform der Pflegefinanzierung im Krankenhausbereich.

Grundsätzlich sind wir natürlich auch dafür, ein Instrument zur verbindlichen Personalbemessung im Krankenhaus einzuführen. Die Krankenhäuser müssen allerdings

schon gewisse Spielräume behalten, möchte ich einmal sagen. Es hat keinen Sinn, wenn man von der Bundesebene her quasi planwirtschaftlich vorgibt, wie viele Pflegekräfte auf den jeweiligen Stationen zu sein haben.

Zweifelsohne muss auch vorausschauend geplant werden. Qualität und Patientenbedürfnisse stehen für uns an oberster Stelle.

Auf Landesebene besteht die planerische Herausforderung aus unserer Sicht vor allen Dingen darin, die Stärkung der Zentren in Leipzig, Dresden und Chemnitz mit der Konsolidierung und Versorgung in den ländlichen Räumen zu verbinden. Es geht vor allen Dingen darum, die Versorgungsstrukturen in den ländlichen Räumen mit der in den Ballungszentren im Sinne einer gleichwertigen und abgestuften Versorgung wirklich zu verbinden.

Das heißt, Ausbau von Kommunikationsnetzwerken, Digitalisierung – ganz wichtig, haben Sie gesagt, Frau Schaper –, Sicherung der Notfallversorgung und Einbindung der Krankenhäuser in nicht stationäre Versorgungsstrukturen im Sinne von Vollversorgung.

Bisher, meine Damen und Herren, wurden Investitionen im Zuge der Einzelförderung gefördert. Nach dieser Phase der Einzelförderung ist eine deutliche Stärkung der Pauschalförderung notwendig. Das hat die Koalition im Koalitionsvertrag verbindlich vereinbart; denn der Investitionsbedarf besteht eben dauerhaft, auch nach der Inbetriebnahme neuer Einrichtungen.

Eine große Herausforderung besteht nun bei der Aufstellung des neuen Doppelhaushaltes für die Jahre 2017/2018. Aus dem Strukturfonds des Bundes werden auf Sachsen aller Voraussicht nach 25 Millionen Euro entfallen, die mit weiteren 25 Millionen Euro kofinanziert werden müssen. Hier müssen wir alle dem Finanzminister auf die Finger schauen, dass die landesseitigen Komplementärmittel nicht von den bisherigen Haushaltsmitteln für die Krankenhausinvestitionen einfach abgezogen, quasi im Haushalt umgeschichtet, sondern on top zusätzlich bereitgestellt werden.

Ansonsten wird der wiederkehrende Investitionsbedarf – darauf haben die Vorredner verwiesen – der sächsischen Krankenhäuser nicht einmal zu einem Bruchteil gedeckt. – So weit von uns.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Krankenhäuser im Freistaat Sachsen sind eine verlässliche Säule der gesundheitlichen Versorgung in unserem Land. Wir übernehmen Verantwortung für unsere Krankenhäu

ser, genau so wie sie vom Gesetzgeber vorgegeben ist. Wir schaffen verlässliche Strukturen für eine Krankenhausversorgung in einer guten Qualität innerhalb eines abgestuften Versorgungsgebietes, innerhalb einer abgestuften Versorgungslandschaft.

Ja, mein Ziel, unser Ziel ist es, unsere Krankenhauslandschaft zukunftsfähig weiterzuentwickeln. Das ist ein stetiger Prozess, an dem wir in angemessenen Schritten und mit allen Beteiligten arbeiten müssen und den wir mit allen Beteiligten gehen. An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal das viel zitierte Transparenzthema ansprechen. Auch diese nötige Transparenz werden wir, wollen wir gern tragen und herstellen.

Ende 2015 hat der Bundestag das Krankenhausstrukturgesetz beschlossen. Zuvor wurde in der Bund-LänderArbeitsgruppe intensiv, sachlich und konstruktiv diskutiert. Der Freistaat Sachsen war als das einzige ostdeutsche Bundesland von Anfang an in die Erarbeitung der Eckpunkte eingebunden. Trotz mancher Kritik halte ich die wesentlichen Inhalte dieses Gesetzes für richtig. Mit dem Krankenhausstrukturgesetz erreichen wir finanzielle Verbesserungen für die Krankenhäuser. Die Krankenhausversorgung wird deutlicher an Qualitätsparameter gekoppelt und damit die Patientensicherheit weiter gestärkt.

Natürlich wissen wir, dass wir für eine qualitativ hochwertige Krankenhausbehandlung auch genügend Pflegerinnen und Pfleger brauchen. Der Abg. Wehner hat bereits darauf hingewiesen. Der neue Pflegezuschlag in Höhe von 500 Millionen Euro jährlich ist ein Anreiz, Pflegerinnen und Pfleger dauerhaft zu beschäftigen. Um unsere Krankenhäuser zukunftsfähig zu halten, müssen wir weiter angemessen und klug investieren. Auch das hat für mich eine hohe Priorität.

Lassen Sie mich ganz kurz noch auf das Thema der sektorenübergreifenden Planung eingehen. Auch hier gibt es klare gesetzliche Vorschriften vom Bund für die Planung der ambulanten und stationären Versorgung, und es gibt sehr starke und kompetente Partner in der Selbstverwaltung. An dem Prinzip der Selbstverwaltung halten wir fest; dazu stehen wir. Das heißt aber auch, dass alle Verantwortlichen – Leistungserbringer, Vertreter der Verbände – weiter aktiv und konstruktiv und vor allem auch miteinander arbeiten, die medizinische Versorgung der Versicherten im ambulanten und stationären Bereich noch besser zu verzahnen.

Dazu steht mein Haus, dazu stehen die Kassen zur Verfügung und unterstützen diese Thematik nach besten Kräften. Genau das Thema wird in den strukturschwachen Regionen notwendig sein. Dort werden neue Konzepte gefragt sein. Dort wird das Thema Telemedizin eine Rolle spielen. Wenn wir heute schon vom Krankenhausplan gesprochen haben, von dem Gutachten, das in Auftrag gegeben wurde, wird genau diese Thematik im Gutachten und in der künftigen Krankenhausplanung eine stärkere Rolle einnehmen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch eines versichern: Mein Haus unterstützt alle Maßnahmen und Initiativen mit dem Ziel einer hochwertigen und nachhaltigen gesundheitlichen Versorgung zum Wohle der Patientinnen und Patienten.

Frau Schaper, da Sie den Bezug zur Poliklinik gebracht haben, möchte ich ganz zum Schluss den Blick auf unsere Krankenhauslandschaft, auf die 79 Krankenhäuser, lenken, wie sie heute strukturiert, wie sie heute aufgestellt sind, und ich möchte den Blick noch einmal auf die Krankenhauslandschaft vor der Wende richten. Ich glaube, daran wird – für mich zumindest – beispielgebend deutlich, was sich in den letzten 25 Jahren auf dem Gebiet der medizinischen Versorgung im Freistaat Sachsen abgebildet hat.

Danke.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Das Schlusswort hat die Fraktion DIE LINKE. Frau Schaper, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur letzten Bemerkung: Das ist natürlich richtig. Ich muss aber auch aus eigener Erfahrung hinzufügen, dass vor 1989 die medizinische Entwicklung in der Bundesrepublik weder technisch noch mit Patientensälen etc. viel weiter war. Es ist die Entwicklung der letzten 30 Jahre, von der beide profitiert haben. Mir ging es im Prinzip nur um die Institution der Poliklinik. Dass man den Vergleich zieht, ist gestattet.

Ich möchte mich für diese konstruktive Debatte bedanken. Das war das Ziel. Wir sind natürlich völlig überrascht, dass die Koalition einem Antrag der Opposition nicht zustimmen wird. Das hat es ja noch nie gegeben!

(Alexander Krauß, CDU: Hat es schon!)

Wir danken trotzdem. Wir möchten vor der Haushaltsdebatte genau auf diese Krankenhausstruktur aufmerksam machen, die es zu schützen gilt und die nicht abgebaut werden darf. Ich denke, deshalb war das heute auch sehr sinnvoll. Dass wir Dinge vom Bund auf das Land transportieren, Herr Wehner, zeigt eigentlich nur, dass wir den roten Faden haben. Ihr Gorbatschow-Zitat hätte mich nebenbei bemerkt interessiert. Aber das machen wir dann beim nächsten Mal. – Herzlichen Dank.

Frau Staatsministerin, ich würde Sie bitten, dass wir als Abgeordnete zukünftig nicht einen Presseausweis brauchen, um zu erfahren, was Sie in Ihrem Haus vorhaben, weil wir letztendlich auch beschließen, bestätigen und mitgehen möchten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Ich lasse jetzt über die Drucksache abstimmen und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden. Der Tagesordnungspunkt ist damit beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 8

Strafzinsen für Vorfälligkeitsabgaben

Drucksache 6/5136, Antrag der Fraktion AfD

Es spricht zuerst die einreichende Fraktion, danach folgen CDU, DIE LINKE, SPD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile jetzt Herrn Abg. Beger das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Vorfälligkeit für Sozialversicherungsbeiträge beschäftigt den sächsischen Unternehmer, insbesondere das Handwerk, heute noch genauso wie im Dezember 2012, als die CDU- und FDP-Fraktion ihren Antrag hierzu ins Plenum eingebracht haben. Seitdem hat sich politisch und wirtschaftlich viel entwickelt, aber nicht alles zum Besseren.