Nachdem wir den Rundumschlag darüber gehört haben, was alles nicht funktioniert, möchte ich eine kleine Auflistung von erfolgten Maßnahmen in Sachsen vortragen.
Der Freistaat hat das berühmte Landesgremium nach § 90 a eingerichtet, das die Kompetenz in die Hände des Landes legt, überhaupt bei planerischen Prozessen im Gesundheitsbereich nach regionalen Besonderheiten und sektorübergreifender Versorgung aktiv werden zu können. Als Grundlage für solche Maßnahmen wurde ein Gutachten zur ambulanten ärztlichen Versorgung in Auftrag gegeben. Auch das ist heute schon gefallen. Ein verzahntes Gutachten zusammen mit der stationären Versorgung, Frau Schaper, ist so was von weltfremd. In dieser Welt leben wir nicht!
Parallel ist ein Gutachten für die stationäre Versorgung in Auftrag gegeben worden. Es ist doch unbestritten, dass der Krankenhausplanungsausschuss zukünftig beide
Gutachten in seine Arbeit einbeziehen muss. Ich sage an der Stelle auch ganz deutlich, dass ich mir einen starken Impuls für die Arbeit dieses Gremiums durch diese zwei Gutachten erhoffe. Die bisherigen Empfehlungen, die aus diesem Gremium gekommen sind, wiesen noch sehr übersichtliche Erfolge auf.
Daneben – das möchte ich nur ganz kurz erwähnen, weil man es im Internet nachlesen kann – führt der Freistaat Sachsen mit den Akteuren im Gesundheitsbereich – die Ärztekammer ist mit dem Ärztenetz darauf eingegangen – so viele verschiedene Maßnahmen vom Studium über die Weiterbildung bis zur Niederlassung durch, dass es einen
an der Stelle manchmal schon ratlos macht, was man noch alles in dem Bereich machen soll, um dem Problem Fachkräftemangel oder auch Strukturentwicklung zu begegnen.
Neulich ist am Standort Niesky versucht worden, einen Teilbereich des letzten Gutachtens des Sachverständigenrates von 2014 umzusetzen. In einem lokalen Gesundheitszentrum in Niesky versucht man, abgespeckte stationäre Strukturen mit einem ausgewogenen ambulanten Angebot zusammenzuführen, damit in der Region die medizinische Versorgung gesichert ist. Auch dieses Modell ist damals, als es verkündet wurde, bei den LINKEN nicht so gut angekommen. Aber auch das bezieht sich auf das Gutachten des Sachverständigenrates.
Vor diesem Hintergrund habe ich vor allem Punkt 2 des Antrages überhaupt nicht verstanden, weil da ein neues Modell eingeführt wird. Ich weiß nicht genau, wie es gestaltet werden soll oder worin der Unterschied zu bestehenden Modellen liegt. Das hat mir hinsichtlich des Antrags auch ein bisschen Kopfzerbrechen bereitet. Aber wenn man davon ausgeht, dass wirklich alles schlecht ist, dann ist klar, dass man neue Modelle einführen möchte.
Daneben gibt es eine aktuell im Landtag arbeitende Enquete-Kommission zum Thema Pflege. Wenn wir schon bei sektorübergreifender Versorgung sind und wenn wir uns auf das Gutachten des Sachverständigenrates im Gesundheitswesen beziehen, dann dürfen wir nicht nur den ambulanten und den stationären Bereich miteinander verzahnen, sondern dann müssen wir die pflegerische Versorgung und die Notarztversorgung ebenfalls mit in den Blick nehmen.
Mit der Notarztversorgung hat sich dieses Landesgremium ausführlich beschäftigt, die pflegerische Versorgung werden wir jetzt in der Enquete-Kommission behandeln, und auch diese beiden Sachen müssen natürlich in die Planungsgremien der Staatsregierung einfließen. Dann können wir wirklich von sektorübergreifender Planung und Versorgung sprechen.
In meinem letzten Punkt will ich einen Ansatz in dem Antrag nennen, den ich für gut halte. Das ist die Rolle der Kommunen.
Spätestens mit dem Inkrafttreten des Pflegestärkungsgesetzes III wird es demnächst auch unstrittig sein, dass Kommunen nicht nur ein wichtiger Partner oder Akteur im Bereich der medizinischen und pflegerischen Versorgungslandschaft sind, sondern dass sie dafür auch Verantwortung tragen. Es ist auch nichts Neues, dass ich schon seit Langem fordere, dass in das Landesgremium nach § 90 a auch die kommunale Ebene einbezogen wird. Ich halte das für unverzichtbar.
Ich will eben nicht, dass, wie im Antrag beschrieben, die Kommunen irgendwelche Modelle oder finanziellen
Anreize bekommen. Nein, ich möchte, dass sie an den Prozessen der Planung und damit auch an der Verantwortung für planerische Entscheidungen beteiligt werden und dass sie an diesem Punkt auch über die Grenzen ihrer Gemeinde oder ihres Landkreises hinausschauen müssen; denn die Kommunen sind Träger für Versorgungsmodelle in der Pflege, für MVZ, für Krankenhäuser oder können es sein, und auch diese wirken über die genannten Grenzen hinaus. Deshalb halte ich es für sehr wichtig, dass man zukünftig die Kommunen in Entscheidungen vor Ort, die manchmal auch wehtun können, von Anfang an einbezieht. Ich meine, die Bereitschaft auf kommunaler Seite, dabei mitzumachen, wächst; sie wird mit dem PSG III ganz konkret und sollte dann auch auf Landesebene Realität werden.
Das Gutachten wurde uns in der letzten Sitzung des Gesundheitsausschusses vorgestellt. Ich muss ehrlich sagen, ich brauche noch ein Weile, bis ich es mir für bestimmte Sachen wirklich so heruntergebrochen habe, dass ich Konsequenzen daraus ziehen kann. Ich erhoffe mir aufgrund des Gutachtens zur stationären Versorgung, dass wir uns im Sozialausschuss tiefergehend damit befassen, zum Bespiel mit dem Instrument der Anhörung oder auch, indem wir einmal in eine Region fahren und uns dort eine Versorgungssituation ganz konkret vor Ort ansehen. DIE LINKEN zeigen ja mit dem Antrag, dass es eine Unmenge von Vorschlägen und dass es viele Menschen gibt, die bereit sind, da mit zu diskutieren und auch Verantwortung zu übernehmen. Ich zumindest habe an diesem Prozess ein riesengroßes Interesse.
Über einen solchen Antrag nach einer noch so interessanten oder anregenden Plenardebatte einfach abzustimmen, einen Antrag, der weitreichende Konsequenzen für das gesamte Gesundheitssystem in Deutschland hätte – weg von Selbstverwaltung, hin zu staatlicher Steuerung –, das können wir in diesem Plenum nicht machen. Ich plädiere dafür, solche Anträge demnächst wirklich in den Ausschuss zu verweisen und dort eine Anhörung zu organisieren, damit wir uns dann mit den Akteuren abstimmen können.
Frau Kollegin Neukirch sprach für ihre SPD-Fraktion. Herr Wendt ergreift jetzt für die AfD das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde mich in meiner Rede jetzt kurzfassen, weil schon viele Punkte angesprochen worden sind. Eines vorweg, werte Frau Schaper: Die aktuellen Problemlagen, die sich in Ihrem Antrag widerspiegeln, wurden richtig erkannt, und die vorgeschlagenen Maßnahmen sind in einigen Punkten die richtigen, wenn Sie das Beabsichtigte erreichen wollen. Trotzdem bietet der Antrag nicht immer Lösungsvorschläge an und geht nicht weit genug, um das von Ihnen
Geforderte zu erreichen. Lassen Sie mich auf einige wenige Punkte eingehen, die dies unterstreichen sollen.
Es dürfte uns ja allen bekannt sein, dass bis 2030 etwa 77 % der derzeit praktizierenden Ärzte in den Ruhestand gehen und dadurch Haus- und Facharztpraxen ohne Nachfolger bleiben werden, wenn wir jetzt nicht gegensteuern. Sie stellen dies zwar klar fest; aber es werden ihrerseits leider keine Maßnahmen vorgeschlagen, wie die Anzahl der Ärzte erhöht werden soll. Ein solcher Vorschlag wäre in dem Antrag schön gewesen. Aber vielleicht folgen diesem Antrag noch andere.
Auf die integrierte Versorgung eingehend, sei grundsätzlich festgehalten, dass es entsprechender Veränderung im SGB V bedarf, um eine sektorenübergreifende Gesundheitsversorgung mit stärkeren Anreizen zu versehen und dabei die Finanzierung zu regeln. Diese notwendigen Änderungen gehen über das in Ihrem Antrag Abgebildete hinaus. Deshalb wird Ihr Antrag dem Geforderten leider nicht vollumfänglich gerecht.
Nach § 140 a SGB V ist eine integrierte Versorgung jetzt zwar schon möglich; jedoch müssen dazu Versorgungsverträge geschlossen werden. Der Verhandlungsaufwand stellt sich hierbei für viele Akteure aber als zu hoch dar, und dies trotz der Möglichkeit kollektivvertraglicher Lösungen. Hier müssen neue Lösungen erarbeitet werden, um dem entgegenzusteuern.
Zudem sei erwähnt, dass die Bundesregierung einen Innovationsfonds initiiert hat. Dieser stellt für die Jahr 2016 bis 2019 insgesamt 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung, um die sektorenübergreifende Versorgung in den Ländern zu verbessern. Deshalb ist für uns nicht ersichtlich, warum der Freistaat Sachsen, wie von Ihnen gefordert, mehr Geld in die Hand nehmen sollte. Lassen Sie uns erst einmal mit diesen finanziellen Mitteln arbeiten und die sektorenübergreifende Versorgung vorantreiben.
Es dürfte zudem auch klar sein, dass mehr Geld nicht unbedingt mehr bringt. Hier sind auch weitere notwendige Änderungen in der mittlerweile hoch komplizierten Sozialgesetzgebung vonnöten, um das gesteckte Ziel zu erreichen. Den Umstand, dass sozialrechtliche Änderungen dringend notwendig sind, um der Anforderung einer effektiven integrierten Versorgung gerecht zu werden, verkennt Ihr Antrag leider. Deswegen werden die von Ihnen geforderten Maßnahmen nicht die gewünschte Effektivität erzielen. Zudem wird meines Erachtens auch der Markt diese Versorgungsformen selbst fördern, wenn ihm die gesetzlichen Möglichkeiten dazu zur Verfügung gestellt werden. Weiter stellt sich die Frage, auch wenn das in Ihrem Antrag nicht enthalten ist, ob für eine Verzahnung von ambulanten und stationären Sektoren die unterschiedlichen Vergütungssysteme der Leistungen im ambulanten und im stationären Bereich sinnvoll sind.
Hinzufügend sei erwähnt, dass Sie nicht auf ein weiteres Problem des deutschen Gesundheitswesens eingehen, nämlich das der vergleichsweise hohen Anzahl von Arztkontakten, die unser Gesundheitssystem zunehmend
Ich habe nur ein paar Punkte Ihres Antrages, der die Problemlagen richtig erkannt hat, anreißen können. Dabei bleibt, wie bereits erwähnt, festzuhalten, dass die notwendigen Änderungen über das hier im Antrag Abgebildete hinausgehen. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung über Ihren Antrag der Stimme enthalten.
Herr Kollege Wendt war das; er hatte für die AfD-Fraktion das Wort. Für die GRÜNEN kommt jetzt Herr Kollege Zschocke hier vorn ans Rednerpult.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag präsentiert die Fraktion DIE LINKE ihre Schlussfolgerungen aus dem Gutachten zum Versorgungs- und Ärztebedarf in Sachsen. Ich habe mir dieses Gutachten einmal angeschaut. Es ist sehr dick, beschreibt die derzeitige Versorgungssituation und stellt Prognosen zum Ärztebedarf bis 2030 auf. Es bezieht alle Facharztbereiche ein und blickt dabei in 47 Regionen in Sachsen. Es ist wirklich sehr detailliert, führt alle verfügbaren Daten zusammen und ermöglicht so in gewisser Weise eine Bedarfsanalyse. Die Ergebnisse der Gutachter überraschen allerdings nicht. Sie bestätigen vielmehr die großen Aufgaben, die der demografische Wandel mit sich bringt.
Frau Schaper, Ihre Fraktion hat eine Woche nach der Veröffentlichung den vorliegenden Antrag eingereicht. Sie möchten einen integrativen Gesundheitsarztversorgungsmaßnahmenplan für das Jahr 2017 erarbeiten lassen. Sie haben auch eine Abkürzung dafür gefunden. Das möchten Sie so schnell wie möglich. Ja, das Thema ist dringend. Das ist es schon jetzt.
Es gibt schon jetzt eine ganze Reihe weißer Flecken auf der Ärztelandkarte. Besonders betroffen sind die Randlagen in Sachsen, die generell eine schwache Infrastruktur haben. Ja, der Freistaat ist in der Pflicht, seinen Bürgerinnen und Bürgern eine wohnortnahe Haus- und Facharztversorgung zu gewährleisten, denn die Gesundheitsversorgung ist Bestandteil der öffentlichen Infrastruktur. Dennoch sollte bei solch komplexen Aufgaben, wie Sie sie in der Überschrift des Antrages beschreiben, Sorgfalt vor Tempo gehen. Der Antrag selbst wirkt dafür ein wenig über das Knie gebrochen, möchte ich sagen. Vor allen die Zeitschiene für die Erarbeitung des geforderten Maßnahmenplans halte ich für unrealistisch.
Wir setzen uns ebenfalls für eine sektorenübergreifende Versorgung ein. Deshalb unterstützen wir die Förderung und weitere Etablierung von medizinischen Versorgungszentren. Kommunen und Kliniken nutzen dies bereits. Die Förderung nach dem neuen Modell, in Ihrem Antrag ist von einem sogenannten allgemeingesundheitlich-medizi
nischen Versorgungszentrum die Rede, wird noch nicht hinreichend erklärt, also auch in der Begründung nicht.
Sie fordern in Ihrem Antrag sächliche und finanzielle Anreize. Unklar bleibt, in welcher Höhe dies passieren soll und was Sie eigentlich damit meinen. Nach Ansicht unserer Fraktion ist ein Förder- und Hilfsprogramm der Staatsregierung nicht ausreichend, um neue Ärzte auf dem Land zu gewinnen. Wir müssen einmal ehrlich die Grenzen staatlicher Einflussnahme zur Kenntnis nehmen.
Wir müssen sie ebenfalls benennen. Das Gesundheitswesen ist über eine Selbstverwaltung organisiert. Das ist so. Es ist eine freie Ärzteschaft. Wir können viele Anreize und Rahmenbedingungen im Rahmen der Politik schaffen. Viele Ärzte wünschen sich zum Beispiel flexible Arbeitszeiten, eine familienfreundliche Umgebung sowie Jobperspektiven nicht nur für sich, sondern auch für den Partner. Eine zusätzliche Unterstützung spielt eine große Rolle. Ein Beispiel dafür ist das Netzwerk „Ärzte für Sachsen“. Es scheint einen gewissen Erfolg zu erzielen, weil Sachsen inzwischen die zweitjüngste Hausarztgeneration im Vergleich zu anderen Bundesländern hat, wie Frau Schaper berichtet hat.
Ihr letzter Antragspunkt ist richtig, ja. Wenn man sich das aber einmal durchliest, dann ist es nur ein Appell. Frau Schaper, ich verstehe voll und ganz, dass Sie am Beginn Ihrer Rede Ihrem Ärger Luft gemacht haben. Sie haben diesen geäußert. Es kann wirklich nicht sein, dass erst die Journalisten und danach wir Abgeordnete von den Ergebnissen des Gutachtens erfahren. Der Landtag muss mehr und nicht nur das Landesgremium zu sektorenübergreifenden Versorgungsfragen beteiligt werden. Was dort besprochen und verhandelt wird, das erfahren wir, Frau Neukirch, kaum. Wir bekommen das nicht mit. Wir haben uns, als es um die Frage nach der unzureichenden notärztlichen Versorgung in einigen ländlichen Regionen ging, die Zähne ausgebissen.
Die Debatte zur Gesundheitsversorgung in Sachsen muss erst einmal breiter geführt werden. Weil Sie in Ihrem Antrag stark auf die Verzahnung mit der Krankenhausplanung abstellen, sollte zumindest das ausstehende Gutachten zur stationären Versorgung abgewartet und einbezogen werden.
Ergo unterstützen wir Sie bei dem Ziel, eine wohnortnahe, bedarfsgerechte ärztliche und medizinische Versorgung der Bevölkerung in allen Teilen Sachsens sicherzustellen. Der Weg dahin muss fachlich diskutiert werden. Was diesen Punkt angeht, verspricht Ihr Antrag mehr, als er bewirken kann. Ihre Forderungen sind zu unkonkret. Der Zeitraum, das sagte ich bereits, zur Erarbeitung von – wie Sie es nennen – wirksamen Maßnahmen ist in der Tat zu kurz. Deswegen werden wir uns heute enthalten.
Mit Herrn Kollegen Zschocke von der Fraktion GRÜNE sind wir am Ende der Runde der Rednerinnen und Redner angekommen. Ich sehe keinen weiteren Redebedarf aus den Fraktionen. Damit hat die Staatsregierung das Wort. Bitte, Frau Staatsministerin Klepsch, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ja, wir sind uns alle einig. Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung ist eine der wichtigsten Aufgaben in der heutigen Zeit. Wir sind uns ebenfalls einig, dass uns der demografische Wandel hierbei vor eine besonders große Herausforderung stellt. Er trifft uns von beiden Seiten: Auf der einen Seite gibt es die älter werdenden Patienten, die damit meist auch einen höheren Versorgungsbedarf haben. Auf der anderen Seite sind die älter werdenden Ärzte, die ebenfalls ihren wohlverdienten Ruhestand bekommen sollen.