Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bestand an Wohnungen mit Sozialbindung ist in Sachsen zwischen 2010 und 2013 um 91,6 % gesunken. Von 83 000 entsprechenden Wohnungen sind gerade einmal 7 000 übrig geblieben. Was das in einer Zeit wachsender Wohnungsnot in den Großstädten gerade für Menschen ohne hohes Einkommen bedeutet, kann man sich eigentlich vorstellen.
In diesem Sinne kann ich, können wir nur begrüßen, dass die Koalition, wenn auch mit erheblicher Verspätung, etwas vom Ernst der Lage begriffen hat. Damit beginnt sie dem zu folgen, was DIE LINKE seit Jahren anmahnt: bezahlbaren Wohnraum für alle zu ermöglichen und dafür die Instrumente der Wohnraumförderung zu flexibilisieren und sie damit auf die differenzierten Bedürfnisse von wachsenden Großstädten und schrumpfenden Gemeinden in den ländlichen Räumen Sachsens, auf einkommensschwache Familien und Haushalte sowie die Bedürfnisse der älteren Mieterinnen und Mieter und Menschen mit Beeinträchtigungen abzustimmen.
Worum geht es? Zitat: „Es ist Tatsache und von allen Seiten unbestritten, dass wir es künftig mit zunehmender Altersarmut und einer stetig wachsenden Zahl einkommensschwächerer und älterer Haushalte zu tun haben.“ Und weiter: „Das hat massivste Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit als Mieterin und Mieter, und damit kommen wir zu erheblichen Problemen mit den energetischen Sanierungen und der Schaffung weitgehender Barrierefreiheit für die älter werdende Wohnbevölkerung.“ Weiter in dem Zitat: „Hier ist also staatliches Handeln erforderlich. Energetische Sanierung und die Festlegung energetischer Sanierungsstandards ist nicht Mietersache, vielmehr ist es eine gesamtstaatliche Vorgabe. Auch die Schaffung von Wohnraum, der es ermöglicht, weite Phasen des Alters in den eigenen vier Wänden zu verbringen, ist nicht mieterseitig zu stemmen. Diese Aufgabe kann als gesamtgesellschaftliche Herausforderung auch nur gesamtgesellschaftlich bzw. gesamtstaatlich bewältigt werden. Die Wohnungsunternehmen können, da sie die Mieterinnen und Mieter auch nicht verlieren wollen, diese neue Sanierungs- und Modernisierungsqualität nicht auf die Mieter umlegen.“
Nun frage ich Sie: Wer hat’s gesagt? – Nicht der Innenminister, sondern mein Fraktionskollege Enrico Stange, und das immerhin schon am 10. Mai 2012, nämlich in Erwiderung auf die Fachregierungserklärung von Ihnen, Herr Innenminister Ulbig.
Vielleicht hören Sie künftig schneller auf uns. Die Bevölkerung Sachsens wird es Ihnen danken, und wir würden es uns sparen, dass die Regierung immer als Reparaturbrigade ihrer selbst verursachten Schäden unterwegs ist.
Damit sind die Festlegungen aus Punkt I des vorliegenden Antrages also keine neuen Erkenntnisse. Die einzig neue Erkenntnis gegenüber Mai 2012 ist die Aufgabenstellung der Integration von Geflüchteten.
Daraus ergibt sich aus unserer Sicht ein Zusatzbedarf von jährlich 8 700 Wohnungen mit Sozialbindung bis zum Jahr 2020. Das sind auch in dem Fall die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Diese Zahlen zeigen übrigens, dass die Probleme auf dem Wohnungsmarkt nicht von den Geflüchteten verursacht worden sind. Das soziale Segment des Wohnungsmarktes war schon vorher weggeschmolzen, und das ist das eigentliche Versagen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Punkt II Ihres Antrages begehren Sie den Bericht der Staatsregierung zur Entwicklung der Instrumente der Wohnungsraumförderung im Jahr 2015 in den Regionen Sachsens und eine Auskunft, wie sich die zinsverbilligten Darlehensfinanzierungen vor dem Hintergrund des dauerhaften Zinstiefs entwickelt haben.
Hm? – Ich rate Ihnen, sich das durch das Sächsische Staatsministerium des Innern beauftragte und finanzierte empirica-Gutachten – auch aus dem Jahr 2012, in dem Fall vom Februar – einmal genauer anzuschauen. Das hatte damals den Titel: „Wie kann das Wohnen in Sachsen für Menschen mit niedrigem Haushaltseinkommen dauerhaft gesichert werden?“ Dieses sollte einfach noch mal neu aufgelegt werden; denn im Sinne dieses Antrages waren die erbetenen Erkenntnisse bereits im Jahr 2012 erhältlich und hätten eigentlich veröffentlicht werden können.
Ich lese Ihnen einmal ein Zitat vor, Herr Pallas. – Herr Staatsminister, es wäre also an der Zeit, dass wir das endlich mal tun. Darin können Sie nämlich Erstaunliches lesen, was noch heute aktuell ist. Ich zitiere: „Die Zielsetzung generationsgerechter Stadtquartiere wird in der bestehenden Wohnraumförderung durch die Richtlinie ‚Mehrgenerationenwohnen‘ verfolgt. Dieser Ansatz ist richtig, aber bislang aus unserer Sicht noch zu eindimensional und zum Teil noch nicht zielgenau, um den Herausforderungen des demografischen Wandels und der Zunahme einkommensschwächerer älterer Haushalte in allen Facetten gerecht zu werden.“
Das war ein Zitat aus einem Gutachten aus dem Jahr 2012. Niemand kann mir erklären, dass sich an dieser Situation irgendetwas geändert hätte: nicht zum Positiven, sondern meistens zum Negativen. Sie finden in diesem Gutachten genügend Aussagen und hätten diesen Antrag nicht stellen müssen.
Die Fraktion DIE LINKE war und ist davon überzeugt, dass zur Dämpfung des Nettokaltmietenpreises nach Sanierung, Umbau und Neubau auf ein Niveau, das für Familien, Rentner und Geringverdiener erträglich ist, ein Baukostenzuschuss erforderlich sein wird. Das haben wir bereits im März 2014 mit unserem Antrag 5/13743 beantragt. Dieser Antrag befindet sich ja noch im parlamentarischen Geschäftsgang.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Abschluss: Ihr Antrag ist ein wenig das Paradebeispiel eines sogenannten Schaufensterantrages, der Jahre verspätet kommt.
Auch Ihre Forderungen zum „Bündnis für bezahlbares Wohnen“ sind reine Schaumschlägereien, denn die Länder sind in ein Bündnis bereits involviert. Auch Sachsen ist Mitglied in diesem Bündnis. Nun soll die Staatsregierung prüfen, inwieweit die von Ihnen erarbeiteten Kenntnisse in Sachsen anwendbar sind.
Besonders interessant ist die Forderung: Die Staatsregierung solle die zusätzlich ausgereichten Kompensationsmittel zweckgebunden für die sozialen Belange im Wohnungsbau ausgeben. – Wofür denn sonst?
Sie sehen, dass Ihr Antrag in Gänze überflüssig ist. Welchen Zweck erfüllt also dieser Antrag? – Nicht mehr und nicht weniger, als den parlamentarischen roten Teppich für die bereits fertiggestellte „Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Förderung des Wohnungsbaus und der Sanierung von zweckgebundenen Mietwohnungen“ auszurollen, die sich derzeit in der Anhörung durch den SSG befindet und in der eine Förderung durch den Baukostenzuschuss bereits mit 3,50 Euro pro Quadratmeter ausgeführt ist.
Wir wissen, dass die CDU immer etwas länger braucht, um sich überzeugen zu lassen, und dass der sächsische Sonderweg nicht immer der richtige ist, sondern oft in einer Sackgasse endet.
Fazit: Die Richtlinie kommt zu spät, aber sie ist dringend erforderlich. Ihr Antrag ist nicht falsch, aber viel zu spät und längst durch die Realität eingeholt. Weil wir aber sicherstellen wollen, dass Sie als Koalition und Sie als Staatsregierung nun den eingeschlagenen Weg nicht wieder verlassen, werden wir dem Antrag zustimmen, damit Sachsen die rote Laterne in der Wohnungspolitik endlich verliert.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „Sozialen Wohnungsbau stärken – Demografischen Wandel begleiten – neue Instrumente nutzen“: Ich habe mir einmal ein Gutachten von Haus & Grund angeschaut. Das ist zwar eine parteiliche Sache, aber trotzdem, die Punkte sind interessant.
In dem Fall sind die Mieten nur geringfügig gestiegen. Die allgemeinen Verbrauchspreise – das ist das Gutachten von 2014 – sind um 14,3 % gestiegen, die Baukosten allerdings um 22 % und die Mieten dagegen um 8 %. Die Knappheit des Wohnraums ist auch deswegen zu verzeichnen, weil sich die Wohnfläche individuell von 35 Quadratmeter auf 45 Quadratmeter vergrößert hat, ferner haben Einpersonenhaushalte zugenommen.
Des Weiteren haben wir die Modernisierungsumlage im Referentenentwurf – diese soll zurückgenommen werden – von 11 % auf 8 % und dann noch reduziert auf 3 Euro pro Quadratmeter. Auch das ist wieder eine Einschränkung, die den Wohnungsbau natürlich mit berührt.
Dann zu den Nebenkosten. Der Deutsche Mieterbund kritisiert, dass wir bundesweit Nebenkosten in Höhe von bis zu 3,29 Euro haben. In der Regel liegen diese bei 2,50 Euro, aber sie gehen bis in diese Summe hoch und sind regional auch nicht unterschiedlich. Das heißt, wir haben hier einen großen Preistreiber, und das ist der Staat. Die Nebenkosten steigen, und zwar durch die Wartung der Rauchmelder, die Untersuchung des Trinkwassers, die Grundsteuer usw. Hier sind die Kosten versteckt, die immer wieder beklagt werden.
Der Artikel 14 – Eigentum, Vertragsfreiheit – wird bei den ganzen Mietgesetzen, die den Markt einschränken, angesprochen.
Ich gehe auf den Punkt I – bezahlbarer Wohnraum – ein. Die Wohnbevölkerung sinkt. Das ist klar, das haben Sie selbst auch gesagt. Die Asylbewerber, meine Damen und Herren, können aber kein Grund dafür sein, dass wir solche Investitionen tätigen, denn diese sollten eigentlich zurück und ihr eigenes Land aufbauen. Das können wir doch nicht machen: dass wir den Entwicklungsländern die Fachkräfte entziehen und sie bei uns ansiedeln. Und was machen wir in den Entwicklungsländern? Das ist eine neokolonialistische Politik. Die sollte man nicht machen.
(Albrecht Pallas, SPD: Es geht um alle Menschen! – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE – Zuruf von der AfD: Dauerhafte!)
Sie verstehen offensichtlich gar nicht, um was es geht. Sie müssen mal über den Tellerrand hinausschauen.
Das Asylproblem kann nicht die Grundlage für derartige langfristige Aufwendungen aus Steuermitteln sein. Neuankömmlinge sind in zentralen Aufnahmeeinrichtungen
unterzubringen. Die Abschiebungen sind konsequent durchzuführen. Das ist auch eine Forderung des Bundes.
Zu Punkt I Nr. 2 – Demografischer Wandel, Integration. Da besteht aus unserer Sicht kein Zusammenhang. Der demografische Wandel ist klar, den müssen wir berücksichtigen. Aber die Integration, meine Damen und Herren, hat nicht diese Ausmaße, die wir brauchen, um dadurch einen riesigen Wohnungsmarkt aufzulegen.
„Bewusst mit dem Leerstand umgehen“. Sie schreiben selbst unter Punkt III Nr. 3: Leerstand über 200 000 Wohnungen in Sachsen. – Das ist eine gewaltige Menge, die man erst einmal beachten müsste.
Der Zuzug in die Ballungsräume darf nicht, meine Damen und Herren, gefördert werden, auch nicht behindert werden logischerweise, aber er soll dem Marktgesetz unterliegen. Ich erinnere hierbei ganz deutlich an den ländlichen Raum, meine Damen und Herren. Mit der Politik, die Sie betreiben, dass Sie in Großstädten Fördermaßnahmen einleiten, entvölkern Sie den ländlichen Raum. Die Menschen, die dort investiert haben in die Altersvorsorge, die Dreisäulentheorie – die kennen Sie vielleicht gar nicht mehr –, nämlich dass man auch noch im Alter aus einer Wohnung sein Altersgeld bezieht, das können die Leute nicht, weil die Wohnungen durch Ihre falsche Politik, da die Menschen in die Ballungsgebiete gezogen sind, leer stehen.
Zu Punkt II – Berichtsersuchen Wohnraumförderung. Zustimmung! – Warum nicht? Kein Problem. Da sind wir dabei. Ergänzungsvorschlag von uns: Die Gründe für den Wegzug aus dem ländlichen Raum, sofern sie noch nicht bekannt sind: Altersgruppen, Berufsgruppen, soziale Schicht – all das sollte man noch mal untersuchen. Vielleicht kann man dort gegensteuern.
Zu Punkt III: Das „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ prüfen. Auch hier Zustimmung! – Und die Wohnraumförderung der Punkte a bis d ebenfalls Zustimmung.
Sie wollen unter Punkt III die Einführung der Mietpreisbremse wieder kontrollieren. Die Mietpreisbremse, meine Damen und Herren, fördert eine stärkere Nachfrage, als sie real nach dem Marktgesetz vorhanden wäre. Sie verschärft somit die Problemlage, da mehr Wohnraum angemietet wird, als man sonst anstreben würde, meine Damen und Herren, und fördert die Landflucht, wie ich schon sagte, da es nicht notwendig ist, preiswerten Wohnraum dort zu suchen, wo er vorhanden ist. Für die privaten Vermieter ist es ein Risiko, in Ballungsgebieten zu bauen, da die Sicherheit, die Vermietung als Altersentgelt zu beziehen, durch diese Regularien eingeschränkt wird.
Herr Spangenberg, verstehe ich Sie richtig, dass Sie die Mietpreisentwicklung vor allem in Dresden und Leipzig so weiterlaufen lassen wollen, sprich, die Stadtbewohner in dem Fall immer höheren Mieten aussetzen wollen, damit die Landflucht sinkt?