Protokoll der Sitzung vom 17.12.2014

Vielleicht können mir einige von Ihnen recht geben, dass das auch nicht leicht zu durchschauen ist.

(Beifall bei der SPD)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Vieweg?

Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Dr. Pinka, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Herr Vieweg, geben Sie mir recht – ich habe ja gerade die Beispiele genannt –, wenn die Bescheide jetzt in der Landesdirektion bearbeitet worden sind und man festgestellt hat, dass zwischen dem Bescheid und der durchflussbezogenen alten Fassung der Wasserentnahmenabgabenhöhe solche großen Differenzen bestehen, dass man jetzt schon als Gesetzgeber hätte agieren bzw. Musterklagen zulassen können – vielleicht mit verschiedenen Beispielen, vielleicht acht Stück – und man damit hätte verhindern können, dass jetzt eine Klagewelle über das Land kommt? Geben Sie mir recht, dass das möglich gewesen wäre?

Sehr geehrte Kollegin! Ich empfehle Ihnen, sich in das Geschäft der Kleinen Anfragen zu begeben und daran weiter zu arbeiten, um vielleicht eine Antwort aus dem Ministerium zu erwarten. Darin sind Sie ja gut, und ich denke, besser als ich.

Was müssen wir also tun, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen? – Wir müssen an der derzeitigen Wasserentnahmeabgabe und am Wasserpfennig noch etwas tun. Was wir allerdings nicht tun sollten, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, ist, einen Schnellschuss rauszulassen. Wir sollten genau hinschauen. Wir brauchen eine langfristige und rechtssichere Perspektive für unsere sächsischen Wasserkraftwerksbetreiber. In diesem Sinne, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, wird meine Fraktion diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion AfD spricht Herr Abg. Urban. Sie haben das Wort, Herr Urban.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Die Alternative für Deutschland schlägt vor, diesen Antrag weitgehend abzulehnen, insbesondere hinsichtlich einer Besserstellung kleiner Wasserkraftanlagen gegenüber größeren.

Außer historischen Wassermühlen oder Wassermühlen im Mühlenbetrieb sollte der Freistaat kein Interesse am Betrieb von kleinen Wasserkraftanlagen in sächsischen Flüssen haben. Ich zitiere aus Ihrem Antrag: „Bäche und Flüsse bieten vielfältige Lebensräume, die unseres beson

deren Schutzes bedürfen. Da Wasserkraftwerke in diese hochwertigen Lebensräume eingreifen und die Gewässerökologie verändern, muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die Energiegewinnung in einem vernünftigen Verhältnis zu den ökologischen Folgen steht.“ Ich stimme Ihnen zu, dass Wasserkraftanlagen mit ihren Wehren massive Eingriffe in die Fließgewässerökosysteme sind. Man muss aber auch sagen, dass diese Eingriffe durch keinerlei Maßnahmen ausgeglichen werden können.

In der Tat muss also bei der Bewertung solcher Anlagen verglichen werden, ob die ökologischen Schäden durch irgendeinen Nutzen aufgewogen werden. Da Fließgewässer ein öffentliches Gut sind, das geschädigt wird, kann der finanzielle Nutzen einiger weniger Anlagenbetreiber natürlich kein Maßstab dieser Bewertung sein. Wir müssen fragen, ob es einen energiewirtschaftlichen Nutzen dieser kleinen Wasserkraftanlagen gibt, der die ökologischen Schäden rechtfertigt. Oder gibt es einen klimapolitischen Nutzen, der diese ökologischen Schäden rechtfertigt, und überwiegt aller Nutzen für die Allgemeinheit die Schäden an dem öffentlichen Gut?

Lassen Sie mich nur kurz die Schäden am Ökosystem des Fließgewässers skizzieren. Das Wichtigste ist die Zerstörung der Durchgängigkeit von Flüssen. Dabei wird in der Regel nur an Fische gedacht. Krebse, Muscheln und andere Wasserbewohner werden dabei gar nicht betrachtet. Viele Fische erreichen ihre Laichgewässer in den Oberläufen der Flüsse nicht mehr, weil es entweder keine Fischtreppen gibt oder weil deren Passierbarkeit völlig ungenügend ist. Flussabwärts schwimmende Fische werden häufig durch die Turbinen getötet, weil es so gut wie keine Abstiegsanlagen an den kleinen Wasserkraftanlagen gibt. Die Gewässerstruktur des Flusses ändert sich durch verschlammte Anstaubereiche oberhalb der Wehre und durch wasserarme Bereiche unterhalb. Der Sauerstoffgehalt im angestauten Wasser verringert sich wegen der Faulschlammbildung. Im Winter vereisen große Flussabschnitte durch die verminderte Fließgeschwindigkeit in den angestauten Bereichen, was ebenfalls zu einer Sauerstoffarmut in diesen Abschnitten führt.

Die Beeinträchtigung des Fließgewässerökosystems ist dauerhaft und wird durch nichts ausgeglichen. All das führt zu einem Rückgang der Bestände an Fischen, Krebsen, Muscheln und anderen Flussbewohnern. Vogelarten und Tierarten, die am und vom Fluss leben, finden weniger Nahrung. Das ist unter anderem auch zum Nachteil Tausender sächsischer und touristischer Angler in Sachsen.

Was ist nun der gesellschaftliche Nutzen kleiner Wasserkraftanlagen? – Laut einer Studie des Umweltbundesamtes leisten kleine Wasserkraftanlagen unter einem Megawatt Nennleistung einen verschwindend geringen Beitrag zur Energieversorgung, nämlich nur 0,3 %. Sie sind energiepolitisch überflüssig. Ob diese Anlagen am Netz sind oder nicht, bemerkt kein einziger Verbraucher.

Leisten kleine Wasserkraftanlagen wenigstens einen Beitrag zur CO2-Einsparung? Ja. Allerdings ist auch

dieser Beitrag mikroskopisch im Vergleich zur gesamten sächsischen CO2-Emission. Kleine Wasserkraftanlagen, wenn man die Emissionen für die Unterhaltungs- und Wartungsarbeiten weglässt, sparen nur 0,09 % der CO2Emissionen. Das ist weniger als 1 Promille. Das Weltklima werden Sie damit sicher nicht retten.

Wasserkraftanlagen – das ist die eigentliche Ursache für unser jetziges Problem –, insbesondere kleine Wasserkraftanlagen, sind unwirtschaftlich. Fischtreppen und Ufermauern der Flüsse werden mit 70 % vom Steuerzahler finanziert. Ohne diese Steuergelder und ohne die Subventionierung durch das Erneuerbare-Energien

System gäbe es den größten Teil der Wasserkraftanlagen heute nicht mehr. Aus heutiger Sicht sollte es also kein besonderes Interesse an der Stromerzeugung mittels kleiner Wasserkraftanlagen in sächsischen Flüssen geben.

Zu den Einzelforderungen Ihres Antrages. Die pauschale Befreiung der kleinsten Wasserkraftanlagen – weniger als 250 Kilowatt – von der Wasserentnahmeabgabe ist abzulehnen, da gerade bei diesen Anlagen das SchadenNutzen-Verhältnis besonders schlecht ist. Da die Betreiber dieser Anlagen mit dem EEG und weiteren Subventionen allerdings in die Investitionen gelockt wurden, darf die Politik sie jetzt auch nicht fallen lassen.

Die AfD empfiehlt deshalb eine Befreiung von der Wasserentnahmeabgabe im Einzelfall, wenn der Betreiber nachweist, dass er seine Anlage im Zeitraum seines Bewilligungsbescheides nicht mehr wirtschaftlich betreiben kann. Perspektivisch allerdings sollten diese Minianlagen aus unseren sächsischen Flüssen zurückgebaut werden.

Eine Bemessung der Wasserentnahmeabgabe anhand der mittleren Leistung ist ebenfalls abzulehnen. Eine fixe Gebühr pro Jahr würde den Trend unterstützen, maximal Strom zu produzieren und minimal Wasser im Flussbett zu belassen. Schon heute sind die unteren Wasserbehörden personell nicht in der Lage, den Bürgerbeschwerden nachzugehen, wenn diese trockene Flussabschnitte unterhalb der Wehre melden und die Betreiber zu wenig Wasser im Fluss belassen.

Eine Befreiung der Wasserentnahmeabgabe für Betreiber von Wasserkraftanlagen, die dafür neue, funktionierende Fischtreppen bauen, könnte unsere Unterstützung finden, wenn sich diese Regelung auf größere Wasserkraftanlagen mit mehr als 1 MW Nennleistung beschränkt.

Besonders bedauerlich finde ich es, dass dieser Antrag von der GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebracht wird. Dieser Antrag bedient offensichtlich die privatwirtschaftlichen Interessen einiger weniger Betreiber von Wasserkraftanlagen zum Schaden unserer sächsischen Natur und zum Schaden der Stromkunden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Wird aus den Reihen

der Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Schmidt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Günther, ich muss sagen, wir liegen in der Zielstellung, die der Antrag verfolgt, gar nicht so weit auseinander. Nur in der Umsetzung haben wir einen anderen Ansatz. Dass wir die Wasserkraft in Sachsen erhalten wollen und dass die von Ihnen erläuterten ökologischen Aspekte uns auch wichtig sind, ist völlig klar. Aber die Herangehensweise bei der Umsetzung sehen wir ein Stück weit anders. Darauf werde ich gleich noch eingehen.

Ich muss Ihnen sagen, es sind jetzt gerade einmal 20 Bescheide ergangen. Ich bin der Meinung, dass die daraus resultierende Datenbasis viel zu gering ist, um, wie Sie in Ihrem Antrag fordern, ein komplettes Umsteuern der Wasserentnahmeabgabe zu rechtfertigen. Wenn wir eine größere Datenbasis haben, werden wir uns dieser Thematik noch einmal sehr ernsthaft annehmen. Das ist von Herrn Hippold schon gesagt worden. Wenn es notwendig sein sollte – das habe ich auch schon mehrmals gesagt –, werden wir auch nachsteuern. Der Zeitpunkt dafür ist meines Erachtens allerdings noch viel zu früh.

Auch zur Historie ist einiges gesagt worden. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass wir im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes 2013/2014 – ich glaube, Sie, Frau Pinka, haben das gesagt – die Frage der Befreiung von der Wasserentnahmeabgabe für die Wasserkraftanlagenbetreiber sowie die Höhe der Abgabe intensiv diskutiert und im Ergebnis dessen den bis dahin geltenden Befreiungstatbestand aufgehoben haben. Es war eigentlich von der rechtlichen Thematik her keine Einführung, sondern eine Beendigung der Befreiung. Das ist etwas anderes als das, was Sie hier gesagt haben.

Diese Frage wurde dann im Zusammenhang mit der Novelle des Sächsischen Wassergesetzes 2013 noch einmal diskutiert. Das Ergebnis ist Ihnen bekannt: Es wurde an der Erhebung festgehalten.

Zwischenzeitlich gab es Verfassungsbeschwerden. Der Sächsische Verfassungsgerichtshof hat am 23. Oktober dieses Jahres die Verfassungsbeschwerden von drei Wasserkraftanlagenbetreibern zurückgewiesen. Zwei

Beschwerden waren zu spät eingelegt, aber bei der dritten waren die sieben Verfassungsrichter einstimmig der Auffassung, dass der Freistaat Sachsen die Kompetenz für diese Regelung hat und nicht, wie immer behauptet wurde, damit in die bundesgesetzliche Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz eingegriffen wird. Zudem erläuterte der Verfassungsgerichtshof, dass bei der Beschwerdeführerin kein schwerer und unabwendbarer Nachteil in Form einer Existenzgefährdung zu erkennen ist. Ich betone noch einmal, dass es dort um einen Fall geht, und daher ist das keine Datenbasis, die man zurate ziehen könnte.

Meine Damen und Herren, damit haben wir nach mehrfacher Diskussion in den vergangenen Jahren ein verfassungsrechtlich geprüftes Gesetz, das mein Haus nun vollziehen muss. Trotzdem lassen wir die Bereitschaft zum Gespräch mit den Anliegern nicht abreißen.

Die bisherigen Anzeichen aus dem Vollzug zeigen, dass auch nach der Aufhebung des Befreiungstatbestandes im Jahr 2012 weitere Anlagen gebaut wurden, also in Kenntnis des Gesetzes. Genehmigungsverfahren zum Bau neuer Anlagen laufen, obwohl alle wissen, dass die Abgabebefreiung nicht mehr gilt. Auch die Behauptung, dass die Einführung der Abgabe bereits für eine existenzbedrohenden Situation bei vielen Wasserkraftbetreibern gesorgt habe, ist nach dem jetzigen Datenbestand nicht belegt.

Unabhängig davon, dass der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus den dargestellten Gründen zur Unzeit kommt, ist er auch aus sachlichen und rechtlichen Gründen abzulehnen. Auch die Grundlastfähigkeit ist gerade mit Blick auf ökologische Belange, also die Restwassermenge, die dort bleiben muss, nicht in dem Maße gegeben, wie es immer wieder dargestellt wird.

Die Wasserentnahmeabgabe stellt, wie ihr Name schon sagt und zutreffend beschreibt, auf die entnommene Wassermenge ab. In Abhängigkeit vom jeweiligen Verwendungszweck errechnet sich die Abgabenhöhe anhand der entnommenen Wassermenge. Der vorliegende Antrag will nunmehr für die Berechnung auf die installierte Leistung der Wasserkraftanlagen abheben. Dagegen bestehen erhebliche rechtliche Bedenken.

Für die Wasserkraftanlagenbetreiber hieße das, dass sie auch dann zahlen müssten, wenn die Anlage das ganze Jahr stillsteht. Sie nehmen nur die installierte Leistung, und egal, ob die Anlage läuft oder nicht, müsste die Abgabe gezahlt werden. Es kann aus verschiedenen Gründen – denken wir an Hochwasser und andere Dinge – durchaus der Fall sein, dass die Anlage längere Zeit gar nicht betrieben werden kann.

Zweck der Wasserentnahmeabgabe ist jedoch, für das Sondernutzungsrecht des bewirtschafteten Allgemeingutes Wasser eine angemessene Abgabe zu erheben und damit auch einen Beitrag zur Verbesserung der Gewässerdurchgängigkeit zu leisten. Das wird mit dem Vorschlag der GRÜNEN, wie ich gerade begründet habe, nicht erreicht.

Wir haben seit 2007 mit rund 7,5 Millionen Euro an Fördergeldern den Bau von Fischauf- und -abstiegsanlagen unterstützt. Damit konnte an vielen Gewässern die Durchgängigkeit an Wasserkraftanlagen entscheidend verbessert werden. Finanziert wird diese Förderung übrigens aus der gleichen Wasserentnahmeabgabe, von der die Wasserkraftanlagen immerhin 20 Jahre befreit waren. Gleichzeitig wird mit den Fischauf- und -abstiegsanlagen die Voraussetzung für eine bis zu 50 % höhere Einspeisevergütung von Strom aus Wasserkraft geschaffen. Dies wollen wir den Wasserkraftanlagenbetreibern auch in Zukunft ermöglichen.

Meine Damen und Herren, die Bedenken der Wasserkraftanlagenbetreiber werden von mir nicht ignoriert. Diese nehme ich durchaus ernst. Ich sehe jedoch keine Argumente für den von den GRÜNEN vorgeschlagenen Antrag, und deshalb schlage ich Ihnen vor, ihn abzulehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Frau Dr. Pinka, Sie wünschen?

Eine Kurzintervention.