Die Antragsteller sehen bislang eine unzureichende Beteiligung von Senioren im Freistaat Sachsen. Ziel ist es, die Interessenvertretung und Mitbestimmung von Senioren im Freistaat Sachsen umfassend und flächendeckend auszubauen.
Dazu sollen insbesondere folgende wesentlichen gesetzlichen Regelungen im Entwurf normiert werden, gesetzlich verpflichtend für Behörden, öffentliche Stellen und Einrichtungen des Freistaates Sachsen, die Gemeinden, Städte und Landkreise: Die Interessen und Belange der Seniorinnen und Senioren zu berücksichtigen und geeignete Formen und Verfahren für deren unmittelbare Beteiligungen an den sie betreffenden Planungen und Vorhaben zu gewährleisten und vorzuhalten; die Bildung von Seniorenvertretungen auf kommunaler und Landesebene sowie deren Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte am sozialen, kulturellen und politischen Leben; Bestellung von Seniorenbeauftragten in den Landkreisen und Gemeinden; die Wahl und Berufung eines unabhängigen Landesseniorenbeauftragten aus der Mitte des Landtags sowie dessen Aufgaben und Befugnisse; die Bildung eines Landesseniorenrates als Beratungsorgan der Staatsregierung und des Landtages zu Fragen, die die Lebensumstände, Interessen und Belange der Senioren im Freistaat Sachsen betreffen.
Grundsätzlich ist das Ansinnen zu begrüßen, die Belange und Interessen der älteren Mitbürger angemessen zu berücksichtigen. Mit dem Verweis auf die demografische Entwicklung in der Begründung zum Gesetzentwurf wird dies deutlich unterstrichen.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist allerdings aufgrund folgender Aspekte nicht unkritisch zu sehen und daher
abzulehnen. Verkennung der tatsächlichen Möglichkeiten: In der Begründung zum Gesetzentwurf wird davon gesprochen, dass Teilhabe, Mitwirkung und Mitbestimmung von Senioren bislang weitgehend unabhängig vom guten Willen der politisch Verantwortlichen sind. Ähnlich ist auch eine Aussage in der Anhörung zum Gesetzentwurf, als davon gesprochen wurde, dass die Mitbestimmung von Senioren aufgrund der vagen Unverbindlichkeit bislang nicht funktioniert hat. Dagegen spricht zum einen aber schon die Wirklichkeit im Freistaat Sachsen, wie beispielsweise in der Anhörung geschildert wurde. Ich möchte nur an den Landkreis Görlitz erinnern, der uns in der Anhörung sehr deutlich herübergebracht hat, was dort alles möglich ist.
In den Städten und Landkreisen haben die Senioren freiwillig und selbstständig das Heft des Handelns in die Hand genommen, sich aktiv vor Ort eingebracht und wirken mit. Dafür gibt es genügend Beispiele, die das belegen. Es ist die Einrichtung von Beiräten und Beauftragten nach der Landkreisordnung und nach der Gemeindeordnung möglich. Auch in den Sozialräumen, in den Landkreisen wird das neuerdings sehr vorangetrieben.
Eine Verbesserung der Beziehungen zwischen den Generationen und der Solidargemeinschaft, wie im Gesetzentwurf genannt, ist grundsätzlich zu begrüßen. Dabei ist darauf zu achten, dass keine Generation gegenüber einer anderen bevorzugt wird. Gerade im Hinblick auf die demografische Entwicklung sollte mit einem solchen Gesetz vorsichtig agiert werden.
Aktive Mitwirkung ist auch jetzt schon möglich. Dafür steht eine Vielzahl von Beispielen, wie der Seniorenbeirat in Leipzig. Die gelebte Selbstverwaltung in Sachsen in den kreisfreien Städten und im kreisangehörigen Raum zeigt, dass dort, wo Bedarf an zusätzlichen Anlaufstellen für Senioren besteht, bereits mit der Bildung einer entsprechenden Beiratsstruktur reagiert wurde und es dafür keines gesetzlichen Eingriffes bedurfte.
Auch wurde im Rahmen der Anhörung deutlich, dass es schon jetzt teilweise schwierig ist, Senioren zu finden, die sich aktiv in die Seniorenarbeit einbringen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und der Vielzahl an Gremien, die zu schaffen wären, wird das noch verschärft und kann unter anderem dem angestrebten Ziel entgegenwirken. Mitarbeit kann nicht durch den Staat verordnet werden, sondern vielmehr wollen wir die ältere Generation weiter ermutigen, sich unmittelbar in den Räten für das Allgemeinwohl zu engagieren und damit an entscheidender Stelle am politischen, kulturellen und sozialen Leben einer Kommune, eines Landkreises teilzuhaben.
Abschließend möchte ich auf Folgendes hinweisen: Im Rahmen der Anhörung wurde mehrfach auf das bisherige Engagement auf kommunaler Ebene hingewiesen, wie auch auf die Arbeit der Landesseniorenvertretung für Sachsen. Dieses Engagement kann nicht hoch genug gelobt werden, und an dieser Stelle möchte ich das ausdrücklich anerkennen und würdigen.
Der Koalitionsvertrag greift daher auch nicht ohne Grund die Seniorenmitwirkung auf. Wir werden uns dafür einsetzen, dass sie in Sachsen weiter ausgebaut wird. Dabei sollen auch die Anmerkungen, die Sie im Gesetzentwurf gemacht haben, einfließen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD und ich als seniorenpolitische Sprecherin werben schon lange für ein Landesseniorenmitwirkungsgesetz, weil wir davon
Politik ist ein Prozess. Man hinterfragt, bekommt neue Anregungen und im Idealfall lernt man dazu, zum Beispiel bei einer Anhörung im Sozialausschuss. Leider konnten wir im Ausschuss die Meinung von Dr. Christine von Blankenburg bezüglich des heutigen Themas nicht hören, da sie erkrankt war. Doch ihre Präsentation war sehr aufschlussreich und wahrscheinlich der ausgewogenste Blick, den ich zu Seniorenmitwirkungsgesetzen wahrgenommen habe. Ein Kernpunkt war: Es gibt kein Defizit bei der Mitwirkung von Seniorinnen und Senioren.
In Sachsen ist jede dritte Person 60 Jahre oder älter. Bei der Landtagswahl 2014 haben 38 % dieser Altersgruppe gewählt. Das kann man als überproportionalen Einfluss beschreiben. Aber selbstverständlich ist den älteren Menschen daraus kein Vorwurf zu machen.
Die Datenbank der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen zeigt, dass es jede Menge Seniorenorganisationen gibt, die im Politikfeld tätig sind. Seniorinnen und Senioren sind darüber hinaus auch in vielen nicht altersspezifischen Organisationen tätig. Ich glaube, die meisten Anwesenden wissen, wovon ich gerade spreche. In der SPD Sachsen liegen wir mit einem Durchschnitt von 51 Jahren gar nicht so schlecht. Bundesweit liegt unser Schnitt schon bei 60 Jahren. Das geht den anderen Parteien sicher ähnlich.
Frau von Blankenburg hat uns auch erläutert, wie Seniorenmitwirkungsgesetze in anderen Bundesländern wirken. Zwei Punkte daraus möchte ich anführen: Erstens: Arbeit ändert sich nicht. Zweitens: kein Mobilisierungseffekt. Einige der Kontrapunkte haben mir einen differenzierteren Blick auf ein Seniorenmitwirkungsgesetz gegeben und mir deutlich gezeigt: Ein Seniorenmitwirkungs- oder -mitbestimmungsgesetz ist kein Selbstläufer und es wird damit auch nicht automatisch alles besser. Politik sollte immer ein Abwägungsprozess sein. Selten ist eine Entscheidung eindeutig, unabhängig davon, wie einfach sie
Trotz all der genannten Punkte bin ich immer noch für ein Seniorenmitwirkungsgesetz, auch wenn nicht in der Form der LINKEN. Ein schlankes Gesetz mit der Aufgabentrennung würde dem Anliegen gerecht werden. Ich finde die Argumente für das Gesetz, die auch Frau von Blankenburg darstellt, letztendlich überzeugender. Es kann die momentane Situation an wichtigen Stellen verbessern. Ein Gesetz schafft rechtliche Verbindlichkeit und gewährleistet, dass die Interessen der Seniorinnen und Senioren angehört werden müssen. Es erkennt gute, meist ehrenamtliche Arbeit an. Darauf kann besonders in den Kommunen gebaut werden.
Im Entwurf der LINKEN sehe ich jedoch einige strukturelle Probleme. Besonders schwierig sind die Doppelstrukturen und die unklare Aufgabentrennung. Es werden viele Akteure benannt: Landesseniorenrat, sächsischer Landesseniorenbeauftragter, die kommunale Seniorenvertretung, kommunale Seniorenbeauftragte, Landesseniorenvertretung. Es gibt also viele Akteure, die als Interessenvertretung auftreten. Dadurch entstehen sicherlich Probleme in der klaren Aufgabentrennung.
In diesem Punkt kann man das Gutachten der FriedrichEbert-Stiftung heranziehen, das vor der Novellierung des Seniorenmitwirkungsgesetzes in Berlin erstellt wurde. Beirat und Vertretung waren und sind in Berlin zwei Gremien mit verschiedenen Konzepten der Beteiligung. Das eine ist ein beratendes Gremium und das andere eine selbstbestimmende Interessenvertretung. Mit mehreren Beteiligten auf diesem Feld wurde in Streitfragen oft der Kontakt zu dem gewogenerem Akteur gesucht. Dies wird dem politischen Anliegen der Seniorinnen und Senioren letztendlich nicht gerecht.
Mein Fazit aus all diesen Gedanken ist: Ich könnte mir eher ein Gesetz vorstellen, in dem einige der vorhandenen Akteure gestützt werden, eventuell ergänzt durch eine Landesseniorenbeauftragte bzw. einen Landesseniorenbeauftragten, die bzw. der für seinen Vertretungsanspruch Rechtssicherheit bekommt.
So schön es auch war, in der Anhörung des Sozialausschusses von der funktionierenden Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Seniorenvertretung im Landkreis Görlitz zu hören, stehen dem doch andere Geschichten gegenüber, in denen Seniorenvertretungen bewusst verhindert werden.
Warum habe ich Ihnen meine Gedanken so ausführlich erläutert? Ich hätte den LINKEN-Entwurf ja einfach mit den genannten Begründungen ablehnen können. Nein, ich wollte aufzeigen, dass dieses Thema nicht nur aufgrund des Gesetzentwurfes der LINKEN bei uns diskutiert wird. Die SPD hat dazu durchaus eine positive, gefestigte Position. Der Prüfauftrag im Koalitionsvertrag mag vielleicht die weicheste Formulierung sein, die es gibt, aber er steht nicht ohne Grund. Diesen Auftrag nehmen wir ernst.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir behandeln heute das Gesetz zur Stärkung der Mitwirkung, Mitbestimmung und Interessenvertretung von Seniorinnen und Senioren im Freistaat Sachsen, ein Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE.
In zwei Sitzungen im Ausschuss, am 4. April 2016 und am 6. Juni 2016, wurde er abgelehnt, wie bereits ein ähnlicher Gesetzesvorschlag, Drucksache 4/9258, aus dem Jahr 2007. Ebenso hat der Landkreistag mit Stellungnahme vom 31. März 2016 die gleiche Meinung vertreten, und der Sächsische Städte- und Gemeindetag am 18. Februar 2016 bezieht sich darauf, dass § 47 der Gemeindeordnung allen kreisfreien Städten Seniorenbeiräten dies schon ermöglicht hat und dies auch durchgeführt wurde. Weiterhin haben wir eine Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisation mit rund 13 Millionen Mitgliedern. Sie wirken auf Länder- und kommunaler Ebene. – So weit zunächst der Stand.
Sie wollen eine gesetzliche Verpflichtung, die Belange der Senioren zu berücksichtigen. Das heißt im Umkehrschluss: Die Belange der Senioren sind bisher nicht berücksichtigt worden. Das kann ich nicht erkennen. Wir als Senioren – ich gehöre auch dazu – sind ganz normal in der Gesellschaft drin.
Ich weiß gar nicht, worin wir Belange haben, die nicht berücksichtigt worden sind. Das kann ich nicht erkennen.
Seniorenbeauftragte – das ist interessant. Wir haben eine Inflation von Beauftragten, denn mittlerweile gibt es ja genug in Deutschland. Wir haben Lesben-, Schwulen-, Frauen-, Gleichstellungs-, Ausländer-, Kinderbeauftragte. Jeder Beauftragte bedeutet eine Schwäche, denn das heißt immer: Ich komme allein nicht aus dem Knick. Ich brauche jemanden, der mich da rausholt. Das sind ja die Themen der Beauftragten.
Meine Damen und Herren! Die Senioren brauchen das nicht. Das ist die Generation, die das Land aufgebaut hat. Davon können sich einige eine Scheibe abschneiden; sie können gar nicht mitreden. Wir brauchen keine Unterstützung. Es ist komisch, wenn wir einen Beauftragten brauchen, der uns sagt, wo es langgeht. Darauf können wir verzichten.
Beratungsorgan zur Frage der Lebensumstände – das ist ja schon ein Treppenwitz. Wozu brauchen wir ein Beratungsorgan? Jeder Senior kommt alleine klar in diesem
Lassen Sie mich ausreden! – Sie wollen eine geschlechtsspezifische Verteilung in Ihrem Änderungsantrag. Ich hoffe nicht, dass das in die Richtung geht, die mein Kollege Königer von der AfD vorgetragen hat. Ich hoffe, dass es nur zwei Unterscheidungen sind. Das würde nämlich ausreichen.
Sie legen den Senior jetzt fest mit 60 Jahren. Was meinen Sie denn? Denken Sie, dass er, wenn er 60 wird, dann schlagartig ein anderer Mensch wird? Da geht es genauso weiter wie bisher, es ändert sich nichts. Er benötigt auch nicht mehr Hilfe, als er vorher brauchte. Wenn er später Hilfe braucht – –
Das Negativbild eines hilfebedürftigen Rentners setzen Sie hier herein, der dann aber komischerweise bis 70 arbeiten soll. Das ist widersprüchlich.
Jetzt haben wir noch etwas: Mit 25 % der Bevölkerung ist es eine der stärksten politischen Kräfte in Deutschland. Ich habe den Eindruck: Will sich einer dieser Kraft bedienen? Oder was soll das werden?
Die Senioren können das wunderbar alleine machen. Das private Vereinsrecht hat alle Möglichkeiten. Die Landesseniorenvertretung Sachsen e. V. Görlitz wurde schon genannt. Des Weiteren haben wir die Sächsische Landkreisordnung, die §§ 60, 43 und 47 der Sächsischen Gemeindeordnung. Wir haben alle Möglichkeiten, sich privat zu betätigen.
Aber eines ist ganz wichtig, und Sie von den LINKEN sollten Ihren Antrag vielleicht in diese Richtung orientieren: Stellen Sie doch mal sicher, dass es nicht den Begriff „Altersarmut“ gibt. Dazu kommt gar nichts von Ihnen.